Pocken, Masern
und die
Spanische Grippe
Der Schmied Franz Karl Weisgerber (1760-1821) aus St. Wendel und
seine Ehefrau
Maria Magdalena Gessner (1762-1807) hatten zwischen 1792 und
1807 10 Kinder,
von denen vermutlich nur ein Sohn seine Kindheit überlebte. Zwei
Mädchen starben 1806 bei der
Geburt (und ihre Mutter nach Geburt und Tod der jüngeren im
Kindbett), ihre Schwester Barbara wurde
10 Monate alt. Eine weitere
Tochter
Barbara (5 Monate) und Sohn Wendel (5 Jahre) starben im März
1799, die
Zwillinge Adrian und Anna Maria mit 7 Monaten im Dezember 1804.
Wendel, Barbara
und die Zwillinge erlagen den beiden „großen“ Pockenepidemien,
die im damals
gewohnten Rhythmus von 5 Jahren auftraten.
Bei den menschlichen Pocken handelt es sich um eine schwere
akute Virusinfektion,
die durch Tröpfcheninfektion übertragen wird und mit einem
ausgeprägten
Krankheitsgefühl, hohem Fieber und einem extremen Hautausschlag,
das sich
später zu einem häufig eitergefüllten Pustelausschlag
entwickelt, einhergeht
und unbehandelt mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führte.
Sie traten früher
alle fünf Jahre auf und forderten viele Opfer, vor allem unter
Kindern bis zu
10 Jahren. Überlebende der Seuche wurden immun, trugen aber den
Virus in sich.
Nach fünf oder sechs Jahren, wenn „genügend“ Neugeborene
dazugekommen waren,
schlug sie wieder zu.
So erging es auch der Familie Weisgerber. Wendel (*1794) und
Barbara starben 1799,
Johann überlebte. Er steckte vermutlich seine jüngeren
Geschwister Wendel (*1801),
Adrian und Anna Maria an, die 1805 erkrankten. Von den dreien
überlebte nur
Wendel.
Franz
Karl Weisgerber, Schmied
S.v. Peter und Maria Riefer
*29.11.1760 Wnd +10.09.1821 Wnd
oo 01.09.1789 Wnd
Maria Magdalena Gessner
T.v. Nikolaus Gessner und Anna Maria Greif
*18.11.1762 Wnd +05.01.1807 Wnd
in puerperio (Wochenbett)
Kinder von Franz Weisgerber und Maria Gessner:
i. Johann *12.02.1792 Wnd +???
ii. Wendel *29.03.1794 Wnd +29.03.1799 Wnd an Pocken
iii. Heinrich *11.08.1796 Wnd +03.01.1798 Wnd
iv. Barbara *04.08.1798 Wnd +24.03.1799 Wnd an Pocken
v. Barbara *28.01.1800 Wnd +09.11.1800 Wnd
vi. Wendel *13.09.1801 Wnd +28.02.1870 Wnd
vii. Adrian *26.04.1804 Wnd +05.12.1804 Wnd an Pocken
viii. Anna Maria *26.04.1804 Wnd +10.12.1804 Wnd an Pocken
ix. Tochter *02.01.1806 Wnd +02.01.1806 Wnd
x. Tochter *30.12.1806 Wnd +30.12.1806 Wnd
Im katholischen Kirchenbuch St. Wendel hat der damalige Pfarrer
Castello mit
seinen Kaplänen im Zeitraum von 1793 bis 1807 bei den meisten
Todesfällen die
Todesursache aufgeschrieben. Darauf basierend haben Dr. Helmut
Priewer und ich sie analysiert und in ihrem neuen Buch „Pocken,
Masern und die
Spanische Grippe. Seuchen in St. Wendel 1793-1919“
veröffentlicht.
Im Jahre 1799 starben im Amt St. Wendel elf Männer und zwölf
Frauen im Alter
von 30 bis 75 Jahren und 152 Kinder unter 8 Jahren, von denen
135 zwischen
Februar und August den Pocken zum Opfer fielen. Das waren 16
Prozent, also gut
1/6tel der zwischen 1791 und 1798 geborenen 843 Kinder.
Davon und einigem mehr erfahren Sie in dem neuen Buch „Pocken,
Masern und
die Spanische Grippe“, das heuer von der Arbeitsgemeinschaft für
Saarländische
Familienforschung (ASF) herausgegeben wurde. Sie erhalten es für
15 Euro (plus
3,50 Porto) auf der Website der ASF [https://asf-onlineshop.de]
oder außerhalb der Liste
direkt bei mir [
Inhalt:
Seuchen in St. Wendel
6
Geschichtliches zu St. Wendel
15
Pocken
19
Keuchhusten
38
Masern
45
Kindbettfieber
52
Grippe
60
Ruhr
88
St. Wendel aus historisch-demographischer Sicht 113
Friedhöfe in St. Wendel
121
Geistliche in St. Wendel 1793-1807
186
Ärzte in St. Wendel 1918/1919
193
Todesursachen in St. Wendeler Familien 1793-1807 197
Betroffene Familien in der Pfarrei St. Wendel 1793-1807 203
Alle Toten von 1918 und 1919
429
Roland Geiger