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2014/07/25 21:57:09
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] wer war der Ritter Baldemar?
Datum 2014/07/31 09:08:30
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Cetto. Eine St. Wendeler Familie.
2014/07/15 23:44:46
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Betreff 2014/07/07 11:09:28
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[Regionalforum-Saar] schlagzeilen von der front
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[Regionalforum-Saar] wer war der Ritter Baldemar?
Autor 2014/07/31 09:08:30
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Cetto. Eine St. Wendeler Familie.

[Regionalforum-Saar] Rezension "Ludwig der Bayer"

Date: 2014/07/30 00:01:19
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

From:    Kathrin Steinhauer <Steinhauer(a)...   30.07.2014
Subject: Rez. MA: M.Clauss: Ludwig IV. - der Bayer
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Clauss, Martin: Ludwig IV. - der Bayer. Herzog, König, Kaiser (= kleine
bayerische biographien). Regensburg: Pustet 2014. ISBN
978-3-7917-2560-4; Paperback; ca. 144 S., ca. 20 Abb.; EUR 12,95.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_22575.pdf>

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Kathrin Steinhauer, Historisches Institut, Rheinisch-Westfälische
Technische Hochschule Aachen
E-Mail: <Steinhauer(a)... wer? Eine Einführung." Mit diesem Kapitel beginnt Martin Clauss'
Biographie zu Ludwig IV. in der Reihe "kleine bayerische biografien",
die es sich zur Aufgabe gemacht hat, bekannte und weniger bekannte
bayerische Persönlichkeiten kurz und prägnant, doch auf wissenschaftlich
fundierter Basis einer breiten Leserschaft vorzustellen. Clauss hat sich
dieser Herausforderung in Anlehnung an das 700-jährige Jubiläum des 1314
zum König gewählten Wittelsbachers und aus Anlass der diesjährigen
bayerischen Landesausstellung in Regensburg "Ludwig der Bayer. Wir sind
Kaiser" angenommen. Auf gut 140 Seiten hat der Autor eine umfassende,
flüssig lesbare Darstellung zur Person und Herrschaft Ludwigs IV.
verfasst. Es war ein durchaus schwieriges Unterfangen, wie Clauss in der
Einleitung konstatiert, hat doch Ludwig IV. unter seinen Zeitgenossen
und auch in der aktuellen Forschung[1] eine kontroverse Beurteilung
erfahren.

Die Polarität Ludwigs IV. zeigt sich bereits in seinem Beinamen Bawarus:
Im 14. Jahrhundert zunächst als abwertendes, jegliche Art von
Herrschaftsansprüchen negierendes Schimpfwort päpstlicherseits gewählt,
änderte sich die Konnotation zu einer positiven im Sinne eines
"landsmannschaftliche[n] Zusammenhalt[s]" (S. 8). Auch heute ist die
ambivalente Haltung gegenüber dem ersten und einzigen Kaiser aus dem
Hause Wittelsbach noch unverkennbar. Während 1782 Papst Pius VI. bei
einem Besuch der Liebfrauenkirche in München das Grab des
exkommunizierten Kaisers keines Blickes würdigte, formierte sich Anfang
der 1970er-Jahre der Schützenverein "Ludwig der Bayer" im
"Erinnerungsort" Gammelsdorf neu (S. 7).

Das Ziel der vorliegenden Darstellung ist daher nicht, "Partei zu
ergreifen, sondern historische und moderne Wertungen zu
kontextualisieren" (S. 8). Die Biographie beleuchtet in insgesamt zehn
Kapiteln Ludwig den Bayern als Menschen und Herzog wie auch als König
und Kaiser im Spiegel europäischer Mächte und des sich durch alle Phasen
der Herrschaft ziehenden Konflikts mit dem avignonesischen Papsttum.

