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[Regionalforum-Saar] Der Architekt in der Frühen Neuzeit. Ausbildung – Karrierewege – Berufsfe lder

Date: 2022/03/21 20:08:54
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A.-V. Bognár: Der Architekt in der Frühen Neuzeit

Der Architekt in der Frühen Neuzeit. Ausbildung – Karrierewege – Berufsfelder
von Anna-Victoria Bognár

Reihe Höfische Kultur interdisziplinär (HKI) – Schriften und Materialien des Rudolstädter Arbeitskreises zur Residenzkultur (2)

Erschienen Heidelberg 2020: Heidelberg University Publishing
Anzahl Seiten 566 S.
Preis € 69,90
ISBN
978-3-947732-78-4
URL https://doi.org/10.17885/heiup.580

Rezensiert für H-Soz-Kult von Marina Beck, Institut für Kunstgeschichte, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg

Anna-Victoria Bognár untersucht in ihrer Dissertation die Entwicklung des Berufsbildes der „Entwerfer“ und „Planer“, die wir heute als Architekten bezeichnen, im deutschsprachigen Raum des Alten Reiches zwischen 1500 und 1800. Im Detail werden hierbei die Berufsausbildung und Reisetätigkeiten, die verschiedenen Formen der Auftragsvergabe und Dienstverhältnisse, die unterschiedlichen Aufgabenbereiche sowie die Arbeitsteilung im Sinne der Abgrenzung des Tätigkeitsfeldes des Architekten zu anderen Berufen genauer betrachtet. Des Weiteren werden der Rang und Status sowie die Frage nach der künstlerischen Souveränität des Architekten in den Blick genommen. Die Arbeit knüpft damit unmittelbar an wichtige methodische Fragestellungen der Künstlersozialgeschichte an, die sich in den letzten Jahren unter anderem intensiv mit der sozialgeschichtlichen Verortung des Malers als Zunfthandwerker und/oder Hofkünstler beschäftigt haben.[1]

Die Arbeit gliedert sich neben Einleitung (Kapitel 1), Resümee (Kapitel 4) und dem umfangreichen Quellenanhang in zwei große Hauptkapitel. Kapitel 2 behandelt allgemein die Grundlagen der Berufstätigkeit der Architekten; Kapitel 3 im Speziellen den Bauamtsarchitekten. In Kapitel 2 werden nach einer Begriffsgeschichte des Architekten (2.1) die verschiedenen Möglichkeiten der Architektenausbildung (2.2), die Reisen von Architekten sowie ihre Beweggründe, solche zu unternehmen (2.3), und verschiedene Tätigkeitsfelder (2.4) untersucht.

Bognár erweitert in ihrer Arbeit die Definition des Architekten folgendermaßen: Der Architekt entwirft im künstlerischen, technischen und wirtschaftlichen Sinn, was nach modernem Verständnis ebenfalls Ingenieure und Bauunternehmer umfasst, und leitet die Ausführung dieser Arbeiten. Damit ist ein Architekt nicht nur „Entwerfer“, sondern auch „Bauleiter oder -führer“ (S. 54). Eine wesentliche Erkenntnis dieses Kapitels ist, dass es den Architekten in der Frühen Neuzeit nicht gab. Stattdessen bildeten sich eine Vielzahl von handwerklichen Berufen, die eine zünftische Ausbildung erfahren hatten, sowie Personen, die eine theoretische Ausbildung an Akademien oder Universitäten erhalten hatten, zu Entwerfern weiter. Zu den großen Leistungen Bognárs zählt es, diese Berufsgruppen identifiziert und ihre unterschiedlichen Wege aus ihrem ursprünglichen Berufsfeld hin zum Berufsbild des Architekten aufzuzeigen.

