Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)... 24. Oktober 2021
An: "Regionalforum" <regionalforum-saar(a)...
Betreff: [Regionalforum-Saar] Warum Familienforschung Spaß macht.
Guten Abend,
gestern abend war ich auf der Ebernburg nahe Bad Münster am Stein.
Im Rahmen
des Seminars „Vertiefende Familienforschung“ hatte ich - wie die
anderen
Seminarteilnehmer den Ausführungen des Burgnachtwächters Chnutz
vom Hopfen
gelauscht, der uns vom Innenhof aus um das Restaurant herum und
schließlich den
langen Gang hinunter durch das Burgtor hinaus auf die Brücke
geführt hatte und dabei
eine Geschichte nach der anderen über die Burg, Franz von
Sickingen und alle
möglichen Leute vorher und nachher erzählte. Die Luft war saukalt
geworden, und
unten vorm Tor pfiff der Wind nicht wirklich, aber er war da,
drang durch
unsere Klamotten und ließ uns tüchtig frieren. Sogar mich, obwohl
auch ich
Nachtwächterkleidung trug.
Ich kenne Chnutz seit vielen Jahren, wir trafen uns zum ersten Mal
beim rheinland-pfälzischen
Nachtwächtertreffen in Speyer 2014, wo ich als ausländischer
Nachtwächter (St.
Wendel) teilnehmen durfte. Also hatte ich ihn vergangene Woche
gefragt, ob ich
ihn quasi als Kollege begleiten durfte. Klar, meinte er. Also
hatte ich
Hellebarde, Horn und Laterne mitgebracht und war ihm gefolgt.
Später kehrten wir in den Keller in der Burg ein, wo wir uns
aufwärmen konnten.
Gegen halb 12 schlossen wir die Runde, stiegen aus dem Keller, um
möglichst
schnell unsere Zimmer aufzusuchen. Ich legte meine Utensilien im
Seminarraum
ab, schnappte mir meinen Rucksack mit dem Schlapptop und ging ins
Hauptgebäude,
um am Automaten was zu trinken zu holen.
Im Aufenthaltsraum ein Stückchen weiter saßen sechs Herren nicht
mehr ganz
neuen Kalibers, die sich unterhielten und einen oder zwei oder so
becherten.
Einer schaute auf und stutzte, denn am Automaten ein paar Meter
weg sah er eine
Gestalt ganz in schwarz, mit einem schwarzen Rucksacka aufm Buckel
und einem
schwarzen Zylinder aufm Kopf. „Guck mal den da drüben!“ rief er
seinen
Gefährten zu. Dann winkte er mir. „Komm Du mal hierher!“
Grinsend gehorchte ich, näherte mich dem Tisch, tippte an meinen
Hut, deutete
ein höfliches Nicken an.
„Was ist das denn für ne Kluft?“, wollte man wissen.
„Ich bin ein Nachtwächter!“
„Hier von der Burg?“
Ich verneinte und erklärte die Situation.
„Wenn Du Nachtwächter bist, aber nicht von hier, von wo denn
sonst?“
„Ich bin einer der Nachtwächter von St. Wendel.“
Brüllendes Gelächter. Ich legte erstaunt den Kopf schief.
„Wir kommen aus Neunkirchen (Saar)!“ (in Platt gesprochen:
Näinkäje)
Dann wollten sie es genauer wissen. Ich sprach über das Seminar,
ersetzte
Genealogie durch „Ahnenforschung“.
Dann kamen die üblichen Fragen:
„Das ist ein Beruf?“ - „Ja!“
„Davon kann man leben?“ - und so weiter und so fort.
Dann wandte sich einer der Männer seinem Kollegen zu.
„Frag ihn mal nach Deinem Namen?“
Der grinste und meinte, da sei er gespannt, er hieße „Brossette“.
Den Namen hatte ich noch nie gehört.
„Gibt’s nur 1x in Neunkirchen!“ sagte er.
Hm. Ich mag Rätsel dieser Art.
„Wo ist Ihr Vater her?“ - „Aus Rehlingen.“
„Okay“, sagte ich, „schau’n wir mal.“
Ich nahm den Laptop ausm Rucksack, setzte mich, fuhr den Rechner
hoch und
loggte mich ein (freies Wlan in der ganzen Burg).
Ich öffnete meinen Zugang zu dem amerikanischen Provider ancestry
(dort hab ich
ein Vollabo, d.h. ich komme überall dran). Kostet auch ein paar
Euro fuffzig im
Jahr.
Ich tippte ein: „Brossette“.
Angezeigt wurden schnell die ersten 50 Einträge - von 198.160.
Gleich der erste sah vielversprechend aus:
„Ich habe hier eine Maria Brossette.“
Wupps, ging ein Kopf hoch.
„Geboren am 15. August 1903 in Rehlingen“
Es hielt ihn nicht mehr auf seinem Stuhl.
„Ausgewandert am 14. Mai 1928 über Antwerpen nach New York City“.
„Oh leck“, sagte er, „das ist die Tante Maria, die nach Amerika
weg ist!“
So macht Familienforschung Spaß.
Roland Geiger