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2023/07/06 22:00:14 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Was so alles im Wald passiert … |
Datum | 2023/07/09 17:23:07 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Den Frieden gewonnen? Städt e nach 1648 im Vergleich |
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2023/07/09 17:23:07 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Den Frieden gewonnen? Städt e nach 1648 im Vergleich |
Betreff | 2023/07/10 22:26:08 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Frankenholz, Haupstrasse 97 |
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2023/07/06 22:00:14 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Was so alles im Wald passiert … |
Autor | 2023/07/09 17:23:07 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Den Frieden gewonnen? Städt e nach 1648 im Vergleich |
Date: 2023/07/09 17:18:50
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Organisatoren
Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Generallandesarchiv Karlsruhe
(GLA),
Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Frauen &
Geschichte
Baden-Württemberg e.V., Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche
Landeskunde am
Oberrhein (AGLO)
Karlsruhe, 22.04.2023
Von Lupold von Lehsten, Institut für
Personengeschichte,
Bensheim
Die letzte Großherzogin von Baden wurde als Luise Prinzessin von
Preußen 1830
in Berlin geboren. Sie heiratete 1856 Großherzog Friedrich I.
von Baden
(1826–1907). Zu ihrem 100. Todestag veranstalteten fünf für das
Thema
prädestinierte Veranstalter unter der Federführung des Badischen
Landesmuseums
eine wissenschaftliche Fachtagung im Gartensaal des Karlsruher
Schlosses.
Bereits ein Jahr nach der Hochzeit sicherte Luise durch die
Geburt des Sohnes
Friedrich II. (1857–1928) den Fortbestand der Dynastie. Aber
auch bereits am 6.
Juni 1859 gründete sie den Badischen Frauenverein und setzte
damit ein erstes
Zeichen für ein lebenslanges starkes Engagement für ihr Land und
die seine
Bevölkerung, insbesondere die Frauen. Die Krankenpflegeabteilung
des Frauenvereins
unterstellte die Großherzogin am 29. Juni 1866 den Statuten des
Roten Kreuzes
(Luisenschwesternschaft). 1870 wurde ihr ein Privatsekretariat
für ihre
Korrespondenz und ihre Termine eingerichtet, das Geheime
Kabinett der
Großherzogin. 1888 starb nicht nur ihr jüngerer Sohn, sondern
auch ihr Vater,
Kaiser Wilhelm I., und ihr Bruder, Kaiser Friedrich III. Nach
dem Untergang der
Monarchie 1918 lebte sie, bis zuletzt als Landesmutter verehrt,
auf der Mainau
und im Schloss Baden-Baden. Wie keine andere Regentin hat Luise
die jüngere
badische Geschichte geprägt. Dies verdeutlichten eine Reihe von
Vorträgen aus
verschiedenen Perspektiven.
EWALD FRIE (Tübingen) erläuterte an einem ungewöhnlichen
Quellenbestand, wie
aus dem Fragmentarischen das Normative entschlüsselt werden
sollte und damit
die Geschichtswissenschaft dem „Fluch der Retrospektivität“
(nach Christoph
Nonn) entgehen könne. Die Lebenswelten des deutschen
Kaiserreiches entwickelte
Frie aus Anamnese-Akten der Psychiatrie in Westfalen
(Landesanstalten in
Marsberg und Lengerich) im Jahrzehnt nach der Reichsgründung
(1870–1880). Im
Untersuchungszeitraum seien vermehrt Kranke adligen Standes
eingeliefert
worden, deren „militärische Männlichkeit“ außer Kontrolle
geraten war. Die
normativen Standards des Kaiserreichs setzte Ewald Frie auf
dieser Folie als
Vermischung derjenigen des gehobenen Bürgertums und des Adels,
geprägt durch
starkes Wirtschaftswachstum, rasantes Wachstum der Städte, der
Massenkultur,
von Freizeit- und Vergnügungskultur, Mobilität und dem Aufkommen
der
Sozialthemen zusammen. Zudem wies Frie u.a. auf den schnell
wachsenden
Zeitungsmarkt, die neuen Debatten in der Gesellschaft und auch
damals schon
eine globale Vernetzung hin. Die zugleich entstehenden
Gegenbewegungen durch
Frauen, durch Zurück-zur-Natur-Gruppen wie dem Wandervogel,
durch Rassismus und
Ausgrenzungen seien, wie die jüngere Forschung zeige, allerdings
in Deutschland
nicht stärker ausgeprägt gewesen, als in anderen Nachbarländern.
