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2012/11/28 17:30:58
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Aufzeichnungen Joseph Hundeggers aus dem Revolutionsjahr 1848
Datum 2012/11/29 11:24:10
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Historische Blicke auf das Land an der Saar
2012/11/27 23:01:06
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Zeitreise in die Vergangenheit
Betreff

2012/11/28 17:30:58
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Aufzeichnungen Joseph Hundeggers aus dem Revolutionsjahr 1848
Autor 2012/11/29 11:24:10
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Historische Blicke auf das Land an der Saar

[Regionalforum-Saar] Zusammenschlüsse deutscher Länder im 19. + 20. Jahrh

Date: 2012/11/28 23:19:14
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

From:    Martin Furtwängler <furtwaengler(a)...   29.11.2012
Subject: Tagber: Die Gründung des Südweststaates - kein Einzelfall.
         Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder
         im 19. und 20. Jahrhundert
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Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg; Landtag
von Baden-Württemberg
11.10.2012-12.10.2012, Stuttgart

Bericht von:
Martin Furtwängler, Komission für geschichtliche Landeskunde in
Baden-Württemberg
E-Mail: <furtwaengler(a)... von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in
Baden-Württemberg zusammen mit dem Landtag von Baden-Württemberg
veranstaltete wissenschaftliche Symposion fand aus Anlass des
60-jährigen Landesjubiläums statt, weshalb mit Landtagspräsident Wolf,
Wissenschaftsministerin Bauer und der Ersten Stellvertretenden
Landtagspräsidentin Lösch hochrangige politische Vertreter des Landes
anwesend waren und Grußworte an die Teilnehmer richteten. Im Zentrum
stand jedoch nicht die Gründung des Bundeslandes Baden-Württemberg 1952,
die bislang einzige gelungene Länderfusion in der Bundesrepublik
Deutschland. Ziel der Tagung war es vielmehr, wie ANTON SCHINDLING
(Stuttgart) in seiner Einführung hervorhob, einen enzyklopädischen
Überblick über die durchaus nicht seltenen Länderneugliederungen in
Deutschland seit der Zeit Napoleons zu bieten. In zweiter Linie sollte
damit auch die Entstehung Baden-Württembergs historisch eingeordnet
werden.

In seinem Eröffnungsvortrag über die Gründung Baden-Württembergs
richtete ROBERT KRETZSCHMAR (Stuttgart) sein Augenmerk nicht nur auf die
unmittelbare Phase der Länderfusion nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern
beschrieb die Bildung des Südweststaates "als Schlusspunkt einer
Debatte, die ihren Ursprung in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg hatte,
zugleich [...] aber [...] Produkt der neuen Konstellationen [war], die
sich bei Kriegsende 1945 ergaben": Im Rahmen der Debatte über die
Neugliederung der Länder in der Weimarer Republik, die in ihrem Kern
eine Debatte um die künftige Gestalt Preußens war, hatte nämlich auch
die Idee einer Fusion von Baden und Württemberg etliche Anhänger
gefunden, vornehmlich in Württemberg. Die bestehenden staatlichen
Verhältnisse zu verändern, gelang damals jedoch nicht. Mit dem
Zerschlagen der alten Länder nach 1945 und der Bildung neuer staatlicher
Einheiten, bei der man auf althergebrachte Strukturen keine Rücksicht
nahm, bei der vielmehr allein die Interessen der Besatzungsmächte
maßgeblich waren, übte die Idee der Bildung eines Südweststaates nun
jedoch große Anziehungskraft aus. Dennoch erwies sich dessen Gründung
als langwieriger Prozess: Selbst die Volksabstimmung 1951 zu dieser
Frage konnte keine Befriedung herbeiführen, da über den Abstimmungsmodus
und die Abstimmungsgebiete zwischen Gegnern und Befürwortern des
Südweststaates keine Einigkeit zu erzielen war. Letztlich dauerte es bis
1970, bis zu der vom Bundesverfassungsgericht 1956 erzwungenen
Wiederholung der Abstimmung in Baden, bis die rechtlichen Verhältnisse
endgültig geklärt waren.

