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Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Rezension: Die momentanen Karl-Marx-Ausstellungen in Trier
Datum 2018/07/28 17:13:35
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Autor 2018/07/28 17:13:35
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[Regionalforum-Saar] Fußball? In unseren Foren ?

Date: 2018/07/28 09:39:29
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Alisson Becker – Vorfahren aus Mettnich !!!

 

So viel Deutschland steckt im teuersten Torwart der Welt

 

Von Florian Gehm    DIE WELT  20.7.2018

 

In Rom nennen sie ihn den „Deutschen“, seine Ahnen kommen aus dem Hunsrück. Jetzt wechselt Alisson Becker zu Jürgen Klopp nach Liverpool. Er wird damit zum teuersten Torhüter der Fußballgeschichte.

 

Alles beginnt im späten 18. Jahrhundert, als Nikolaus Becker sein Hab und Gut zusammenpackt und die kleine Gemeinde Mettnich im Saarland verlässt – für eine weite Reise und um ein neues Leben zu beginnen. Er ist der zweite Sohn von Peter Becker und Anna Maria Recktenwald sowie ein echter Pionier: Im Jahr 1797 erreicht er das Ziel. Als einer der ersten Saarländer überquert er mit einem Schiff den Ozean und landet an in Rio de Janeiro. Von dort segelt er weiter nach São Leopoldo, einem Zentrum deutscher Einwanderer in Brasilien.

 

In Novo Hamburgo, ganz im Süden des südamerikanischen Landes, am Fuße des Hamburger Bergs, baut er sein neues Zuhause auf. Nikolaus Becker gründete bald danach die erste Gerberei und Sattlerei in der Region, die mittlerweile ein Zentrum der Leder- und Schuhindustrie geworden ist. Heute hat die florierende Stadt fast 300.000 Einwohner, eine der Hauptstraßen trägt den Namen Avenida Nicolau Becker. Und so beginnt die Geschichte des teuersten Torhüters der Welt: Alisson Becker, einem direkten Nachfahren des Mannes, der auszog aus dem kleinen Mettnich im Saarland.

 

Der 25-jährige Keeper ist zunächst bei der WM in Russland als exzellente Nummer eins der brasilianischen Seleção in den Blickpunkt gerückt. Und nun hat sich ein weiterer Karriere-höhepunkt Bahn gebrochen, der die Fußballwelt in Atem hält. Der FC Liverpool hat zugestimmt, etwa 73 Millionen Euro für den Torwart des AS Rom auszugeben – ein Rekord-Transfer – denn nie war ein Torwart beim Vereinswechsel teurer. Mit dieser Transfersumme übertrifft Alisson Becker eine langjährige Höchstmarke. Der bislang finanziell wertvollste Torwart der Welt war der Italiener Gianluigi Buffon, der 2001 für rund 53 Millionen Euro vom AC Parma zu Juventus Turin wechselte.

 

Nur Deutsch spricht er nicht

 

Der neue Rekordmann macht neugierig – gerade auch wegen seiner deutschen Wurzeln. Denn 195 Jahre nachdem Nikolaus Becker nach Brasilien auszog, wird der mittlerweile 25-jährige Alisson ebenfalls in Novo Hamburgo geboren. Sein Vater José Agostinho beherrscht immer noch die deutsche Sprache, und er arbeitet wie seine Vorfahren in der Schuhindustrie, selbst Alissons Großmutter sprach Deutsch zu Hause. „In meiner Region erinnert vieles an Deutschland: Die Architektur, die Kultur, die Feiern – auch wir haben ein Riesen-Oktoberfest“, sagt Alisson, der selbst aber kein Deutsch spricht.

 

Seine Laufbahn startete der bärtige Brasilianer in der Jugendmannschaft vom SC Internacional in Porto Alegre, drei Jahre nach seinem ersten Spiel als Profi im Jahr 2013 wechselt er zum AS Rom. Für acht Millionen Euro holte man Alisson einst von der brasilianischen Küste in die ewige Stadt.

 

Schon länger war über ein Interesse des FC Liverpool an Alisson spekuliert worden. Der Keeper bot schließlich in den Champions-League-Halbfinals gegen die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp zwei starke Leistungen und die Reds waren schon vor den Patzern von Keeper Lorsi Karius im Finale gegen Real Madrid auf der Suche nach einer Weltklasse Nummer eins. Bei der WM erreichte er mit Brasilien das Viertelfinale, schied nach einem 1:2 gegen Belgien aus. Alisson stand in allen fünf Spielen im Tor und erlaubte sich keinen groben Patzer, glänzte vielmehr mit sicheren und guten Reaktionen.

 

Ein Pelé der Torhüter?

