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2014/03/22 13:31:15
Elmar Peiffer
Re: [Regionalforum-Saar] als stiller Beobachter im Bundestag
Datum 2014/03/22 20:06:19
Stefan Reuter
[Regionalforum-Saar] Ortsname BUTZ
2014/03/22 13:31:15
Elmar Peiffer
Re: [Regionalforum-Saar] als stiller Beobachter im Bundestag
Betreff 2014/03/03 17:32:23
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Das Mädchen mit der Totenkr one


Autor 2014/03/22 13:31:15
Elmar Peiffer
Re: [Regionalforum-Saar] als stiller Beobachter im Bundestag

Re: [Regionalforum-Saar] als stiller Beobachter im Bundestag

Date: 2014/03/22 19:52:29
From: anneliese.schumacher(a)... <anneliese.schumacher(a)...

 

Ich weiß garnicht, was Dun willst. Im Internetportal kostet die Karte nur 22,- Euro

 

Anneliese

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] als stiller Beobachter im Bundestag

Datum: Sat, 22 Mar 2014 10:05:49 +0100

Von: Rolgeiger(a)...

An: regionalforum-saar(a)...

 

 

heute in der SZ:
 
Eine Frage vornweg: Warum kostet die Eintrittskarte für die nachstehende Veranstaltung 27 Euro?
 
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„Merkels Sätze unterfordern Zehnjährige“

Roger Willemsen über sein Jahr als stiller Beobachter im Bundestag – am 30. März Lesung in Saarbrücken

Der Publizist Roger Willemsen hat ein Jahr lang von der Zuschauertribüne aus den Bundestag beobachtet. Er war beeindruckt vom Sachverstand, auf den er traf, berührt von manch engagiertem Hinterbänkler, aber auch maßlos enttäuscht von der Degradierung des Parlaments zur Bühne für Scheingefechte. SZ-Redakteur Johannes Kloth sprach mit ihm über sein neues Buch „Das Hohe Haus“.

In diesen Minuten diskutiert der Bundestag gerade über die „Haftpflichtproblematik bei Hebammen“. Vermissen Sie schon Ihren Tribünenplatz?

 

Willemsen: (lacht) Eine aktuelle Momentaufnahme aus dem Parlament würde mich tatsächlich interessieren. Ich fürchte allerdings, dass ich es in einem schlechteren Zustand anträfe als ich es verlassen habe.

Wegen der aktuellen Mehrheitsverhältnisse?

 

Willemsen: Wegen eines Problems, das daraus resultiert: Die Opposition kann das, was sie sagen will, nicht mehr richtig erklären, weil ihr die Redezeit fehlt. Oppositionspolitiker haben daher begonnen, immer effekthascherischer zu sprechen.

Sie haben 2013 jede Bundestagssitzung verfolgt, von morgens bis nachts. Warum?

 

Willemsen: Mich hat das „Vollbild“ des Parlaments interessiert, der Klangkörper der Stimmen, die zusammentreffen. Mich hat Haltung interessiert, Rührung, Zivilcourage – also auch all die Nebenschauplätze des Politischen. Ich wollte die tagespolitische Perspektive abgelegen und das Prinzipielle sehen, Themen erkennen, von denen wir medial nichts erfahren.

Gab es die?

Willemsen: Überraschend viele. Die Diskussion über die Ghetto-Rente zum Beispiel, in der klar wurde, dass Zwangsarbeiter nicht angemessen entschädigt wurden, eine Debatte, die noch immer über 90-jährigen Häuptern schwebt, ohne befriedigend beendet worden zu sein. Oder: ein Jahrzehnte alter Verfassungsauftrag, keine Entschädigungen mehr an die Kirchen zu zahlen, der immer noch nicht eingelöst wurde, so dass wir jedes Jahr an die Kirchen knapp eine halbe Milliarde Euro bezahlen, die ihnen nicht zusteht.

Davon war abends in der Tagesschau nichts zu sehen?

Willemsen: Nein, solche Debatten werden auch gerne in den späten Abend geschoben. Die Minister-Riege ist übrigens meist morgens zur Sitzungseröffnung vollzählig, wartet bis Fotos gemacht wurden, dann gehen die ersten wieder – manchmal, ohne eine einzige Minute zuzuhören.

