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2012/03/01 09:37:01 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] fünftes Epochenseminar am W ochenende |
Datum | 2012/03/07 09:01:02 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Kommunikation im Krieg im sp äten Mittelalter |
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2012/03/01 09:33:43 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Brot backen nach Römer Art |
Betreff | 2012/03/01 09:37:01 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] fünftes Epochenseminar am W ochenende |
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2012/03/01 09:37:01 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] fünftes Epochenseminar am W ochenende |
Autor | 2012/03/07 09:01:02 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Kommunikation im Krieg im sp äten Mittelalter |
Date: 2012/03/03 01:10:53
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...
Kam heute in Welt-Online, das ich via AOL erhalte:
Der unzerrüttbare deutsche Mythos
Autobahn Autor: Sven Felix Kellerhoff
München zeigt eine Ausstellung über
die Reichsautobahnen in Bayern. Bis heute wirkt die Goebbels-Propaganda über
diese vermeintlich geniale Idee Hitlers nach. „Autobahn“ ist ein Reizwort.
Natürlich für Umweltschützer, aber nicht nur für sie. Die Erwähnung der
Reichsautobahnen kann auch im 21. Jahrhundert Karrieren beenden.
Zuletzt erlebte das im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Nachrichtensprecherin Eva Herman, die in
einer ZDF-Talkshow über ihre umstrittenen Äußerungen zur
NS-Familienpolitik sagte: „Es sind auch Autobahnen
gebaut worden damals, und wir fahren heute drauf.“ Die Reaktion anderer Gäste der
Gesprächsrunde war einmütig: „Das kannst Du so nicht sagen“, befand Margarethe
Schreinemakers, und Johannes B. Kerner stellte fest: „Autobahn geht halt nicht.“
Kurze Zeit später verwies der Gastgeber Kerner seinen Gast Herman des
Studios. Der Mythos von der guten Autobahn Ganz gleich, was man von Eva Herman
und ihrem Gerede halten mag: Die Erregung, die allein die Erwähnung des
Straßenbau-Programms der Nazis auch sieben Jahrzehnte später hervorruft, ist
erklärungsbedürftig. Und zwar gleich doppelt: Warum reagieren erstens wenigstens
Teile der heutigen deutschen Öffentlichkeit so empfindlich? Und wie sehen die
historischen Fakten hinter dem Reizwort „Autobahn“ aus?
Noch bis in die Sechziger-, teilweise
Siebzigerjahre hinein waren, ergaben mehrfach repräsentative Umfragen von
Meinungsforschungsinstituten, Relativierungsstrategien in der westdeutschen
Öffentlichkeit verbreitet, die um die Autobahnen kreisten: Viel Schlimmes habe
Hitler getan, gewiss, aber er habe doch auch die Autobahnen gebaut, konnte öfter
gehört werden. Wie ernst dieses erkennbar unsinnige
Argument tatsächlich gemeint war, lässt sich rückschauend nicht klären. Denkbar
ist natürlich auch, dass in Formeln wie dieser das Unbehagen der
Erlebnisgeneration zusammenfloss – ähnlich wie Ende der Neunzigerjahre im Streit
um die sogenannte Wehrmachtsausstellung und die Verbrechen deutscher Soldaten im
Zweiten Weltkrieg. Angesehene Historiker wie Wolfgang
Benz warnen, solcher Irrglaube sei bis heute in der
Öffentlichkeit verbreitet.
Eine Ausstellung in München Eine neue Ausstellung des
Staatsarchivs München über den Bau der Reichsautobahn in Südbayern, die jetzt
aus Anlass des sechsten deutschlandweiten „Tages des Archivs“ entstand,
präsentiert zeitgenössische Fotos, Konstruktionspläne und Aktenauszüge.
So sollen die bisher kaum zu
trennenden Sphären von Realität und Überhöhung des Straßenbauprogramms deutlich
unterscheidbar werden. Ohne Zweifel instrumentalisierte die
NS-Propaganda das Thema bewusst. Die reinen Auto- und Fernverkehrsstraßen, die
Verkehrs- und Industriezentren miteinander verbinden sollten, wurden als das
„alleinige Werk des Führers“ dargestellt. In hunderttausendfacher Auflage
wurden Plakate und Postkarten verbreitet. Darauf war im Vordergrund ein Bild des
uniformierten Reichskanzlers bei seinem symbolischen „ersten Spatenstich“ an
einer Autobahnbaustelle zu sehen, dahinter montiert war eine Fotografie einer
bereits fertiggestellten Autobahntrasse. Die Schlagzeile lautete schlicht „Die
Straßen Adolf Hitlers“. Fast genauso wichtig wie das Motiv
von Hitlers angeblicher Urheberschaft war eine zweite Botschaft der
NS-Propaganda. Demnach sei vor allem dem beim Bau der Reichsautobahnen
eingesetzten Reichsarbeitsdienst der schnelle Rückgang der Arbeitslosigkeit in
Deutschland nach Hitlers Machtübernahme zu verdanken.
