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2017/12/29 22:22:40
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Nickel Riehm, Eremit aus St. Wendel
Datum

2017/12/10 18:45:01
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Ein Brief aus Amerika
Betreff 2017/12/11 10:03:28
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Frauen fordern!
2017/12/29 22:22:40
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Nickel Riehm, Eremit aus St. Wendel
Autor 2017/12/01 18:25:33
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Handgebrauch. Geschichten von de r Hand aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit

[Regionalforum-Saar] Ein Spitzelbericht

Date: 2017/12/29 22:24:18
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

aus den Frankfurter Heften von 1948

Ein Spitzelbericht

von Franz Huber

 

1819 hatte die preußische Regierung gegen den Verfasser der Flugschrift „Teutschland und die Revolution", den Publizisten und Professor Josef Görres, einen Haftbefehl erlassen. Der Betroffene flüchtete nach dem französischen Straßburg, wo sich schon Börne, der Burschenschafter Steingaß und andere „Demagogen" aufhielten. Der badische Minister von Berstett und der badische Bundesbevollmächtigte von Berkheim, der in Straßburg Besitztum hatte, berichteten dem Herrn und Meister Metternich in Wien getreulich, aber nicht eben sehr geschickt, über das, was sie über die gefährlichen Leute in Erfahrung brachten, und in Kehl lauerten die Polizisten, ob Görres herüberkäme, um den guten „Affentaler" aus der Brühler Gegend als Ersatz für seinen geliebten Rheinwein zu verkosten. Metternich hatte aber auch einen eigenen Beobachter nach Straßburg geschickt, der seine Sache besser verstand, den Juristen Dominik Rother. Er wußte sich anzuschmiegen und das, was er durch vertrauten Verkehr erfahren hatte, mit Genauigkeit und Urteil zu berichten.

 

Rother verstand es, bei Görres Eingang zu finden, sogar bei Görres zu wohnen. Er schrieb ihm die Bücher ab, die Görres sich in der Bibliothek zu seinen volkskundlichen Studien holte, unterhielt sich mit ihm und hörte auch, was die Freunde und Besucher mit ihm besprachen.

 

Als Görres seinen Straßburger Aufenthalt beendigte, um in die Schweiz zu gehen, begleiteten ihn Rother und der Student Steingaß, der später der Schwiegersohn von Görres wurde, ein Stück des Weges. Auf der Wanderung zum Odilienberg erzählte Görres den beiden Weggenossen von den Sagen und Gebräuchen der Gegend, auch von der Geschichte des Landes, und zeichnete vieles, wie der Polizist berichtet, „mit Fleiß und Genauigkeit" ab.

 

Rother schließt seinen Bericht: „Ich werde nie die Gesinnungen und Ansichten des Görres als Staatsbürger, noch viel weniger seine vorlauten sträflichen Äußerungen billigen, aber als Mensch muß ich den vortrefflichen Eigenschaften seines Herzens, seiner Gemütsart und Seelengüte und seinem hellen Verstande Gerechtigkeit widerfahren lassen. Sein Exterieur, besonders seine Gesichtszüge, sind beim Zusammentreffen eher zurückstoßend als anziehend; aber jeder, der Gelegenheit hat, mit ihm umzugehen und ihn genau kennenzulernen, wird von seinen geselligen Tugenden, der Reinheit seiner Sitten und von seinen Kenntnissen bezaubert und genötigt, ihm seine Achtung zu bezeugen."

 

Ob unter den Protokollen der Gestapo und anderer politischer Polizeien auch solche Berichte zu finden wären? Wir wollen zufrieden sein, wenn solche Zeugen-Gesinnung wenigstens im Belastungsmaterial der Spruchkammern wirksam wird — da, wo sie echt ist und recht hat.