Date: 2023/07/06 22:00:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Was so alles im Wald passiert …
Die meisten Taufeinträge beschränken sich auf den Namen des
Täuflings, seiner Eltern, die
Taufzeugen, ggf. noch den Pfarrer. Doch manchmal findet man dort
ganze
Geschichten.
Im Taufbuch (katholisch) von St. Wendel im Jahre 1719 sind wir
auf diesen
Eintrag gestoßen, den uns Frau Dr. Margarete Stitz aus St.
Wendel transkribiert
und übersetzt hat.
Die Vorlage ist natürlich in Latein:
„Hodie 8 Junij Maria Catharina Feßin de heidelberga comparuit et
asseruit se
ante annum in festo Assumptionis Smae M(ariae) Virginis in Sylva
Darmstadiensi
solam peperisse filiam, quam Francofurti concepit ex Coitu
Christiani Bierman
coelibis fidei Lutheranae, et hactenus celasse filiam suam
necdum
baptizatam petere, amore Die pro filiae baptismi, quam sub
Conditione illi
contuli levantibus Margaretha Kirsch et Michaele Schaad
Adolescentibus.“
Hier die Übersetzung:
„Heute, am 8. Juni, erschien Maria Catharina Feß aus Heidelberg
und erklärte,
sie habe vor einem Jahr am Fest der Aufnahme der heiligsten
Jungfrau Maria (=
15. August) im Darmstädter Wald ganz allein eine Tochter
geboren, die sie in
Frankfurt beim Verkehr mit dem ledigen Christian Bierman,
lutherischer
Konfession, empfangen hatte, und sie habe bis jetzt ihre Tochter
verborgen und
noch keine Taufe erbeten und die Liebe Gottes an Stelle der
Taufe der Tochter
(genommen), welche (Taufe) ich ihr bedingungsweise gespendet
habe, wobei die
Jugendlichen Margaretha Kirsch und Michael Schaad Paten waren.“
Der Name der Tochter ist nicht genannt, aber vermutlich wurde
sie nach der
Patin „Margaretha“ genannt. Leider taucht keine der
Hauptpersonen danach wieder in unserer
Geschichte auf.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2023/07/09 17:18:50
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Organisatoren
Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Generallandesarchiv Karlsruhe
(GLA),
Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Frauen &
Geschichte
Baden-Württemberg e.V., Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche
Landeskunde am
Oberrhein (AGLO)
Karlsruhe, 22.04.2023
Von Lupold von Lehsten, Institut für
Personengeschichte,
Bensheim
Die letzte Großherzogin von Baden wurde als Luise Prinzessin von
Preußen 1830
in Berlin geboren. Sie heiratete 1856 Großherzog Friedrich I.
von Baden
(1826–1907). Zu ihrem 100. Todestag veranstalteten fünf für das
Thema
prädestinierte Veranstalter unter der Federführung des Badischen
Landesmuseums
eine wissenschaftliche Fachtagung im Gartensaal des Karlsruher
Schlosses.
Bereits ein Jahr nach der Hochzeit sicherte Luise durch die
Geburt des Sohnes
Friedrich II. (1857–1928) den Fortbestand der Dynastie. Aber
auch bereits am 6.
Juni 1859 gründete sie den Badischen Frauenverein und setzte
damit ein erstes
Zeichen für ein lebenslanges starkes Engagement für ihr Land und
die seine
Bevölkerung, insbesondere die Frauen. Die Krankenpflegeabteilung
des Frauenvereins
unterstellte die Großherzogin am 29. Juni 1866 den Statuten des
Roten Kreuzes
(Luisenschwesternschaft). 1870 wurde ihr ein Privatsekretariat
für ihre
Korrespondenz und ihre Termine eingerichtet, das Geheime
Kabinett der
Großherzogin. 1888 starb nicht nur ihr jüngerer Sohn, sondern
auch ihr Vater,
Kaiser Wilhelm I., und ihr Bruder, Kaiser Friedrich III. Nach
dem Untergang der
Monarchie 1918 lebte sie, bis zuletzt als Landesmutter verehrt,
auf der Mainau
und im Schloss Baden-Baden. Wie keine andere Regentin hat Luise
die jüngere
badische Geschichte geprägt. Dies verdeutlichten eine Reihe von
Vorträgen aus
verschiedenen Perspektiven.
EWALD FRIE (Tübingen) erläuterte an einem ungewöhnlichen
Quellenbestand, wie
aus dem Fragmentarischen das Normative entschlüsselt werden
sollte und damit
die Geschichtswissenschaft dem „Fluch der Retrospektivität“
(nach Christoph
Nonn) entgehen könne. Die Lebenswelten des deutschen
Kaiserreiches entwickelte
Frie aus Anamnese-Akten der Psychiatrie in Westfalen
(Landesanstalten in
Marsberg und Lengerich) im Jahrzehnt nach der Reichsgründung
(1870–1880). Im
Untersuchungszeitraum seien vermehrt Kranke adligen Standes
eingeliefert
worden, deren „militärische Männlichkeit“ außer Kontrolle
geraten war. Die
normativen Standards des Kaiserreichs setzte Ewald Frie auf
dieser Folie als
Vermischung derjenigen des gehobenen Bürgertums und des Adels,
geprägt durch
starkes Wirtschaftswachstum, rasantes Wachstum der Städte, der
Massenkultur,
von Freizeit- und Vergnügungskultur, Mobilität und dem Aufkommen
der
Sozialthemen zusammen. Zudem wies Frie u.a. auf den schnell
wachsenden
Zeitungsmarkt, die neuen Debatten in der Gesellschaft und auch
damals schon
eine globale Vernetzung hin. Die zugleich entstehenden
Gegenbewegungen durch
Frauen, durch Zurück-zur-Natur-Gruppen wie dem Wandervogel,
durch Rassismus und
Ausgrenzungen seien, wie die jüngere Forschung zeige, allerdings
in Deutschland
nicht stärker ausgeprägt gewesen, als in anderen Nachbarländern.
Im Fall des
Antisemitismus etwa verwies der Referent auf Frankreich und
Russland. Vor
diesem Hintergrund wurde das Wirken und das Selbstverständnis
der Großherzogin
Luise in den folgenden Vorträgen vorzüglich illustriert
dargestellt.
Auch für die Großherzogin Luise von Baden gilt als wertvolle,
authentische und
ergiebige Quelle ihres Wirkens und als Datenbasis für ihre
Vernetzung ihre
Korrespondenz. Sie hat ihre Korrespondenz – wie für ihren Stand
seinerzeit
üblich – kontinuierlich gesammelt und chronologisch ablegen
lassen. Allerdings
geschah dies nicht konsequent. Erst 2012 hinterlegte das Haus
Baden den
Nachlass der Großherzogin Luise im GLA in Karlsruhe, wo er
seitdem von KONRAD
KRIMM (Karlsruhe) gesichtet, erschlossen und aufgearbeitet
wurde. So konnte
Konrad Krimm, verbunden mit einer ausführlichen Einleitung in
die Quellen, die
zentralen Themen Luises aus ihren Briefwechseln erarbeitet
präsentieren und
zugleich detailliert von ihren eigenen Zeugnissen berichten.
Luise ließ sich
ihre Briefe beispielsweise nach dem Tod ihrer Mutter, der
Kaiserin Augusta, und
dem Tod des Bruders zurückgeben. Konrad Krimm wählte für seine
Skizze der Rolle
der Großherzogin die Korrespondenz zwischen dem Minister und
Politiker Franz
von Roggenbach und der Großherzogin Luise auch aus dem Nachlass
Roggenbachs
aus. Die Korrespondenz und die Verbindung blieben durch ein
ungestörtes
Vertrauen zwischen Roggenbach, dem Großherzog und der
Großherzogin
gekennzeichnet. Roggenbach beherrschte perfekt den Tonfall, den
das Fürstenpaar
schätzte. Ein wichtiges Thema zwischen Luise und Roggenbach
waren allerdings
die extremen Spannungen in der Familie Hohenzollern seit 1870,
insbesondere die
Rolle des Thronfolgers Friedrich (III.), und die andauernde
Auseinandersetzung
Friedrichs, seiner Frau Viktoria und der Kaiserin Augusta mit
Bismarck. Luise
fragte Roggenbach 1886 erneut um Rat, was sie tun könne, um die
Streitigkeiten
irgendwie zu mildern. Roggenbach antwortete ihr mit einer
vernichtenden Kritik
an Friedrich (III.), der nicht herrisch genug, nicht mit festem
eigenen Willen
ausgestattet, vielmehr ein Versager sei. Das
Vertrauensverhältnis
Roggenbach-Luise sei durch diese harsche Kritik nicht getrübt
worden, ja
Roggenbach sei weiterhin als Gesandter beauftragt gewesen, dem
sterbenden
Bruder beizustehen. Früh skeptisch gegenüber Wilhelm II.,
kritisierte
Roggenbach dessen Umgang mit Antisemiten wie Stöcker und
Waldersee. Er erkannte
den imperialistischen Irrweg und die Illusion des Traums von der
eigenen Größe.
Bismarck sah er als einen Abenteurer, Verbrecher,
unberechenbaren Spieler. Aber
Roggenbach scheute sich wegen der Unberechenbarkeit Bismarcks,
1888 selbst nach
Berlin zu gehen. Luise antwortete auf diese Themen nicht.
Gemeinsam war beiden,
wie Konrad Krimm betonte, wie sie die Grenzen des Liberalismus
einschätzten und
1906 den „Großblock“ im Badischen Landtag beurteilten;
Nationalliberale und SPD
versus das Zentrum sahen sie in hohem Maße skeptisch.
Die Persönlichkeit der Großherzogin Luise als einer engagierten
Partnerin an
der Seite ihres Ehemanns als regierendem Großherzog stand im
Mittelpunkt von
drei Vorträgen, die alle die außerordentliche Leistung der
Großherzogin als
Gründerin staatstragender Frauen- und Sozialvereine und
-gesellschaften
würdigten. Und bereits ILONA CHRISTA SCHEIDLE (Mannheim) stellte
fest, dass es
bis heute an einer adäquaten, aktuellen Biografie (einer
„Biografie 3.0“) über
Luise fehlen würde. Als einziger Kaisertochter, als
Kaiserschwester und Tante
Wilhelms II., mit der langen Zeit ihrer „Mitregierung“ bei
Ehemann und Sohn (51
Jahre) und ihres Wirkens kam ihr eine Sonderstellung zu. Obwohl
dem von ihr
gegründeten Badischen Frauenverein, der Gefangenenfürsorge und
der im großen
Stil aufgebauten Krankenpflege (Rot-Kreuz-Schwesternschaft)
keine offiziellen
staatlichen Positionen zukamen, spielten diese dennoch eine
wesentliche Rolle
im öffentlichen Leben des Großherzogtums und machten Luise zu
einer wichtigen
Person des Landes. Mit ihren Gründungen veränderte sie
maßgeblich die
Bedingungen für die Berufstätigkeit junger Frauen. Luise habe,
so die Referentin,
durch ihr Vorbild das Engagement vieler „Damen und ihrer Herren“
der besseren
Gesellschaft für alle Frauen, mit der Wirkung gefördert, dass
für Frauen
Ausbildungslehrgänge eingerichtet und Berufe entwickelt wurden.
Entstanden aus
der Kriegsbedrohung entfalteten sich die Sozialvereine als
Friedensdienst.
Durch Luises umfassendes Engagement glichen sie und der
Großherzog Friedrich
eher einem modernen Paar in Arbeitsteilung.