Die von Clauss in der Einleitung benannte Grundproblematik "von Lücken
in der geschichtswissenschaftlichen Konstruktion der Vergangenheit" (S.
10) zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben Ludwigs. Im 2.
Kapitel "Ludwig der Mensch" (S. 12-18) etwa verknüpft der Autor die
spärlich überlieferten Aussagen zu Ludwigs Aussehen und - soweit anhand
von Quellen rekonstruierbar - zu seinem Charakter mit grundsätzlichen
Problemen der Quellenanalyse, indem er aufzeigt, dass sich in solchen
attributiven Beschreibungen häufig eine Beurteilung des Handelns oder
der Herrschaftsfähigkeit einer Person versteckt und in den Quellen eine
"Trennung zwischen Person und Funktion" (S. 12), wie wir sie heute nur
allzu gern für biographische Darstellungen vornehmen, fehlt.

Das folgende Kapitel beleuchtet die jungen Jahre Ludwigs IV. bis zu
seiner Königswahl 1314 und legt den Fokus auf die Auseinandersetzung mit
seinem älteren Bruder Rudolf I. sowie seinen beiden habsburgischen
Neffen Friedrich I. und Leopold I. Sowohl der mit seinem Bruder 1313
eingegangene Hausvertrag über die gemeinsame Regentschaft in Oberbayern
als auch die entscheidende Schlacht bei Gammelsdorf, in der sich Ludwig
gegenüber seinen Neffen den Zugriff auf Niederbayern sicherte, wertet
Clauss als wegweisend für das zukünftige Taktieren Ludwigs als König und
Kaiser. Fehlte es ihm doch sonst an gängigen Eigenschaften eines
Königsanwärters: "Er entstammte weder einer Königsfamilie, noch war er
besonders reich" (S. 34). Kapitel 4 widmet sich zunächst allgemein den
Hintergründen der Doppelwahl von 1314 und dem sich anschließenden
langwierigen Kampf Ludwigs mit seinem Gegner Friedrich III., deren
Konflikt erst 1325 durch das Münchener Abkommen in einem
einvernehmlichen Doppelkönigtum endete. Für dieses
verfassungsgeschichtliche Unikum sieht Clauss einen Vorläufer in der auf
gemeinsamer Verwaltung und brüderlicher Teilung basierenden
wittelsbachischen Herrschaftspraxis. Er betont jedoch auch die
strategische Überlegung Ludwigs IV., sich durch den Vertrag "den Rücken
frei für Aktionen in Italien" (S. 48) zu halten.

Den weitaus größten Teil der Biographie nimmt der Kampf Ludwigs IV. mit
den drei avignonesischen Päpsten Johannes XXII., Benedikt XII. und
Clemens VI. ein, der ihn bis zu seinem Tod im Jahre 1347 begleiten und
sein gesamtes weiteres Handeln beeinflussen sollte. Auch hier geht der
Autor zunächst auf die geschichtlichen Hintergründe der Idoneität eines
Königs, der Approbation seitens des Papstes und den eigentlichen
Auslöser des Konflikts - das Eingreifen Ludwigs in italienische Belange
- ein.