Im Fall des
Antisemitismus etwa verwies der Referent auf Frankreich und
Russland. Vor
diesem Hintergrund wurde das Wirken und das Selbstverständnis
der Großherzogin
Luise in den folgenden Vorträgen vorzüglich illustriert
dargestellt.
Auch für die Großherzogin Luise von Baden gilt als wertvolle,
authentische und
ergiebige Quelle ihres Wirkens und als Datenbasis für ihre
Vernetzung ihre
Korrespondenz. Sie hat ihre Korrespondenz – wie für ihren Stand
seinerzeit
üblich – kontinuierlich gesammelt und chronologisch ablegen
lassen. Allerdings
geschah dies nicht konsequent. Erst 2012 hinterlegte das Haus
Baden den
Nachlass der Großherzogin Luise im GLA in Karlsruhe, wo er
seitdem von KONRAD
KRIMM (Karlsruhe) gesichtet, erschlossen und aufgearbeitet
wurde. So konnte
Konrad Krimm, verbunden mit einer ausführlichen Einleitung in
die Quellen, die
zentralen Themen Luises aus ihren Briefwechseln erarbeitet
präsentieren und
zugleich detailliert von ihren eigenen Zeugnissen berichten.
Luise ließ sich
ihre Briefe beispielsweise nach dem Tod ihrer Mutter, der
Kaiserin Augusta, und
dem Tod des Bruders zurückgeben. Konrad Krimm wählte für seine
Skizze der Rolle
der Großherzogin die Korrespondenz zwischen dem Minister und
Politiker Franz
von Roggenbach und der Großherzogin Luise auch aus dem Nachlass
Roggenbachs
aus. Die Korrespondenz und die Verbindung blieben durch ein
ungestörtes
Vertrauen zwischen Roggenbach, dem Großherzog und der
Großherzogin
gekennzeichnet. Roggenbach beherrschte perfekt den Tonfall, den
das Fürstenpaar
schätzte. Ein wichtiges Thema zwischen Luise und Roggenbach
waren allerdings
die extremen Spannungen in der Familie Hohenzollern seit 1870,
insbesondere die
Rolle des Thronfolgers Friedrich (III.), und die andauernde
Auseinandersetzung
Friedrichs, seiner Frau Viktoria und der Kaiserin Augusta mit
Bismarck. Luise
fragte Roggenbach 1886 erneut um Rat, was sie tun könne, um die
Streitigkeiten
irgendwie zu mildern. Roggenbach antwortete ihr mit einer
vernichtenden Kritik
an Friedrich (III.), der nicht herrisch genug, nicht mit festem
eigenen Willen
ausgestattet, vielmehr ein Versager sei. Das
Vertrauensverhältnis
Roggenbach-Luise sei durch diese harsche Kritik nicht getrübt
worden, ja
Roggenbach sei weiterhin als Gesandter beauftragt gewesen, dem
sterbenden
Bruder beizustehen. Früh skeptisch gegenüber Wilhelm II.,
kritisierte
Roggenbach dessen Umgang mit Antisemiten wie Stöcker und
Waldersee. Er erkannte
den imperialistischen Irrweg und die Illusion des Traums von der
eigenen Größe.
Bismarck sah er als einen Abenteurer, Verbrecher,
unberechenbaren Spieler. Aber
Roggenbach scheute sich wegen der Unberechenbarkeit Bismarcks,
1888 selbst nach
Berlin zu gehen. Luise antwortete auf diese Themen nicht.
Gemeinsam war beiden,
wie Konrad Krimm betonte, wie sie die Grenzen des Liberalismus
einschätzten und
1906 den „Großblock“ im Badischen Landtag beurteilten;
Nationalliberale und SPD
versus das Zentrum sahen sie in hohem Maße skeptisch.