Zum gleichen Thema erläuterte SYLVIA SCHRAUT (München), dass zur
Zeit des
Kaiserreichs zunächst „nur“ die Bildungsrechte der Frauen
errungen worden
seien. Der Gründung des Badischen Frauenvereins mit bald über
70.000
Mitgliedern (1859) entsprächen die Gründungen des
(Großherzogin-) Alice-Vereins
in Hessen (1867), der preußischen Vaterländischen Frauenvereine
(1866/1867) und
des Bayerischen vaterländischen Frauenvereins (1869). Zu diesen
habe der
überregionale, nationale „Allgemeine deutsche Frauenverein“
(1865) und der 1866
gegründete „Letteverein“ nicht nur in Ergänzung, sondern auch in
einem gewissen
Konkurrenzverhältnis gestanden. 1869 kamen noch der „Verband
deutscher
Frauenbildungs- und Erwerbsvereine“ und 1888 der „Verein für
Frauenbildung und
Frauenstudium“ hinzu. Während, wie von Sylvia Schraut betont,
auf dem Feld der
Frauenbildung und Frauenberufstätigkeit durchaus Erfolge im
politischen Kampf
um die Gleichberechtigung zu verzeichnen gewesen seien (in Baden
erreichten
junge Frauen 1893 mit der Gründung des ersten deutschen
Mädchengymnasiums, des
Karlsruher Lessing-Gymnasiums, die Zulassung zum Gymnasium und
1901 die
Zulassung zum Hochschulstudium), sei beispielsweise die
Modernisierung der
juristisch abhängigen Stellung der Frau vom Mann bei der
Einführung des BGB
„auf der Strecke geblieben“, und auch politische Erfolge im
Bereich der
politischen Partizipation durch Wahlrechtsreformen seien
ausgeblieben. Zu den
politischen und juristisch emanzipatorischen Forderungen seien
die Großherzogin
Luise und der Badische Frauenverein zwar deutlich auf Distanz
geblieben, vor
Ort seien die Protagonistinnen des Badischen Frauenvereins aber
durchaus
vielfach zur Kooperation mit den radikaleren Frauenvereinen
bereit gewesen. Der
badische Verein habe gleichsam die radikalen Positionen
integriert, indem er
feststellte, alle Menschen hätten das Recht auf
Erwerbstätigkeit. Der
Handlungsbedarf bliebe jedoch noch sehr groß.
Dass der Badische Frauenverein die politische Gleichberechtigung
als Thema
zurückstellte und sich dem Anschluss an die überregionale
Dachorganisation
zunächst entzog, betonte auch SUSANNE ASCHE (Karlsruhe),
gleichwohl habe der
Badische Frauenverein für ein für die Emanzipation günstiges
Klima gesorgt. Der
Verein hätte zum Beispiel viel Verantwortung für die
Armenfürsorge übernommen.
Zugleich hätte der Verein damit die Sozialdisziplinierung der
Arbeiterschicht
unterstützt. Die Armenfürsorge förderte die Großherzogin
persönlich, hatte sie
doch 1881 beim Attentat auf ihren Vater neben diesem gesessen.
Neben die
Kinderspeisung seien die Sophienschule, Flick- und Nähschulen,
die Ausbildung und
Einstellung von Industrieschul-Lehrerinnen getreten. Es wurden
Kochkurse
angeboten, da, so die Diagnose des Frauenvereins, die Mädchen
unmittelbar nach
der Entlassung aus der Schule arbeiten müssten und keine
hauswirtschaftlichen
Kenntnisse erwerben könnten. Die Einbindung von Frauen in das
produzierende
Kleingewerbe sei zwar unerlässlich, aber die Fähigkeit, einen
gediegenen
Haushalt zu führen, hielten die Männer von revolutionären
Zusammenkünften in
einschlägigen Lokalen ab. Dem Frauenverein kam damit eine
wichtige
innenpolitische, die Gesellschaft stabilisierende Rolle zu. Er
hätte, so
Susanne Asche, sozusagen einen „Klassenkampf von oben“
betrieben. Die
Großherzogin sei über alle Vorgänge in ihren Vereinen persönlich
orientiert
gewesen, betonte Asche. Die Prüfungen an der Höheren
Töchterschule habe sie
beispielsweise so legen lassen, dass sie persönlich daran
teilnehmen konnte.
Die regionalen Teilvereine hätten dennoch eigenständig agieren
können, es habe
keine Gängelung gegeben. Die Großherzogin blieb stets eine
lernende und
lehrende Politikerin und Fürstin. Etwa 50 Meter ihrer
persönlichen Bibliothek
mit allen zeitgenössischen Berichten und Zeitschriften zu den
Fragen, die sie
beschäftigten, aus Europa waren zu ihrer Zeit im Karlsruher
Schloss vorhanden
(heute als Archivbestand im GLA). Auch überregional habe die
Großherzogin
durchaus Einfluss genommen, etwa im Kontakt mit Gertrud Bäumer
(1854-1954) und
der Vermittlung von geeigneten Kandidatinnen auf Stellen der
überregionalen
Verbände.
JUTTA DRESCH (Karlsruhe) stellte u.a. aus der Karlsruher Zeitung
das Programm
des „großen Jubiläumsjahres 1906“ vor. Man feierte nicht nur den
100.
Geburtstag des Großherzogtums, sondern auch den 80. Geburtstag
von Großherzog
Friedrich, die 50jährige Regierung, die Goldene Hochzeit und die
Silberne
Hochzeit der Tochter Viktoria, der Königin von Schweden. Die
Referentin konnte
für die Auswertung und Präsentation auf zahlreiche historische
Fotographien von
diesem Ereignis zurückgreifen. Der Hofmaler Ferdinand Keller
(1842–1922) hatte
ein offizielles Doppelbildnis des badischen Großherzogpaares
gemalt, welches
auch die Einladung schmückte. Außer den zwei Jubelpaaren standen
von der
Fürstenfamilie mit Sohn Friedrich II. und seiner Ehefrau Hilda
Prinz Max und
Prinzessin Marie Louise von Baden mit der Prinzessin
Maria-Alexandra im
Mittelpunkt des damaligen Geschehens. Jutta Dresch erläuterte
anhand von
Illustrationen die Festveranstaltungen mit Ordensverleihungen
und einem
Festessen mit dem Kaiser und der Kaiserin, Auftritte der
Männergesangvereine
Badens, eine Landes-Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe, eine
Landwirtschafts- und Gartenausstellung, Feste mit den
Abteilungen des
Frauenvereins oder dem Leibgrenadierverein. Ein Freiluftkonzert,
ein
Ballonaufstieg und ein athletisches Meeting des KSV schlossen
sich an. Aber das
großherzogliche Paar habe auch das neue Krebsforschungszentrum
in Heidelberg
und Einrichtungen der Wissenschaft besucht und auch damit
Karlsruhe und das
Großherzogtum international herausgestellt.
Zum Thema passten sehr gut die Präsentationen von SARA DIEDRICH
(Karlsruhe)
über die Bildnisse der Großherzogin. Zunächst hätten die
Bildnisse die
Prinzessin und Großherzogin als Person in ihrem sozialen Stand
und Geschlecht,
in ihrer zeittypischen Geschlechterrolle gezeigt: hoch
herrschaftlich und
zugleich bescheiden, fürsorglich, die Hilfe ihres Mannes, als
Repräsentantin
eines konservativen Bildes. Dann hätte sich hinter den Bildern
von Luise als
Wohltäterin des Volkes eine politische Botschaft entwickelt.
Entsprechend ihrem
vorangeschrittenen Alter hätten sich die Bilder am
Landesmutter-Sujet
orientiert. Nunmehr sollten diese die Sichtbarkeit erhöhen,
Erinnerung
schaffen, Herrschaft legitimieren. Luise bediente sich dabei
aller zeitgemäßen
auch modernen Techniken: Malerei und weitere Unikattechniken
wurden durch
Lithographien, Stahlstiche, Photographien und vor allem
Postkarten ergänzt.
Auch nach 1907, dem Jahr des Todes von Großherzog Friedrich I.,
blieb Luise
stark in der Öffentlichkeit präsent, wie Sara Diedrich
aufzeigte. Die Bilder
zeigten die Großherzogin-Witwe im Lazarett, beim Packen von
Weihnachtspakten
für die Front. In ihrer Bildsprache stand sie gleichrangig neben
ihrem Mann,
wie es auch das offizielle Porträt von Ferdinand Keller 1906 zum
Ausdruck brachte.
Luise entsprach damit einem gewissen Stand der regierenden
Fürstin ihrer Zeit.
Sie handelte jedoch in einem Punkt entschieden gegen die
Konvention, wie die
Referentin betonte: sie räumte 1907 nicht ihren Platz im
Schloss, am
Schreibtisch, und ließ sich auch weiterhin an diesem Platz tätig
darstellen.
Von ihrer Mutter, der Kaiserin Augusta, übernahm sie die
einspitzige
Schneppenhaube als kennzeichnendes Kleidungsstück, die
Witwenschneppe, wie sie
viele Witwen noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts getragen
haben.
Der Kunsthistoriker CHRISTIAN KATSCHMANOWSKI (Bad Schussenried)
stellte den
2019 wiedergefundenen Gedenkstein des Pudels „Treu“ der
Großherzogin Luise, der
direkt neben der Aufgangstreppe zur Großherzoglichen Grabkapelle
im Karlsruher
Schlosspark entdeckt wurde, in den größeren Zusammenhang der
Rolle von Tieren
bei Hof, insbesondere von Hunden. Diese seien vielfach in den
Parks der
Residenzen an bevorzugter Stelle bestattet worden. In der
Gedächtnisschrift des
Deutschen Roten Kreuzes 1939 zum 100. Geburtstag der
Großherzogin findet sich,
wie der Referent entdeckte, eine Erinnerung der Oberin Wolff an
die
Großherzogin und ihren Lieblingshund, den Pudel „Treu“. Die
Oberin
charakterisierte darin den Pudel in einem Verhältnis zur
Großherzogin, welches
seinem Namen durchaus gerecht würde. Die Großherzogin sei zudem
Protektorin des
1. Karlsruher Kynologenclubs gewesen und habe 1911 eine
Preisplakette zu einer
internationalen Hundeausstellung in Karlsruhe gestiftet. 19
Fotos fand
Katschmanowski in den privaten Alben der Familie, auf denen
Luise mit Hunden zu
sehen ist, oft spielte man mit den Tieren oder er lief frei
herum. Auch
Studioaufnahmen mit anderen Hunden sind bekannt, so von
Großherzog Friedrich
mit einem Jagdhund 1860. Die Bestattung in unmittelbarer Nähe zu
Luise bei der
Kapelle solle, so der Referent, vermutlich symbolisieren: treu,
selbst bis in
den Tod. Die Großherzogin folgte mit dem Gedenkstein der Gräfin
Valeska Douglas
in Gondelsheim, wo die Gräber der Hunde Schlip und Bisch (1913)
mit bemerkenswerten
Grabsteinen bedacht wurden.
Pfarrer MICHA WILLUNAT (Graben-Neudorf) gab anhand des
Briefwechsels der
Großherzogin Luise mit dem Prälaten Ludwig Schmitthenner
(1858–1932) einen
Einblick in ihre Religiosität und Frömmigkeit, wobei er dabei
aus seiner 2019
bei Kohlhammer erschienen Dissertation („Kirchenleitung und
Seelsorge. Ludwig
Schmitthenners Wirken als Pfarrer, großherzoglicher Seelsorger
und Prälat der
badischen Landeskirche, 1892–1923“) schöpfen konnte.
Großherzogin Luise hätte
zu Ludwig Schmitthenner ein ebenso enges Vertrauensverhältnis
gepflegt wie zum
Minister Franz von Roggenbach.
Luises Frömmigkeit spiegelte sich auch in den publizierten
Trauertexten nach
den Todesfällen der Jahre 1888 und 1907, wie LAILA BAUR
(Heidelberg) in einem
abschließenden Beitrag aus ihrem Dissertationsprojekt nachwies.
Mit ihrer
Schrift „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt! Glaubensworte für Tage
der Prüfung“
(1910) sei Luise geradezu zu einer landesmütterlichen
Trost-Instanz geworden.