So viel Rücksichtnahme auf die Empfindungen der von Neugliederungen
betroffenen Bevölkerungen wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts kaum
genommen, wie durch den Beitrag von FRANK ENGEHAUSEN (Heidelberg)
deutlich wurde. Die von ihm analysierten Länderneuverteilungen in
Deutschland nach dem Sieg über Napoleon 1813-1815 fanden noch im Stil
klassischer Kabinettspolitik statt. Dabei interessierten heute so
relevante Fragen wie die nach der wirtschaftlichen Entwicklungsfähigkeit
der betroffenen Länder wenig. Aber auch geopolitisch wichtige Aspekte,
wie etwa die territoriale Geschlossenheit der neuen Einheiten blieben
oft unberücksichtigt. Die Folge war für viele Profiteure des damaligen
Länderschachers, dass sie über keine direkte Landverbindung zu ihren
Neuerwerbungen verfügten (vgl. Preußen zum Rheinland, Bayern zur Pfalz).
Dennoch bewirkten wohl die Erfahrungen der vergangenen Kriegsjahrzehnte,
dass man sich auf dem Wiener Kongress durchaus von übergeordneten
Grundsätzen leiten ließ, spielte doch der Gedanke eines Gleichgewichts
der Kräfte bei den Verhandlungen eine bedeutende Rolle: So diente
beispielsweise Preußens neu gewonnene Stellung am Rhein der Eindämmung
Frankreichs und die Teilung Sachsens der Herstellung eines
Gleichgewichts zwischen Österreich und Preußen. Bei der Integration der
neuen Territorien erfolgte dann zumindest teilweise eine Rücksichtnahme
auf die Interessen der neuen Staatsbürger, wie etwa bei der Belassung
der von den Franzosen links des Rheins eingeführten Rechtsordnung in der
bayerischen Pfalz und in den preußischen Rheinlanden.

Dass einem Staat Neuerwerbungen auch ungewollt zuteil werden können,
verdeutlichte HANS-CHRISTOF KRAUS (Passau) in seinem Beitrag über
Preußens Vergrößerungen 1848 und 1866. Infolge der Revolution 1848
hatten die beiden südwestdeutschen Hohenzollernfürsten in Sigmaringen
und Hechingen ihren Thronverzicht erklärt und ihre Fürstentümer Preußen
angeboten. Obgleich man in Berlin wenig Interesse an den abgelegenen
Besitzungen hatte, ließ sich die Übernahme aus dynastischen Gründen kaum
umgehen. Friedrich Wilhelm IV. jedenfalls meinte ohne Gesichtsverlust
die Stammlande seines Hauses, "die Wiege des schwarzen Adlers" nicht
aufgeben zu können. Die Erwerbungen nach dem Sieg gegen Österreich und
seine Verbündeten 1866 hingegen waren von Preußen angestrebt worden und
erfolgten gemäß dem Völkerrecht mit dem Recht der Eroberung. Die
Eingliederung dieser neuen Territorien in den preußischen Staat
gestaltete sich jedoch schwierig: Alte Loyalitäten (Hannover) und alte
Traditionen (Frankfurt, alte Reichsstadt) standen dem lange Zeit im
Wege. Zur Lösung derartiger Integrationsprobleme mussten nach Kraus
folgende Punkte beachtet werden: Rücksichtnahme auf konfessionelle und
sonstige Minderheiten, Freiräume für lokale Selbstverwaltung, Rücksicht
auf die finanziellen Belange der neuen Lande, Einbeziehung der
traditionellen Elite, wirtschaftliche Strukturförderung.

Wie schwierig Länderfusionen selbst in einem Mikrokosmos sein können,
veranschaulichte ANDREAS ERB (Dessau) mit seiner Analyse der
Wiedervereinigung verschiedener anhaltinischer Linien mit Anhalt-Dessau.
Zwar war seit der Teilung des Landes 1603 von Generationen
anhaltinischer Fürsten die Einheit Anhalts beschworen worden,
existierten zahlreiche Verträge zur Herstellung einer Wiedervereinigung
im Erbfall. Doch mehrere hundert Jahre der Selbständigkeit hatten in den
jeweiligen Territorien ein eigenstaatliches Leben hervorgebracht und
auch im Bewusstsein der Bevölkerung eine Identifikation mit dem eigenen
Ländchen wachsen lassen, die viele nur schwer aufzugeben bereit waren.
Gleichzeitig konnte Erb herausarbeiten, dass trotz verstärkter
Anteilnahme einer zunehmend politisch interessierten Öffentlichkeit im
19. Jahrhundert, die 1863 vollendete Vereinigung der Herzogtümer immer
noch von oben durch die Dynastie erfolgte.

