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2010/04/26 00:23:59 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] heute vor 65 Jahren |
Datum | 2010/04/27 00:24:13 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] heute vor 65 Jahren |
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2010/04/11 16:49:13 Friedrich.Denne(a)t-online.de Re: [Regionalforum-Saar] Schinderhannes-Vortrag |
Betreff | 2010/04/20 09:43:47 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] SZ die Saarschifffahrt im Wandel der Zeit |
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2010/04/26 00:23:59 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] heute vor 65 Jahren |
Autor | 2010/04/27 00:24:13 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] heute vor 65 Jahren |
Date: 2010/04/26 10:13:40
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...
Späth, Markus (Hrsg.): Die Bildlichkeit korporativer Siegel im Mittelalter. Kunstgeschichte und Geschichte im Gespräch (= Sensus. Studien zur mittelalterlichen Kunst 1) [105 s/w-Abb. auf 36 Tafeln]. Köln: Böhlau Verlag Köln 2009. ISBN 978-3-412-20353-5; geb.; 264 S.; EUR 39,90. Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_13948.pdf> Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Karsten Igel, Historisches Seminar, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
E-Mail: <karsten.igel(a)...
Kaum ein Bildmedium, abgesehen von
Münzen, dürfte in so zahlreicher und zugleich vielgestaltiger Form aus dem
Mittelalter überliefert sein wie Siegel, und dennoch ist in ihrer bisherigen
Erforschung ein bemerkenswerter Zwiespalt erkennbar: Hat sich von Seiten der
Geschichtswissenschaften seit dem 19. Jahrhundert mit der Sphragistik eine
eigene Teildisziplin entwickelt, so wurden Siegel von der Kunstgeschichte
bislang nur am Rande betrachtet, zwar durchaus als Kunstwerke, aber von niederem
Rang. Erst mit den neuen bildwissenschaftlichen Ansätzen in der Kunstgeschichte
ist eine stärkere Hinwendung zu diesem zentralen Bildträger zu verzeichnen. Die
Diskrepanz in der Wahrnehmung durch beide Disziplinen, darauf weist Markus Späth
in seinem einleitenden Beitrag hin, liegt auch im Gebrauch und in der
Überlieferungsform der Siegel begründet. Erhalten sind sie zum überwiegenden
Teil als integrales Element von Urkunden, was sie zwangsläufig zum Objekt
(rechts-)historischer Forschung machen musste, während für die klassische
Kunstgeschichte allein das Typar von künstlerischer Bedeutung, alles andere nur
noch bloßer Abdruck war. Dabei liege, so Späth zu Recht, gerade in der
Medialität, im Verwendungszusammenhang des Siegels, der sowohl kunsthistorisch
wie historisch interessante Bereich. Konsequent war es daher, im Januar 2006
Vertreter beider Disziplinen in einer Tagung zu "Visualisierungsstrategien
korporativer Siegel im Spätmittelalter" zusammenzuführen, deren Beiträge nun in
dem hier anzuzeigenden und gelungenen Band vorliegen. Die Wahl korporativer
Siegel bezieht einen weiteren wesentlichen Aspekt ein; im Gegensatz zu
personengebundenen Siegeln bedurfte es spätestens seit dem ausgehenden 12.
Jahrhundert neuer Bildformen, die Gruppen als deren Träger repräsentieren
konnten. Der bisherigen Forschungslage entsprechend haben die historischen unter
den Beiträgen des Bandes das zahlenmäßige Übergewicht. Überzeugend legt Franz-Josef Arlinghaus
zunächst Überlegungen zu "Konstruktionen von Identität mittelalterlicher
Korporationen" mit einem stützenden systemtheoretischen Rahmen dar. Anders als
in der modernen Gesellschaft greift die genossenschaftlich geprägte
Vergesellschaftung im Mittelalter auf den Einzelnen als Ganzes zu, was
entsprechende Folgen für die Repräsentation mit sich bringt. Hier kann so der
Einzelne für die Gruppe, aber eben auch die Gruppe des Rates stellvertretend für
die Stadt oder genauer für die Bürgergemeinde stehen. Stadt- und andere
korporative Siegel verwenden die Gruppe aber nur in seltenen Fällen als Motiv
(zum Beispiel Dijon), die zahlreichen abbreviaturartigen architektonischen
Darstellungen von Mauern, Toren und Kirchen in diesem Zusammenhang sind nicht
als realitätsnahe Abbilder, sondern als symbolische (himmlisches Jerusalem)
Repräsentation der Gemeinde zu verstehen. Insgesamt bleibt die Varianz
städtischer Siegelbilder aber ausgesprochen breit. Brigitte Miriam Bedos-Rezak
("Ego, Ordo Communitas. Seals and the Medieval Semiotics of Personality
(1200-1350)") betrachtet in der Folge aus semiotischer Perspektive ebenso
überzeugend die Entwicklung eines ursprünglich ausschließlich auf Einzelpersonen
bezogenen Zeichensystems hin zum Gebrauch durch Gruppen, der seit dem 12.
Jahrhundert an zunehmender Bedeutung gewinnt. Auch Manfred Groten ("Vom Bild zum
Zeichen. Die Entstehung korporativer Siegel im Kontext der gesellschaftlichen
und intellektuellen Entwicklungen des Hochmittelalters") zeichnet durchaus
vergleichbar und ergänzend den Weg vom Porträtsiegel über das Heiligensiegel,
das, in der Gestalt noch ähnlich, sich bereits als Siegeltyp für Klöster, Stifte
und Städte eignete, hin zum korporativen Siegel. Dahinter steht zugleich eine
veränderte Sicht der Scholastik, nach der das Siegel nicht mehr als Projektion
der Person gedeutet wird, sondern als Objekt eigener Substanz, das sich damit
als Zeichen auch auf Gruppen beziehen lässt. Einher geht dies mit der
Herausbildung von Korporationen mit eigener, besonderer rechtlicher Qualität,
wie den Kapiteln und den Bürgergemeinden im Laufe des 12.