In Kapitel 3 wendet sich Bognár dann der speziellen Berufsgruppe der Architekten in Bauämtern zu. Detailliert zeichnet sie anhand unterschiedlicher Bauämter im Reich nach, unter welchen Arbeitsbedingungen die Architekten angestellt waren, welche Aufgaben sie hatten und wie ihre Entlohnung erfolgte. Mit dieser Fokussierung legt Bognár eine gelungene Detailstudie vor, die anhand eines Berufsfeldes eingehend aufzeigt, wie der Arbeitsalltag des Architekten aussah. Um den regionalen, zeitlichen, ständischen und konfessionellen Unterschieden der einzelnen Territorien im Reich gerecht zu werden, trifft die Autorin bei ihrer Analyse eine repräsentative Auswahl von Bauämtern an verschiedenen Höfen und in Städten, um dort die Tätigkeit des Architekten zu untersuchen. Das Kapitel basiert auf dem umfangreichen Quellenstudium Bognárs, die neben Dienstanweisungen, Dekreten, Ordonanzen, Konzepten und Gehaltslisten zahlreiche Bestallungen und Instruktionen ausgewertet hat. Letztere werden in einem 100 Seiten umfassenden Quellenanhang in Transkription zur Verfügung gestellt.

Methodisch beschreitet Bognár in ihrer architekturhistorischen Dissertation, die an der Fakultät für Architektur- und Stadtplanung an der Universität Stuttgart eingereicht wurde, ungewöhnliche Wege: Neben kunst- und architekturgeschichtlichen Ansätzen wie dem umfangreichen Quellenstudium sowie philologischen Methoden zur Begriffsdefinition wertet Bognár empirisch nach sozialwissenschaftlichen Fragestellungen 409 Architektenbiografien aus, um hierdurch quantitative Aussagen zu gewinnen.[2] Gestützt auf diese Datenbasis bildete sie sieben so genannte Kohorten in Generationenabschnitten von je 25 Jahren. Anhand dieser Daten kann die Autorin konkrete Aussagen beispielsweise hinsichtlich der Frage treffen, wie viele Architekten aus Familien stammten, in denen der Vater bereits im Bauhandwerk tätig oder bei Hof angestellt war. Diese Vorgehensweise ermöglicht es Bognár die Biografien der verschiedenen Entwerfer, die über unterschiedliche Wege zum Architektenberuf gelangten, nach allgemeinverbindlichen Kriterien auszuwerten und miteinander systematisch zu vergleichen. Die Auswertungen werden in den Kapiteln jeweils in tabellarischer Form abgedruckt und im Text kontextualisiert. Die einzelnen Ergebnisse zur Ausbildung und Berufsausübung der Architekten nach Kohorten finden sich abschließend pointiert in dem Kapitel „Musterhafte Karrieren“ im Resümee zusammengefasst.

Bognárs methodische Vorgehensweise und ihre inhaltliche Fragestellung stellen in mehrfacher Hinsicht ein Novum in der Forschung dar. Die Autorin identifiziert eine Vielzahl von Berufen, die wir heute als Architekten fassen, und ermöglicht anhand der ausgewerteten Biografien einen Einblick in die Lebensläufe von Personen, die diesem Beruf nachgingen. Durch ihren innovativen methodischen Zugang der quantitativen Analyse werden die verschiedenen Karrierewege erstmals aufgearbeitet und vergleichbar gemacht, wodurch sich die Entwicklung des Berufsbildes des Architekten in der Frühen Neuzeit nun nachvollziehen lässt. Das große Verdienst der Autorin ist es hierbei, konsequent den kompletten Zeitraum der Frühen Neuzeit zu untersuchen, womit auch die vermeintlich architekturarme Zeit des Dreißigjährigen Krieges mitberücksichtigt wird. Geschickt bindet Bognár in ihrer Analyse immer wieder Rückbezüge zwischen den Architektenkarrieren und der Entwicklung der Epochen (Spätmittelalter, Renaissance, Dreißigjähriger Krieg, Barock, Frühklassizismus) sowie den relevanten zeitgenössischen architekturhistorischen Themen (z.B. Festungsarchitektur) ein. Das umfangreich erhobene Quellenkorpus wird in dem umfassenden Anhang übersichtlich aufbereitet, was den Leser:innen ein systematisches Weiterarbeiten mit dem Material erlaubt.

