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2023/04/28 08:43:27 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Ein Beispiel für ein Wortspie l, das niemand braucht. |
Datum | 2023/04/28 09:38:34 tomstoermer Re: [Regionalforum-Saar] Artikel " Schul-Amoklauf in Saar brücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolv er" und Ergänzung |
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2023/04/28 09:50:22 Stefan Reuter via Regionalforum-Saar Re: [Regionalforum-Saar] Artikel " Schul-Amoklauf in Saar brücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolver" und Ergänzung |
Betreff | 2023/04/28 09:38:34 tomstoermer Re: [Regionalforum-Saar] Artikel " Schul-Amoklauf in Saar brücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolv er" und Ergänzung |
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2023/04/28 08:43:27 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Ein Beispiel für ein Wortspie l, das niemand braucht. |
Autor | 2023/04/28 15:40:59 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Die Anfänge der gotischen Arc hitektur |
Date: 2023/04/28 09:24:26
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Saarbrücker Zeitung, B4, 22.-23. April 2023
Schul-Amoklauf in Saarbrücken – nach dem 6. Schuss versagte der
Revolver
„Tatort Saarland“ Schul-Amoklauf in Saarbrücken – er schoss sechs
Mal und
setzte sich dann neben sein blutendes Opfer
Saarbrücken · Vor gut 150 Jahren wurde Saarbrücken zum Schauplatz
einer
grausamen Bluttat, dem ersten Amoklauf an einer Schule. Es ist der
erste
dokumentierte Fall der Welt. Gymnasiast und Mobbingopfer Julius
Becker wollte
Rache und nahm einen Revolver mit in den Unterricht.
Von Florian
Rech
Julius Becker lädt seinen Revolver in der Mittagspause:
Schießpulver, Papier,
Bleigeschoss, dann die Zündhütchen. Es soll kein normaler Schultag
werden für
den 18-jährigen Saarbrücker. Er will Rache üben an seinem
Banknachbarn Gustav
Eybisch. Rache für Schmähungen, Spottgedichte, für eine
scheußliche
Kreidezeichnung an einer Wand des Saarbrücker Gymnasiums.
Nach dem sechsten Schuss versagte der Revolver
In der Pause nach der ersten Stunde des Nachmittagsunterrichts
erhebt sich
Julius Becker wortlos von seinem Platz in der hinteren Bankreihe.
Er nimmt
seine Waffe und zielt auf den Kopf des neben ihm sitzenden Gustav
Eybisch.
Sechs Mal zieht er den Abzug durch. Eybisch bricht zusammen. Zwei
Kugeln
treffen den in der ersten Reihe sitzenden Primaner Adolph Brandt.
Beim letzten
Schuss versagt der Revolver . Panik macht sich breit, der Rest der
Klasse
flüchtet zur Tür. Becker setzt sich neben den blutenden Eybisch
und sagt:
"Geht und ruft die Polizei!"
Vor 144 Jahren, lange vor den schrecklichen Ereignissen von
Littelton,
Winnenden und Erfurt, war Saarbrücken der Schauplatz einer
grausamen Bluttat an
einer Schule. Am 25. Mai 1871 schoss der Gymnasiast Julius Becker
auf zwei
seiner Mitschüler. Beide Opfer überlebten die Schüsse trotz
schwerster
Kopfverletzungen.
Die Tat im damals einzigen Gymnasium im Saarland, dem heutigen
Ludwigsgymnasium, sorgte überregional für Schlagzeilen. Peter
Wettmann-Jungblut, Historiker und Archivar des Saarländischen
Landesarchivs,
hat über den Fall geforscht. „Die Aktenlage zu Julius Becker ist
dürftig. Die
Prozessakten sind alle am Ende des Zweiten Weltkrieges verbrannt“,
sagt
Wettmann-Jungblut.
Jahresberichte der Schule und die Prozessberichte aus alten
Zeitungen sind
seine wichtigsten Quellen. Sie geben Auskunft über das Vorleben
des späteren
Schützen. Laut Wettmann-Jungblut kämpfte dieser vergebens um die
Anerkennung
seiner Lehrer und Mitschüler. Der Historiker beschreibt ihn als
„Einzelgänger
mit einer unübersehbaren narzisstischen Persönlichkeitsstörung“.