Die Persönlichkeit der Großherzogin Luise als einer engagierten
Partnerin an
der Seite ihres Ehemanns als regierendem Großherzog stand im
Mittelpunkt von
drei Vorträgen, die alle die außerordentliche Leistung der
Großherzogin als
Gründerin staatstragender Frauen- und Sozialvereine und
-gesellschaften
würdigten. Und bereits ILONA CHRISTA SCHEIDLE (Mannheim) stellte
fest, dass es
bis heute an einer adäquaten, aktuellen Biografie (einer
„Biografie 3.0“) über
Luise fehlen würde. Als einziger Kaisertochter, als
Kaiserschwester und Tante
Wilhelms II., mit der langen Zeit ihrer „Mitregierung“ bei
Ehemann und Sohn (51
Jahre) und ihres Wirkens kam ihr eine Sonderstellung zu. Obwohl
dem von ihr
gegründeten Badischen Frauenverein, der Gefangenenfürsorge und
der im großen
Stil aufgebauten Krankenpflege (Rot-Kreuz-Schwesternschaft)
keine offiziellen
staatlichen Positionen zukamen, spielten diese dennoch eine
wesentliche Rolle
im öffentlichen Leben des Großherzogtums und machten Luise zu
einer wichtigen
Person des Landes. Mit ihren Gründungen veränderte sie
maßgeblich die
Bedingungen für die Berufstätigkeit junger Frauen. Luise habe,
so die Referentin,
durch ihr Vorbild das Engagement vieler „Damen und ihrer Herren“
der besseren
Gesellschaft für alle Frauen, mit der Wirkung gefördert, dass
für Frauen
Ausbildungslehrgänge eingerichtet und Berufe entwickelt wurden.
Entstanden aus
der Kriegsbedrohung entfalteten sich die Sozialvereine als
Friedensdienst.
Durch Luises umfassendes Engagement glichen sie und der
Großherzog Friedrich
eher einem modernen Paar in Arbeitsteilung.
Zum gleichen Thema erläuterte SYLVIA SCHRAUT (München), dass zur
Zeit des
Kaiserreichs zunächst „nur“ die Bildungsrechte der Frauen
errungen worden
seien. Der Gründung des Badischen Frauenvereins mit bald über
70.000
Mitgliedern (1859) entsprächen die Gründungen des
(Großherzogin-) Alice-Vereins
in Hessen (1867), der preußischen Vaterländischen Frauenvereine
(1866/1867) und
des Bayerischen vaterländischen Frauenvereins (1869). Zu diesen
habe der
überregionale, nationale „Allgemeine deutsche Frauenverein“
(1865) und der 1866
gegründete „Letteverein“ nicht nur in Ergänzung, sondern auch in
einem gewissen
Konkurrenzverhältnis gestanden. 1869 kamen noch der „Verband
deutscher
Frauenbildungs- und Erwerbsvereine“ und 1888 der „Verein für
Frauenbildung und
Frauenstudium“ hinzu. Während, wie von Sylvia Schraut betont,
auf dem Feld der
Frauenbildung und Frauenberufstätigkeit durchaus Erfolge im
politischen Kampf
um die Gleichberechtigung zu verzeichnen gewesen seien (in Baden
erreichten
junge Frauen 1893 mit der Gründung des ersten deutschen
Mädchengymnasiums, des
Karlsruher Lessing-Gymnasiums, die Zulassung zum Gymnasium und
1901 die
Zulassung zum Hochschulstudium), sei beispielsweise die
Modernisierung der
juristisch abhängigen Stellung der Frau vom Mann bei der
Einführung des BGB
„auf der Strecke geblieben“, und auch politische Erfolge im
Bereich der
politischen Partizipation durch Wahlrechtsreformen seien
ausgeblieben. Zu den
politischen und juristisch emanzipatorischen Forderungen seien
die Großherzogin
Luise und der Badische Frauenverein zwar deutlich auf Distanz
geblieben, vor
Ort seien die Protagonistinnen des Badischen Frauenvereins aber
durchaus
vielfach zur Kooperation mit den radikaleren Frauenvereinen
bereit gewesen. Der
badische Verein habe gleichsam die radikalen Positionen
integriert, indem er
feststellte, alle Menschen hätten das Recht auf
Erwerbstätigkeit. Der
Handlungsbedarf bliebe jedoch noch sehr groß.
