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2015/11/25 09:56:39
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Veröffentlichung des Familien buchs Güdesweiler
Datum 2015/11/30 13:44:55
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Hirten, Bauern, Götter. Eine Geschichte der römischen Landwirtschaft.
2015/11/01 18:07:35
Rolgeiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Klassiker im Degener-Verlag erschienen
Betreff 2015/11/16 22:28:58
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Römerstädte am Rhein - S trategien archäologischer Erzählung
2015/11/25 09:56:39
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Veröffentlichung des Familien buchs Güdesweiler
Autor 2015/11/30 13:44:55
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Hirten, Bauern, Götter. Eine Geschichte der römischen Landwirtschaft.

[Regionalforum-Saar] Ruhe und Frieden

Date: 2015/11/30 13:41:53
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

Vollert, Michael P.: Für Ruhe und Ordnung. Einsätze des Militärs im
Inneren (1820-1918). Preußen - Westfalen - Rheinprovinz. Bonn: Verlag
J.H.W. Dietz Nachf. 2014. ISBN 978-3-80120-449-5; 222 S.; EUR 18,00.

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Michael Epkenhans, Universität Hamburg/Universität Potsdam, Zentrum für
Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam
E-Mail: kaum noch zu überschauen. Vergleichsweise wenig wissen wir hingegen über
die Rolle des Militärs im Innern. Sicher, das Thema "Militarismus" fehlt
in kaum einer Darstellung des Kaiserreichs. Auch dass Militär bei
Streiks oder bei der Niederschlagung der Revolution 1848/49 eingesetzt
wurde, ist weitgehend bekannt. Detaillierte Forschungen über diese
Funktion des Militärs fehlen jedoch.

Diese Lücke füllt die Studie von Michael P. Vollert. In seinen
einführenden Kapiteln beschreibt er zunächst die rechtlichen Grundlagen
des Einsatzes von Soldaten im Innern. Zu Recht weist er dabei auf die
besondere Bedeutung der monarchischen Kommandogewalt hin. Dabei handelte
es sich um jenes Recht der alleinigen Verfügung des Monarchen über das
Militär, das Bismarck im Verfassungskonflikt im Zusammenspiel mit dem
preußischen König und der militärischen Führung so zäh verteidigte und
das bis 1918 der wichtigste Hebel beim Einsatz von Soldaten war. Weder
Kanzler noch Parlament konnten hierauf Einfluss nehmen. Latent verbunden
damit war die Drohung mit dem Staatsstreich, auch wenn alle Monarchen
wie auch die Reichsleitung davor in letzter Konsequenz zurückschreckten.
Auf ihre Truppen hätten sie sich dabei auch verlassen können. Diese
wurden zwar nicht konkret zur Aufstandsbekämpfung vorbereitet. Der
langjährige, zumeist dreijährige Drill sollte aber dafür sorgen, dass
die Zuverlässigkeit der Armee nicht infrage stand. Von Ausnahmen 1848/49
abgesehen, war diese gewährleistet. Erst am Ende des Ersten Weltkrieges,
als das Versagen der alten Ordnung unübersehbar war, sollte diese
massenhaft meutern und damit schließlich das gesamte System zum Einsturz
bringen. Es ist schade, dass der Verfasser den Problemkomplex
"Rechtliche Grundlagen und militärische Vorschriften" am Ende seines
Buches noch einmal aufgreift, anstatt das zu Beginn und später Gesagte
gleich miteinander zu verknüpfen. Er hätte es dem Leser damit einfacher
gemacht, das Gewirr von Verfassungsbestimmungen, Vorschriften über den
Belagerungszustand und Erlassen zu durchschauen.

