Habt Ihr das eben auch gehört?
Es muß relativ laut gewesen sein, sonst
hätte ich es nie mitgekriegt, weil unser Schlafzimmer
nach hinten raus liegt. Es ist außerdem noch ziemlich
dunkel, die Sonne ist noch hinterm Bosenberg versteckt.
Ich lag gerade im eigenen Mief im dunklen Schlafzimmer,
als plötzlich ein Dröhnen aufkam.
Dumpf, rumorend.
Und jetzt beginnt alles zu vibrieren. Das
Bett, der Boden, das ganze Haus – gleichwohl massiv
gebaut – alles zitterte. Ein Erdbeben, denke ich,
springe auf und stürze ans Fenster. Draußen ist nichts
zu sehen.
Also gehe ich rüber ans Wohnzimmerfenster
oben im ersten Stock, das zur Straße rausgeht. Die sieht
man mittlerweile bei uns, weil wir vor drei Wochen die
dicken, hohen Kiefern haben umlegen lassen. Hat das
ganze Haus drinnen ziemlich hell werden lassen.
Die Straße ist menschenleer. Das heißt,
nein, ist sie nicht. Dunkle Schatten bewegen sich dort;
seht Ihr sie? Dort drüben. Und hier drüben auch. Eng an
die Häuser gepreßt tänzeln sie quasi vorwärts, drehen
sich nach links und rechts, als ob sie nach etwas
Ausschau halten.
Männer. Hm, Soldaten. Einer duckt sich
vor unserer Hecke unten an die Mauer und wift einen
langen Blick durch die Hecke zu mir hinauf. Er muß mich
gesehen haben, denn ein Ruf erklingt, und die auf der
anderen Straßenseite schauen her und herauf.
Jerres, so schnell habe ich mich lange
nicht mehr dünne gemacht. Ich springe zur Seite und
reiße fast das Bücherbord um.
Das Dröhnen wird mittlerweile immer
lauter; die Vibrationen kann ich unter den bloßen Füßen
spüren, wie ein Mahlen, richtig unangenehm. Ich riskiert
wieder einen Blick aus dem Fenster. Durch die Lücke
zwischen den Häusern im Falkenbösch fahren kompakte
dunkle Schatten. Panzer.
Die Soldaten unten auf der Straße schauen
nicht mehr hoch, aber einer hantiert mit einem langen
Rohr.
Oh, Exkrement, das sieht aus wie ne
Bazooka, ne altmodische Panzerfaust. Der legt an und …
ich mache einen Satz nach hinten über den Sessel … dann
wird die Welt schwarz.
Ich wache in meinem Bett auf.
Und lache erleichtert.
Eins der zu groß geratenen Kuscheltiere
auf dem Schrank, der graue Elefant, hat sich gelöst und
ist runtergefallen.
Sonst geht’s mir gut. Naja, so ziemlich.
Alsfassen, Montag, 19. März 2012.
Josefstag.
Der Tag, an dem die Amerikaner Alsfassen
und dann St. Wendel besetzten.
Heute vor 67 Jahren. Soweit ich weiß –
ohne einen Schuß abzufeuern.