Sie zelebrierte Trauer-Kompetenz über die Konfessionen hinweg,
wenn auch
durchaus in den Traditionen von Erweckung und preußischem
Kulturprotestantismus. Luise war publizistisch tätig, wenn es
ihren Projekten
diente. Auch darin hätte die Großherzogin ein ungewöhnliches
Vorbild an
Engagement, Fleiß und wirkungsvoller Tatkraft gegeben. Auf der
Tagung, die
durch Führungen durch die Großherzogliche Grabkapelle im
Karlsruher Schlosspark
ergänzt wurden, wurde deutlich, dass reichlich Quellenmaterial
und durchaus
aktuelle Themen für Biografien und weitere biografische
Forschungen und
Beiträge vorliegen.
Konferenzübersicht
Politikverständnis und Herrschaftsausübung
Ewald Frie (Tübingen): Lebenswelten im Deutschen Kaiserreich
Konrad Krimm (Karlsruhe): Vernetzung. Die Korrespondenz
Großherzogin Luises mit
Franz von Roggenbach
Ilona Scheidle (Mannheim): Luise von Baden, Prinzessin von
Preußen – machtvoll
und sichtbar ungesehen
Gesellschaftspolitik
Sylvia Schraut (München): Bürgerliche Frauenbewegung und
Vaterländischer
Frauenverein
Susanne Asche (Karlsruhe): Der Kochtopf im Klassenkampf. Die
Innen- und
Sozialpolitik der Großherzogin
Inszenierungen
Jutta Dresch (Karlsruhe): Die Jubiläen 1906. Ein Fest des alten
monarchischen
Deutschlands
Sara Diedrich (Karlsruhe): Großherzogin Luise im Bild.
Darstellungen einer
Fürstin und Landesmutter
Christian Katschmanowski (Bad Schussenried): Luises treuer
Begleiter.
Funeralpraxis bei Haustieren als Teil adliger Repräsentation
Öffentlicher und privater Glauben
Micha Willunat (Graben-Neudrof): Gott mit uns? Religiosität und
Frömmigkeit im
Briefwechsel mit Prälat Ludwig Schmitthenner
Laila Baur (Heidelberg): „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt.“
Inszenierte Trauer
– Publizierter Trost
Zitation
Tagungsbericht: Die Großherzogin. Luise von Baden, In:
H-Soz-Kult, 08.07.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-137380>.
Date: 2023/07/09 17:23:07
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Den
Frieden gewonnen? Städte nach 1648 im Vergleich
Veranstalter:
Exzellenzcluster Religion und Politik der WWU Münster, Institut
für
vergleichende Städtegeschichte Münster, Stadtarchiv Münster: Dr.
Angelika
Lampen (Institut für vergleichende Städtegeschichte), Prof. Dr.
Ulrike Ludwig
(Historisches Seminar, WWU Münster), Dr. Peter Worm (Stadtarchiv
Münster), Dr.
Nikolas Funke (Historisches Seminar, WWU Münster), Dr. Philip
Hoffmann-Rehnitz
(Institut für vergleichende Städtegeschichte)
Veranstaltungsort:
Rüstkammer im Historischen Rathaus Münster, Zugang über
Stadtweinhaus,
Prinzipalmarkt 6-7
48143 Münster
Vom - Bis 28.09.2023 - 29.09.2023
Website
https://www.uni-muenster.de/Staedtegeschichte/veranstaltungen/tagung_frieden_gewonnen.html
Von Philip Hoffmann-Rehnitz, Historisches
Seminar, Universität
Münster
Am 28. und 29.09.2023 findet in Münster im Rahmen des Jubliäums
375 Jahre
Westfälischer Friede die Tagung "Den Frieden gewonnen? Städte
nach 1648 im
Vergleich" statt. Im Zentrum der Tagung stehen diejenigen
Vorgänge und
Prozesse, die auf den Abschluss eines Friedens wie desjenigen
von 1648 folgten.
In vergleichender Perspektive werden frühneuzeitliche Städte und
die besonderen
Problem- und Konfliktlagen, mit denen sich diese in der
Nachkriegszeit
konfrontiert sahen, in den Blick genommen.
Die historische Friedensforschung – und dies gilt insbesondere
für diejenige
zum Westfälischen Frieden – hat sich bislang vornehmlich mit den
Prozessen und
Faktoren beschäftigt, die zum Abschluss von
Friedensvereinbarungen bzw.
-verträgen geführt haben. Weit weniger im Fokus standen
diejenigen Vorgänge,
die auf einen solchen Friedensschluss folgten: Wie wurden
Friedensvereinbarungen also wahrgenommen, inwieweit und in
welcher Weise wurden
sie umgesetzt? Welche Probleme waren damit und mit den Folgen
des Krieges
gerade auf lokaler Ebene verbunden, und wie wurde versucht, mit
diesen
umzugehen?
Die Tagung setzt sich mit solchen Fragen auseinander, indem der
Fokus auf die
besonderen Bedingungen und Entwicklungen in städtischen
Gesellschaften
gerichtet wird. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeit nach dem
Westfälischen
Frieden, jedoch in vergleichender Perspektive, indem weitere
Nachkriegszeiten
im frühneuzeitlichen West- und Mitteleuropa in den Blick
genommen werden. Drei
Problemkomplexe, in denen sich der ambivalente Charakter solcher
Übergangszeiten vom Krieg zu einem (dauerhafteren) Frieden
besonders gut
greifen lässt, stehen dabei im Mittelpunkt: (1) Konfliktlagen,
die als
kennzeichnend für städtische Nachkriegsgesellschaften der Frühen
Neuzeit
erscheinen; (2) die vielfältigen Fragen, die mit dem Problem der
Integration
und Desintegration zusammenhängen; und (3) die Art und Weise,
wie sich
Entwicklungen der Nachkriegszeit auf den städtische Raum
auswirkten und sich in
diesem manifestierten.
Programm
Donnerstag, 28. September 2023
09:00–09:20 Uhr
Ulrike Ludwig (Münster) et al.: Begrüßung und Einleitung
Sektion 1 „Konflikte“
Leitung/Moderation: Horst Carl (Gießen)
09:20–10:10 Uhr
Philip Hoffmann-Rehnitz (Münster) et al.: „da man des lieben
friedens noch
keines weges versichert“: Konfliktkonstellationen und
Problemwahrnehmungen in
Münster nach dem Westfälischen Friedenskongress
10:10–11:00 Uhr
Christoph Volkmar (Magdeburg): Wie Magdeburg einmal den Frieden
gewann und
zweimal verlor
11:00–11:20 Uhr
Kaffeepause
11:20–12:10 Uhr
Dirk Niefanger (Erlangen): „Der Fried hat uns genarrt.“
Nachkrieg im urbanen
Umfeld. Literarische Perspektiven im 17. Jahrhundert
12:10–13:00 Uhr
Simon Karstens (Trier): Routinen des Unfriedens – die Stadt
Trier in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts
Sektion 2 „Integration/Desintegration“
Leitung/Moderation: Gabriele Haug-Moritz (Graz)
14:30–15:20 Uhr
Fabian Schulze (Augsburg): Kreistage als Friedenskongresse?
Warum für die
Herbeiführung des Friedens auch Städte fernab von Westfalen und
Nürnberg eine
Rolle spielten
15:20–16:10 Uhr
Christian Landrock (Magdeburg): „Die Waisen des Mars.“ Die
(Re-)Integrationsversuche ehemaliger Soldaten des
Dreißigjährigen Krieges am
Beispiel der kursächsischen Stadt Zwickau
16:10–16:40 Uhr
Kaffeepause
16:40–17:30 Uhr
Jens Niebaum (Münster): Stadträumliche Erneuerung im Zeichen der
Dynastie: Wien
nach 1645 und 1683
17:30–18:20 Uhr
Renger de Bruin (Utrecht): Eine Stadt in Krieg und Frieden,
Utrecht 1648–1748
Ab 19:00 Uhr
Abendessen
Freitag, 29. September 2023
Sektion 3 „Raum“
Leitung/Moderation: André Krischer (Freiburg)
09:00–09:50 Uhr
Nikolas Funke (Münster): Der Weseler Stadtraum während des
„Hundertjährigen
Krieges“ am Niederrhein (c.1570–1672)
09:50–10:40 Uhr
Judith Pollmann (Leiden): Post-war chronicling and urban space
in the early
modern Low Countries
10:40–11:00 Uhr
Kaffeepause
11:00–11:50 Uhr
Eva-Bettina Krems (Münster): München nach dem Dreißigjährigen
Krieg:
Neudefinitionen von höfischen und städtisch-bürgerlichen Räumen
11:50–12:40 Uhr
Martin Scheutz (Wien): Die erste Gründerzeit Wiens nach 1683 –
die Neubesetzung
der Vorstadt nach der zweiten Belagerung Wiens durch die Osmanen
14:00–15:30 Uhr
Abschlusspodium mit Horst Carl, Gabriele Haug-Moritz und André
Krischer
Moderation: Ulrike Ludwig
Kontakt
Institut für vergleichende Städtegeschichte
Königsstraße 46
48143 Münster
istg(a)uni-muenster.de
Anmeldungen unter https://go.wwu.de/d8u5p oder
per E-Mail an istg(a)uni-muenster.de.
https://www.uni-muenster.de/Staedtegeschichte/veranstaltungen/tagung_frieden_gewonnen.html
Zitation
Den Frieden gewonnen? Städte nach 1648 im Vergleich. In:
H-Soz-Kult,
07.07.2023, <www.hsozkult.de/event/id/event-137481>.
Date: 2023/07/09 17:49:56
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Genealogieseminar „Vertiefende
Familienforschung“ 2023
auf der Burg Lichtenberg nahe Kusel
Das genealogische Seminar findet am Wochenende des 21. auf
22. Oktober
2023 in der Jugendherberge der Burglichtenberg nördlich von Kusel
statt.
[=>https://burglichtenberg.pfaelzerbergland.de/]
Unser Programm:
Karl-Heinz Bernardy
Französische
Zivilstandsurkunden - Tipps
zum besseren Verständnis
Beate Busch-Schirm
Die Ostindische Kompanie
Andreas Hauch
Burgführung
Dr.
Dominikus Heckmann
Verwandtschaftsbäume
im Mittelalter
Dr. Hans-Joachim Kühn
Eine kleine Archivkunde.
Hinweise zum Aufbau und zur sinnvollen Nutzung von Archiven
Dr. Hans-Joachim Kühn (Sonntag)
Zitate und
Quellennachweise. Wie geht
das richtig?
Dr. Helmut Priewer
Von Helminthen, Milben und Menschen - parasitäre Krankheiten
aus medizinhistorischer Sicht
Uwe Traschütz
Computergenealogie in der
Forschergemeinschaft am Beispiel von TNG
Das Programm geht über zwei Tage; es beginnt am Samstag um
10 Uhr mit der
Begrüßung und endet am Sonntagmittag mit dem Mittagessen.
Alle Vorträge finden ausschließlich in deutscher Sprache und in
Präsenz vor Ort
statt.
Die Teilnahme am Seminar beinhaltet alle Vorträge sowie die
Unterbringung in
der Jugendherberge im Einzelzimmer (inkl. Bad!) mit Vollpension
und kostet je
nach Teilnehmerzahl zwischen 130 und 150 Euro.
Wie immer besteht die Möglichkeit, freitags mittags schon
anzureisen (dann
kommt eine Übernachtung mit Frühstück in Höhe von 39,30 Euro
hinzu).
Ihre Anmeldung richten Sie bitte an mich direkt:
Roland Geiger, Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel
Email alsfassen(a)web.de
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2023/07/10 22:26:08
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
diese Anschrift stammt aus dem Jahre 1911,
hat sich aber wohl verändert, denn heute gibt es in Frankenholz
keine Hauptstraße mehr.
Weiß jemand, wie die Anschrift heute heißt?
Vielen Dank.
Date: 2023/07/11 10:29:51
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
Das könnte heute die Höcherbergstraße sein.