Im zweiten Teil, der viel Neues enthält, behandelt der Verfasser
systematisch verschiedene Einsätze des Militärs. Zu Recht verweist er in
den Kapiteln drei bis acht dabei auf die unterschiedlichen Anlässe bei
dessen Einsatz. Neben Einsätzen gegen "Umstürzler" verschiedener Coleur
wurden Soldaten stets auch gegen Streikende, revoltierende Hungernde
oder nationale Minderheiten eingesetzt. Es ist einerseits schon spannend
zu lesen, dass nicht allein Liberale und umstürzlerische Sozialisten
Opfer militärischer Gewaltanwendung waren, sondern, wie in Köln und
Münster während des Mischehenstreits in den 1830er-/1840er-Jahren, auch
Katholiken. Ergänzend hinzukommen Einsätze beim Staatsstreich wie in
Preußen 1848, als General v. Wrangel die Abgeordneten der Preußischen
Nationalversammlung auseinanderjagte. Aber auch die latente Drohung mit
dem Staatsstreich reichte bis in die Endzeit des Kaiserreichs, um den
Reichstag vor zu forschen Forderungen zurückschrecken zu lassen.
Gleichwohl: die Forderung des Kanzlers im Sommer 1914, auf die seitens
der Generalkommandos vorgesehene Verhaftung der Reichstagsabgeordneten
der SPD zu verzichten, um die Arbeiter im bevorstehenden Krieg bei der
"Stange" zu halten, zeigt auch, dass sich zumindest die Politik darüber
im Klaren war, dass derartige Maßnahmen gewaltig nach hinten losgehen
konnten. Hier zeigte sich jedoch, wie sehr außenpolitische Konfliktlagen
zu anderen Ergebnissen führen konnten. Noch im Jahr zuvor, während der
"Zabern"-Krise, hatte der Kanzler dem Militär, dessen Fehlverhalten
unübersehbar war, uneingeschränkt den Rücken gestärkt. Dass ein
überwältigendes Misstrauensvotum des Reichstages keinen Einfluss auf die
Rolle des Militärs hatte, wirft ein Schlaglicht auf die Verteilung der
Gewichte im Innern.

Ob die Reichsleitung sich im Sommer 1914 auf das Militär hätte verlassen
können, ist eine offene Frage. Anders als 1848/49, als allerdings nur
ein kleiner Teil sich als unzuverlässig erwies, war dies am Ende des
Krieges 1918 nicht mehr der Fall. Massenhaft verbrüderten sich nun
revoltierende Matrosen und Soldaten mit streikenden Arbeitern. Innerhalb
weniger Tage brach die überkommene Ordnung daher zusammen. Anders als
bei vorangegangenen Konflikten waren sie nicht bereit, rücksichtslos in
die Menge zu schießen.

Vollert beschreibt diese Zusammenhänge prägnant. Neben manch Bekanntem
verweist er auch auf zahlreiche unbekannte Ereignisse. Vor allem aber
macht er deutlich, dass es immer wieder zahlreiche Tote und Verwundete
beim Einsatz des Militärs im Innern gegeben hat. Dass dies der Fall war,
lag nicht zuletzt daran, dass es im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert
überall im Reich an Polizei fehlte. Das Militär war insofern auch immer
der letzte Ausweg. Wirklich glücklich war mancher Kommandeur darüber
nicht, wie Vollerts Studie deutlich macht.

Zum Schluss, gleichsam um die weitere Entwicklung nachzuzeichnen,
behandelt der Autor noch einmal die Rolle des Militärs am 20. Juli 1944
bzw. die mögliche Rolle der Bundeswehr auf der Grundlage der
Notstandsgesetzgebung. Während die Verschwörer 1944 in Anlehnung an die
Regeln vor 1918 handeln wollten, war es gerade das Ziel der
Notstandsgesetzgebung 1968, für den Einsatz von Militär endlich
verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Trotz massiver
Proteste sind diese dann Gesetz geworden. Gleichwohl zeigen die Debatten
seit 9/11, dass es weiterhin Fragen wie beispielsweise die nach dem
Abschuss von Passagiermaschinen bei einer möglichen terroristischen
Bedrohung gibt, die regelungsbedürftig sind. Dass diese Debatten im
Übrigen nicht auf Deutschland beschränkt sind, zeigt der Epilog, der
unter anderem auf den Einsatz von Militär in der Schweiz oder auch in
den USA hinweist.

Alles in Allem ist dieses schmale Bändchen lesenswert, auch wenn mancher
Aspekt sicherlich tiefergehend behandelt werden müsste, um das Problem
in seiner ganzen Dimension und Dynamik zu erfassen.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Daniel Menning
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2015-4-148>

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