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2015/08/12 08:53:55 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Wie uns die Perseiden beim Sparen helfen. |
Datum | 2015/08/21 06:54:24 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] 30 Jahre Heimat- und Kulturverein |
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2015/08/03 08:09:01 Hans-Joachim Hoffmann [Regionalforum-Saar] Führung Jüdischer Friedh of Ottweiler |
Betreff | 2015/08/21 06:56:59 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] hildegard von bingen |
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2015/08/12 08:53:55 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Wie uns die Perseiden beim Sparen helfen. |
Autor | 2015/08/21 06:54:24 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] 30 Jahre Heimat- und Kulturverein |
Date: 2015/08/17 23:34:49
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Gepflegte Konversation am
Dom ein Gedächtnisprotokoll von Roland
Geiger Wissen Sie, was ein
scheißbehinderter Wichser ist? Nein? Nun, das ist ganz einfach, das ist jemand,
der einem sagt, man dürfe nicht gegen die Wand der Kirche pinkeln. Bis
vergangenen Freitag wußte ich das auch nicht - also zum einen, was das ist, und
zum anderen, daß ich so jemand bin. Bis mich am Freitagabend so gegen elf Uhr
vor dem Gasthaus „El Corazon“ ein junger Mann eines besseren belehrte. Man lernt
nie aus. Ich hatte meinen
Stadtrundgang als Nachtwächter mit zwei Gästen aus Oberlinxweiler beendet (der
andere Nachtwächter Ortwin Englert stand auch wieder da; er war zwar laut
unserem 14-tägigen Turnus nicht an der Reihe, aber wenn ich da stehe, steht er
auch immer da und nimmt mir alle Leute weg, die vage aus Richtung Angel’s
kommen. Dieses Mal grabschte er mir nur sechs Leute weg, die vor dem Angel’s zu
ihm gestoßen waren; die 36 Euro, die damit er und nicht ich kriege, sind das
eine, das andere sind die dummen Blicke der Leute, die plötzlich zwei
Nachtwächter sehen und meinen, sie wären besoffen; das führt immer wieder zu
peinlichen Momenten und unangenehmen Rückfragen, aber soll ich dann rübergehen
und sagen, he, alle, die nicht in Angel’s wohnen, dürfen nicht bei ihm mit-,
sondern müssen mit mir mitgehen?), und war mit recht trockener Kehle beim
Barbara und Franz eingekehrt, um selbige - die Kehle - mit einem kalten
bleifreien Weizenbier zu befeuchten. Ich hatte an dem großen Tisch vor dem
Eingang platzgenommen - es hatte zwar gegenüber dem Vortag abgekühlt, aber es
war immer noch angenehm warm - und saß mit dem Rücken zur Balduinstraße und
genoß mein Bier. Plötzlich sagte der Gast rechts von mir mit einem Ton von
Entrüstung in der Stimme: „Na, der wird doch nicht … oh, dieses Schwein.“ Ich
drehte mich zu ihm hin, folgte seinem Blick und gewahrte oben schon kurz
vorgestellten jungen Mann, der schnurstracks aus dem Spinnrad kommend in die
Nische rechts des Südturms der Basilika maschiert war und schon im Gehen an
seinem Latz herumgefummelt hatte. Jetzt stand er breitbeinig in der Ecke
zwischen Turm und Mauer und wollte gerade loslegen, als mir der Kragen platzte.
Nun muß man wissen, daß ich
normalerweise eher zweimal nachdenke, statt mich auf solch ein Abenteuer
ungewissen Ausgangs festzulegen, will sagen, an sich bin ich ein ausgemachter
Feigling, der seit über 40 Jahren jeder Schlägerei aus dem Weg gegangen ist.
