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2020/07/23 21:35:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] aus: Yuval Noah Harari, "Homo Deus" (1) |
Datum |
2020/07/25 23:20:05 Christiane Schönberger [Regionalforum-Saar] nur so |
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2020/07/23 21:35:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] aus: Yuval Noah Harari, "Homo Deus" (1) |
Betreff |
2020/07/20 21:27:31 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Das Schöffenbuch des Nalbache r Tales 1536 – 1761 |
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2020/07/23 21:35:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] aus: Yuval Noah Harari, "Homo Deus" (1) |
Autor |
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Date: 2020/07/24 00:18:41
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Die
Geschichtenerzähler
Selbst wenn Schriften die
Menschen über die wahre Natur der Wirklichkeit täuschen, können
sie über Jahrtausende ihre Autorität behalten. So ist
beispielsweise die biblische Geschichtsvorstellung grundfalsch,
doch sie verbreitete sich überall auf der Welt, und viele
Millionen Menschen glauben noch immer daran. Die Bibel vertrat
eine monotheistische Geschichtstheorie, die besagt, dass die
Welt von einer einzigen allmächtigen Gottheit gelenkt wird, die
sich vor allem anderen um mich und mein Tun kümmert. Wenn etwas
Gutes geschieht, muss das eine Belohnung für meine guten Taten
sein. Und jede Katastrophe ist mit Sicherheit die Strafe für
meine Sünden.
So glaubten Juden in der
Antike, wenn sie unter einer Dürre zu leiden hatten oder wenn
König Nebukadnezar von Babylonien in Judäa einmarschierte und
die Menschen vertrieb, dann seien das mit Sicherheit göttliche
Strafen für ihre eigenen Sünden. Und wenn der persische König
Kyros die Babylonier besiegte und es den vertriebenen Juden
erlaubte, nach Hause zurückzukehren und Jerusalem wieder
aufzubauen, so musste Gott in seiner Barmherzigkeit ihre
Klagegebete erhört haben. Für die Bibel ist es undenkbar, dass
die Dürre womöglich durch einen Vulkanausbruch auf den
Philippinen verursacht wurde, dass Nebukadnezar einmarschierte,
weil er babylonische Wirtschaftsinteressen verfolgte, und dass
König Kyros seine eigenen politischen Gründe hatte, den Juden
gewogen zu sein. Entsprechend zeigt die Bibel keinerlei
Interesse daran, die globale Ökologie, die babylonische Ökonomie
oder das politische System Persiens zu verstehen.
Eine solche
Selbstbezogenheit zeichnet alle Menschen in ihrer Kindheit aus.
Kinder aller Religionen und Kulturen glauben, sie seien der Mittelpunkt der Welt, und
zeigen deshalb wenig echtes Interesse an der Situation und den
Gefühlen anderer Menschen. Aus diesem Grund ist eine
Ehescheidung für Kinder so dramatisch, denn ein Fünfjähriger
kann nicht verstehen, dass etwas Wichtiges aus Gründen
geschieht, die nichts mit ihm zu tun haben. Ganz gleich, wie oft
Mama und Papa ihm erklären, sie seien unabhängige Menschen mit
eigenen Problemen und Wünschen und sie würden sich nicht
seinetwegen scheiden lassen — das Kind kann das nicht begreifen.
Es ist überzeugt, dass alles nur seinetwegen geschieht. Die
meisten Menschen entwachsen dieser kindlichen Täuschung
irgendwann. Monotheisten dagegen halten daran fest bis zu dem
Tag, an dem sie sterben. Wie ein Kind, das glaubt, seine Eltern
würden sich seinetwegen streiten, ist der Monotheist davon
überzeugt, dass die Perser seinetwegen gegen die Babylonier
kämpfen.