 

Für 73 Millionen Euro bekommt Liverpool unter Trainer Jürgen Klopp nun einen „O Goleiro Gato“, einen Katzenmann, wie sie Alisson auf Portugiesisch nennen – 1,93 Meter groß, 91 Kilo schwer. Alisson gefällt der Spielstil von Manuel Neuer, seine Führungsstärke und das aktive Torwartspiel: „Neuer hat einen neuen Stil etabliert. Der Torwart ist jetzt deutlich mehr ins Teamspiel integriert“, zitiert ihn die „Sportschau“. Sein Idol ist Cláudio Taffarel, Weltmeister von 1994 – auch ein Brasilianer mit deutschen Wurzeln. Heute ist er Torwarttrainer im Nationalteam, spricht sogar selbst Deutsch.

 

„Solide, rational, kalt kalkulierend“, nennt die Zeitung „La Repubblica“ den Torwart mit den langen Fingern und den blauen Augen. Er habe „richtige Pianistenhände“, sagt er über sich. Seine präzisen Abschläge und sein Spiel im Strafraum schätzen seine Mannschaftskollegen besonders. Mit seinen Paraden beförderte Alisson die AS Rom 2017 nach 34 Jahren erstmals wieder in ein Champions-League-Halbfinale und wird seitdem in Italien gefeiert. Insgesamt 22 Mal spielte er mit den Römern zu null. „Keine Mätzchen, keine Show“, schreibt die „SZ“ über seine Auftritte.

 

Auch abseits des Platzes ist Alisson ein ruhiger Typ: „Ich mag es lieber heimelig mit Freunden und Familie statt bei einer Sause auf der Tanzfläche. Das war noch nie mein Ding.“ Entspannen kann er sich, wenn er für seine Familie auf Klavier und Gitarre spielt, Angeln geht. Er liebt Gospel und Country-Musik. Zur Frau hat er lieber eine Tierärztin genommen „als irgendeine Schauspielerin, weil ein Arzt im Haus doch einfach nützlicher ist“, hat er „La Repubblica“ anvertraut.

 

Zu Hause trinkt er Mate und heißen Tee, gönnt sich nur ab und zu ein Bier. Sein Torwarttrainer in der Nationalmannschaft und Idol Taffarel sagt, Alisson würde einmal besser werden als Gianluigi Buffon – ein Pelé der Torhüter. „Solche Vergleiche helfen niemandem“, entgegnet er auf solches Lob.

 

„Zeit für ein neues Kapitel“

 

Alisson will sich nicht an Kollegen orientieren. Seine Lieblingsbücher sind stattdessen die Bibel und die Autobiografie von Tennisspieler Gustavo Kuerten – auch ein Brasilianer mit deutschen Wurzeln. Er bewundert, wie sich die Tennislegende um seinen jüngeren, behinderten Bruder gekümmert hat, seine Preisgelder für soziales Engagement stiftete.

 

Es sind seine Paraden, seine enorme Ruhe und seine Besonnenheit, die Alisson aktuell zu einem der begehrtesten Torhüter der Welt machen. Auch Real Madrid soll um den römischen Schlussmann gebuhlt haben. „Eine Massage fürs Ego“ nannte Alisson das Interesse der Königlichen. Jetzt hat sich der Brasilianer mit den deutschen Wurzeln aber für Liverpool entschieden. Gegenüber Sky Sport erklärt er vor dem Abflug auf die Insel, er danke allen Roma-Fans für die Zeit in Italien.

 

 „Jetzt ist es Zeit für ein neues Kapitel“, sagt er noch vor dem Aufbruch. In Liverpool wird er den stark in die Kritik geratenen deutschen Torwart Loris Karius beerben und künftig unter Jürgen Klopp trainieren. „Er ist einer der besten Torhüter der Welt. Er ist eine echte Persönlichkeit“, sagt Klopp über den Neuzugang. Auch Alisson äußert sich in einer Pressemitteilung des FC Liverpool offiziell zum Wechsel: „Das ist für mich ein großer Schritt, sowohl für mein Leben als auch für meine Karriere. Sie können sicher sein, dass ich alles geben werden.“

 

Und so legt Alisson los in Liverpool. Etliche kleine Videos zieren bereits den Twitter-Kanal der Reds: Breites Grinsen, die Hände in schwarzen Handschuhen, das gelbe Trikot der Liverpooler streift er sich lässig über die Schultern. Auch ein 17-minütiges Interview steht auf dem Plan. Gerade spricht Alisson über seine Familie, als ein lautes „Sorry!“ das Gespräch unterbricht. Alisson steht auf, herzlich nimmt er seinen neuen Trainer Klopp in den Arm.

 

„Du bist mitten in den Ferien?“, fragt Klopp. „Jetzt arbeite ich. Und ich bin bereit“, antwortet Alisson und legt Klopp die Hand auf die Schulter – jenem gebürtigen Deutschen, der in der Gemeinde Glatten im Schwarzwald aufwuchs. Nur knapp 250 Kilometer sind es von dort ins beschauliche Mettnich. Über 200 Jahre, nachdem Nikolaus Becker das Saarland verließ, schließt sich für Alisson Becker mit seinem Wechsel gewissermaßen ein großer familiärer Kreis.


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Vielen Dank an Klaus Brill, der den Aufsatz in der "Zeit" entdeckte.