Anneliese Schumacher
Zentrale Fachberaterin Foto bei der Stiftung BSW
Osenbachstr. 28
66649 Oberthal
Tel. 06854 9097440
zb-bsw-foto(a)magenta.de
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] Frankenholz, Haupstrasse 97
Datum: 2023-07-10T22:26:12+0200
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>, "saarland-l(a)genealogy.net" <saarland-l(a)genealogy.net>
Guten Abend,
diese Anschrift stammt aus dem Jahre 1911, hat sich aber wohl verändert, denn heute gibt es in Frankenholz keine Hauptstraße mehr.
Weiß jemand, wie die Anschrift heute heißt?
Vielen Dank.
Date: 2023/07/11 19:22:47
From: schubertbrigitte(a)t-online.de <schubertbrigitte(a)t-online.de>
Hallo Roland
Dass Du so eine einladende "location" ( auf neudeutsch) gewählt hast, um das einst so beliebte Treffen der Familienforscher stattfinden zu lassen, hat mich verführt, mich hiermit dazu anzumelden!
Immer vorausgesetzt, dass mein gesundheitlicher Zustand dies zuläßt!
Also merke mich bitte vor.
Grüße Brigitte
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] Genealogieseminar „Vertiefende Familienforschung“ 2023 auf der Burg Lichtenberg nahe Kusel
Datum: 2023-07-09T18:00:01+0200
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>, "saarland-l(a)genealogy.net" <saarland-l(a)genealogy.net>, "Pfalz-L" <pfalz-l(a)genealogy.net>, "Hunsrueck-L" <hunsrueck-l(a)genealogy.net>, "KENT CUTKOMP via IGGP-L" <iggp-l(a)genealogy.net>
Genealogieseminar „Vertiefende Familienforschung“ 2023 auf der Burg Lichtenberg nahe Kusel
Das genealogische Seminar findet am Wochenende des 21. auf 22. Oktober 2023 in der Jugendherberge der Burglichtenberg nördlich von Kusel statt.
[=>https://burglichtenberg.pfaelzerbergland.de/]
Unser Programm:
Karl-Heinz Bernardy
Französische Zivilstandsurkunden - Tipps zum besseren Verständnis
Beate Busch-Schirm
Die Ostindische Kompanie
Andreas Hauch
Burgführung
Dr. Dominikus Heckmann
Verwandtschaftsbäume im Mittelalter
Dr. Hans-Joachim Kühn
Eine kleine Archivkunde.
Hinweise zum Aufbau und zur sinnvollen Nutzung von Archiven
Dr. Hans-Joachim Kühn (Sonntag)
Zitate und Quellennachweise. Wie geht das richtig?
Dr. Helmut Priewer
Von Helminthen, Milben und Menschen - parasitäre Krankheiten aus medizinhistorischer Sicht
Uwe Traschütz
Computergenealogie in der Forschergemeinschaft am Beispiel von TNG
Das Programm geht über zwei Tage; es beginnt am Samstag um 10 Uhr mit der Begrüßung und endet am Sonntagmittag mit dem Mittagessen.
Alle Vorträge finden ausschließlich in deutscher Sprache und in Präsenz vor Ort statt.
Die Teilnahme am Seminar beinhaltet alle Vorträge sowie die Unterbringung in der Jugendherberge im Einzelzimmer (inkl. Bad!) mit Vollpension und kostet je nach Teilnehmerzahl zwischen 130 und 150 Euro.
Wie immer besteht die Möglichkeit, freitags mittags schon anzureisen (dann kommt eine Übernachtung mit Frühstück in Höhe von 39,30 Euro hinzu).
Ihre Anmeldung richten Sie bitte an mich direkt:
Roland Geiger, Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel
Email alsfassen(a)web.de
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2023/07/13 07:27:55
From: Hans Schmitt <hans(a)hans-schmitt.de>
Von meinem iPad gesendet
Date: 2023/07/16 18:48:28
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Unbrauchbare Väter. Über Muster-Männer,
Seitenspringer und
flüchtende Erzeuger im Lebensborn
Autorin: Dorothee Schmitz-Köster
Erschienen Göttingen 2022: Wallstein
Verlag
Anzahl Seiten 160 S., 47 Abb.
Preis € 24,00
ISBN 978-3-8353-5325-1
Rezensiert für H-Soz-Kult von Yves Müller,
Institut für
Landesgeschichte, Halle an der Saale
Bis heute kann der „Lebensborn e.V.“ als ‚unterforscht‘ angesehen
werden. Hatte
schon Georg Lilienthal in den 1980er-Jahren dieses
Forschungsdesiderat beschrieben,
scheint sich daran auf den ersten Blick wenig geändert zu haben.[1] Eine der wenigen Ausnahmen
bilden die
Veröffentlichungen von Dorothee Schmitz-Köster.[2] Die promovierte
Sachbuchautorin und
Journalistin ist als Kennerin des Lebensborn bekannt. Nun hat sie
erneut eine
Arbeit zum Thema vorgelegt. In dieser mit zahlreichen Fotografien
illustrierten
Untersuchung stehen die biologischen Erzeuger der in den
Lebensborn-Heimen zur
Welt gekommenen Kinder im Mittelpunkt. Die „Lebensborn-Väter“, als
welche die
Autorin diese bis dato wenig beachtete Gruppe in dem Komplex des
Lebensborn
e.V. allgemein benennt, blieben in vielen Fällen anonym – und sind
es bis
heute, denn die Urkunden der Vaterschaftsanerkennung sind
verschollen.
1935 wurde der Lebensborn auf Veranlassung Heinrich Himmlers
gegründet und in
das Vereinsregister eingetragen. Im Jahr darauf eröffnete das
erste
Lebensborn-Heim in Oberbayern. Ab 1941 expandierte der Lebensborn
vor allem
nach Nord- und Westeuropa, aber auch nach Ost- und Südosteuropa.
24 Heime
existierten im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten, allein
zehn in
Norwegen. Nach dem Krieg wurden die Heime geschlossen.
Jahrzehntelang wurden
die dort geborenen Kinder über ihre Herkunft – und über ihre
Erzeuger – im
Unklaren gelassen.
Die nun veröffentlichte Studie ist in sechs Kapitel unterteilt.
Der Einführung
folgt in einem ersten inhaltlichen Kapitel eine Rekonstruktion der
männlichen
Ermächtigungs-Strategien. Diese lägen zum einen in einer
„Forcierte[n]
Männlichkeit“ (S. 18), also der Anrufung tradierter
Männlichkeitsformen, zum
anderen in der „Eroberung des weiblichen Raums“ (S. 28). Demnach
ergänzten sich
beide zunächst widersprüchlich erscheinenden Strategien.
Auf Grundlage von Statistiken und vom Lebensborn selbst erfassten
Datenmaterial
kann Schmitz-Köster aufzeigen, welche Berufe und
Organisationsmitgliedschaften
die Väter aufwiesen und in welchem Verhältnis sie zur Mutter
standen
(ehelich/unehelich). Im Gegensatz zum vom Lebensborn selbst
kolportierten und
bis heute standhaft sich haltenden elitären Bild des Lebensborn
als
Organisation für SS-Angehörige gab nur etwa die Hälfte der Väter
eine
SS-Zugehörigkeit an. Der interessante Befund, dass von den
SS-Mitgliedern
mehrheitlich ehelich gezeugte Kinder in den Heimen waren, während
bei der
nahezu gleich großen Gruppe der „Sonstigen“ eher uneheliche Kinder
gezeugt
wurden, wird leider nicht weiterverfolgt.
Das umfangreichste, mit „Entwurf einer Typologie“ betitelte
Kapitel behandelt
zwei männliche Akteursgruppen. Zunächst werden die als
„Symbolische Väter“
überschriebenen SS-Funktionäre vorgestellt. Dabei nahm der
„Reichsführer-SS“
Himmler eine herausragende Rolle ein, weil er sich vielfach in
alltägliche
Belange und bei individuellen Problemen einschaltete, oft
Patenschaften
übernahm und damit zum „strenge[n] und fürsorgliche[n] Vater“ (S.
49)
stilisiert werden konnte. Die Heimleiter jedoch waren die
tatsächlich zentralen
Figuren, wie die Autorin am Beispiel Gregor Ebners erläutert. Der
Mediziner
Ebner wirkte über viele Jahre als Leiter des ältesten
Lebensborn-Heims „Hochland“.
Die männlichen Erzeuger hingegen seien die „Reale[n] Väter“, deren
Biogramme
Schmitz-Köster aus ihren über viele Jahre geführten Interviews und
den
zusammengetragenen Korrespondenzen der Frauen und Männer mit dem
Lebensborn und
anderen SS-Institutionen erstellt hat. Dabei zeichnet sie ein Bild
von durch
Berufstätigkeit und Kriegseinsatz mehrheitlich abwesenden Vätern,
die in der
Ehe untreu waren und auch nach Kriegsende und Gefangenschaft oft
nicht zur
Familie zurückkehrten. Die präsentierten Männer waren als Gestapo-
und
SD-Funktionäre im „Osteinsatz“ vielfach in die Ermordung der
europäischen
Jüdinnen und Juden eingebunden. Den Kern dieses Kapitels bildet
eine
Aufschlüsselung in neun Typen von Männern anhand der zahlreichen
Einzelbeispiele, wobei allerdings die tatsächliche
Beispielhaftigkeit infrage
steht, da Schmitz-Köster fast ausschließlich die Fälle von
SS-Männern
referiert, während sie Männer ohne SS-Zugehörigkeit seltener in
den Blick
nimmt.
Unter ersteren war auch der SS-Gruppenführer Erwin Rösener, an dem
sich
beispielhaft die eigentliche Funktion des Lebensborn ablesen
lässt. Rösener
hatte den Rang eines Höheren SS- und Polizeiführer Alpenland im
besetzten
Slowenien und gilt als einer der Hauptverantwortlichen für die im
Rahmen der
„Bandenbekämpfung“ gegen die Zivilbevölkerung begangenen
Verbrechen, für die er
nach 1945 von einem jugoslawischen Gericht zum Tode verurteilt und
hingerichtet
wurde. 1942 entband eine Schauspielerin, mit der er eine
außereheliche
Beziehung führte, ein Kind von ihm in einem Lebensborn-Heim.
Rösener war
bereits kinderlos verheiratet. Als sich seine Ehefrau von ihm
scheiden ließ und
auch die Geliebte sich von ihm trennte, war ihm dies alles
offenbar sehr
peinlich, besonders da er seiner Ansicht nach damit Himmler
„Kummer bereiten“
musste (zit. nach S. 87). In diesem wie anderen Fällen diente die
Unterbringung
der werdenden Mütter in den Einrichtungen des Lebensborn der
Geheimhaltung der
Schwangerschaften vor den Ehefrauen, der Verwandtschaft oder
allgemein der
Öffentlichkeit. Deutlich wird, dass der Lebensborn in aller Regel
als Agentur
der Männer handelte, um ihre oft unehelichen Kinder diskret auf
die Welt zu
bringen.
Schwieriger gestalteten sich Fälle, in denen sich die Erzeuger
entzogen. Eine
Entbindung in einem Heim konnte nur stattfinden, wenn die Frauen
die Namen der
Männer angegeben hatten. Weigerten sich diese, die Vaterschaft
anzuerkennen,
folgten einerseits Vernehmungen der Frauen, andererseits
ausschweifende
Korrespondenzen bis hin zu disziplinarischen Maßnahmen. Hier macht
Schmitz-Köster neun Strategien der Männer aus, um eine Anerkennung
der
ungewollten Vaterschaft zu verhindern und einer damit verbundenen
Zahlung von
Alimenten zu entgehen.