In ihrer Arbeit betrachtet Bognár handwerkliche und akademische Ausbildungswege sowie die Arbeit des Architekten im städtischen und höfischen Umfeld. Die Fokussierung auf den Architekten in den meist an Höfen situierten Bauämtern (Kapitel 3) widerspricht dem nicht, sondern spiegelt die Arbeitsrealität des zunehmend um Professionalisierung und Anerkennung seiner Position bemühten Architekten in der Frühen Neuzeit wider.[3] Bognárs in der Einleitung gestellte Frage, „ob der moderne Architekt dem höfischen oder städtischen Raum“ zuzuordnen ist und „ob er der akademischen oder der handwerklichen Ausbildung entspringt“ (S. 13), lässt sich mit diesem Professionalisierungsprozess beantworten (Kapitel 4.3). Er führte zu einer Kompetenzentwicklung und -erweiterung, die zunehmend nicht mehr durch die zünftische Ausbildung erfolgen konnte. Dadurch verloren die Handwerker die Chance, entsprechende Stellen in den Bauämtern zu erhalten, und wurden von akademisch gebildeten Personen verdrängt. Hier wäre eine Einbindung der aktuellen künstlersozialgeschichtlichen Forschung wünschenswert gewesen, die sich jüngst unter ähnlichen Fragestellungen mit der Berufsgruppe des Malers auseinandergesetzt hat. Leider fehlen entsprechende Hinweise auf diesen wichtigen methodischen Ansatz und weitere Vergleichsbeispiele.[4]

Bognár schließt mit ihrer Dissertation für den Architektenberuf eine wichtige Lücke in der sozialhistorischen und künstlersozialgeschichtlichen Forschung. Erstmals wird hier der Architektenberuf als sozial- und kulturhistorisches Phänomen in einer umfangreichen Arbeit, die zahlreiche Quellen zugänglich macht, umfassend erforscht. Damit ergänzt sie sinnfällig die Arbeiten, welche in den letzten Jahren zur Ausbildung und Berufsausübung des Malers bei Hof und in der Zunft in der Frühen Neuzeit im Alten Reich erschienen sind.

Anmerkungen:
[1] Verwiesen sei hier exemplarisch auf die zahlreichen Projekte, die in der Trierer Arbeitsstelle für Künstlersozialgeschichte an der Universität Trier unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke umgesetzt worden sind. Unter den zahlreichen Publikationen sind zu nennen: für die Hofkünstler Jens Fachbach, Hofkünstler und Hofhandwerker am kurtrierischen Hof in Koblenz/Ehrenbreitstein 1629–1794, Petersberg 2017, sowie Andreas Tacke u.a. (Hrsg.), Hofkünstler und Hofhandwerker in deutschsprachigen Residenzstädten der Vormoderne, Petersberg 2017; und zu den Künstlern als Zunfthandwerkern die Quellenedition von Andreas Tacke u.a. (Hrsg.): Statuta pictorum. Kommentierte Edition der Maler(zunft)ordnungen im deutschsprachigen Raum des Alten Reiches, 5 Bde., Petersberg 2018, sowie die zahlreichen von Andreas Tacke, Birgit Münch und anderen herausgegebenen Bände aus der Schriftenreihe „Kunsthistorisches Forum Irsee“, die sich mit Künstler:innen, Künstlerhäusern, Künstlerfesten, Künstlerreisen usw. auseinandersetzen.
[2] Die Auswahl der Architektenbiografien erläutert Bognár auf S. 25f. Eine Auflistung der ausgewerteten Architekten, ihre Zuordnung zu einer Kohorte und der Literaturverweis auf die Biografie finden sich im Anhang auf S. 490–501.
[3] Dies begründet auch die Aufnahme des Buches in die Reihe der „Schriften und Materialien des Rudolstädter Arbeitskreises zur Residenzkultur“, da die Analyse der Tätigkeit des Architekten im höfischen Umfeld gerade für die Residenzenforschung einen großen Mehrwert liefert.
[4] Siehe Anm. 1.

Zitation
Marina Beck: Rezension zu: Bognár, Anna-Victoria: Der Architekt in der Frühen Neuzeit. Ausbildung – Karrierewege – Berufsfelder. Heidelberg 2020: ISBN 978-3-947732-78-4, , In: H-Soz-Kult, 22.03.2022, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-93248>.