Beide Behauptungen setzten sich im
Bewusstsein von Millionen Deutschen fest und wirkten bis weit in die
Nachkriegszeit. Dabei sind beide Motive schlicht
unzutreffend. Die Autobahnen waren keineswegs
eine Idee Hitlers. Die erste reine und vor allem
kreuzungsfreie Autostraße war die Berliner „Automobil-Verkehrs- und
Übungs-Straße“, besser bekannt als „Avus“, die ab 1913 gebaut und 1921
eingeweiht wurde. Die erste tatsächlich als Verkehrsweg
geplante Autobahn eröffnete der Kölner Oberbürgermeister und spätere erste
Bundeskanzler Konrad Adenauer 1932. Zwischen Köln und Bonn verlief die 20
Kilometer lange, vierspurige Strecke. Zur selben Zeit bereits weitgehend geplant
war die erste echte Fernverkehrsstrecke, die „HaFraBa“ für „Autostraße
Hansestädte-Frankfurt-Basel“; und sie war das erste Projekt, das sich die neue
nationalsozialistische Regierung zu Eigen machte. Obwohl Hitler selbst vor allem im
Auto quer durch Deutschland fuhr, hatte er vor seiner Machtübernahme
offensichtlich kein Interesse. Auf einen im Dezember 1932 eingereichten
Vorschlag, „Reichsautostraßen“ zu bauen und die „Monopolisierung des
Brennstoffverkaufes an diesen Straßen“ zu ihrer Finanzierung zu nutzen,
reagierte der NSDAP-Chef nicht. Stattdessen kam vom Partei-Ideologen
Gottfried Feder eine Absage: Der Bau von „Reichsautostraßen“ käme „überhaupt
nicht in Frage“. Rasch sichtbare Erfolge beim Neubau
Der Literaturwissenschaftler Erhard
Schütz und der Ausstellungskurator Eckhard Gruber haben in ihrem Buch „Mythos
Reichsautobahn“ (Ch. Links Verlag, 180 S., 29,95 Euro) dargelegt, welche Rolle
Hitler tatsächlich für das Straßenbauprogramm spielte. Es war vor allem seine
Bereitschaft, Großprojekte ungeachtet begründeter oder unbegründeter Einwände
durchzusetzen, die den Autobahnbau in Gang brachte.
Brachial zwang Hitler die staatliche
Reichsbahn, ihren Widerstand gegen Fernverkehrsstraße einzustellen. Mit dem
Ingenieur Fritz Todt stellte er einen Mann an die Spitze des Bauprogramms, der
sich effizient und gegebenenfalls auch rücksichtslos für seinen Traum einsetzte.
Die langwierigen
Meinungsfindungsprozesse und Verfahren, die im Rechtsstaat zwangsläufig Zeit
kosten, schaffte der neue und beinahe allmächtige Reichskanzler einfach ab. Das
Ergebnis waren rasch sichtbare Erfolge beim Neubau, allerdings zu einem hohen
Preis. Mehr ideologische denn strategische Gründe
Die wenigen Dutzend Kilometer
Autobahn, die zum Jahreswechsel 1932/33 in Betrieb waren, wuchsen bis 1935/36
auf 108 Kilometer. Ein Jahr später waren es schon 1087 Kilometer und Ende 1938
sogar 3046 Kilometer. Geplant waren zu diesem Zeitpunkt bereits rund 10.000
Kilometer. In Bayern hatte die Strecke Nürnberg
– München – Salzburg höchste Priorität. Bis auf den Ring um München war sie 1939
weitgehend fertig gestellt. Natürlich spielte diese Verbindung zwischen der
„Hauptstadt der Bewegung“ und der „Stadt der Reichsparteitage“ mit Verlängerung
in die Reichshauptstadt auch ideologisch eine besondere Rolle.
Gleichwohl konzentrierte Todt nicht
alle Energie seines Unternehmens Reichsautobahnen auf diese Strecke. Zugleich
wurden zum Beispiel weniger aus verkehrs- als vielmehr aus ideologischen Gründen
wichtige Strecken wie Königsberg – Danzig – Berlin oder Frankfurt (Oder) –
Berlin in Angriff genommen. Kein Mittel der Arbeitsbeschaffung
Auf die Entwicklung der
Arbeitslosigkeit hatte das Riesenprojekt kaum messbaren Einfluss. Nie mehr als
130.000 Arbeiter waren am Straßenbau beteiligt – die Arbeitslosigkeit in
Deutschland aber hatte Ende 1932 mit sechs Millionen Beschäftigungslosen eine
ganz andere Dimension. Im Jahresdurchschnitt 1933 sank diese
Zahl wegen der noch unter den Vorgänger-Regierungen des Kabinetts Hitlers
begonnenen aktiven Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf 4,8 Millionen. Einen
deutlichen Fortschritt gab es erst 1935 mit einem Jahresdurchschnitt von 2,7
Millionen Beschäftigungslosen. Viel wichtiger als der Autobahnbau
war dabei die beginnende Aufrüstung und die Verdrängung zuvor arbeitender Frauen
aus der Arbeitswelt. Vollbeschäftigung erreichte das Dritte Reich dann bald nach
Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und der nochmaligen deutlichen Ausweitung
der Rüstungsindustrie 1938: Der jährliche Durchschnitt an Arbeitssuchenden sank
auf eine knappe halbe Million Menschen. Trotz so klarer Fakten bleibt der Mythos Reichsautobahn
lebendig. Daran wird auch die Ausstellung in
München kaum etwas ändern können. Jedenfalls ist es gar keine gute Idee, das
Wort „Autobahn“ in einem anderen Sinne als der ganz gegenwärtigen Bedeutung in
den Mund zu nehmen. Ausstellung:
Staatsarchiv München, 3. März bis 30. April 2012 |