Bei der unter den Bedingungen eines demokratischen Staatswesens
vollzogenen Vereinigung Thüringens 1920 kam der Anstoß von außen, wie
HANS-WERNER HAHN (Jena) betonte - trotz eines seit Jahrhunderten
bestehenden Landesbewusstseins und trotz der Verbindungen, die zwischen
den Thüringer Kleinstaaten bestanden hatten. Gesamtthüringische
Vereinheitlichungen im Zuge der Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg
(Thüringer Ernährungsamt), das Abtreten der Dynastien in der Revolution
1918, die Vormachtstellung der auf Einheit ausgerichteten SPD in der
frühen Weimarer Republik wirkten begünstigend auf diesen Prozess ein und
auch von Reichsseite wurden die Einheitspläne gefördert. Schließlich
galt der Zusammenschluss der "deutschen Mitte" doch als förderlich für
die gesamtdeutsche Einheit. Allerdings wollten nicht alle Teile des
Landes diesen Weg gehen. Coburg entschied sich für die Zugehörigkeit zu
Bayern und die Integration des "preußischen Thüringens" scheiterte
zunächst am Widerstand der deutschen Großmacht. Erst nach 1945 wurde
dieses Desiderat behoben, und das Land erhielt die Gestalt, die es auch
nach 1990 wieder einnahm.

In der NS-Zeit gab es trotz eines Versuchs von Reichinnenminister Frick
zu einer großangelegten Reichsreform 1935 nur geringfügige Veränderungen
in der Länderstruktur Deutschlands. BERND KASTEN (Schwerin) zeigte in
seinem Beitrag, dass im polykratischen NS-System, in dem sich regionale
und zentrale Gewalten auf Staats- und Parteiebene leicht gegenseitig
blockieren konnten, besondere Bedingungen herrschen mussten, damit
strukturelle Veränderungen der Länderstruktur gelangen. 1933 nutzte mit
Friedrich Hildebrandt ein besonders energischer Gauleiter die Gunst der
Stunde und erzwang die Vereinigung von Mecklenburg-Schwerin und
Mecklenburg-Strelitz. Im Falle der Einverleibung Altonas nach Hamburg
gelang es der Hansestadt 1936 Hitler und Göring auf ihre Seite zu ziehen
sowie dem Gauleiter von Schleswig-Holstein mit Lübeck ein geeignetes
Kompensationsobjekt anzubieten, zu Lasten des damals schon in der Gunst
Hitlers und der Partei stark gesunkenen Mecklenburgers Hildebrandt.

Den größten Umbruch in der deutschen Länderwelt seit Napoleon vollzogen
die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges: Nicht zuletzt infolge der
Auflösung Preußens wurden viele Länder geschaffen, die es in dieser
Gestalt in Deutschland zuvor noch nie gegeben hatte. An sechs
Fallbeispielen wurde dies auf der Tagung thematisiert. Schon im Beitrag
von ULRIKE HÖROLDT (Magdeburg) wurde deutlich, wie umfassend der
Einfluss der Besatzungsmächte bei der Gründung der Nachkriegsländer in
Deutschland gewesen ist. Recht setzender Akt war im Falle der von ihr
behandelten Fälle der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt
der Befehl Nr. 5 des Chefs der sowjetischen Militäradministration vom 9.
Juli 1945. Dabei erfolgte die Bildung aus dem Zusammenschluss
heterogener politischer Einheiten, setzten sich beide neuen Länder doch
aus Teilen ehemaliger preußischer Provinzen (Sachsen, Vorpommern) und
bereits bestehender Ländern (Mecklenburg, Anhalt) zusammen.

Demgegenüber führte HANS-GEORG ASCHOFF (Hannover) in seinem Vortrag aus,
dass bei der Entstehung Niedersachsens der Einfluss deutscher Politiker
auf die Gestalt des neuen Landes nicht unerheblich war. Die britische
Besatzungsmacht hatte 1945 offensichtlich keine konkreten Pläne zur
territorialen Neugestaltung ihrer Zone besessen. Daher konnten nun
Politiker wie der Sozialdemokrat Hinrich Wilhelm Kopf auf ältere,
vornehmlich auf das 19. Jahrhundert zurückgehende Überlegungen der
Etablierung eines norddeutschen Mittelstaates unter dem Namen
Niedersachsen zurückgreifen und letztlich partikulare Widerstände der
alten Länder Oldenburg und Braunschweig überwinden. Dies gelang nicht
zuletzt deshalb, weil die Größe und Bedeutung des neuen Landes den
britischen Interessen an einer Dezentralisierung Deutschlands
entgegenkam.