Die letzten Abschnitte dieses Kapitels („Falsche Väter“,
„Ersatz-Väter“) widmen
sich denjenigen Fällen, in denen Männer als Väter, Adoptivväter
oder
Pflegeväter an die Stelle der tatsächlichen Erzeuger getreten
waren. Die
betroffenen Kinder erfuhren durch eigene Recherchen oft erst
Jahrzehnte später,
wer ihr leiblicher Vater gewesen ist. So wie der Sohn von Hans
Adolf Prützmann,
der als Höherer SS- und Polizeiführer Ukraine für zahlreiche
Verbrechen
verantwortlich war und bei Kriegsende in alliierter
Kriegsgefangenschaft Suizid
beging. So kommt die Autorin anhand ihrer anschaulichen
Fallbeispiele zu dem
insgesamt beachtenswerten Befund, dass die verschiedenen
Väter-Typen zwar für
die Kinder und die Mütter merkwürdig abwesend waren. Doch blieben
sie
gleichzeitig sehr präsent in ihrem in den Dokumenten überlieferten
Handeln.
Ein historiografischen Standards genügendes Buch hat
Schmitz-Köster jedoch
nicht vorgelegt. Schon die ein breites Lesepublikum ansprechende
Wortwahl
(„durchgecheckte Erzeuger“, S. 12; „Lendengott“, S. 96) ist ein
wenig
gewöhnungsbedürftig. Auch die verwendete Gegenwartsform ist für
das
geschichtswissenschaftliche Leseempfinden irritierend, wird doch
die von
Historiker:innen selbstauferlegte Distanz sprachlich allzu sehr
durchbrochen.
Eine solche Zurückhaltung gegenüber ihrem Gegenstand versucht die
Autorin auch
erst gar nicht vorzutäuschen. Auf die Nennung von Quellenbelegen
und
Jahreszahlen verzichtet Schmitz-Köster hingegen. Wo Quellen
fehlen, spekuliert
die Autorin und gibt dies sogar selbst zu („Alles Spekulation“, S.
135).
Mitunter leistet sich Schmitz-Köster fehlgehende Annahmen, wie
beispielsweise
bei der spekulativen Bemerkung über die im sogenannten
„Osteinsatz“
dienstverpflichteten Männer, die seien „vielleicht“ (S. 39) für
die SD, Sipo
oder Gestapo tätig, obwohl sie ebenso wahrscheinlich in den
Landkreisverwaltungen
oder sonstigen Behörden in die besetzten Gebiete abgeordnet worden
sein
könnten.
Trotz der Einschränkungen öffnet die Autorin die Perspektive auf
die zentrale,
aber von der Forschung bislang weitgehend ignorierte Gruppe der
Erzeuger.
Gerade weil sie für Mütter wie Kinder oft abwesend waren, blieben
sie lange
auch unsichtbar. Das hat Schmitz-Köster mit ihrem instruktiven
Sachbuch nun
geändert – und damit zugleich den Blick geweitet für weitere
Nachforschungen.
Anmerkungen:
[1] Georg Lilienthal, Der
„Lebensborn e.V.“. Ein
Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik, Frankfurt am
Main 2003.
[2] Dorothe Schmitz-Köster, Kind
L 364. Eine
Lebensborn-Familiengeschichte, Berlin 2007; dies., „Deutsche
Mutter, bist du
bereit…“ Der Lebensborn und seine Kinder, Berlin 2010; dies.,
Lebensborn
lebenslang. Die Wunschkinder der SS und was aus ihnen wurde,
München 2012;
dies., Raubkind – Von der SS nach Deutschland verschleppt,
Freiburg im Breisgau
2018.
Zitation
Yves Müller: Rezension zu: Schmitz-Köster, Dorothee: Unbrauchbare
Väter. Über
Muster-Männer, Seitenspringer und flüchtende Erzeuger im
Lebensborn. Göttingen
2022 , ISBN 978-3-8353-5325-1,, In: H-Soz-Kult,
17.07.2023, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-118021>.
Date: 2023/07/19 09:12:07
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
gestern habe ich jemanden die beiden nachstehenden Bücher
empfohlen, und ich
dachte mir, vielleicht interessiert das allgemein. Das erste fand
ich noch bei
Amazon, das zweite ist vergriffen und wird teilweise zu horrenden
Preisen
gehandelt. Beide stammen vom gleichen Autor, Paul Arnold Grun.
Leseschlüssel zu unserer alten Schrift
Paul Arnold Grund, * Stettin 30.06.1872, † Göttingen 14.03.1956,
hat 1935 ein
Taschenbuch der deutschen (wie auch der humanistischen)
Schriftkunde für
Archivbenutzer, insbesondere Familienforscher, Heimatforscher,
Studierende,
Geistliche und Kirchenbuchbenutzer geschaffen, das wir im
Original-Reprint neu
aufgelegt haben, weil es für alle, die mit alten Dokumenten
arbeiten müssen,
keine vergleichbare Hilfe gibt. Wir wissen inzwischen aus
Erfahrung, wie schwer
es ist, mit einer Schrift umzugehen, die jahrhundertelang das
Schrifttum
beherrschte und nun in wenigen Jahrzehnten bereits fast völlig in
Vergessenheit
geriet. Deshalb bieten wir Ihnen auch Titel, Inhaltsverzeichnis
und Vorwort
bereits in Antiqua und geben dem Büchlein ein deutsches
Normalalphabet mit. Der
„Leseschlüssel zu unserer alten Schrift“ soll vornehmlich in der
Hand des
forschenden Laien die Möglichkeit geben, den Inhalt der alten
Archivalien zu
erschließen. Gruns „Leseschlüssel“ ist seit seinem Erscheinen zu
einem der
besten Hilfsmittel nicht nur für den Genealogen, sondern für jeden
Archivbenutzer geworden und wird als das Nachschlagebuch mit der
Bezeichnung
„Der Grun“ oft und gern für Buchstabenformen, Zahlen, Abkürzungen
usw.
herangezogen. Mit 12 Tafeln der Buchstabenformen, griechischen
Schrift,
Abkürzungen, Zahlen usw. und 54 Tafeln ausgewählter Schriftproben
aus dem 14.
bis 19. Jahrhundert nebst gegenübergestellter Übertragung.
Das zweite Buch ist:
Schlüssel zu alten und neuen Abkürzungen
Ein Wörterbuch lateinischer und deutscher Abkürzungen des späten
Mittelalters
und der Neuzeit, mit einer historischen und systematischen
Einführung für
Archivbenutzer, Studierende, Heimat- und Familienforscher. Die
Abkürzungen sind
originalgetreu nachgebildet, so daß mit diesem Buch ein echtes
Hilfsmittel für
das Studium von Archivalien geschaffen wurde. Es ist weder von
Paul Arnold Grun
beabsichtigt gewesen, noch ist es möglich, in einem handlichen
Abkürzungsschlüssel ein auch nur einigermaßen erschöpfendes
Verzeichnis
lateinischer und deutscher Abkürzungen zu bringen. Dieses trifft
besonders für
die Neuzeit zu, in der vielfach ein willkürliches Verfahren, Worte
abzukürzen,
Platz gegriffen hat. Und doch legte Grun gerade auf die Erfassung
der
Abkürzungen aus der Zeit etwa von 1500 bis 1900 den größten Wert,
da das
Standardwerk des Italieners Adriano Capelli „Lexicon
abbreviaturarum“, jetzt in
5. Auflage in Mailand erschienen, nur die Abkürzungen aus der Zeit
vor 1500
bringt. Mit Schriftstücken, die nach 1500 entstanden sind, haben
gemeinhin aber
Archivbenutzer, Studierende, Heimat- und Familienforscher, die
Kirchenbuchführer
und alle an derartigem Quellenstudium interessierte Kreise im
deutschsprachigen
Bereich in erster Linie zu tun. jeder, der in der Archivpraxis
steht, spürt
täglich das Fehlen eines derartigen Hilfsmittels, das er
vertrauensvoll dem
paläographisch nicht geschulten Benutzer in die Hand geben kann.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2023/07/19 09:44:02
From: Matthias Gard via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Am 19.07.23, 09:12 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>:
|
Date: 2023/07/19 12:23:54
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Anat
Feinberg. Die Villa in Berlin. Eine jüdische Familiengeschichte
1924–1934
Erschienen Göttingen 2022: Wallstein
Verlag
Anzahl Seiten 232 S.
Preis € 26,00
ISBN 978-3-8353-5315-2
Rezensiert für H-Soz-Kult von Jakob Stürmann,
Leibniz-Institut für jüdische
Geschichte und Kultur – Simon Dubnow
Berlin ist seit langem ein multi- und transkultureller Ort, der
von ganz
unterschiedlichen Migrationsbewegungen geprägt wurde und wird.
Für die 1920er-Jahre
beschreibt Karl Schlögel die Millionenstadt als „Ostbahnhof
Europas“, die auch
zehntausende Jüdinnen und Juden aus dem östlichen Europa
durchquerten.[1] Einige von ihnen trugen
dazu bei, dass
die Hauptstadt der Weimarer Republik für eine Dekade „die
Metropole hebräischer
Kultur“ wurde.[2] Anat Feinberg,
Professorin für hebräische
und jüdische Literatur an der Hochschule für Jüdische Studien in
Heidelberg,
beschreibt dieses kurzlebige Milieu. Im Mittelpunkt ihrer
Erzählung steht die
Familie Grüngard, die zwischen 1924 und 1934 in Berlin wohnte
und dessen Villa
im bürgerlichen Bezirk Schöneberg zu einem zentralen
Veranstaltungsort der
zionistischen Bewegung avancierte.
Feinbergs Buch ist eine für den geschichtswissenschaftlichen
Kontext
unkonventionelle Publikation. Die Literaturwissenschaftlerin
nutzt Stilmittel
aus der Belletristik, um das Leben der Familie Grüngard im
Berlin der
Zwischenkriegszeit auf ansprechende Weise wiederzugeben. Das
Buch ist in kurze
Tagebucheinträge untergliedert, die aus der Feder eines fiktiven
Erzählers stammen:
David, der „Ziehsohn der Grüngards“ (S. 74), geht im Haus ein
und aus. Damit
wirkt er als ein literarischer Filter der Autorin. Die
Wiedergabe der
Geschehnisse aus seiner Perspektive ermöglicht es Feinberg,
Wissenslücken, die
trotz intensiver historischer Recherche geblieben sind,
literarisch zu füllen
und so den Leserinnen und Lesern eine ansprechende und
zusammenhängende
familienbiografische Erzählung zu präsentieren.
Im Zentrum der Geschichte steht die vierköpfige Familie
Grüngard. Zu ihr
gehören der Vater Faivel, die Mutter Braina, der Sohn Jehuda und
die Tochter
Ayala. Faivel und Braina stammen beide aus der Stadt Verzholova,
die vor dem
Ersten Weltkrieg auf dem Staatsgebiet des Russländischen Reiches
lag, nur
wenige Kilometer entfernt von der Grenze zu Ostpreußen.[3] Ungewollt verschlägt es
die Familie nach
Ausbruch des Ersten Weltkrieges nach Leipzig. Mit Hilfe
familiärer Netzwerke
gelangen sie aber sehr bald nach Stockholm. Erst 1924 ziehen
sie, nun mit
schwedischer Staatsbürgerschaft, in die pulsierende Hauptstadt
der Weimarer
Republik. Wie auch in ihren bisherigen Wohnorten sucht die
Familie sogleich
Anschluss an die zionistische Bewegung. In der darauffolgenden
Dekade wird ihre
aus 18 Zimmern bestehende Villa für die in Berlin lebenden
Jüdinnen und Juden
zu einem wichtigen Anlaufpunkt. Dort finden Banketts, Teeabende,
zionistische
Vorträge, hebräische Literaturabende und Konzerte statt. Nach
nur wenigen
Monaten scheint es, als ob die Familie Grüngard in Berlin
verwurzelt sei.
Faivel und Braina sind „bestens im Bilde über alle jüdischen
Angelegenheiten in
der Stadt“ (S. 44).
In äußerst liebevolle Weise zeichnet Feinberg die Berliner Jahre
der Familie
Grüngard nach und erweckt damit ein ganz besonderes Milieu der
Weimarer
Republik neu zum Leben. Die sicherlich in Teilen ausgeschmückten
privaten
Erzählungen werden mit historischen Fakten verflochten. Dabei
stehen Aspekte
wie die osteuropäisch jüdische Herkunft, die Sprachenvielfalt
der jüdischen
Migrationscommunity, generationelle Prägungen und das jeweils
individuelle kulturelle
und politische Engagement der Familienmitglieder im Vordergrund.