Die folgenden Kapitel veranschaulichen, wie stark politisches Agieren im
14. Jahrhundert von symbolträchtigen Handlungen beeinflusst wurde und
dass geschicktes Taktieren nötig war, um die "unterschiedlichen
Rechtsauffassungen" (S. 56) für eigene Zwecke einzusetzen. So bedeutete
etwa die Kaiserkrönung für Ludwig 1328 zwar einen enormen
Prestigegewinn, nicht nur im Reich, sondern auch auf 'europäischem'
Spielfeld, verhärtete jedoch die Fronten zwischen den Protagonisten (S.
68). Das Zusammenspiel der Ereignisse von 1338 - insbesondere die
Herrscherinszenierung auf dem Hoftag zu Koblenz (S. 77-80) oder Ludwigs
Instrumentalisierung von Kunst (S. 101-104) - verdeutlicht ebenso, dass
der Konflikt letztlich ein auf persönlicher Ebene mit den jeweiligen
Päpsten ausgetragener Streit war. Ludwig wandte sich hingegen "nicht von
der Kirche und dem Papsttum als Institution" (S. 67) ab: "Bei allem
politischen Taktieren stand die heilsvermittelnde Funktion der Kirche
außer Zweifel, und der Papst war ihr Oberhaupt" (S. 108). Dies zeigt
sich vor allem in der von Papst Nikolaus V. wiederholten Kaiserkrönung
Ludwigs zu Pfingsten 1328: Zuvor hatte dieser die förmliche Absetzung
Johannes' XXII. betrieben und mit Petrus von Corvaro als Nikolaus V.
einen neuen Papst wählen lassen. Wie schnell sich das Blatt wenden
konnte, zeigt die Phase der Auseinandersetzung mit Karl IV. und der
schwindenden Unterstützung Ludwigs im Reich, die vor allem in der
erfolgreichen Hausmachtpolitik des Wittelsbachers gründete und "somit
einer erfolgreichen Dynastiebildung auf Reichsebene im Wege" (S. 114)
stand. Hinsichtlich einer Beurteilung des Herrschers führt Clauss
verschiedene Parameter an, die es bei einer retrospektiven Betrachtung
einer historischen Person zu bedenken gilt. Er macht deutlich, wie
schwierig eine eindeutige Urteilsfindung ist, die - wie bereits
angeführt - "stets subjektiv und selektiv" (S. 127) für ihre Zeit steht.
Die vorliegende Biographie ist somit eine Darstellung 'seines' und
weniger des Ludwigs: "Nimmt man nun all diese Kategorien zusammen,
erscheint Ludwig besonders in zwei Bereichen erfolgreich: Als König und
Kaiser wies er den päpstlichen Approbationsanspruch nachdrücklich zurück
- als Herzog trieb er die Intensivierung der Landesherrschaft voran" (S.
122).

Hilfreich für einen raschen Überblick über die komplexen dynastischen
Verhältnisse sind mehrere genealogische und tabellarische Übersichten
sowie Einzelabbildungen. Drei historische Karten verdeutlichen die sich
jeweils überlagernden familiären und dynastischen Gebietsinteressen (S.
22f., 29, 98f.). Um dem benannten Anspruch der Reihe gerecht zu werden,
sind in farblich abgesetzten Kästchen komplexe Hintergrundaspekte bzw.
geschichtswissenschaftliche Fachtermini anschaulich erklärt. Clauss
bezieht sich in seinen Darlegungen im Wesentlichen auf die "leicht
zugänglichen deutschen Übersetzungen" (S. 133) der Quellen, ohne -
zumindest in den Fußnoten - Teilzitate anzuführen. Hinsichtlich des
Zuschnitts und Adressatenkreises der Biographie ist dies sicherlich
gerechtfertigt, angesichts etwa der agonalen Formulierungen, die Ludwig
IV. und Johannes XXII. in ihren Schriften wählten, zugleich bedauerlich,
da diese in ihrem originalen Wortlaut besondere Schärfe aufweisen. Dass
die Anmerkungen zudem ans Buchende verbannt werden, ist vermutlich den
Vorgaben des Verlags geschuldet und unterstreicht, dass der Band an ein
breites Publikum gerichtet ist. Clauss selbst fügt einschränkend hinzu,
dass die 2014 erschienene Literatur nicht in vollem Umfang
berücksichtigt und "aus Platzgründen [...] nicht alle Arbeiten
aufgelistet" (S. 133) werden konnten. Die in den Text eingestreuten
Rückgriffe auf Aussagen namhafter Historiker zu Ludwig IV. verdeutlichen
jedoch den erwähnten Anspruch einer Kontextualisierung aktueller
Forschungsmeinungen.

Insgesamt wird Clauss seinem Anspruch gerecht: Er bietet mit der
Kurzbiographie ein umfassendes und informatives Bild über Ludwig IV.,
das auf modernem Forschungsstand einen schnellen Zugriff auf die Gestalt
und einen breiten Überblick über die Komplexität seiner Herrschaft
erlaubt.


Anmerkung:
[1] Vgl. etwa die maßgebliche Biographie zu Ludwig IV. von Heinz Thomas,
Ludwig der Bayer. Kaiser und Ketzer, Graz 1993.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Florian Eßer <esser(a)... zur Zitation dieses Beitrages
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-3-077>

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