Guten Abend,
der nachstehende Text wird auf Englisch in dem Buch stehen, das
ich aus meinem
Vortrag mitte Juni in Amerika zusammenstelle. Die beiden
zugrundeliegenden
Dokumente, die Dispens (übersetzt von Dr. Margarete Stitz aus St.
Wendel) und
die Erklärung der Braut, stammen aus den Heiratsregistern der
Pfarrei Sacred
Heart, Perkinsville, Steuben, New York.
Der Titel ist ein Fragment der Dispens: „Vermeidung der Gefahr,
dass der
katholische Ehepartner vom Glauben abfällt“:
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
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Catholico perversionis periculo
Matt Drayton hat nicht schlecht gestaunt, als seine Tochter Joanna
im Film „Guess
Who’s Coming to Dinner“ 1967 ihren Verlobten Dr. John Prentice mit
nach hause
brachte. Was müssen sich Matthias Jochum und seine Ehefrau
Margaretha
Vierheilig 75 Jahre zuvor gedacht haben, als ihr Sohn John ihnen
seine Braut
Amalia Wearkley vorstellte. Denn die Jochums waren Katholiken und
die Wearkleys
Protestanten.
Auch wenn sich der Name „Wearkley“ irgendwie Englisch liest, so
wurde Amalias
Vater doch als Johann Jacob Werkle in Deutschland geboren, d.h.
natürlich in
Preußen: er kam am 25.11.1832 in Stennweiler, heute Kreis
Ottweiler, zur Welt.
Als seine jüngste Tochter heiratete, war er schon 18 Jahre tot.
Ob die Brautleute einander gebeten haben, den Glauben des jeweils
anderen
anzunehmen, oder ob das überhaupt je ein Thema war, ist unbekannt.
Jedenfalls
bleibt sie bei ihrer und er bei seiner Konfession.
Pastor Huber fackelt nicht lange und fordert bei seiner
vorgesetzten
Dienststelle, dem Bistum of Buffalo, die Erlaubnis an, die beiden
zu trauen. In
Fach-, sprich hier: Kirchenkreisen, nennt man so etwas eine
Dispens.
Die bischöfliche Vollmacht wird im November ausgestellt und nach
Perkinsville
geschickt:
„Stephen Vincenz, durch göttliches Erbarmen und die Gnade des
apostolischen
Stuhles Bischof von Buffalo.
Dem hochwürdigen Herrn A.L. Huber erteilen Wir kraft der Uns für
10 Jahre am
6.11.1887 von unserem heiligsten Herrn Papst Leo XIII.
eingeräumten
Dispensationsvollmacht bezüglich der verschiedenen Religion
zwischen Joannem
Jochum und Emiliam Wearkley, bei Beachtung der kirchlichen
Vorschriften und
Vermeidung der Gefahr, dass der katholische Ehepartner vom Glauben
abfällt, und
mit dem Bemühen, nach Kräften die Konversion des ungläubigen
Partners zu
betreiben und alle Nachkommen beiderlei Geschlechts gänzlich in
der heiligen
katholischen Religion zu erziehen, diese Dispens; trotzdem ist ein
angemessenes
Almosen für einen frommen Zweck, das Wir nach Gutdünken erbitten,
erwünscht.“
Ausgefertigt in unserem Haus am 15. Tag des Monats November im
Jahre des Herrn
1893.
Theoban, Kanzler
Und da bekanntlich auf Erden nur der Tod umsonst ist (auch wenn er
das Leben
kostet), läßt Buffalo sich die Dispens bezahlen: Gebühr und
Almosen 5 Dollar.
Damit waren alle Voraussetzungen erfüllt, und die Trauung konnte
am Donnerstag,
23. November 1893, in der Pfarrkirche Sacred Heart in Perkinsville
stattfinden.
Alle Voraussetzungen? Oh nein, eine Sache blieb noch übrig: Was
sollte mit den
Kindern der beiden geschehen - konfessionell gesehen? Katholisch
oder
evangelisch. Dabei ließ Huber nicht mit sich spaßen. Er verlangte
von der
zukünftigen Ehefrau eine schriftliche Erklärung - vor der Trauung:
Perkinsville Nov 23, 1893.
Die Unterzeichnete erklärt in Gegenwart ihres Mannes und des
Pfarrers,
1., ihrem Ehemann in keiner Weise in der Ausübung der katholischen
Religion zu
hindern,
2., die Kinder beiderlei Geschlechts in der katholischen Religion
vollständig
unterrichten zu lassen,
3., selbst dann, wenn der Mann sterben sollte.
Braut: Amelia Wearkley
Zeugen: Lizzie Jochem
John Kurtz
Lewis Wearkley
Katherine Lander
So konnte die Hochzeit am gleichen Tag stattfinden
Aus der Ehe der beiden entsprangen drei Söhne, die der
Vereinbarung
entsprechend alle drei in Sacred Heart in Perkinsville getauft
wurden:
Der älteste war Albert Matthias, geboren am 26.07.1894 und getauft
ein paar
Wochen später am 2. September. Leider wurde er nur viereinhalb
Monate alt; er starb
am 22.01.1895 und wurde auf dem Sacred Heart Friedhof beerdigt.
Der zweite Sohn wurde erst sechs Jahre später geboren. Er hieß
Carl Johann
Jochum und kam im Jahre 1900 zur Welt. 1927 heiratete er in Sacred
Heart und
ließ sich mit seiner Ehefrau in Cohocton, Steuben, NY, nieder, wo
er 1987
gestorben ist.
Bis zum dritten Sohn dauerte es weitere fünf Jahre. Herold
Aloysius kam im März
1905 zur Welt, heiratete 1927 und starb in Wayland, NY, 1998.
Die genaue Genealogie finden Sie im Annex.
Unser Bräutigam Johann Jochum starb 1932 in Wayland, NY, und wurde
auf dem
Friedhof von Sacred Heart begraben. Seine Ehefrau Amalie überlebte
ihn um 15
Jahre. Sie starb am 9. Oktober 1947 und wurde ein paar Tage später
von Reverend
Paul P. Frohm begraben - auf dem Friedhof St. Peter’s in Pfaff
Hollow.
Im Deutschen gibt es das Sprichwort: Wie man sich bettet, so liegt
man. Es mag
wohl angehen, daß Katholiken und Protestanten am gleichen Tisch
sitzen und im
selben Bett liegen, aber doch nicht in alle Ewigkeit … wenn es um
den Tod geht,
brechen die alten Grabenkämpfe wieder auf. Dann wird wieder
unterschieden, und
der Katholik kommt auf seinen und die Protestantin auf ihren
Friedhof.
Was für eine Welt!
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