Ausgehend von
Alltagsschwierigkeiten macht Feinberg außerdem auf die
politischen
Herausforderungen der Zeit aufmerksam. So erfolgt der Umzug der
Familie nach
Berlin fast zeitgleich mit dem Aufbruch des jüdischen Dichters
Chaim Nachman
Bialik in das Mandatsgebiet Palästina. Die Hyperinflation des
Jahres 1923, die
den Grüngards beim Kauf des Hauses zugutekommt, bringt den
bereits in Berlin
lebenden Bialik in enorme finanzielle Schwierigkeiten. Zum
Jahreswechsel
1925/26, als das kulturelle Leben in der Stadt prosperiert und
Braina die
Stücke das hebräischen Theaterensembles Habimah besucht,
behauptet mit
Oscar Wassermann ein Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, dass
der
Antisemitismus im Land abnehme. Nur fünf Jahre später erringen
die
Nationalsozialisten bei der Reichstagswahl einen Stimmenanteil
von 18 Prozent.
Die Partei schätzen Jüdinnen und Juden bereits zu diesem
Zeitpunkt als so
gefährlich ein, dass über sie vielfach gesprochen und der
Begriff „Nazi“ bei
hebräischsprachigen Unterredungen verwendet wird.
Parallel zu den sich permanent wandelnden politischen
Rahmenbedingungen
vollzieht sich der Aufbau und die Stärkung der
jüdisch-nationalen Bewegung. Im
Buch gelingt es, diese Gleichzeitigkeit aufzuzeigen. In
besonderer Weise
profitierte die zionistische Bewegung Berlins von der
Grüngard-Villa als
halböffentlicher Veranstaltungsort. Anhand von Einladungen weist
Feinberg nach,
dass zahlreiche jüdische Intellektuelle sowie Künstlerinnen und
Künstler, wie
Sammy Gronemann, Fischl Schneersohn, David Koigen, Olga und
Bruno Eisner im
Haus ein- und ausgingen. Mit dem Fokus auf den Wohn- und
Lebensort der Familie
rückt Feinberg auf subtile Weise eine methodische
Herausforderung der
Geschichtswissenschaft in den Fokus: Kleine und oftmals auch
migrantische
politische Bewegungen organisieren sich zumeist im privaten Raum
und bei
halböffentlichen Veranstaltungen. Für dessen Rekonstruktion
erscheint der
Zugang zu Privatarchiven sehr häufig als unabdinglich. Die Villa
in der
Freiherr-vom-Stein-Straße war ein solcher Ort.
Ein weiterer von der Autorin hervorgehobener Aspekt ist die
Internationalität
der zeitgenössischen zionistischen Bewegung. Feinberg verweist
nicht nur auf
die internationalen Gäste in der Villa. Ebenso kann die Familie
auf Netzwerke
zurückgreifen, die durch den bereits vollzogenen Migrationsweg
entstanden sind.
Noch wichtiger erscheint aber, dass der Wunsch zur Übersiedlung
nach Eretz
Israel innerhalb der Familie eine Grundüberzeugung ist. Sie
manifestiert sich
auch durch Reisen ins Mandatsgebiet Palästina, wirtschaftliche
Investitionen
vor Ort und dem Erleben von Antisemitismus in Deutschland. Damit
wirkt das
Leben in Berlin aus unterschiedlichen Gründen im gesamten
Zeitraum als ein Zwischenstopp.
Schlussendlich müssen die Grüngards die Stadt im Frühjahr 1934
unter Zwang
verlassen.
Auch auf einer zweiten Ebene bricht Feinberg mit früheren
Konventionen der
deutschen Geschichtswissenschaft. Ihr Buch ist eine Beschreibung
der eigenen
Familien- und Herkunftsgeschichte: Faivel und Braina sind ihre
Großeltern,
Jehuda ihr Onkel und Ayala ihre Mutter. Mit Sicherheit ist die
persönliche Nähe
zum Forschungsobjekt ein zentraler Grund dafür, dass sie mit
literarischen
Mitteln eine gewisse Distanz und Verfremdung herbeiführt. Wie
schwer Feinberg
das Verfassen des Buches fiel, deutet sie in einer dem Buch
vorangestellten
„Rückblende“ an: „So verstrichen Wochen, Monate. Das Material
stapelte sich auf
und neben dem Schreibtisch, auf den Regalen, sogar auf dem
Teppich. Ich habe
kein einziges Wort geschrieben.“ (S. 7) Auf derselben Seite
bemerkt sie auch,
dass sie „kein wissenschaftliches, kein historisches Buch
schreiben wollte“.
Nichtsdestotrotz verweisen das umfangreiche Literatur- und
Quellenverzeichnis und
ihre bereits zuvor veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel
über ihre
Familie auf eine akribische Recherchearbeit, die sich gleichsam
im Buch
wiederfindet.[4]
In Die Villa in Berlin beschreibt Feinberg eine Episode
der Berliner
Stadtgeschichte, die durch die Machtübertragung an die
Nationalsozialisten ein
gewaltvolles und tragisches Ende fand. Lange Zeit war die
Geschichte der
zionistischen Bewegung im Deutschland vor 1933 von der
notwendigen Aufarbeitung
des Nationalsozialismus und des Holocaust überdeckt. Aus
heutiger Sicht
erscheint es aber immer wichtiger, sich auch mit den
kulturpolitischen Ansätzen
des Zionismus in der Zeit der Weimarer Republik
auseinanderzusetzen. Dies führt
zu einem breiteren Verständnis für die Geschichte der
zionistischen Bewegung
vor dem Holocaust und zeigt einen wichtigen Aspekt der
deutsch-jüdischen
Verflechtungsgeschichte in den ersten Dekaden des 20.
Jahrhunderts – eine
umfangreiche Thematik, der sich in den letzten Jahren auch
andere Forscherinnen
und Forscher angenommen haben.[5] Das besondere Verdienst
dieses Buches ist
es jedoch, dass es die geschichtswissenschaftlichen Erkenntnisse
für ein
breiteres Lesepublikum aufbereitet. Somit ist sehr zu hoffen,
dass die
beeindruckende, hervorragend zu lesende Darstellung auch über
das
fachwissenschaftliche Publikum hinaus wahrgenommen wird und eine
große
Leserinnen- und Leserschaft findet.
Anmerkungen:
[1] Karl Schlögel, Berlin
Ostbahnhof Europas.
Russen und Deutsche in ihrem Jahrhundert, Berlin 1998; für die
jüdische
Migrationsbewegung aus dem östlichen Europa vgl. Anne-Christin
Saß, Berliner
Luftmenschen. Osteuropäisch-jüdische Migranten in der Weimarer
Republik,
Göttingen 2012.
[2] Michael Brenner, Jüdische
Sprachen und die
neuere deutsch-jüdische Geschichte, in: ders. (Hrsg.), Jüdische
Sprachen in
deutscher Umwelt. Hebräisch und Jiddisch von der Aufklärung bis
ins 20.
Jahrhundert, Göttingen 2002, S. 7–10, hier S. 7. Hervorhebung im
Original.
[3] Vgl. Anat Feinberg, „Wir
laden Sie höflich
ein“ – The Grüngard Salon and Jewish-Zionist Sociability in
Berlin in the
1920s, in: Gertrud Pickhan / Verena Dohrn (Hrsg.), Transit und
Transformation.
Osteuropäisch-jüdische Migranten in Berlin 1918–1939, Göttingen
2010, S.
234–253, hier S. 236.
[4] Vgl. neben Literaturhinweis
in Fußnote drei
auch Anat Feinberg, „The sky of Eretz Israel, my sky“. Berlin
and the Early
Yishuv as Reflected in the Letters of Feivel Shraga Grüngard,
in: Nathanael
Riemer (Hrsg.), Jewish Lifeworlds and Jewish Thought.
Festschrift presented to
Karl E. Grözinger on the Occasion of his 70th Birthday,
Wiesbaden 2012, S.
309–320.
[5] Für den deutschsprachigen
Raum ist
diesbezüglich besonders das Forschungsprojekt „Charlottengrad
und
Scheunenviertel. Osteuropäisch-jüdische Migranten im Berlin der
1920/30er
Jahre“ zu nennen. Hieraus hervorgegangene und für das Thema
relevante
Publikationen sind u.a.: Tamara Or, Heimat im Exil. Eine
hebräische Diasporakultur
in Berlin, 1897–1933, Göttingen 2020; Shachar Pinsker, Spaces of
Hebrew and
Yiddish Modernism – The Urban Cafés of Berlin, in: Gertrud
Pickhan / Verena
Dohrn (Hrsg.), Transit und Transformation.
Osteuropäisch-jüdische Migranten in
Berlin 1918–1939, Göttingen 2010, S. 56–76.
Zitation
Jakob Stürmann: Rezension zu: Feinberg, Anat: Die Villa in
Berlin. Eine
jüdische Familiengeschichte 1924–1934. Göttingen 2022 , ISBN 978-3-8353-5315-2,, In: H-Soz-Kult,
19.07.2023, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-131572>.
Date: 2023/07/19 16:12:38
From: Joerg Weinkauf via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Am 19.07.2023 um 09:12 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar:
Schlüssel zu alten und neuen Abkürzungen
Das Buch ist mit einer Lieferzeit von 1-2 Wochen bei Thalia zu bestellen, zumindest lt. Homepage. Gruß Jörg Weinkauf -- Diese E-Mail wurde von Avast-Antivirussoftware auf Viren geprüft. www.avast.com
Date: 2023/07/31 20:32:31
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
„Quo
vadis“-Buch: Der
Skandal der Skandale
Sonntag, 30. Juli 2023
von Christian Funck
Quelle:
https://www.wndn.de/quo-vadis-buch-der-skandal-der-skandale/
In dem Buch „Abtei Tholey – Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria
Grewenig schwere
Vorwürfe gegen die Tholeyer Klosterführung. Um einen sachlichen
und
konstruktiven Debattenbeitrag handelt es sich bei dem Buch leider
nicht. „Abtei
Tholey – Quo vadis?“ ist ein Pamphlet.
In seinem neuen Buch „Abtei Tholey – Quo vadis? Vision, Hoffnung,
Wirklichkeit“
hat der ehemalige Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger
Hütte, Meinrad
Maria Grewenig, schwere Vorwürfe gegen den Tholeyer Abt Mauritius
Choriol OSB
sowie Pater Wendelinus Naumann OSB erhoben.
Grewenigs Sprache ist dabei alles andere als zurückhaltend.
Indirekt bezeichnet
er P. Wendelinus und Abt Mauritius als scheinheilige „Feinde der
Kirche“, „die
die frohe Botschaft verdunkeln“ und die ein hartes Urteil
erwarteten (siehe
Innendeckel). Insbesondere in P. Wendelinus scheint Grewenig den
Satan zu
sehen: „Hat Satan sich in der Abtei breitgemacht? (…) Hat Gerhard
Richter womöglich
in seinen Fenstern Hinweise nicht nur auf Engel, sondern auch auf
den Teufel
gegeben?“ (S. 11). „Denn manche entdecken in seinen Chorfenstern
nicht nur Engel,
sondern auch Teufelsfratzen“ (S. 61). Grewenig bezeichnet P.
Wendelinus als den
„Totengräber eines der spannendsten Kulturprojekte des Saarlandes“
(S. 60).
Seine Aufgabe sieht Grewenig darin, „das Böse [P. Wendelinus?] zu
identifizieren und unschädlich zu machen“ (S. 61). P. Wendelinus
und Abt
Mauritius sollten „aus der Handlungslinie gebracht werden“ (S.
76).
