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2013/02/27 08:09:16
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] zwei weitere Vorträge für Schloß Dhaun
Datum

2013/02/25 12:11:09
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Seminar "Vertiefende Familienforschung" am 20. u. 21. April 2013
Betreff 2013/02/02 14:00:53
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Sonderreihe "Frankreich und St. Wendel":
2013/02/27 08:09:16
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] zwei weitere Vorträge für Schloß Dhaun
Autor


[Regionalforum-Saar] Siegelkunde

Date: 2013/02/27 22:54:15
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Diederich, Toni: Siegelkunde. Beiträge zu ihrer Vertiefung und
Weiterführung [42 s/w-Abb.]. Köln: Böhlau Verlag Köln 2012. ISBN
978-3-412-20956-8; geb.; X, 257 S.; EUR 34,90.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_19585.pdf>

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Stefan Hynek, Historisches Seminar, Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
E-Mail: <stefan.hynek(a)... zuletzt 2004 ein Buch mit dem Titel "Siegelkunde" von Andrea
Stieldorf erschienen ist[1], das ausdrücklich als Einführung in die
Thematik konzipiert wurde, legt Toni Diederich nun mit seinem Band den
Fokus auf weiterführende und vertiefende Beiträge zur Sphragistik. Dass
Diederich wie kaum ein anderer in der deutschen Geschichtsforschung
geeignet ist, diese Aufgabe zu meistern, liegt an seiner ausgesprochenen
Expertise, die sich in seinen zahlreichen Publikationen zur Siegelkunde
zeigt. Anlass zu seiner neuesten Arbeit ist der Umstand, dass die von
Diederich schon vor dreißig(!) Jahren angeregten neuen Ansätze zur
Typologisierung[2] und zum Erkenntniswert[3] der Siegel bei der
Beschäftigung mit ihnen oftmals zwar wahrgenommen, aber kaum umgesetzt
worden sind. Das bisher letzte Beispiel dafür bietet die Arbeit von
Marnetté-Kühl, die sich bei der Erschließung der Siegel der
Urkundenfonds von Marienberg und Mariental intensiv mit Diederichs
Typologie auseinandersetzt, sie dann aber entgegen ihrer eigentlichen
Funktion, die vom Siegelführer intendierte Aussage prägnant zu erfassen,
zur Gliederung des Gesamtbestandes einsetzt.[4]

Umso einleuchtender erscheint es daher, dass sich Diederich mit dem
Erkenntniswert und der Typologisierung der Siegel in den ersten fünf
seiner insgesamt zehn Kapitel unter verschiedenen Gesichtspunkten
auseinandersetzt. Daran schließen sich mit Ausführungen zur Bedeutung
der Siegelgröße, zur Siegelpraxis, zu lateinischen Versen in
Siegelumschriften, zu Gemeinsamkeiten von Grabmal- und Siegelkunst sowie
zu gefälschten Siegelstempeln Themen an, die in der Sphragistik bisher
ebenfalls nur geringe Beachtung erfahren haben.

Diederichs Zielstellung ist es, für künftige Forschungen Impulse zu
geben. Er verzichtet daher auf eine eingehende Rekapitulation des
Forschungsstandes der Sphragistik und beschränkt sich auf die Diskussion
der Desiderate, für die er im Ansatz Lösungen zu präsentieren in der
Lage ist. Zunächst geht er dafür auf das Siegel als Geschichtsquelle
ein. Siegel können neben ihrer Funktion als Beglaubigungsmittel auch
Aussagen des Siegelführers vermitteln (Kapitel I) oder als Belege für
Patrozinien dienen (Kapitel II), was Diederich anhand einiger
repräsentativer Beispiele zu zeigen vermag. Im Anschluss geht er auf
seine überarbeitete Siegeltypologie von 1983 ein (Kapitel III), die er -
völlig zu Recht - immer noch als weitgehend missverstanden ansieht und
daher beinahe selbstironisch durchgehend als "neu" bezeichnet. Bei der
Einordnung der verschiedenen Siegeltypen geht es Diederich eben nicht um
die Klassifizierung von Siegelbildern, wie sie für die Kunstgeschichte
von Interesse ist, die sich mit der Entwicklung der Motive beschäftigt,
sondern um die Klassifizierung von Aussagen der Siegelführer. Ornament-
(Kapitel IV) und Mischsiegel (Kapitel V), deren Aussage sich nur schwer
erschließen, behandelt Diederich dann auch etwas ausführlicher, um sie
für zukünftige Forschungen zugänglicher zu machen.