Dass der Badische Frauenverein die politische Gleichberechtigung
als Thema
zurückstellte und sich dem Anschluss an die überregionale
Dachorganisation
zunächst entzog, betonte auch SUSANNE ASCHE (Karlsruhe),
gleichwohl habe der
Badische Frauenverein für ein für die Emanzipation günstiges
Klima gesorgt. Der
Verein hätte zum Beispiel viel Verantwortung für die
Armenfürsorge übernommen.
Zugleich hätte der Verein damit die Sozialdisziplinierung der
Arbeiterschicht
unterstützt. Die Armenfürsorge förderte die Großherzogin
persönlich, hatte sie
doch 1881 beim Attentat auf ihren Vater neben diesem gesessen.
Neben die
Kinderspeisung seien die Sophienschule, Flick- und Nähschulen,
die Ausbildung und
Einstellung von Industrieschul-Lehrerinnen getreten. Es wurden
Kochkurse
angeboten, da, so die Diagnose des Frauenvereins, die Mädchen
unmittelbar nach
der Entlassung aus der Schule arbeiten müssten und keine
hauswirtschaftlichen
Kenntnisse erwerben könnten. Die Einbindung von Frauen in das
produzierende
Kleingewerbe sei zwar unerlässlich, aber die Fähigkeit, einen
gediegenen
Haushalt zu führen, hielten die Männer von revolutionären
Zusammenkünften in
einschlägigen Lokalen ab. Dem Frauenverein kam damit eine
wichtige
innenpolitische, die Gesellschaft stabilisierende Rolle zu. Er
hätte, so
Susanne Asche, sozusagen einen „Klassenkampf von oben“
betrieben. Die
Großherzogin sei über alle Vorgänge in ihren Vereinen persönlich
orientiert
gewesen, betonte Asche. Die Prüfungen an der Höheren
Töchterschule habe sie
beispielsweise so legen lassen, dass sie persönlich daran
teilnehmen konnte.
Die regionalen Teilvereine hätten dennoch eigenständig agieren
können, es habe
keine Gängelung gegeben. Die Großherzogin blieb stets eine
lernende und
lehrende Politikerin und Fürstin. Etwa 50 Meter ihrer
persönlichen Bibliothek
mit allen zeitgenössischen Berichten und Zeitschriften zu den
Fragen, die sie
beschäftigten, aus Europa waren zu ihrer Zeit im Karlsruher
Schloss vorhanden
(heute als Archivbestand im GLA). Auch überregional habe die
Großherzogin
durchaus Einfluss genommen, etwa im Kontakt mit Gertrud Bäumer
(1854-1954) und
der Vermittlung von geeigneten Kandidatinnen auf Stellen der
überregionalen
Verbände.
JUTTA DRESCH (Karlsruhe) stellte u.a. aus der Karlsruher Zeitung
das Programm
des „großen Jubiläumsjahres 1906“ vor. Man feierte nicht nur den
100.
Geburtstag des Großherzogtums, sondern auch den 80. Geburtstag
von Großherzog
Friedrich, die 50jährige Regierung, die Goldene Hochzeit und die
Silberne
Hochzeit der Tochter Viktoria, der Königin von Schweden. Die
Referentin konnte
für die Auswertung und Präsentation auf zahlreiche historische
Fotographien von
diesem Ereignis zurückgreifen. Der Hofmaler Ferdinand Keller
(1842–1922) hatte
ein offizielles Doppelbildnis des badischen Großherzogpaares
gemalt, welches
auch die Einladung schmückte. Außer den zwei Jubelpaaren standen
von der
Fürstenfamilie mit Sohn Friedrich II. und seiner Ehefrau Hilda
Prinz Max und
Prinzessin Marie Louise von Baden mit der Prinzessin
Maria-Alexandra im
Mittelpunkt des damaligen Geschehens. Jutta Dresch erläuterte
anhand von
Illustrationen die Festveranstaltungen mit Ordensverleihungen
und einem
Festessen mit dem Kaiser und der Kaiserin, Auftritte der
Männergesangvereine
Badens, eine Landes-Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe, eine
Landwirtschafts- und Gartenausstellung, Feste mit den
Abteilungen des
Frauenvereins oder dem Leibgrenadierverein. Ein Freiluftkonzert,
ein
Ballonaufstieg und ein athletisches Meeting des KSV schlossen
sich an. Aber das
großherzogliche Paar habe auch das neue Krebsforschungszentrum
in Heidelberg
und Einrichtungen der Wissenschaft besucht und auch damit
Karlsruhe und das
Großherzogtum international herausgestellt.
