Guten
Morgen,
gestern in der SZ kam die Umsetzung eines Leserbriefs, den ich
anfangs letzter
Woche an die Saarbrücker Zeitung schrieb - mit dem Gedanken im
Hinterkopf, daß
das eh niemand interessiert. Groß war meine Überraschung, als
Thorsten Grim zurückschrieb
und fragte, ob's mir recht sei, daß er daraus einen kurzen
Artikel machen
würde. Gern, schrieb ich, und sandte ihm einen Artikel aus dem
Buch über
Alsfassen und Breiten, das ich 2004 zusammen mit Gerd Schmitt
zusammengestellt
habe, plus eine Datei über die St. Annenstraße.
Am Donnerstag mittag sprach mich Frau Grothusmann, die
Leiterin des St. Wendeler
Stadtarchivs, auf eine Anfrage Herrn Grims an. Auch sie äußert
sich im Artikel
zum Thema.
So hat mir im Endeffekt der Aufbau des Artikels gut gefallen,
vor allem
durch die Hinzunahme von Frau Grothusmann, die meine strenge
Sichtweise
relativiert, sodaß der Leser denken kann, nun ja, da hat er wohl
recht, daß er
das so sieht, aber meine Sicht läßt sich auch vertreten.
Erinnert mich so ein bißchen an meine eigene Sichtweise, was den
Titel „Dom“
für die Basilika betrifft. Kirchlich gesehen: wir haben hier
keinen Bischof,
also isses kein Dom! Punkt. Stimmt. Aber wir sagen „Dom“ dazu,
weil’s ne große
Kirche ist. Hehe, da vertrete ich genau die Sichtweise der
Leute, für die
Alsfassen alles nördlich vom Tholeyerberg und links der
Bahnlinie ist. Das ist
mir klar geworden, als ich den Artikel las.
Die beiden Karten, auf die im Artikel hingewiesen wird, liegen
im Stadtarchiv St.
Wendel in der Akte B102.
Roland Geiger
„Stadt-Historiker aus St. Wendel weist SZ auf ungenaue
Ortsangaben hin
Heute sind alle St. Wendeler : Breiten, Alsfassen und die
ungeliebten Coburger
St. Wendel Am Lanzenberg will St. Wendel wachsen. Doch liegt das
künftige
Baugebiet tatsächlich in Alsfassen? Stadt-Historiker Roland
Geiger klärt auf.
Von Thorsten
Grim, Redakteur Lokalredaktion St. Wendel
Mit Interesse, so schreibt SZ-Leser Roland Geiger an die St. Wendeler
Redaktion, habe er
kürzlich den Artikel über die Stadterweiterung in Richtung
Lanzenberg gelesen
(SZ vom 31. Januar).
„Und ich bin
sicher, dass die derzeitigen Bewohner sich über den
kommenden Trubel
dort oben nicht freuen werden. Anderseits wird dann endlich die
Straße dort
hinauf befahrbar gemacht.“ Doch darum geht es dem
Stadt-Historiker gar nicht.
Vielmehr um den „kleinen Fehler“, wie er schreibt, gegen Ende
des Artikels. Da
stand nämlich zu lesen: „Ein gutes Beispiel sei hierfür die
Bungertstraße in
Alsfassen, wo ein kleines Wohngebiet entstanden ist.“ Geiger
erklärt nun zu
Recht: „Die Bungertstraße gehört nicht zu Alsfassen.“ Sondern zu
St. Wendel.
Es sei ihm aber klar, dass mit Alsfassen nicht der Ort gemeint
ist, den es
schon seit 1859 nicht mehr gibt. „Ebenso wenig wie das Dorf
Breiten, das früher
zwischen Alsfassen und dem Teil der Bungerstraße lag, von dem
Sie schreiben.“
Aber selbst dieses Breiten hätte nie so weit an den Tholeyerberg
heran
gereicht. Ihm selbst sei das aufgefallen, als er sich vor Jahren
mit der St.
Annenstraße beschäftigte.
„Im Adressbuch von 1911 stieß ich auf die Breitener Straße, um
verblüfft
festzustellen, dass damit nicht die heutige Breitener Straße
gemeint ist, die
durch den ehemaligen Ortskern Breitens führt“, erklärt der
Historiker. Denn
1911 sei die Breitener Straße unterhalb der heutigen
Unterführung (Eisenbahn
nach Tholey über die Tholeyer Straße) abgezweigt in Richtung
Breiten. Den Ort,
den es damals schon nicht mehr gab, erreichte die Straße etwa in
Höhe des
Brunnens. Später gab es an dieser Stelle eine Tankstelle, die
heute von einem
Schausteller als Winterquartier genutzt wird.
„Alsfassen und Breiten existierten bis damals nur in der
Ortslage und hatten
keinen eigenen Bann“, berichtet Geiger. Beziehungsweise hätten
sie mit St.