Die Frage der Errichtung eines Landes Nordrhein-Westfalen war nach 1945
geraume Zeit Gegenstand der internationalen Politik, wie WILFRIED
REININGHAUS (Düsseldorf) darlegte: Frankreich strebte aus
machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen heraus eine
Internationalisierung des Ruhrgebiets an, eine Forderung, der sich die
Sowjetunion anschloss. Großbritannien, die Besatzungsmacht an Rhein und
Ruhr, wollte dies aus den Erfahrungen der Ruhrbesetzung von 1923 heraus
verhindern. Auch sollte eine Trennung des Ruhrgebiets von seinem
Hinterland aus Versorgungsgründen vermieden werden. Die Briten setzten
sich durch, und die Folge war die Zusammenfassung von Rheinland und
Westfalen zu einem neuen großen Land. Ein bis heute nicht wirklich
gelöstes Problem der Bildung dieser großen staatlichen Einheit stellt
dessen notwendige regionale Binnengliederung dar. Alle angeführten
Raumteilungspläne in Nordrhein-Westfalen erwiesen sich nach Reininghaus
bisher als suboptimal. Allerdings hätten sich die 1953 etablierten
kommunalen Landschaftsverbände andererseits als sehr gut geeignetes
Instrument zur Bedienung von Teilregionen mit Dienstleistungen erwiesen.
Die Akzeptanz des Landes bei der Bevölkerung sieht Reininghaus denn auch
als gegeben an, Klagen über die angebliche Unterprivilegierung einzelner
Landesteile seien bei Lichte betrachtet oft nur "lobbyistische Argumente
zur regionalen Strukturförderung".

"Hesse ist, wer Hesse sein will", dieses ursprünglich auf die
Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen in der Nachkriegszeit
gemünzte Motto, arbeitete WINFRIED SPEITKAMP (Kassel) als einen
wesentlichen identitätsstiftenden Leitsatz des 1945 von der
amerikanischen Besatzungsmacht geschaffenen heutigen Bundeslandes Hessen
heraus. Neben dieser propagierten Weltoffenheit bestimmte lange Zeit ein
intensiver Fortschrittsglaube das Selbstbild des Landes. Obgleich dieses
heterogen in seiner territorialen, wirtschaftlichen, politischen und
kulturellen Zusammensetzung war, suchte man, so Speitkamp, nach der
Landesgründung weniger eine Rückversicherung durch den Verweis auf
gemeinsame historische Traditionen, sondern definierte sich vielmehr
nach 1945 zunächst als der Zukunft, dem politischen, wirtschaftlichen
und sozialen Fortschritt zugewandtes sozialdemokratisches Musterland.
Man sah sich in einer Vorreiterrolle in der Bundesrepublik. Dies zeigte
sich schon in der 1946 verabschiedeten Verfassung. "Hessen vorn" war
denn auch die sinnfällige sozialdemokratische Wahlkampfparole 1962.

Im abschließenden Beitrag des Symposiums verwies VOLKER RÖDEL
(Karlsruhe/Heidelberg) auf die heterogenen kulturellen und politischen
Strukturen in Rheinland-Pfalz, das "gegen den Willen der Bevölkerung als
ein Land ohne Anknüpfung an eine eigene Staatstradition [...] durch die
Verfügung der französischen Besatzungsmacht" 1946 gegründet worden war.
Es sollte dem französischen Bedürfnis nach Dezentralisation Deutschlands
einerseits und effektiver wirtschaftlicher Nutzbarmachung der eigenen
Besatzungszone andererseits dienen. Wie gering das Ansehen des neuen
Landes anfangs war, verdeutlichte schon die Volksabstimmung über die
Annahme der Verfassung 1947, die insgesamt nur 53 % Zustimmung erfuhr,
in den Regionen Rheinhessen und Pfalz sogar abgelehnt wurde. Um
Akzeptanz zu erlangen, war man auf Seiten der führenden Landespolitiker
deshalb unter anderem bestrebt, Gemeinsamkeiten aus der Zeit vor der
französischen Revolution zu betonen und verwies zum Beispiel darauf,
dass das Land aus "dem Kernland dreier deutscher Kurfürstentümer:
Kur-Mainz, Kur-Trier und Kur-Pfalz" stammt, deren Wappensymbole heute
noch das Landeswappen schmücken. In vielen politisch-gesellschaftlichen
Bereichen haben sich bis heute jedoch tradierte Strukturen erhalten, so
etwa bei den Kirchen, deren Organisation sich nicht an den Grenzen des
Landes orientiert. Dennoch hat sich Rheinland-Pfalz, so Rödel, im Laufe
der vergangenen Jahrzehnte durch "die normative Kraft des Faktischen"
insoweit gefestigt, dass es 1975 mehrere Volksentscheide über die
Abspaltung einzelner Landesteile siegreich überstand.