Zum Thema passten sehr gut die Präsentationen von SARA DIEDRICH
(Karlsruhe)
über die Bildnisse der Großherzogin. Zunächst hätten die
Bildnisse die
Prinzessin und Großherzogin als Person in ihrem sozialen Stand
und Geschlecht,
in ihrer zeittypischen Geschlechterrolle gezeigt: hoch
herrschaftlich und
zugleich bescheiden, fürsorglich, die Hilfe ihres Mannes, als
Repräsentantin
eines konservativen Bildes. Dann hätte sich hinter den Bildern
von Luise als
Wohltäterin des Volkes eine politische Botschaft entwickelt.
Entsprechend ihrem
vorangeschrittenen Alter hätten sich die Bilder am
Landesmutter-Sujet
orientiert. Nunmehr sollten diese die Sichtbarkeit erhöhen,
Erinnerung
schaffen, Herrschaft legitimieren. Luise bediente sich dabei
aller zeitgemäßen
auch modernen Techniken: Malerei und weitere Unikattechniken
wurden durch
Lithographien, Stahlstiche, Photographien und vor allem
Postkarten ergänzt.
Auch nach 1907, dem Jahr des Todes von Großherzog Friedrich I.,
blieb Luise
stark in der Öffentlichkeit präsent, wie Sara Diedrich
aufzeigte. Die Bilder
zeigten die Großherzogin-Witwe im Lazarett, beim Packen von
Weihnachtspakten
für die Front. In ihrer Bildsprache stand sie gleichrangig neben
ihrem Mann,
wie es auch das offizielle Porträt von Ferdinand Keller 1906 zum
Ausdruck brachte.
Luise entsprach damit einem gewissen Stand der regierenden
Fürstin ihrer Zeit.
Sie handelte jedoch in einem Punkt entschieden gegen die
Konvention, wie die
Referentin betonte: sie räumte 1907 nicht ihren Platz im
Schloss, am
Schreibtisch, und ließ sich auch weiterhin an diesem Platz tätig
darstellen.
Von ihrer Mutter, der Kaiserin Augusta, übernahm sie die
einspitzige
Schneppenhaube als kennzeichnendes Kleidungsstück, die
Witwenschneppe, wie sie
viele Witwen noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts getragen
haben.
Der Kunsthistoriker CHRISTIAN KATSCHMANOWSKI (Bad Schussenried)
stellte den
2019 wiedergefundenen Gedenkstein des Pudels „Treu“ der
Großherzogin Luise, der
direkt neben der Aufgangstreppe zur Großherzoglichen Grabkapelle
im Karlsruher
Schlosspark entdeckt wurde, in den größeren Zusammenhang der
Rolle von Tieren
bei Hof, insbesondere von Hunden. Diese seien vielfach in den
Parks der
Residenzen an bevorzugter Stelle bestattet worden. In der
Gedächtnisschrift des
Deutschen Roten Kreuzes 1939 zum 100. Geburtstag der
Großherzogin findet sich,
wie der Referent entdeckte, eine Erinnerung der Oberin Wolff an
die
Großherzogin und ihren Lieblingshund, den Pudel „Treu“. Die
Oberin
charakterisierte darin den Pudel in einem Verhältnis zur
Großherzogin, welches
seinem Namen durchaus gerecht würde. Die Großherzogin sei zudem
Protektorin des
1. Karlsruher Kynologenclubs gewesen und habe 1911 eine
Preisplakette zu einer
internationalen Hundeausstellung in Karlsruhe gestiftet. 19
Fotos fand
Katschmanowski in den privaten Alben der Familie, auf denen
Luise mit Hunden zu
sehen ist, oft spielte man mit den Tieren oder er lief frei
herum. Auch
Studioaufnahmen mit anderen Hunden sind bekannt, so von
Großherzog Friedrich
mit einem Jagdhund 1860. Die Bestattung in unmittelbarer Nähe zu
Luise bei der
Kapelle solle, so der Referent, vermutlich symbolisieren: treu,
selbst bis in
den Tod. Die Großherzogin folgte mit dem Gedenkstein der Gräfin
Valeska Douglas
in Gondelsheim, wo die Gräber der Hunde Schlip und Bisch (1913)
mit bemerkenswerten
Grabsteinen bedacht wurden.