Mit seinen Mitschülern am Gymnasium, das damals in der heutigen
Friedenskirche
in der Wilhelm-Heinrich-Straße untergebracht war, kam der
Sonderling Becker
nicht gut klar. Offenbar war er oft dem Spott seiner
Klassenkameraden
ausgesetzt - ein Mobbingopfer, das höchstwahrscheinlich auch gern
selbst auf
Konfrontationskurs ging. Mit seinem späteren Opfer Gustav Eybisch
soll sich
Becker öfter geschlagen haben. Bei einem Saarbrücker Büchsenmacher
besorgte
sich Becker zwei Wochen vor der Tat einen Revolver samt Munition,
damals selbst
für einen Minderjährigen kein Problem. Laut Historiker
Wettmann-Jungblut wurden
hierzulande erst 1922 erste Gesetze erlassen, die den Besitz und
das Führen von
Schusswaffen regelten.
Beckers Ziel war der „verfeindete“ Eybisch
Nach dem Amoklauf ließ sich Becker widerstandslos verhaften. In
seinen Taschen
fand die Polizei einen Dolch und zwei an Eybisch gerichtete
Zettel.
„Scheinheiliger Schuft! Verleumder! Alles vergeblich! Wir stehen
am Ende!“,
stand darauf. Bei Vernehmungen gab Becker an, er habe den ihm
„verfeindeten“
Eybisch, nicht aber Adolph Brandt erschießen wollen.
Am 15. November 1871 wurde Julius Becker darauf in Saarbrücken der
Prozess
gemacht. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen versuchten Mordes
an Eybisch
und des versuchten Totschlags an Brandt an. Julius Becker
widerrief vor dem
Geschworenengericht sein Geständnis. Sein Verteidiger, der
Saarbrücker Anwalt
und Politiker Heinrich Boltz, plädierte auf vorübergehende
Unzurechnungsfähigkeit. Mehrere Gutachter und Zeugen sagten für
und gegen den
jugendlichen Täter aus. Lehrer wollten an ihm „närrisches
Verhalten“ und eine
„Art der Sinnesverwirrung“ beobachtet haben. Mitschüler schätzten
Becker vor
Gericht zwar als "Sonderling" ein, hatten aber nie eine
Geistesstörung bei ihm bemerkt. Für Schuldirektor Hollenberg war
sein Motiv
eine klare Sache: „Abgrundtiefer Hass gegen Eybisch.“
Julius Becker verließ den Gerichtssaal als freier Mann. Das
Gymnasium besuchte
er nicht weiter. 1876 wurde er in die damals noch neue Rheinische
Provinzial
Irrenanstalt Merzig eingeliefert. Aufenthalte in Anstalten in
Pforzheim,
Bendorf, Pützchen und Andernach folgten. Nach 1905 verliert sich
Beckers Spur.
Wann und wo er starb, weiß auch der Historiker Peter
Wettmann-Jungbluth nicht.
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Die gleiche Sache - nur in größerem Rahmen - hat 2016 die
Medizinhistorikerin Dr.
Madlen Sell untersucht und daraus ihre Doktorarbeit verfaßt. Ich
lernte sie
damals im Landesarchiv kennen und konnte ihr durch Transkriptionen
etlicher
medizinischer Texte behilflich sein.
Ihre Arbeit wurde wie folgt veröffentlicht:
Anatomie des Amoklaufs
Malaiischer Mengamok und School Shooting
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-658-33103-0
Verlag: Springer
Das Buch kann man für 43 Euro kaufen oder sich auf dieser Website
online
anschauen:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-33104-7
Ab Seite 121-143 beschreibt sie darin die Ereignisse von
Saarbrücken und was
danach mit Becker bis zu seinem Tode am 1. April 1912
in Saffig
im Alter von 59 Jahren
geschehen ist.
Roland Geiger