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[Regionalforum-Saar] Schicksal einer Unangepassten

Date: 2014/03/07 09:27:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

heute in der SZ, St. Wendeler Teil, wird dieses Buch vorgestellt:

Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1800-1831):
Lebensräume einer unangepassten Herzogin
Ulrike Grunewald
Preis:  EUR 34,90
 
Von der gleichen Autorin:
William & Kate: Die Geschichte ihrer großen Liebe (2011)
Der Fluch des Hauses Windsor (2007)
Auf Rosamunde Pilchers Spuren: Eine Reise durch Schottland und Cornwall (2012)
Rivalinnen (Jackie Kennedy und Maria Callas, Prinzessin Diana und Camilla Parker Bowles, Soraya und Farah Diba, Eva Braun und Magda Goebbels) (2006)
 
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Schicksal einer Unangepassten

Luise von Sachsen Coburg-Saalfeld verbrachte ihre letzten Lebensjahre in St. Wendel

Das Leben Luises von Sachsen Coburg-Saalfeld beleuchtet eine im Herbst 2013 erschienene Dissertation. Die Herzogin wurde von ihrem Ehemann von Coburg nach St. Wendel verbannt. Grund: Luise erfüllte nicht die an sie gestellten Erwartungen.

St. Wendel. Ein tragisches Leben, durch Gebärmutterkrebs zu früh beendet. Eine Herzogin, die sich nicht anpassen wollte; vom Volke geliebt, vom Ehemann verstoßen. Stammmutter des englischen Königshauses. Fast in Vergessenheit geraten. Nicht aber in St. Wendel. Die Rede ist von Luise von Sachsen Coburg-Saalfeld. In St. Wendel verbrachte sie die letzten Jahre ihres Lebens. Es waren glückliche Jahre im Schatten der Basilika, schrieb sie einer Freundin. Eine Straße in der Kreisstadt ist nach ihr benannt, am Rathaus empfängt sie als lebensgroßer Bronzeguss Besucher von nah und fern. Sie sei eine frühe Prinzessin der Herzen gewesen, in der Lage, mit Liebreiz und Großherzigkeit Menschen zu begeistern. Mit den an sie gestellten Erwartungen als hochadelige Ehefrau konnte sie sich jedoch nicht anfreunden; vielmehr wollte sie ihr Leben eigenständig gestalten. Und das habe sie gefährlich gemacht. Deshalb wurde sie in die Verbannung geschickt.

Von den Windsors zu Luise

Das schreibt Ulrike Grunewald in ihrer im Oktober 2013 erschienen Dissertation zu Luise. „Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit den Windsors, dem englischen Königshaus“, sagt Grunewald. Für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), für das die 55-Jährige seit 1979 arbeitet und aktuell stellvertretende Leiterin der Redaktion Zeitgeschehen ist, habe sie vor einigen Jahren eine dreiteilige Dokumentation über die Windsors gedreht. „Dabei hörte ich das erste Mal von Luise. Eigentlich wollten wir sie in der Doku einbinden, doch schon bald wurde klar, dass dies ein eigenes Thema ist“, erzählt Grunewald. Sie begann, sich intensiv mit Luise zu beschäftigen. Freunde rieten, die Geschichte der Herzogin aufzuschreiben. Daraus wurde eine Doktorarbeit. Grunewald: „Hierfür hatte ich die Erlaubnis, im Familienarchiv der Windsors zu forschen, was nur Wenigen gestattet ist.“

