Suche Sortierung nach Monatsdigest
2018/09/17 10:13:40
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] heute in der SZ (1)
Datum 2018/09/17 10:19:14
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Als Germanen die Römer verdr ängten
2018/09/04 10:14:27
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Die Pfarrkirche St. Anna in Furschweiler.
Betreff 2018/09/05 12:08:59
Hans-Joachim Hoffmann
[Regionalforum-Saar] Führung jüdischer Friedh of Ottweiler
2018/09/17 10:13:40
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] heute in der SZ (1)
Autor 2018/09/17 10:19:14
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Als Germanen die Römer verdr ängten

[Regionalforum-Saar] Ein paar Anmerkungen zur neuen Bro schüre durch Tholeys Geschichte.

Date: 2018/09/17 10:14:49
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

Ein paar Anmerkungen zur neuen Broschüre durch Tholeys Geschichte.


Ist schon lustig, die Unterüberschrift. Denn eine „Broschüre“ ist es gerade nicht, sondern ein Faltblatt, das sich ziehharmonikaartig in 14 Einzelseiten aufklappen läßt. Sowas nennt mein heute auf Neudeutsch einen Flyer (sprich: Flaaja mit einem versteckten „i“ zwischen „a“ und „j“).

 

Bei Betrachtung des Blattes muß man die beiden Grundbedingungen wissen, von denen eine leider nicht genannt wird - der Betrachtungsort ist die „Gemeinde Tholey“, die es in ihrer jetzigen Form aber noch keine 50 Jahre gibt. D.h. es wird die Geschichte einer Gemeinschaft aufgezeigt, die über den Großteil der Blätter des Flyers nicht existiert hat. Das birgt Tücken, die schon auf der ersten geschichtlichen Seite auftauchen „Die Gemeinde Tholey vor 500 Jahren“, die besser heißen würde: „Die Orte, die heute die Gemeinde Tholey bilden, bis vor 500 Jahren“, denn zunächst wird auf die keltische und römische Geschichte eingegangen, das 6te nachchristliche Jahrhundert, Adalgisel Grimo, etc., alles Sachen, die vor 500 Jahren im Besprechungsgebiet lange vergessen waren, und die tatsächlich im Flyer eins vornedran besprochen wurden.

 

Übrigens: der geneigte und schon länger in dieser Liste verweilende  Leser erinnert sich sicher noch an die heftigen Diskussionen, die wir seinerzeit in puncto „5 x 500 Jahre“ hier hatten? Ja? Gut, dann kann ich mir meine Meinung zu diesem Unfug hier sparen.

 

Die andere Grundbedingung ist die Aufteilung in 5 x 100 Jahre, wobei diese vermutlich - unserer Kalenderjahreszählung folgend - jeweils am 1. Januar xx01 beginnen, also 1501, 1601, 1701, 1801 und 1901 - Mist, da fehlt 2001, aber das ist nicht schlimm, über die letzten 17 Jahre steht hier eh nix drin.

 

Die Abtei Tholey gilt im Flyer als Wallfahrtszentrum. Aber im Satz darauf steht, daß die Wallfahrt aus einer Pflichtprozession bestand. Kamen die Leute also, weil sie wollten oder weil sie durften-mußten? Warum dorthin gewallfahrtet wurde, geht aus dem Flyer nicht hervor. Aber das hat man heute eh nicht mehr so, weil Religion eine Art „iiiihhhh“-Thema ist. Kirchen betrachtet man als Museen, und wehe dem, der sie anders bespricht, der hat direkt eine Art Beigeschmack. Kunst ja, aber warum die Kunst - eher nein. Wie sagte die junge Dame in dem Film über die Basilika in St. Wendel - „ich bemühe mich, beim Betrachten der Kunst den Faktor „Religion“ außer Acht zu lassen.“ Recht so, kleines Mädchen. Zurück zum Flyer.

 

Dort wird’s unter einer Karte etwas konfus. Da steht, daß verschiedene Orte dem Herzog von Lothringen unterstehen, andere Orte aber Eigenbesitz der Abtei Tholey sind. D.h. die letzteren unterstehen nicht dem Herzog, wo ihm doch auch die Abtei untersteht? Interessanter Gedanke. Mein hypothetischer Sohn untersteht meiner „Gewalt“, aber nicht der des deutschen Staates, der ich unterstehe? Geht so ein bißchen in Richtung „Reichsbürger“, die haben auch solche Ideen. Aber das habe ich sicher nur falsch verstanden.