„Norbert Lammers“ und der
„unbedeutendste Mönch“
Die konkrete Kritik ist dabei zum Teil kleinkariert. So kritisiert
Grewenig
beispielsweise, dass der ehemalige Bundestagspräsident Norbert
Lammert im
September 2022 bei seinem Besuch in der Abtei nicht von Abt
Mauritius, sondern
von P. Wendelinus, dem angeblich „unbedeutendsten“ Mönch der
Klostergemeinschaft, empfangen worden sei (S. 40). Dies könne man
„nur als
große Ignoranz oder den Ausbruch großer Eitelkeit eines Einzelnen
deuten“ und offenbare
die „eklatante Führungsschwäche des Klosteroberen“ (S. 40).
Andere Deutungsmöglichkeiten kommen für Grewenig nicht in
Betracht, sind
allerdings wesentlich naheliegender als „Ignoranz“ und „große
Eitelkeit“: So
ist P. Wendelinus beispielsweise schlicht eloquenter als der Abt,
dessen
Muttersprache französisch ist.
Besonders peinlich ist, dass Grewenig es dabei nicht einmal
schafft, den Namen
des hohen Gastes richtig zu benennen: Ein „Norbert Lammers“ (S.
39) ist nämlich
niemals Bundestagspräsident gewesen. Sich nicht einmal den Namen
einer Person
merken zu können, ist nun auch nicht gerade ein Ausweis von
Respekt. Als andere
Deutungsmöglichkeiten kämen freilich schlampiges Arbeiten und/oder
ein
schlechtes Lektorat in Betracht.
Verändern der Wahrheit?
Grewenig wirft P. Wendelinus und Abt Mauritius vor, es mit der
Wahrheit „nicht
so genau“ zu nehmen (S. 40). Peinlich ist dann aber, dass sich in
seinem Buch
selbst viele falsche Tatsachenbehauptungen finden. Die Liste der –
mal mehr,
mal weniger gravierenden – Falschbehauptungen und Fehler ist dabei
lang.
So behauptet Grewenig zum Beispiel, dass dem Konvent im Jahr 2008
nur noch
sechs Mitglieder angehört hätten (S. 82; tatsächlich waren es
allerdings etwa
13 Mönche). Auch nicht richtig ist beispielsweise die Behauptung,
dass die
Tagesschau die Fenster von Gerhard Richter „ausgiebig“ vorgestellt
hätte (S.
63). Die 20-Uhr-Tagesschau hatte zwar über die Tholeyer
Richter-Fenster
berichtet, allerdings mit einem 24-Sekunden-Beitrag. Unter
„ausgiebig“ dürfte man
wohl doch eher etwas anderes verstehen. Unzutreffend ist auch,
dass
„[g]anzseitige Medienberichte aller (…) internationalen Zeitungen
einschließlich der New York Times“ über das „Wunder von Tholey“
berichtet
hätten (S. 62 f.). Die New York Times war vielmehr – soweit
bekannt – die
einzige große internationale Zeitung, die mit einem großen Beitrag
über die Tholeyer
Richter-Fenster berichtet hatte.
Überhaupt neigt Grewenig zu Übertreibungen. Die Abtei Tholey habe
dank ihres
Schutzheiligen, des heiligen Mauritius, Teil am „Gründungsmythos
des Heiligen
Römischen Reiches“ (S. 34) und die Abtei stehe „für Sternstunden
des
christlichen Abendlandes, aber auch für die größten Katastrophen
der
Geschichte“ (S. 78 f.). Die Wiedereröffnung der Abteikirche im
September 2020
nennt er ein „mediales Weltereignis“ (S. 11). Diese Übertreibungen
benutzt Grewenig
wohl bewusst, um einen besonders deutlichen Kontrast zwischen den
Erwartungen
zur Zeit der Wiedereröffnung der Abteikirche im September 2020 und
der jetzigen
angeblichen Tristesse zu zeichnen.
Die Weihnachtspredigt von
Wittichenau
Auch bei der Schilderung der Geschehnisse um die Weihnachtspredigt
des im Juni
verstorbenen Tholeyer Paters Joachim Wernersbach OSB (den Grewenig
fälschlicherweise als „Pater Joachim Wernesbacher“ bezeichnet),
die Anfang
Januar bundesweit für mediales Aufsehen gesorgt hatte, nimmt
Grewenig es mit
den Fakten nicht so genau.
So behauptet er, die „Online-Umfrage“ sei „längst geschlossen“ und
das Video
der Weihnachtsmesse gelöscht gewesen, als die Abtei Tholey ihre
Presseerklärung
herausgegeben habe (S. 44). Die Presseerklärung, in der sich die
Abtei von P.
Joachims Weihnachtspredigt distanzierte, habe in Wirklichkeit als
„Ablenkungsmanöver“ von einem „mit harten Bandagen geführten
Machtkampf hinter
den Mauern der Abtei“ gedient (S. 45). Bei diesem Machtkampf sei
es um die
lebenslange Versorgung von P. Wendelinus im Kloster gegangen (S.
45). Es gebe
nämlich Gerüchte, dass die Wahl von P. Wendelinus in den Konvent
im Jahr 2019
unrechtmäßig erfolgt sei (S. 45). In der Folge hätten „Mönche und
Brüder (…)
das Kloster temporär verlassen“ (S. 45). P. Joachim war seit
Sommer 2021 im
Bistum Görlitz als Priester tätig gewesen. Bei einer Versammlung
der Mönche
(Generalkapitel-Sitzung) am 4. Januar 2023, an der auch P. Joachim
als Mitglied
des Tholeyer Konvents teilgenommen habe, sei es um die Frage
gegangen, ob P.
Wendelinus rechtsgültig in die Abtei aufgenommen worden sei (S.
46).
Tatsächlich hatte die Abtei die Presseerklärung am 3. Januar 2023
veröffentlicht
– an dem Tag, an dem die Kritik an der Predigt von überregionalen
Medien
aufgegriffen worden war. Offenbar erst seit dem Morgen des 4.
Januar 2023 – und
damit nach Veröffentlichung der Presseerklärung der Abtei – war
die Petition
online nicht mehr abrufbar. Das Youtube-Video der Weihnachtsmesse
von
Wittichenau war zum Zeitpunkt der Presseerklärung ebenfalls noch
abrufbar
gewesen. Grewenig stellt die Chronologie der Ereignisse somit
unzutreffend dar.
Dies tut er offensichtlich, um seine These plausibel erscheinen zu
lassen, die
Presseerklärung (in der man sich von P. Joachims Weihnachtspredigt
distanzierte) habe einzig und allein dazu gedient, einen Mitbruder
öffentlich
an den Pranger zu stellen (S. 74). Kritik an der Reaktion der
Abtei auf die
Weihnachtspredigt von Wittichenau ist zwar durchaus legitim.
Grewenig lässt
allerdings völlig außer Acht, dass die Abtei unter massivem
medialem und
zeitlichem Druck gestanden hatte. Grewenigs Behauptung, Ziel der
Abtei sei es
gewesen, „einen Medienskandal um jeden Preis zu erzielen“ (S. 45),
ist zudem
unzutreffend. Umgekehrt ging es der Abtei offensichtlich genau
darum, einen
aufkochenden Medienskandal zu verhindern.
Aufnahme von P. Wendelinus
unrechtmäßig?
Sicher ist, dass es bei der Wahl von P. Wendelinus in den Konvent
zu
irgendwelchen Unregelmäßigkeiten gekommen sein muss. Die Abtei
erklärte in
einer Pressemitteilung Ende Mai dieses Jahres, „Rom“ habe „nach
reiflicher
Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei
schuldhaftes
Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer
Konvent
vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das
überhaupt
notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert.“ Wäre bei der Aufnahme
von P.
Wendelinus in den Konvent alles „rund gelaufen“, hätte sich „Rom“
wohl kaum mit
der Angelegenheit befasst.
Welche Rolle die Generalkapitel-Sitzung für die Pressemitteilung
zur
Weihnachtspredigt von Wittichenau gespielt haben soll, erschließt
sich
allerdings nicht. In dieser Sitzung war P. Joachim weiter
stimmberechtigt und
es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern durch die
Pressemitteilung das
Wahlverhalten der Mönche im Konvent beeinflusst worden sein soll,
wie Grewenig
behauptet (S. 46). Fraglich ist auch, welche Mönche Grewenig
meint, wenn er
behauptet, dass „Mönche und Brüder“ das Kloster auf Grund
„spürbarer
Verwerfungen“ temporär verlassen hätten (S. 45). Außer P. Joachim
kommt hierfür
niemand in Betracht.
Geschönte Besucherzahlen?
Grewenig behauptet außerdem, P. Wendelinus habe die Besucherzahlen
für 2022
geschönt, um trotz der angeblichen „Misere“ Erfolge zu verkünden
(S. 42).
Gegenüber dem Saarländischen Rundfunk habe er von 80.000 bis
85.000 Besuchern
der Abteikirche gesprochen, während die Zählung der Gemeinde
Tholey im
Besucherzentrum nur etwa halb so viele Besucher ergeben hätte (S.
45). Warum
die Besucherzahlen im Besucherzentrum den von P. Wendelinus
verkündeten
Kirchenbesucherzahlen widersprechen sollen, bleibt allerdings
rätselhaft. Zum
einen handelt es sich bei beiden Zahlen um Schätzungen und zum
anderen ist
natürlich davon auszugehen, dass deutlich mehr Menschen die Kirche
als
lediglich das Besucherzentrum aufgesucht haben.
Apropos geschönte Zahlen: In einem Werbeflugblatt zu seinem „Quo
vadis“-Buch
behauptet Grewenig, 6,5 Millionen (!) Leser hätten „bisher im
Bereich der
Saarbrücker Zeitung, des Trierischen Volksfreundes und des Pfälzer
Merkurs die
Berichterstattung“ über sein Buch gelesen. Hierzu ist anzumerken,
dass die
Gesamtauflage der genannten Zeitungen nur 157.061 beträgt, die
Reichweite
lediglich bei etwa 750.000 liegt und dass sich das Online-Angebot
dieser
Zeitungen jeweils hinter einer Bezahlschranke versteckt. Die
behauptete Anzahl
von 6,5 Millionen Lesern dürfte zudem die Einwohnerzahl im
Einzugsbereich der
genannten Zeitungen etwa um das Drei- bis Vierfache übersteigen.
Dass daher
tatsächlich 6,5 Millionen Menschen die Berichterstattung der
Saarbrücker
Zeitungsgruppe über „Abtei Tholey – Quo vadis“ gelesen haben,
dürfte daher
äußerst fragwürdig und zudem weit unwahrscheinlicher sein, als das
80.000
Leutchen im gesamten Jahr 2022 die Abtei Tholey besucht haben.
Der Streit um das
Nordportal
Grewenig attackiert P. Wendelinus auch für seine Rolle im
„Tholeyer
Denkmalstreit“ (S. 70). Im Jahr 2019 hatte die Abtei ohne
Genehmigung des
Landesdenkmalamts die gestuften Spitzbögen (die Archivolten) des
frühgotischen
Nordportals entfernen lassen – angeblich, um einen Doppel-T-Träger
zur
Stabilisierung der Wand einzusetzen. Bereits laut einem Gutachten
des Instituts
für Steinkonservierung aus dem Jahr 2007 galt das Portal als
„stark in seinem Bestand
gefährdet.“
Das Landesdenkmalamt forderte daraufhin den Wiedereinbau der
ausgebauten Teile.
Das Denkmal habe das Recht, „die Spuren der Zeit vorzuzeigen“.
Dass ein Relief
an Lesbarkeit verliere, müsse möglich sein. Die Abtei strebte
hingegen eine
Rekonstruktion des infolge der Französischen Revolution sowie
durch Wind und
Wetter erheblich in Mitleidenschaft gezogenen Portals an. So
sollte die
religiöse Botschaft des stark verwitterten Portals wieder deutlich
werden. Im
Feld über der Tür, dem sogenannte Tympanon, befindet sich eine
Darstellung von
Jesus Christus, der im Moment seiner Auferstehung von den Toten
aus dem Grab
steigt. Die einst zum Segensgruß erhobene Hand ist jedoch nicht
mehr vorhanden.