Nur einige Tage nach Luises Geburt am 21. Dezember 1800 starb die Mutter. Der Vater, Emil Leopold August, galt als fortschrittlich und exzentrisch. „Luise wurde durch ihre Kindheit geprägt, durch die kulturelle Offenheit am Hof“, sagt Grunewald. Selbstbewusstsein habe sie dadurch erhalten, moderne Ideen verinnerlicht; etwa, dass der Herrscher sich um seine Untertanen zu kümmern habe. Ideen, die bei Ernst I. von Sachsen Coburg-Saalfend nicht hoch im Kurs standen. Seit langer Zeit plagten den Fürsten Geldsorgen. Da kam ihm die junge Luise gerade recht. Eine Verbindung passte perfekt in sein Kalkül. Denn bei Eheschließungen in diesen Kreisen, schreibt Grunewald, komme es in erster Linie darauf an, Prestige und Macht zu gewinnen. Ehe als Ordnungselement. Eine Taktik, die die Coburger nahezu perfekt beherrschten. Ernst witterte die Chance, seine finanziellen Schwierigkeiten mit der Verbindung zum Haus Gotha einzudämmen, denn sie, das Einzelkind Luise, war die einzige Erbin des überaus stattlichen Familienvermögens. Zudem konnte Ernst mit einem männlichen Nachkommen das Fortleben seines Hauses sichern. Beste Voraussetzungen für eine Vernunftehe, in diesen Kreisen keine Seltenheit.

Im Alter von 32 Jahren hielt er 1816 um Luises Hand an. Die schwärmerische Heranwachsende, von romantischen Gedanken erfüllt, erblickte ihren vermeintlichen Traumprinzen. Haus und Hof in Coburg, märchenhafte Bauten, der Ritterhabitus des Fürsten machten auf die 16-Jährige tiefen Eindruck. Ernst erwiderte anfangs ihre Zuneigung. 1818 die Geburt des ersten Sohnes Ernst, ein Jahr später kam der zweite, Albert, zur Welt. Die männliche Linie war gesichert. Somit habe Luise die wichtigste Aufgabe im Leben einer hochadeligen Frau erfüllt, schreibt Grunewald. Während sich der Mann bei Streifzügen vergnügte, konnte die junge Mutter der Langeweile am Hof nicht entfliehen. Grunewald: „Mit der traditionellen Rolle der adeligen Frau konnte sie sich nicht arrangieren. Eher wollte sie eigene Ziele und Ideen verwirklichen, über ihre Zeit selbstständig bestimmen. Ernst hingegen sah in ihr ein naives Mädchen, das seinen Anweisungen zu folgen habe, eine biegsame Marionette.“ Es kriselte in der Ehe. Am Hofe ging das Gerücht um, Luise hätte eine Affäre. Für Ernst, den absolutistischen Patriarchen, eine Bedrohung seiner Reputation und die seiner Familie. Denn sein Name litt bereits unter einem Skandal, der in ganz Europa für Furore sorgte.

1807 hatte Ernst in Paris eine Dame kennengelernt, die später unter den Namen Panam Berühmtheit erlangen sollte. 1823 veröffentlichte sie ihre Memoiren und behauptete, der Vater ihres Sohnes sei Ernst. Das Werk wurde zu einem Bestseller, für Klatsch und Tratsch an den europäischen Höfen war gesorgt. Für das Haus Sachsen-Coburg und Gotha ein Fiasko. Und dann kam noch das Gerede über Luise hinzu. Die bedrohte Ordnung musste wieder hergestellt werden. Durch die Verbannung Luises. Doch das Volk hatte die junge Herzogin ins Herz geschlossen, reagierte empört über die Pläne, die an die Öffentlichkeit drangen. Zwei Tage lang kam es zu Tumulten in Coburg, auch, weil die Steuerlast die Untertanen bedrückte. Überrascht von den heftigen Reaktionen lenkte Ernst ein. Doch der Herrscher spielte nur auf Zeit. Luise musste verschwinden, so weit weg wie möglich. Nach St. Wendel.