In den beiden folgenden Kapiteln beschäftigt sich Diederich zum einen
mit der Größe, dem Bedeutungsmaßstab innerhalb des Bildprogramms und dem
nicht standesgemäßen Führen der Siegel, das er "Usurpation" nennt
(Kapitel VI), zum anderen mit der Siegelpraxis im Früh- und
Hochmittelalter (Kapitel VII). An dieser Stelle wäre es wünschenswert
gewesen, wenn Diederich die Eigenschaften der Siegelabdrücke unter dem
Stichwort der "Materialität" nach Anbringung, Material und Größe
diskutiert hätte. Das von ihm herausgearbeitete Phänomen der
"Usurpation" wäre dann sicher nicht nur durch Anmaßung eines übergroßen
Siegels, sondern auch durch andere Eigenschaften des Siegels deutlich
und nachvollziehbar geworden.

Zu äußerst interessanten interdisziplinären Ansätzen kommt Diederich bei
der Beschäftigung mit der Verskunst in Siegelumschriften (Kapitel VIII)
und den Parallelen zwischen Siegel- und Grabmalkunst (Kapitel IX). So
eignet sich erstere dazu, durch die Bearbeitung mit philologischen
Methoden Verbindungen zu Topoi antiker und mittelalterlicher Literatur
herzustellen und damit eine deutlich tiefere Ebene der Siegelaussage zu
erfassen, als es allein über das Bild möglich ist. Damit ist auch schon
eine Gemeinsamkeit zwischen Grabmälern und Siegeln angesprochen: Neben
der Umschrift, die auch auf Grabmälern den eben erläuterten Bezug
herstellen kann, ist es die bildliche Darstellung, die vor allem mit den
Bildnissiegeln Parallelen aufweist. Bei allen Unterschieden zwischen
Siegeln und Grabmälern kann Diederich aber deutlich machen, dass die
Funktionen der genannten Elemente zu vergleichbaren Aussagen führen
können. Das Buch schließt mit Anmerkungen und einem Kriterienkatalog zur
Bestimmung von Siegelfälschungen (Kapitel X).

Diederichs Buch ist für alle Historiker und Kunsthistoriker, die sich
mit Siegeln beschäftigen, eine wichtige Anregung, die von ihm
herausgearbeiteten Desiderate bei ihrer Arbeit zu berücksichtigen.
Allerdings führt nur eine intensive Auseinandersetzung mit dem gesamten
Buch zum gewünschten Erkenntnisgewinn, da Diederich am Ende weder eine
Zusammenfassung noch ein Register und lediglich eine
Auswahlbibliographie gibt.


Anmerkungen:
[1] Andrea Stieldorf, Siegelkunde. Basiswissen, Hannover 2004.
[2] Toni Diederich, Prolegomena zu einer neuen Siegel-Typologie, in:
Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 29
(1983), S. 242-284.
[3] Toni Diederich, Zum Quellenwert und Bedeutungsgehalt
mittelalterlicher Städtesiegel, in: Archiv für Diplomatik,
Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 23 (1977), S. 269-285.
[4] Beatrice Marnetté-Kühl, Mittelalterliche Siegel der Urkundenfonds
Marienberg und Mariental, Braunschweig 2006.