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2018/11/13 20:24:10
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Ländliche Marktproduktion und Infrastruktur in Spätmittelalter und Früher Neuzeit
Datum 2018/11/20 23:29:38
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Schlage die Trommel
2018/11/01 12:08:27
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Schwalbacher Häuser erzä hlen ihre Geschichte.
Betreff 2018/11/24 09:12:24
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[Regionalforum-Saar] Unterlassene Hilfeleistung
2018/11/13 20:24:10
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Ländliche Marktproduktion und Infrastruktur in Spätmittelalter und Früher Neuzeit
Autor 2018/11/20 23:29:38
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Schlage die Trommel

[Regionalforum-Saar] Steinerne Macht - gestern wurde di e neue Ausstellung im Historischen Museum Saar eröffnet

Date: 2018/11/17 10:35:10
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

Steinerne Macht

Burgen, Festungen, Schlösser in Lothringen, Luxemburg und im Saarland.

 

Und mittendrin - nun ja, im Untergeschoß - aber dort zentral - nun ja, ganz hinten im abgedunkelten Raum, wo’s in die Kasematten geht - aber dort schon gut herausgestellt - nun ja, eins von drei Objekten, deren Zusammengehörigkeit ich leider nicht erfahren konnte - ein Helm (?), rechts tief, ein Gefäß aus Glas (?), Mitte, und dann oben links, alle drei in würfelförmigen Glasvitrinen mit Rundumblick (außer von unten), sehr effektvoll von einer Seite angestrahlt - und ich muß gestehen, ich bin daran vorbeigelaufen, weil ich nur den Eingang in die Kasematten im Auge hatte, vor dem ein Türsteher stand, der die Leute abzählte und immer nur 30 reinließ, d.h. 30 durften drin sein, na, Sie wissen schon, und erst Bernd Brills „Da steht ja Euer Kelch“ ließ mich mich ihm zuwenden - der Kelch, den Johann II von Saarbrücken (ca 1310-11.03.1381), Ehemann von Gille von Bar, der Pfarrei St. Wendelin in St. Wendel geschenkt hatte.

 

Eine kleine Tafel am Podest, auf dem der Würfel ruht, sagt das Wissenswerte über diesen Kelch aus, ähnlich, wie es Walter Hannig seinerzeit im Heimatbuch geschrieben hat, worauf mich im Vorfeld Gerd Schmitt aufmerksam gemacht hat:

 

(Auszug)

   Der Rand seines breiten Fußes formt durch flache Einbiegungen acht vorspringende Ecken aus und trägt ein Schmuckband heraldischer Lilien. Aus der nur wenig gewölbten Fläche des Fußes steigt ein glatter Schaft empor, dessen kräftig gebildeter Nodus mit über Eck gestellten, ornamentierten Quadraten in runden Feldern verziert ist. Der Schaft trägt die glatte Cuppa von breit ausladender, schöner Form. Gegen den Schaft grenzen sich Fuß, Nodus und Cuppa durch schmale gerändelte Ringe ab.

 

   Der Fuß des Kelches zeigt einen Crucifixus eingraviert und eine lateinische Inschrift in Minuskeln, die der achtfachen Biegung des Randes folgt und die Stifterangabe enthält. Sie lautet: „Johannes comes de Saraponte buticulius Francie dedit hunc calicem ecclesie sancti Wandelini anno sexagesimo nono." (Johannes, Graf von Saarbrücken, Mundschenk Frankreichs, schenkte diesen Kelch der Kirche des heiligen Wendelin im Jahre 69.)

 

   Dem Brauch der Zeit folgend, enthält die Jahreszahl nur die sog. minderen Zahlen. Da nun aus der Bezeichnung „buticulius Francie" hervorgeht, daß es sich bei dem Stifter des Kelches um den Grafen Johann II. von Saarbrücken handelt, der 1364 von Karl V. von Frankreich zum Grand Bouteiller de France, zum Obermundschenk, ernannt wurde, ist das Stiftungsjahr 1369.“

 

Die Ausstellung ist ganz hübsch, aber ein bißchen … leer. Sie zeigt 100 Exponate von 35 Leihgebern aus Luxemburg, Belgien und Deutschland. Und setzt Vorwissen voraus. Wer hier reingeht und hat von Burgen, ihren Bewohnern und Aufgaben keine Ahnung, geht nach Besichtigung der beiden Hauptstockwerke (Erdgeschoß und erstes Untergeschoß) wieder raus, und hat von Burgen, ihren Bewohnern und Aufgaben vielleicht eine Ahnung, aber mehr vermutlich auch nicht.

 

Ich war dort eine gute Stunde drin, schlenderte von oben nach unten, betrachtete die Ausstellungsstücke, grüßte ein paar Bekannte, löste ein archivalisches Problem, dessen Inhalt hier nicht hingehört, und knüpfte einen interessanten Kontakt. Ich ließ mich - mal wieder - von der Wuchtigkeit der Mauern unten an den Kasematten beindrucken, deren Linien von einem jungen Mann mit Saxophon mit ruhigen, tiefen Tönen kraftvoll untermalt wurde, und schaute mir einen fünfminütigen Film über die Entwicklung des Gebietes, das heute das Saarland ausmacht, zwischen 1789 und 2018 an, den ich gern amerikanischen Besuchern vorspielen würde, bevor sie unsere Kante besuchen, der aber mit der Ausstellung leider nichts zu tun hat. Aber stark isser trotzdem.

 

Großflächige Luftaufnahmen an den Wänden, auf denen die ehemalige Bebauung „visualisiert“ (d.h. fürs Auge rekonstruiert) wurde, Stoffvitrinen, die einen Glasbehälter umschliessen, der einen Originaltext enthält, den kaum jemand wirklich lesen kann - man muß den Deckel anheben, um einen Blick darauf zu erhaschen. Der Deckel kann geschlossen werden oder fällt automatisch (Schwerkraft!) wieder zu, um die Exponate vor Licht zu schützen (effektvoll und praktisch). Ein Kanonenrohr in einer Vitrine, damit niemand das Metall antatscht (ich muß sagen, da finde ich die Ausstellung der Kammerbüchse in unserem Museum in St. Wendel interessanter). Ein Ritterrüstung, schimmernd im Licht. Ein paar Bruchstücke von Ofenkacheln, die das Ganze erahnen lassen - schade, daß es nicht ergänzend gemalt war. Ein überkörperlanger Holzsarkophag in einer Nische, ein flachliegender Computerschirm, auf dem man Burgen auf einer Karte anklickt, um dann ein Luftbild zu sehen - die Liebenburg bei Hofeld habe ich dort nicht gesehen. Die Burg von St. Wendel natürlich auch nicht - Kunststück, es ist nichts mehr davon da.

 

Obwohl, das habe ich vermißt: eine große Wandkarte mit Punkten aller bekannten Burgen, Schlösser, Festungen in Lothringen, Luxemburg und Saarland, die mal existierten, auch wenn nichts mehr davon da ist.

 

Die Ausstellung macht schon was her und ist eine gute Gelegenheit, mal wieder die Kasematten zu sehen. Aber - die „steinerne Macht“ spüre ich dort nicht. Ich sehe ein Sammelsurium von Exponaten, aber ich sehe den Zusammenhang nicht.

 

Vielleicht bekommt man ihn, wenn der Katalog erscheint - der war gestern noch nicht fertig und kommt erst in ein paar Wochen. 28 Autoren auf 432 Seiten. Ich bin gespannt.

 

St. Wendel, am Tag nach der Eröffnung

 

Roland Geiger