Die Darstellungen in Tympanon und Archivolten waren bzw. sind
teilweise bis zur
Unkenntlichkeit verwittert.
Das Landesdenkmalamt erkannte die geltend gemachten religiösen
Belange jedoch
nicht an, weshalb nach § 30 Absatz 1 Satz 2 des Saarländischen
Denkmalschutzgesetzes die zuständige kirchliche Oberbehörde – wohl
die
entsprechende Behörde des Vatikans oder der Nuntius als Vertreter
des Papstes
in Deutschland – „im Benehmen mit der Obersten Denkmalbehörde“
(dem
Kultusministerium) zu entscheiden hat.
Im vergangenen Jahr lenkte die Abtei jedoch überraschender Weise
ein und rückte
von ihrem Vorhaben des Einbaus einer Rekonstruktion ab. Hierbei
kam es wohl zum
Bruch der Abtei mit der Unternehmerfamilie Meiser, die die
Sanierung der Abtei
mit ihren Geldern möglich gemacht hatte. Ob der Wiedereinbau der
entfernten
Teile überhaupt bewerkstelligt werden kann, ist aber immer noch
offen. Die
Sanierung des Nordportals ist bis heute unvollendet.
Die Kritik an dem eigenmächtigen Handeln der Abtei ist sicherlich
berechtigt.
Ob man hierfür allerdings P. Wendelinus – der „von der Abtei mit
der Begleitung
des Sanierungsvorhabens auf Bauherrnseite betraut worden“ war (S.
70) – alleine
den „Schwarzen Peter“ zuschieben kann, ist allerdings fraglich. So
wurden die
ausgebauten Steine beispielsweise wohl in einer Halle der
Unternehmerfamilie
Meiser – dem Hauptgeldgeber der Sanierung und Finanzier des noch
nicht
eingebauten, aber bereits geschaffen neuen Portals – gelagert.
Dass die
Entscheidung zum Ausbau der Archivolten allein auf P. Wendelinus
zurückging,
ist daher eher unwahrscheinlich. Firmen-Patriarch Edmund Meiser
griff das
Landesdenkmalamt im September 2020 zudem scharf als
„Verhinderungsamt“ an. Das
Verhalten des Denkmalamts sei „[w]irklich ärgerlich“. Es habe „das
Ziel völlig
aus den Augen verloren“, keinerlei konstruktive Vorschläge gemacht
und versuche
„fast schon mit allen Mitteln den Einbau des neuen Portals zu
verhindern“.
Das Wunder der
Richter-Fenster
Weiterhin kritisiert Grewenig, dass P. Wendelinus und Abt
Mauritius sich
angeblich das „Wunder der Chorfenster von Gerhard Richter“ „auf
ihre Fahne
schreiben“ würden, „um ihr Renommee zu vergrößern“ (S. 74). Als
Beleg hierfür
führt Grewenig einzig und allein einen in der FAZ erschienenen
Beitrag aus dem
September 2022 an. Dieser wurde allerdings nicht von P. Wendelinus
oder Abt
Mauritius, sondern von einer FAZ-Redakteurin verfasst. Er handelt
in erster
Linie von der Vaterunser-Übersetzung des Alt-Bundestagspräsidenten
Norbert
Lammert, in den ersten beiden – schlecht recherchierten –
einleitenden Absätzen
geht es um das Wunder der Richter-Fenster. Allein hieraus
abzuleiten, die
Abteiführung wolle die Rolle von Bernhard Leonardy, dem Kantor der
Saarbrücker
Basilika St. Johann, verschweigen, um das eigene Renommee zu
vergrößern,
erscheint äußerst fragwürdig.
Denn unter anderem auf der Pressekonferenz der Abtei, auf der die
Entwürfe der
Richter-Fenster im September 2019 vorgestellt worden waren, hatte
Bernhard
Leonardy ausführlich davon berichtet, wie er den Kontakt zu
Richter hergestellt
hatte, und wie es ihm gelang, Richter von dem Projekt zu
überzeugen. Auch P.
Wendelinus hatte zudem gegenüber wndn.de auf Bernhard Leonardys
besondere Rolle
im Rahmen der Kontaktaufnahme zu Gerhard Richter hingewiesen.
Konkrete Anhaltspunkte
dafür, dass Leonardys Vermittlungsversuche von der Abteiführung
heute
verschwiegen werden, gibt es nicht und werden von Grewenig auch
nicht benannt.
Des Weiteren behauptet Grewenig, „die wichtigste Existenzgrundlage
nach dem
Beinahe-Exitus des Klosters 2008“ werde „systematisch
verschwiegen“ (S. 74).
Rund 15 Millionen Euro hatte die Unternehmerfamilie Meiser wohl
zur Sanierung
der Abtei beigesteuert (S. 57). Den Vorwurf des systematischen
Verschweigens
stützt Grewenig lediglich auf einen Artikel: den bereits
genannten, aus fremder
Feder stammenden FAZ-Beitrag. Dass die umfangreiche Sanierung der
Abtei ohne
die Unterstützung der Familie Meiser nicht möglich gewesen wäre,
ist allerdings
allgemein bekannt und wird keineswegs „systematisch verschwiegen“.
Im Rahmen
der Wiedereröffnung der Abteikirche hatte Abt Mauritius der
Familie Meiser
beispielsweise öffentlich für deren Unterstützung gedankt.
Innerhalb der
Abteikirche befindet sich zudem sogar eine Gedenkplakette, die an
die
Unterstützung der Familie Meiser erinnert.
Berechtigte Kritikpunkte
Grewenig spricht in seinem Buch aber durchaus auch berechtigte
Kritikpunkte an:
So ist auch knapp drei Jahre nach Einweihung der Richter-Fenster
noch kein
Kunstführer über die Abteikirche oder die Fenster von Gerhard
Richter oder
Mahbuba Maqsoodi erhältlich (S. 8 f.), Postkarten von den
Richter-Fenstern gibt
es auch seit langem nicht mehr zu kaufen (S. 42), Internet- und
Social
Media-Auftritt sind nahezu inaktiv (S. 41) und die Renovierung des
Nordportals
ist immer noch nicht abgeschlossen (S. 56). Daher ist es legitim
zu fragen, ob
die Abtei ihre wirtschaftlichen und touristischen Potentiale nutzt
oder durch
unprofessionelles Handeln ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage
verspielt (S.
81).
Zudem lässt die seit 2009 angestrebte Errichtung eines geistigen
Zentrums (S.
59) weiter auf sich warten. Äußerst bedauerlich ist überdies, dass
es zwischen
der Familie Meiser und der Abtei zum Bruch gekommen ist (S. 76).
Die konkreten
Hintergründe kann Grewenig mit seinem Buch allerdings auch nicht
erhellen.
Polemische Abrechnung
In „Abtei Tholey – Quo vadis?“ beschränkt Grewenig sich allerdings
nicht auf
den Vortrag sachlicher Kritik, sondern greift P. Wendelinus und
Abt Mauritius
persönlich an. Die Kritik ist dabei sehr einseitig und – wie
gezeigt wurde – in
großen Teilen auch unsachlich und polemisch. „Abtei Tholey – Quo
vadis?“ wirkt
daher wie eine private Abrechnung wegen persönlicher Eitelkeit.
Dieser Eindruck
verstärkt sich, wenn man Grewenigs Werbeflugblatt liest. Dort
zitiert Grewenig
den Neunkircher Rechtsanwalt Dr. Christian Halm mit der Forderung
an Diözesanbischof,
benachbarte Äbte und Laien, „gegen diesen [als unwürdig erwiesenen
Abt Mauritius]
vorzugehen“. Halm war von 2001 bis 2012 Vorsitzender des
Fördervereins der
Abtei Tholey gewesen und von Johannes Naumann (heute bekannt als
P. Wendelinus)
aus dem Amt „gedrängt“ worden.
SZ-Redakteurin Cathrin Elss-Sehringhaus mutmaßt zudem, dass
Grewenig womöglich
„in einer Stellvertreter-Rolle“ für die „enttäuschte
Spenderfamilie oder den
abservierten Geschäftsführer“ agiere. Dr. Thorsten Klein, seit
Mitte 2020
Geschäftsführer der neu gegründeten, der touristischen und
kommerziellen
Erschließung der Abtei dienenden „St. Mauritius Tholey GmbH“,
hatte seinen
Posten bereits Ende des Jahres 2020 wieder räumen müssen und war
von P.
Wendelinus als Geschäftsführer ersetzt worden. Die damalige
Erklärung der
Abtei, die Abberufung sei einvernehmlich und „planmäßig“ erfolgt,
war dabei
wenig überzeugend. Grewenig mutmaßt, die Funktion habe P.
Wendelinus
offensichtlich „aus reinem Eigennutzen und persönlicher Eitelkeit“
gereizt (S.
41). Es ist allerdings nicht ersichtlich, welchen finanziellen
oder sonstigen
„Eigennutzen“ P. Wendelinus aus dieser Position ziehen sollte.
Grewenig
behauptet, seitdem bezeichne P. Wendelinus sich gerne als
„Sprecher der Abtei“
(S. 41). Als solcher wurde er in Medien allerdings nachweislich
auch schon
zuvor bezeichnet. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass entweder
Unstimmigkeiten oder Finanzierungsfragen zu Kleins Demission
geführt haben:
Denn ohne Gesellschafterzuschuss war Kleins Geschäftsführer-Gehalt
wohl nicht
zu bezahlen.
Ob Grewenig tatsächlich in einer „Stellvertreter-Rolle“ agiert,
bleibt
Spekulation. Grewenig ist mit dem Ehepaar Edmund und Ursula Meiser
zwar wohl
bekannt: Er und Ursula Meiser sind Mitglieder der Komturei
Speyer/Kaiserslautern des Ritterordens vom Heiligen Grab zu
Jerusalem.
Letztendlich ist aber offen, was genau Grewenig zu seiner
polemischen
Abrechnung mit P. Wendelinus und Abt Mauritius geritten hat.
Missbrauch des Namens der
Abtei?
Unverständlich ist auch, dass Grewenig fordert, P. Wendelinus und
Abt Mauritius
„aus der Handlungslinie“ zu bringen (S. 76). Im Konvent befindet
sich derzeit
nämlich niemand, der P. Wendelinus und Abt Mauritius mit deren
Qualitäten und
Eigenschaften als Führungspersönlichkeiten ersetzen könnte. Zum
„Wohle der
Abtei Tholey“, wie Cathrin Elss-Sehringhaus meint, handelt
Grewenig daher
sicherlich nicht. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die
reißerische
Bewerbung seines Buches auf BILD-Niveau („Lüge“, „Sabotage“,
„Heuchelei“,
„Intrigen“) in der Saarbrücker Zeitung „im Tandem“ mit Cathrin
Elss-Sehringhaus. Soweit ersichtlich hat bis heute auch kein
anderes Medium als
die Saarbrücker Zeitungsgruppe über Grewenigs Buch berichtet –
über ein Buch,
für das sich angeblich allein 6,5 Millionen Leser der Saarbrücker
Zeitungsgruppe interessieren.
Unredlich ist zudem, dass Grewenig zum Vertrieb seines Buches die
Internet-Adresse (Domain) „abtei-tholey.saarland“ und damit den
Namen der Abtei
Tholey benutzt. Dadurch wird nämlich der Eindruck erweckt, dass
die Abtei
selbst das „Quo vadis“-Buch vertreibt oder zumindest dem Gebrauch
ihres Namens
zugestimmt hat. Auf Grund einer bestehenden Verwechselungsgefahr
kommt eine
sogenannte Namensanmaßung in Betracht. Da auch nicht von einer
Zustimmung der
Abtei auszugehen ist, dürfte die Abtei Tholey gegen Grewenig einen
zivilrechtlichen
Anspruch auf Löschung der Domain „abtei-tholey.saarland“ haben.