Jahrhunderts. Den Blick über die Siegel hinaus
erweitert Peter Schmidt ("Materialität, Medialität und Autorität des
vervielfältigten Bildes und andere Bildmedien des Mittelalters in ihren
Wechselwirkungen"), indem er vergleichend auf Pilgerzeichen als die wohl
verbreitetsten Bildträger des Mittelalters schaut. Dort, wo die Pilgerreise Teil
einer Strafe war, kam diesen - dem Siegel ähnlich - zudem die Funktion eines
rechtlichen Beglaubigungsmittels zu. Als einer der besten Kenner der Materie
betrachtet Winfried Schich "Redende Siegel brandenburgischer und anderer
deutscher Städte im 13. und 14. Jahrhundert" - ein Typus, der gerade bei den
jüngeren Stadtsiegeln eine weite Verbreitung fand. Die Bildformen könnten
allerdings schon einer älteren Verwendung auf Stadtmarken zur Kennzeichnung von
städtischem Besitz entstammen. Schon mit dem Titel "Die Besiegelung des
Rathauses. Der Veneçia-Tondo am Dogenpalast von Venedig" sticht der Beitrag von
Andrea Lermer ins Auge. Mit dem sich an Kaisersiegel anlehnenden Bildwerk
dokumentierte die Lagunenstadt ihre in Eigensicht im Gegensatz zu den übrigen
italienischen Kommunen kaisergleiche Stellung. Ebenfalls Italien erfasst Ruth Wolff
("Siegel-Bilder: Überlegungen zu Bildformularen und -ebenen am Beispiel
italienischer Siegel um 1300") mit der Vorstellung eines Projektes des
Kunsthistorischen Instituts in Florenz[1], das die Siegel nicht nach ihren
Führern, sondern in mehr kunsthistorischer Perspektive nach ihren Motiven
geordnet erfasst, woraus sich neue Vergleichsmöglichkeiten ergeben könnten, was
Wolff am Beispiel des Siegels des Franziskaners Matthäus ab Acquasparta
veranschaulicht. Andrea Stieldorf ("Recht und Repräsentation. Siegel und
Siegelführung in mittelalterlichen Frauenkommunitäten") verweist auf die bei
Frauenkonventen später einsetzende Siegelführung, für die zumeist der
Hauptpatron als Motiv gewählt wurde. Am Beispiel des Stiftes Gandersheim zeigt
sie die wechselnde Verwendung von Motiven im Streit um die Exemtion auf. Gegen
eine regelhafte Interpretation von Stadtabbreviaturen als Symbol des himmlischen
Jerusalem in der Nachfolge Günter Bandmanns[2], wie sie sich auch in zahlreichen
Beiträgen dieses Bandes findet, wendet sich Christoph Winterer ("Von den
Anfängen der Stadtsiegel. Das Volk und seine Anführer zwischen Heiligkeit und
feudaler Ordnung"). Nach seiner Aussage sei kaum überliefert, dass eine Stadt
als Bild oder Vorläufer der Himmelsstadt gesehen worden wäre (S. 187). Dies
überzeugt nicht. Die Verbindung von Himmelsstadt und realer irdischer Stadt
findet sich beispielsweise in Predigten von Albertus Magnus und Giordano da Pisa
auf Augsburg und Florenz bezogen.[3] In einer auf das Jüngste Gericht
ausgerichteten Gesellschaft zählte das himmlische Jerusalem zudem zu den
zentralen theologischen Bildern, und schließlich bot es sich der Stadt als
ideale Legitimation in der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung an - als
geradezu gottgewollte Ordnung. Die detaillierte Diskussion seiner potentiell
fruchtbaren Frage umgeht Winterer allerdings, indem er als Beispiele Trier
wählt, das in der Tat komplexer ist, sowie Saint-Omer, dessen Siegel auf dem
Avers das Schöffenkolleg zeigt. Wolfgang Krauth ("Stadtsiegel in Soest und
Coesfeld. Zwei westfälische Bischofsstädte im Vergleich") stellt anhand der
beiden Städte sein Dissertationsprojekt zu den westfälischen Städtesiegeln vor,
in dem er unter anderem kritisch einem Konnex zwischen Motivwahl und Grad der
städtischen Autonomie nachgeht. Der Abschluss der Arbeit darf mit Spannung
erwartet werden. Dem Verhältnis zwischen Privilegiengeber und Stadt oder Rat in
bildlicher Abgrenzung oder Anlehnung geht auch Antje Diener-Staeckling
("Zwischen Stadt und Rat. Das Siegel als Zeichen von städtischer Repräsentation
seit dem 14. Jahrhundert") am Beispiel von Halberstadt und Naumburg überzeugend
nach und verweist auf die hier notwendige Unterscheidung zwischen eigentlichem
Stadtsiegel und jenem des Rates. Thomas Michael Krüger ("Zeugen eines
Spannungsverhältnisses? Die mittelalterlichen Siegel des Augsburger Domkapitels
und der Augsburger Bürgerschaft") thematisiert schließlich das wechselhafte
Verhältnis zwischen Domkapitel und Stadt und deren Auswirkung auf deren
Siegeltypen. Während für diese eine wechselseitige Einflussnahme nicht
feststellbar ist, erscheint aber die Anbringung beider Siegel an gegenseitigen
Verträgen bemerkenswert - zwischen ihnen finden sich die Siegel der
vermittelnden Personen. Später erscheinen beide Siegel nicht mehr zugleich an
einer Urkunde, ein |