Wendel einen gemeinsamen gehabt. „Als sie mit der damaligen
Stadt St. Wendel zu
der heutigen
zusammengeschlossen wurden, hörten sie de jure auf zu
existieren“,
stellt Geiger klar, räumt aber ein: „In den Köpfen der Menschen
gibt es sie
weiter.“
Am 3. Januar 1859
wurden die
Vororte Alsfassen und Breiten in den Stadtbezirk St. Wendel eingegliedert. Womit wohl längst nicht
alle
einverstanden waren, wie ein Blick in die Geschichte verrät.
Denn noch Jahre
danach waren Teile der Bevölkerung von Alsfassen und Breiten
unzufrieden mit
der Eingliederung und versuchten, wieder eine Trennung
herbeizuführen. Freilich
ohne Erfolg, wie wir heute wissen. Dennoch: „Alsfassener waren
nie Breitener
und vor allem: nie Coburger, also St.
Wendeler. Außer in der Bungertstraße südlich des Knicks
– aber damals
hätte sich darüber niemand aufgeregt, denn dort wohnte niemand“,
erzählt der
Stadt-Historiker.
Auch im Wohngebiet Lanzenberg wohnt bislang noch niemand, denn
das muss ja erst
einmal entstehen. Auch da hatten wir zur einfacheren Einordnung
geschrieben,
dass das künftige Bauland zu Alsfassen gehört. Doch da
widerspricht Geiger
ebenfalls. Denn wenn man man alte Karten betrachte, also solche
aus der Zeit,
ehe Breiten und Alsfassen Teile der Stadt St. Wendel wurden, sei
ersichtlich,
„dass das neue zu bebauende Gebiet auch nicht zu Alsfassen
gehört, denn es
liegt knapp außerhalb der ehemaligen Ortslage“. Wenngleich er in
einem Aufsatz
aus dem Jahr 2004 schreibt, dass das statistische Landesamt in
den
1950er-Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts den Wohnplatz
„Auf dem
Lanzenberg“, wo seinerzeit eine achtköpfige Familie lebte, dem
Ortsteil
Alsfassen zurechnete.
2004 feierte Alsfassen übrigens seinen 700. Geburtstag. Aber,
wie Geiger
schrieb: „Wenn also (.
. .)
Alsfassen seinen 700. Namenstag feiert, dann ist das
nicht mehr der
damalige Ort Alsfassen, denn den gibt es seit fast 150 Jahren
nicht mehr.
Vielmehr ist es der St. Wendeler Ortsteil, der den gleichen
Namen trägt und
damit an den ehemaligen unabhängigen Ort erinnert.“ 1951 habe
übrigens auch die
erste Volkszählung nach dem Zweiten Weltkrieg stattgefunden, wie
Geiger
ebenfalls in seinem Aufsatz berichtet. Gezählt wurden in den
drei St. Wendeler
Ortsteilen zusammen 9946
Einwohner. Die teilten sich folgendermaßen auf: St. Wendel hatte
8119,
Alsfassen 626 und Breiten 1201. Übrigens waren es seinerzeit –
also 1859 – vor
allem die Alsfassener, die die Eingliederung vorangetrieben
hatten.
Diese Karte aus dem gleichen Band zeigt den eigenständigen Ort
Breiten im Jahr
1829. Unten verläuft die alte Tholeyerstraße, die Grundstücke
darüber liegen im
Gebiet, das „In den Bungert“ genannt wird und später
namensgebend für die
Bungertstraße wird. Der Weg nach Breiten zweigt in etwa dort ab,
wo heute die
Unterführung ist. Foto: M.Grothusmann/Stadtarchiv St. Wendel
„Da Alsfassen heute weder ein Ort, noch ein Stadtteil ist, hat
der Name
keinerlei rechtliche Bedeutung mehr“, erklärt Magdalene
Grothusmann, Leiterin
des St. Wendeler Stadtarchivs zu dem Thema. Gleiches gelte für
Breiten. „Es
handelt sich um eine historische Bezeichnung, die im Volksmund
weiterlebt – und
im Straßennamen. Heute wird der Begriff Alsfassen meist für den
ganzen
Abschnitt der Kernstadt St. Wendel
verwendet, der sich westlich der Bahngleise und
nördlich der Tholeyer
Straße erstreckt.“ Ob man der Argumentation folgen möchte, man
dürfe Alsfassen
nur in den Grenzen vor der Eingliederung in St. Wendel sehen, sei jedem selbst überlassen. „Für
mich ist
‚Alsfassen’ ein Begriff wie ‚die Altstadt’ oder ‚die Oberstadt’
– nicht ganz
klar geographisch definiert, aber jeder St. Wendeler weiß, was
gemeint ist.“