 

So geht das auch im 16. Jahrhundert weiter. Dort erfahren wir, daß der Trierer Kurfürst ein Diktator war, da er in Kurtrier die Reformation „systematisch unterdrückt“ hat. Hm, man korrigiere mich, aber ist die Reformation - so sie eine solche ist, denn reformiert wurde eigentlich nicht, sondern eine neue Kirche gegründet, das heißt, nicht eine, sondern mehrere, die Lutherische, die Reformierte und mit Amman und Mennon und anderen noch weitere -, also ist die Reformation nicht „von oben“ eingeführt worden? „Systematisch unterdrückt“ bedeutet doch, daß der Kurfürst bei Strafe verboten hat, daß sich seine Untertanen dem neuen Glauben anschließen? D.h. daß die, die in Gebieten wohnen, wo der neue Glauben angenommen wurde, dies aus freien Stücken getan haben. Komisch, ich habe das anders verstanden. Ich hab verstanden, daß deren Machthaber die Gelegenheit ergriffen, sich vom Papst loszueisen - und dasselbe von ihren Untertanen verlangten. Aber daß es den Untertanen selbst nach dieser Veränderung verlangte, zefix, das war mir nicht bewußt.

 

Im gleichen Satz steht auch, daß der „Bauernkrieg“ kaum Auswirkungen auf die Region hatte? Hm, hatte er überhaupt welche? Heutzutage vielleicht, wenn wir das Lied „Wir sind des Geyers schwarzer Hahaufen“ singen, da geht’s um den Bauernkrieg, oder Dieter Breuers „Versklavt und verraten - Der Aufstand der Bauern zu Anfang des 16. Jahrhunderts“ lesen, aber dort kommt unsere Kante gar nicht vor, wenn auch eine ziemlich heftige Abrechnung mit einem anderen Protagonisten, der im Flyer nicht vorkommt: Martin Luther.

 

Auf dem dritten Blatt taucht ein Begriff auf, den ich - als Ortsfremder, als Tourist, den es durch Zufall nach Tholey verschlagen hat - gar nicht zuordnen kann: Was zum Geier ist das „Bohnental“? Werden hierzulande die Täler nach Gemüsearten benannt? Kuhl.

 

So geht das weiter. Im 17. Jahrhundert fand ich die Information wichtig, daß der 30-jährige Krieg erst später so genannt wurde. Ich dachte immer, der hieß von Anfang an so. So wie man am 2ten September 1939 wußte, daß der Zweite Weltkrieg losgegangen war.

 

Im 18ten Jahrhundert habe ich gelernt, daß u.a. Kurtrier „in den Revolutionskriegen unter“gingen. Sie wurden nicht etwa 1803 oder so aufgelöst, sie versanken wohl in Schutt und Asche während irgendwelcher Feldzüge. So genau steht das hier nicht. Jerres, ich vermute, da ist die wieder die halbe Bevölkerung mit draufgegangen, so wie gut 170 Jahre zuvor im „später so genannten“ 30-jährigen Krieg.

 

Irgendwann auf der letzten Seite sind wir im Text beim heute angelangt, im Jahre 1974. Seitdem - bis zu dem Jahr 2018, in dem ich dies schreibe - ist in Tholey nix mehr passiert. Armer Hermann Josef, was sagste dazu …

 

Illustriert wird der Flyer, von dem eine Seite auf das Titelbild, eine auf das Konzept und eine für eine Art Impressum fällt, aus dem man bei genauem Hinschauen erkennen könnte, daß ihn das Landkreis St. Wendel, nicht etwa die Gemeinde Tholey erarbeitet hat, durch neun Fotos, drei Abbildungen, zwei moderne und eine ältere Karte des Amts Schaumburg, deren Original sich wohl im Archiv der Abtei Tholey befindet (komisch, ich dachte immer, das Original läge in einem Archiv in München, aber das ist auch egal, man kann eh nicht viel darauf erkennen).

 

Jòh.

 

Was? Ihr wollt meine abschließende Meinung zum Flyer wissen?

Z.B. ob wegen der Detailverliebtheit der Verfasser ein grober Überblick möglich ist?

=> Ja, denn über jedem Kapitel steht das Jahrhundert und dahinter ein paar Schlagworte, die es kennzeichnen, z.B. „18. Jahrhundert: Absolutismus - Aufklärung - Revolution“.

 

Was? Das gabs überall in unserer Kante?

=> Ja, stimmt, deswegen stehts ja hier auch?

 

Wie? Dafür hätten wir keinen extra Flyer gebraucht?

=> Kann man so nicht sagen, wann habt Ihr denn das letzte Mal daran gedacht?

 

Bitte? Ob die Schrift groß genug ist zum Lesen?

=> Ja, das ist locker Schriftgröße 2, eher sogar 3 oder 4. Mit ein bißchen gutem Willen, ausreichendem Licht, sehr guten Augen, ggf. einer Lupe ist das super zu lesen.

 

Ónn?

=> Wie „ónn“? Geh nò Toole ónn holl da selwaschd ääns ónn gugg.


Roland Geiger