In seiner Zusammenfassung verwies EIKE WOLGAST (Heidelberg) darauf, dass
die Geschichte der Deutschen Länder seit 1815 eine Reduktionsgeschichte
gewesen ist und sich dadurch von anderen bundesstaatlich organisierten
Gemeinwesen wie zum Beispiel der Schweiz oder den USA unterscheidet. Von
den 39 nach dem Wiener Kongress bestehenden Ländern sind gerade einmal
16 übrig geblieben und nur Bayern, Sachsen, Hamburg, Bremen plus
Österreich haben sich seitdem wenigstens partiell erhalten. Vorläufig
dürfte jedoch ein Endpunkt der Länderreduktion erreicht sein, da neue
Länderzusammenschlüsse wenig wahrscheinlich sind, ist doch, so Wolgast,
die Identifikation der Bevölkerung mit ihrem jeweiligen Bundesland viel
stärker als es zum Beispiel der Anreiz möglicher fiskalischer
Einsparungen durch ein solche Maßnahme sein könnte.

Resümierend lässt sich festhalten, dass dem Symposium sicherlich das
Verdienst zukommt, die große Vielfalt bei der Veränderung von
Ländergrenzen in Deutschland aufgezeigt zu haben. Darüber hinaus wurde
aber auch deutlich, dass wirkliche "Liebesheiraten" auf diesem Feld der
territorialen Veränderung eigentlich nicht vorkommen. Selbst das durch
eine Volksabstimmung entstandene Baden-Württemberg hatte lange mit den
Nachwehen der bei dieser Fusion geschlagenen Wunden zu kämpfen.
Andererseits haben verschiedene Fallbeispiele verdeutlicht, dass selbst
durch Zwang oder Fremdbestimmung geschaffene Länder nach mehreren
Jahrzehnten über eine derart große Integrationskraft verfüg[t]en, dass
ihre Zerschlagung, Aufteilung oder die Fusion mit einem anderen Land nur
mit Hilfe exogener Faktoren möglich war und ist.

Konferenzübersicht:

Begrüßung: Guido Wolf MdL, Präsident des Landtags von Baden-Württemberg

Grußwort: Theresia Bauer MdL, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und
Kunst
Einführung: Anton Schindling, Vorsitzender der Kommission für
geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg (Stuttgart)

Robert Kretzschmar (Stuttgart): Alte Ideen unter neuen Konstellationen.
Zur Gründungsgeschichte des Landes Baden-Württemberg

Begrüßung: Brigitte Lösch MdL, Erste Stellvertretende Präsidentin des
Landtags von Baden-Württemberg

Frank Engehausen (Heidelberg): Länderschacher nach Napoleon: Die
Neuverteilung der linksrheinischen Gebiete und die preußische Provinz
Sachsen 1813-1815

Hans-Christof Kraus (Passau): Auf dem Weg zur deutschen Vormacht -
Preußens Vergrößerung 1848 und 1866

Andreas Erb (Dessau): Wiedervereinigungen? - Die Anfälle der Linien
Zerbst, Köthen und Bernburg an Anhalt-Dessau 1793 - 1863

Hans-Werner Hahn (Jena): Vom "Thüringer Kleinstaatenjammer" zum Land
Thüringen: Vorgeschichte, Verlauf und Folgen der schwierigen
Landesgründung von 1920

Bernd Kasten (Schwerin): Gauleiter konsolidieren ihre Machtbereiche -
der Zusammenschluss beider Mecklenburg 1933 und das Groß-Hamburg-Gesetz
1937

Ulrike Höroldt (Magdeburg): Freistaaten und preußische Provinzen. Die
Entstehung der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt
1945/1947

Hans-Georg Aschoff (Hannover): Die Gründung des Landes Niedersachsen
1946

Wilfried Reininghaus (Düsseldorf): Operation Marriage. Die Gründung des
Landes Nordrhein-Westfalen unter der Aufsicht der Briten

Winfried Speitkamp (Kassel): Großhessen? Integration und Reform in
Hessen nach 1945

Volker Rödel (Karlsruhe/Heidelberg): Rheinland-Pfalz. Verordnete
Landesgründung in einem historischen Kernraum ohne Staatstradition

Zusammenfassung und Schlussdiskussion: Eike Wolgast, Heidelberg

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