Die versteinerte Lebensgeschichte der
jüdischen Gemeinde Ottweiler
Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweiler
2018
Wie in den vergangenen Jahren bieten Klaus Burr und Hans-Joachim
Hoffmann auch in diesem Jahr wieder Führungen über den jüdischen
Friedhof Ottweiler an. Damit erinnern sie an die ca. 150jährige
Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweilers, deren Ende vor 80
Jahren mit der Reichspogromnacht am 9. November 1938 eingeleitet
wurde und mit der Deportation der jüdischen Bevölkerung Ottweilers
im Zuge der Aktion Bürckel am 22. Oktober 1940 ihr Ende fand.
Dank der auf Ewigkeit angelegten jüdischen Friedhöfe konnten die
Grabstätten Grundlage werden für die Erforschung der gewaltsam
vernichteten jüdischen Gemeinde Ottweiler, denn „(e)s war und
bleibt die vornehmste Aufgabe des jüdischen Friedhofs, einer jeden
und einem jedem Verstorbenen das individuelle Grab dauerhaft, d.h.
ohne jede zeitliche Begrenzung, zu bewahren.“ (Prof. Dr. Michael
Brocke, Leiter des Steinheim-Instituts Duisburg)
Die Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweilers bemühen sich
deshalb darum, diesen lokalen Friedhof „als geschichtlich
gewolltes und gewordenes Ganzes“ vorzustellen, um damit „der
versteinerten Lebensgeschichte“ des Ottweiler Judentums gerecht zu
werden und zugleich die Aussage Prof. Brockes zu bestätigen:
„Unsere älteren Friedhöfe sind ideal geeignet für den an der
‚Mentalitätsgeschichte‘ geschulten Blick, einer in Frankreich
entwickelten Methode, die auf Phänomene einer ‚longue durée‘ und
auf deren sorgfältige Beobachtung verwiesen ist. In ‚langer Dauer‘
sollen nahezu unmerkliche Veränderungen erfasst und erschlossen
werden. Dazu ist es entscheidend für das Verständnis der Welt der
Grabschriften, einen Friedhof als geschichtlich gewolltes und
gewordenes Ganzes zu studieren und alle einzelnen Elemente seiner
Schrift- und Zeichensprache zu entziffern. Nur so wird man der
versteinerten Lebensgeschichte einer Gemeinde gerecht. Dies gilt
nicht nur für nachgerade einmalige Orte wie Worms, Frankfurt am
Main oder Prag für das Mittelalter, wie Hamburg-Altona, Berlin
oder Budapest mit ihren großen Friedhöfen der Frühen Neuzeit und
des 19./20. Jahrhunderts. Es gilt auch für die später entstandenen
großen und kleinen Landfriedhöfe des 17. bis 20. Jahrhunderts,
seien sie im weniger frommen Westfalen oder im altfrommen Franken
gelegen.“
Auf die Frage, warum jüdische Friedhöfe zu erhalten seien, führt
Prof. Brocke aus:
„Am Ort selbst, auf dem Ort selbst, will es uns noch einmal
einhämmern - als genüge es nicht, es immer wieder, Ort um Ort,
auszusprechen: Die jüdischen Friedhöfe sind an vielen Orten in
Deutschland die einzig überlebenden Zeugen und Zeugnisse der
jüdischen und der deutsch-jüdischen Geschichte. Sie verweisen in
der Abfolge der Generationen die Kontinuität und die Stabilität
jüdischen Lebens und sie zeigen in deren gewaltsamem Abriss in den
späten dreißiger und frühen vierziger Jahren die jähe Beendigung,
ohne Fortsetzung für die meisten der Stätten. Geschichte aber kann
und darf nicht durch Gewalt beendet werden. Also sei diese
Tatsache ein besonderer Grund zur Bewahrung der Begräbnisstätten,
welcher insbesondere auch die Nicht-Juden angeht, und das nicht,
um Schuld für die Ältesten oder Scham für die Jüngsten erzeugen
oder zu kumulieren, sondern um ihr Wissen von der Geschichte
endlich auch innerjüdisch und positiv zu laden, es nicht allein
unter dem Vorzeichen der Schoah zu fördern, wie es immer neu
geschieht, gewiss geschehen muss, doch nicht immer in dieser das
auch potentielle Interesse vieler lähmenden Ausschließlichkeit
geschehen sollte. Hier liegt ein kaum gehobenes, Identität
stärkendes Potential.“
Dieses Potential zu heben - dazu möchten die Führungen über den
jüdischen Friedhof Ottweiler, die Klaus Burr und Hans-Joachim
Hoffmann zu folgenden Terminen anbieten, einen Beitrag leisten:
Sonntag, 06.05.2018, 17.00 Uhr
Sonntag, 10.06.2018, 17.00 Uhr
Sonntag, 09. September 2018, 17.00 Uhr
Sonntag, 07. Oktober 2018, 17.00 Uhr
Treffpunkt: Jüdischer Friedhof Maria-Juchacz-Ring, Ottweiler.
Bei der 1. Führung 2018 am 06.05.2018 spricht Klaus Burr
zunächst folgende Aspekte an: 1. Warum bieten wir diese
Führungen an? 2. Welche Friedhöfe gibt bzw. gab es in Ottweiler?
3. Welche Besonderheiten prägen jüdische Friedhöfe und 4. Unter
welchen Umständen kam es zur Anlegung des jüdischen Friedhofs
Ottweiler?
Anschließend erläutert Hans-Joachim Hoffmann Symbole und
Grabinschriften und geht auf einzelne jüdische Familien Ottweilers
ein, die die Geschichte der Stadt Ottweiler, ihr politisches Leben
und das vereinsleben mitgeprägt haben.
Im Anschluss haben die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, in aller
Ruhe sich einzelne Grabmale anzusehen. Die Referenten stehen
anschließend bereit, Fragen, die sich bei der Betrachtung der
Grabmale ergaben, zu beantworten.
Führungen zu anderen Terminen können jederzeit mit Hans-Joachim
Hoffmann (06824-7990) vereinbart werden.
Allgemeine Informationen zu den jüdischen Friedhöfen finden Sie
unter:
http://www.steinheim-institut.de/edocs/bpdf/michael_brocke-haus_der_ewigkeit-haus_des_lebens.pdf
http://www.steinheim-institut.de/edocs/bpdf/michael_brocke-zur_religioesen_und_kulturellen_bedeutung_juedischer_friedhöfe.pdf
Eine Dokumentation des jüdischen Friedhofs Ottweiler stellt das
Steinheim-Institut Duisburg auf der Seite epidat zur Verfügung.
Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur Erinnerung an die letzten
jüdischen Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die
Dokumentation „Seid vorsichtig mit der Obrigkeit...!“ Beitrag zur
Erinnerungskultur und Lokalgeschichte Ottweilers.“ Dieses 405
Seiten umfassende Buch (ISBN 978-3-946313-01-4) kann zum Preis von
€ 19.80 erworben werden bei:
Archäologie - Büro & Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636
Tholey
Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler
(06824-7990)
Sparkasse Neunkirchen, Filiale Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564
Ottweiler
Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin Hannelore Henn,
Wilhelm-Heinrich-Straße 13, 66564 Ottweiler.
Die KVHS, die Synagogengemeinde Saar sowie die
Stadt Ottweiler freuten sich, möglichst viele Interessenten
begrüßen zu können.
Treffpunkt: Jüdischer Friedhof Maria-Juchacz-Ring,
Ottweiler Sonntag, 06.05.2018, 17.00 Uhr
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