Pfarrer MICHA WILLUNAT (Graben-Neudorf) gab anhand des
Briefwechsels der
Großherzogin Luise mit dem Prälaten Ludwig Schmitthenner
(1858–1932) einen
Einblick in ihre Religiosität und Frömmigkeit, wobei er dabei
aus seiner 2019
bei Kohlhammer erschienen Dissertation („Kirchenleitung und
Seelsorge. Ludwig
Schmitthenners Wirken als Pfarrer, großherzoglicher Seelsorger
und Prälat der
badischen Landeskirche, 1892–1923“) schöpfen konnte.
Großherzogin Luise hätte
zu Ludwig Schmitthenner ein ebenso enges Vertrauensverhältnis
gepflegt wie zum
Minister Franz von Roggenbach.
Luises Frömmigkeit spiegelte sich auch in den publizierten
Trauertexten nach
den Todesfällen der Jahre 1888 und 1907, wie LAILA BAUR
(Heidelberg) in einem
abschließenden Beitrag aus ihrem Dissertationsprojekt nachwies.
Mit ihrer
Schrift „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt! Glaubensworte für Tage
der Prüfung“
(1910) sei Luise geradezu zu einer landesmütterlichen
Trost-Instanz geworden.
Sie zelebrierte Trauer-Kompetenz über die Konfessionen hinweg,
wenn auch
durchaus in den Traditionen von Erweckung und preußischem
Kulturprotestantismus. Luise war publizistisch tätig, wenn es
ihren Projekten
diente. Auch darin hätte die Großherzogin ein ungewöhnliches
Vorbild an
Engagement, Fleiß und wirkungsvoller Tatkraft gegeben. Auf der
Tagung, die
durch Führungen durch die Großherzogliche Grabkapelle im
Karlsruher Schlosspark
ergänzt wurden, wurde deutlich, dass reichlich Quellenmaterial
und durchaus
aktuelle Themen für Biografien und weitere biografische
Forschungen und
Beiträge vorliegen.
Konferenzübersicht
Politikverständnis und Herrschaftsausübung
Ewald Frie (Tübingen): Lebenswelten im Deutschen Kaiserreich
Konrad Krimm (Karlsruhe): Vernetzung. Die Korrespondenz
Großherzogin Luises mit
Franz von Roggenbach
Ilona Scheidle (Mannheim): Luise von Baden, Prinzessin von
Preußen – machtvoll
und sichtbar ungesehen
Gesellschaftspolitik
Sylvia Schraut (München): Bürgerliche Frauenbewegung und
Vaterländischer
Frauenverein
Susanne Asche (Karlsruhe): Der Kochtopf im Klassenkampf. Die
Innen- und
Sozialpolitik der Großherzogin
Inszenierungen
Jutta Dresch (Karlsruhe): Die Jubiläen 1906. Ein Fest des alten
monarchischen
Deutschlands
Sara Diedrich (Karlsruhe): Großherzogin Luise im Bild.
Darstellungen einer
Fürstin und Landesmutter
Christian Katschmanowski (Bad Schussenried): Luises treuer
Begleiter.
Funeralpraxis bei Haustieren als Teil adliger Repräsentation
Öffentlicher und privater Glauben
Micha Willunat (Graben-Neudrof): Gott mit uns? Religiosität und
Frömmigkeit im
Briefwechsel mit Prälat Ludwig Schmitthenner
Laila Baur (Heidelberg): „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt.“
Inszenierte Trauer
– Publizierter Trost
Zitation
Tagungsbericht: Die Großherzogin. Luise von Baden, In:
H-Soz-Kult, 08.07.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-137380>.