Dieser inszenatorische Charakter parlamentarischer Kommunikation stößt Ihnen auf. Bei vielen Phrasen, die man im Parlament hört, kann man sich tatsächlich kaum vorstellen, dass der Redner sie selbst glaubt.

 

Willemsen: Diese ganze Inszenierung von Schönreden-Schlechtreden – „Wir sind auf einem guten Weg“, „Sie führen die Menschen ins Elend“: Beides glaubt kein Mensch. Aber offenbar geht man davon aus, nur wiedergewählt zu werden, wenn man dem Gegenüber keine Form der Differenzierung zumutet.

Das Buch durchzieht die Suche nach so etwas wie Wahrhaftigkeit – aber warum suchen Sie ausgerechnet in der Politik?

Willemsen: Dieses Personal ist angetreten, weil es das Land verändern wollte, und wir haben ihm das Recht gegeben, das zu tun – unter dem Schutz aller damit verbundenen Privilegien. Wir erklären das Wählen zur staatsbürgerlichen Pflicht und können dann sehen, wie hoch die Würde ist, die das Hohe Haus sich selber gibt. Natürlich bin ich ein Romantiker, weil ich die Zivilisationsgeschichte der parlamentarischen Entstehung dabei im Kopf habe. Aber ich bin auch ein Enttäuschter.

Wurden Sie denn auch positiv überrascht?

Willemsen: Ja, ich war erstaunt, auf welch hohen Sachverstand man im Bundestag trifft, und wie häufig das Land tatsächlich vorkommt – der eine Kuhstall, der eine Betrieb, das eine Krankenhaus. Immer wieder dachte ich: Doch, sie wissen von uns!

Gibt es Abgeordnete, die Sie beeindruckt haben?

Willemsen: Durchaus. Die Linken-Abgeordnete Diana Golze zum Beispiel, eine Hinterbänklerin, die mit großem Sachverstand klar, unpolemisch auf den Punkt redet, und man merkt ihr an, dass sie beteiligt ist. Auch andere, deren politische Meinungen ich nicht teile. Peter Gauweiler oder Norbert Geis etwa, das sind alte Haudegen, die aber aus ihren Herzen keine Mördergrube machen.

Geis und Gauweiler gelten als „Abweichler“– für ihre Fraktionen ist das ein Problem.

Willemsen: Dass Parteien an neuralgischen Punkten von den Abgeordneten Geschlossenheit einfordern, kann ich verstehen. Aber parlamentarische Demokratie fußt auch darauf, dass das Parlament die Regierung kontrollieren soll. Wenn das Parlament nur noch Unterwerfungsgesten vollzieht, weil die Abgeordneten wissen, dass ihre Karrieren von denen abhängen, die da oben sitzen, wird der Fraktionszwang immer stereotyper durchgeführt. Es gab ekelhafte Sätze, zu denen eine gesamte Regierungskoalition geschlossen klatscht und man möchte fragen: Habt Ihr eigentlich gehört, was Ihr da beklatscht?

Man hat den Eindruck, dass Sie sich von der schlichten Rhetorik manchen Redners persönlich beleidigt gefühlt haben.

Willemsen: Ja, ich sehe nicht ein, warum die Liebe zum Land die Liebe zur Sprache nicht einschließen soll. Einerseits meinen wir, lauter mediengewandte Politiker zu haben, und dann bekommen wir Reden, die nicht einmal in ihrer Semantik belastbar sind. Das ist eine Form von Verachtung derer, die zuhören. Bei Merkel sage ich sogar: Sie sabotiert das Kommunikationsmodell. Sie ist nicht dumm und formuliert Sätze, die von einer Schlichtheit sind, die einen Zehnjährigen unterfordert. Wenn ich im Blick der Kanzlerin der Mensch bin, der durch diese Sätze sein Interesse an Politik genährt finden soll, dann empfinde ich es als Beleidigung.

Roger Willemsen: Das Hohe Haus. Ein Jahr im Parlament. Fischer, 400 S., 19,99 Euro.

Am 30. März stellt Willemsen sein Buch zusammen mit Annette Schiedeck und Jens-Uwe Krause im Staatstheater vor. Beginn: 19.30 Uhr, Karten unter Tel. (06 81) 3 09 24 86.