Denn Ernst I. war seit 1816 Herrscher über eine Enklave, vier Tagesreisen von Coburg entfernt, mit etwa 25 000 Einwohnern. Als Belohnung für seine Teilnahme an den Befreiungskriegen gegen Napoleon bekam er diesen Landstrich zwischen Nahe und Blies. Doch glücklich war er damit nicht. Finanziell ausquetschen ließ sich das Gebiet aber, das 1819 zum Fürstentum mit dem Namen Lichtenberg erhoben wurde. St. Wendel wurde Verwaltungssitz. Das Volk, mit seinem Herrscher unzufrieden, war aufmüpfig. Es rumorte an allen Stellen, vor allem in St. Wendel. Dorthin sollte Luise verschwinden. Ein kluger Schachzug, um mit der Anwesenheit der Herzogin für Ruhe zu sorgen? „Eher nicht“, sagt Grunewald, „vielmehr war es ein angenehmer Nebeneffekt. Zunächst ging es darum, Luise aus Coburg zu schaffen.“

Zweite Heirat in St. Wendel

Über die letzten beschwerlichen Kilometer ihrer Reise nach St. Wendel schrieb Luise an Ernst: „Was für ein Weg. Selbst Du würdest dich gefürchtet haben!“ Dennoch, die Einwohner empfingen die Verstoßene mit ihrem Hofstaat herzlich, die Wirtschaft blühte dank der adeligen Neubürger auf. Aristokratischer Flair in St. Wendel, weit entfernt von Coburg, von ihrem Ehemann. Grunewald: „Nun konnte sie ihre Ideen verwirklichen, die Lebensumstände hier waren ruhiger.“ Sie unterstützte in Not geratene Familien, zahlte in die städtische Armenkasse, beschenkte an Weihnachten arme Kinder. Die eigenen Söhne durfte sie jedoch nicht sehen.

Dies war der Wille des Ehemanns und in der offiziellen Trennungsurkunde von 1826 verankert. Ein halbes Jahr später heiratete sie erneut, den Grafen von Pölzig, einst Offizier am Hofe Ernsts. Ihm wurde damals eine Affäre mit Luise nachgesagt. Nach der Verbannung der Herzogin folgte er ihr nach St. Wendel. Doch auch diese glücklichen Jahre nahmen ein plötzliches Ende.

Gesundheitlich ging es Luise nämlich zunehmend schlechter. In Paris wurde sie behandelt. Vergebens, dort starb sie am 30. August 1831 an Gebärmutterkrebs. Doch auch nach dem Tod fand ihr Körper keine Ruhe. Graf und Fürst, erster und zweiter Ehemann, stritten um den Bestattungsort. Grunewald: „Der Leichnam wurde zum Faustpfand des zweiten Ehemanns, da ihm nun die finanzielle Basis fehlte.“ Die Tote als Druckmittel. Ein Jahr nach ihrem Tod endlich die Einigung: In Pfeffelbach fand der Leichnam Ruhe, jedoch nicht die letzte. 1846 ließ Sohn Albert die Leiche in die herzogliche Gruft in Coburg überführen. 1860 schließlich die letzte Ruhestätte im herzoglichen Mausoleum.

„Die Windsors waren nur möglich, weil Luise geopfert wurde“, erklärt Grunewald. Dank der Verbannung konnte Schaden von den Coburgern abgewendet, die traditionelle Heiratspolitik fortgeführt werden. So nahm Luises Sohn Albert, den sie nach ihrer Verbannung nie wieder sah, Queen Victoria zur Frau. Bis 1917 hieß somit das englische Herrscherhaus Sachsen-Coburg und Gotha. Luise als Stammmutter. Eine fast vergessene Tatsache. Denn der 1914 ausgebrochene Erste Weltkrieg, in dem sich unter anderem das britische Empire und das Deutsche Reich gegenüberstanden, führte zur Namensänderung in Windsor, nach dem Residenzschloss der königlichen Familie. Ein deutscher Herrschername war verpönt. Jene, die sich in diesem blutigen Ringen auf deutscher und englischer Seite gegenüberstanden, George V. und Wilhelm II., waren Vettern. In beiden Stammbäumen taucht Luise auf. Luise, die sich nicht anpassen wollte. Die eine Bedrohung der Ordnung darstellte. Und die in St. Wendel, fern ab von ihrer Heimat, einige glückliche Jahre verbrachte. lk

Ulrike Grunewald: Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1800-1831) ISBN: 3412211087.

„Luise wurde durch ihre Kindheit geprägt, durch die kulturelle Offenheit am Hof.“

Ulrike Grunewald