Aber es gibt Grenzen. Für den Typen mag das große Gebäude nur eine Mauer gewesen
sein, die praktischerweise dort stand, wo er den Druck auf seiner Blase
loswerden wollte. Für mich war es ein bißchen mehr. Ich bin nicht der übermäßig
große Kirchgänger, das ist es nicht. Gleichwohl ist die Kirche ein Gebäude, an
dem ich sehr hänge, vor allem, da ich in den letzten Jahren viele Stunden darin
verbracht habe und lange Zeit darauf verbracht habe, ihre Geschichte zu
erforschen. Sie steht dort seit über 500 Jahren und hat schon einiges gesehen
und einiges erlebt. Es hätte ihr sicher nichts ausgemacht, wenn gegen ihren
unteren Rand gepinkelt worden wäre. Aber mir machte es etwas aus. Wie gesagt -
es gibt Grenzen. Ich bin oft am Freitagabend in dieser Gegend, vor, während und
nach dem Nachtwächterrundgang. Ich habe mir dort schon einiges anhören müssen -
von gutmütigen Frotzeleien bis zu höhnischen und verletztenden Äußerungen. Und
im letzten Winter habe ich schon mal einen jungen Mann angesprochen, der aus dem
Spinnrad kam und schnurstracks auf die Mauer zulief, damals auf der anderen
Seite des Turms. Der hatte mich verdutzt angeschaut, als ich fragte, was das
soll. Und dann verschämt den Kopf gesenkt, seinen Schwanz wieder eingepackt und
war wieder ins Spinnrad verschwunden, mit einem gemurmelten „Entschuldigung“ auf
den Lippen, als er an mir vorbeischlich. Der junge Herr am
Freitagabend war anderen Kalibers. Vielleicht lag es daran, daß er
sternhagelgranatenvoll war. Als ich aus dem Stuhl auf- und herumfuhr, ihn
anbrüllte, was der Scheiß denn bitte soll, und dann ein paar Schritte auf ihn
zumachte, schnellte er herum, sprang auf mich los und begann sofort mit wüsten
Beschimpfungen. Er begann mit dem üblichen „Arschloch“, was in gewissen Kreisen
noch zum guten Ton gehört, und obwohl wir uns uns nicht kannten und sicher nicht
auf gleicher gesellschaftlicher Ebene verkehrten, fiel er sofort ins eher
kleingeschriebene „Du“ und fragte lautstark, was denn los sei, was ich denn
wolle, ich solle nur herkommen. Da wurde mir klar, auf was ich mich eingelassen
hatte, aber zum Zittern hatte ich keine Zeit, das kam erst später. Ich weiß
nicht mehr, was ich ihm entgegnete, aber klein beigeben wollte ich auch nicht.
Er kam bis auf Armeslänge auf mich zu und schlug mir mit der flachen Hand auf
die Brust, als er plötzlich von einem Begleiter weggerissen und fortgezerrt
wurde. Jetzt endlich erfuhr ich, daß ich ein scheißbehinderter Wichser sei. Ich
hätte gern mehr gehört, aber er verbiß sich an dieser Bezeichnung und
wiederholte sie ein ums andere Mal. Ich wartete noch einen Moment, drehte mich
um und ging zum Tisch zurück, wo ich mich niederließ und so tat, als wenn nichts
gewesen sei. Meine Hände verbarg ich unterm Tisch und in meinem Umhang. Ich
hätte gern etwas getrunken, aber das ging nicht. Aus dem Lokal kam ein junger
Mann und fragte die anderen an meinem Tisch, warum sie nicht mal auf die Idee
gekommen seien, aufzu- und mir beizustehen. Ich konnte sie nicht dafür tadeln,
da ich nicht weiß, wie ich an ihrer Stelle reagiert hätte.
Die anderen Gäste hatten
währenddessen den Abgang des verhinderten Mauerbefeuchters beobachtet, den ich
im Hintergrund immer noch schreien hörte. Und plötzlich rief jemand: „Der kommt
zurück!“ Seine Stimme wurde lauter, er war immer noch bei seinem Lieblingsspruch
vom scheißbehinderten Wichser und kam inhaltlich mit diesem Text nicht voran.
Kurz darauf stand er dicht hinter mir, und ich drehte mich nicht um. Jemand vom
Tisch sprach ihn an und fragte, was er wollte. Keine Ahnung, was er als Antwort
gab. Plötzlich kam die Wirtin nach vorne und sagte ihm in halbwegs ruhigem Ton,
er solle verschwinden und ihre Gäste nicht belästigen. Ich fand das sehr mutig
von ihr, aber sagte, „Barbara, laß ihn, er ist es nicht wert.“ Was er zu ihr
sagte, kriege ich nicht mehr zusammen, aber es war so tiefste Schublade, daß ich
fast froh war, daß Franz, der Wirt, es nicht mitbekam, denn der hätte wohl nicht
viel Federlesens mit jemanden gemacht, der seine Frau so widerwärtig beleidigte.
Wieder zog ihn sein Bekannter weg, und wieder hatten sie den Dom passiert, als
er schon wieder zurückkam. Wieder stellte sich ihm jemand von unserem Tisch in
den Weg, redete auf ihn ein, obwohl das ziemlich fruchtlos war, denn ich nehme
an, daß er gar nichts mehr mitbekam. Er hatte jetzt sein Repertoire gewechselt
und erging sich in Spekulationen über die Mutter seines Kontrahenten. Der blieb
erstaunlich ruhig, und als den anderen der Bekannte und jetzt auch eine junge
Frau wegzerrten, da atmete das ganze Lokal auf. Er kam nicht wieder. Aber als
ich eine halbe Stunde später aufbrach und mich mit Hellebarde und Lampe
bewaffnete, riet man mir, „unten rum“ zu meinem Auto zu gehen, der Weg durch die
Oberstadt sei momentan nicht ratsam. Das war wirklich ein
interessanter Abend gewesen. Zwei Gäste, die Ortwin Englert mir nicht
weggeschnappt hatte (er bekam nur sechs Zuhörer), eine nette Konversation vor
dem Corazon und einen neuen Begriff gelernt. Aus dem Sommer kann noch
etwas werden. ©
Alsfassen, 17ter August
2015 |