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2013/09/04 08:15:04
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Dachbodenfund in Niedersachsen
Datum 2013/09/04 08:29:55
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[Regionalforum-Saar] Hexenprozesse im St. Wendeler Land
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[Regionalforum-Saar] Hexenprozesse im St. Wendeler Land
Betreff 2013/09/09 12:18:49
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[Regionalforum-Saar] Hochburg des Hexenwahns
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Autor 2013/09/04 08:29:55
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[Regionalforum-Saar] Hexenprozesse im St. Wendeler Land

[Regionalforum-Saar] Hexenprozeß in Gonnesweiler

Date: 2013/09/04 08:18:57
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gestern in der SZ:  

Der Fall Engel Anthes

Theaterverein Nahequelle Selbach bringt Gonnesweiler Hexenprozess auf die Bühne

Auch im St. Wendeler Land grassierte im 17. Jahrhundert der Hexenwahn. Frauen und Männer wurden angeklagt, oft hingerichtet. Der Theaterverein Nahequelle Selbach hat einen Prozess gegen eine Gonnesweilerin auf die Bühne gebracht.

Selbach. Der Stab wurde gebrochen: „Um anderen ein Exempel zu statuieren, wird sie dem Scharfrichter übergeben folglich zur Richtstatt des Hochgerichts zu führen und dasselbst zu strangulieren, ihren Leib zu Staub und Asche zu verbrennen, und ihre Seele Gott dem Allmächtigen zu empfehlen.“ Am 26. April 1630 wurde Engel Anthes aus Gonnesweiler, der Hexerei beschuldigt, auf dem Röllenberg, der Gerichtsstätte des Hochgerichts Neunkirchen-Nahe, hingerichtet. Zur Erinnerung an diese düstere Epoche, führte der Theaterverein Nahequelle Selbach Szenen aus dem Prozessverlauf des Verfahrens gegen die vermeintliche Hexe auf. Bearbeitet hat das Stück Hermann Scheid, ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Nohfelden. Die Aufführung war Teil einer Vortragsreihe der Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land (Kulani).

Winter 1630. Das Leben ist hart, hier in der Region. Söldnerhorden ziehen plündernd umher, Reformation und Gegenreformation verwirren das einfache Volk, die Ernte reicht kaum aus, das Vieh geht ein. Drei Bauern lassen in einer Schenke ihrem Frust freien Lauf. „Ich meine, unser lieber Herrgott hat uns vergessen“, heißt es mit alkoholgeschwängerter Zunge. „Es ist keine Ordnung mehr auf der Welt“, meint ein anderer. Hier sind diabolische Kräfte am Werk, bringen Seuchen, Hunger und Krieg über das arme Volk. So der allgemeine Tenor. Doch der Engel Anthes, meint ein Hinzugekommener, gehe es gut, ihre Kuh liefere immer genug Milch für die Butter. „Und sie führt das Tier über einen anderen Weg zur Weide“, fügt er an. „Im ganzen Dorf sagen die Leute, die Engel ist eine Hexe und die kann zaubern!“

Die Sache kommt vor Gericht. An Anklagepunkten und Zeugen mangelt es nicht, wie das Bühnenstück eindrucksvoll vermittelt. Mit scharfer Stimme zählt der Ankläger Adolph Baden, kurfürstlich-trierischer Amtmann, die Vorwürfe auf: „Ist es wahr, dass sich die Beklagte seit langer Zeit im Dorf Gonnesweiler als Hexe bezeichnen lässt ohne sich jemals dagegen gewehrt zu haben?“ Sie soll mehr Butter als die Nachbarn machen, die Kuh auf anderen Wegen zur Weide bringen, vor acht Jahren einen Mann geküsst und gekitzelt haben, der daraufhin zwei Jahre lang Schmerzen hatte und, nachdem er dies gebeichtet hatte, verstarb. Auch die Mutter der Engel Anthes soll eine Hexe gewesen sein, die Tochter zum Tanz mit dem Teufel angestiftet haben. Und schließlich: Mehrere Verurteilte hätten sie bereits der Zauberei bezichtigt.

Die letzte Szene. Nun soll die Wahrheit ans Licht, wie in diesen Zeiten üblich durch Folter. Zum ersten Mal tritt die Angeklagte auf. „Hoher Herr, ich bin keine Zauberin, ich würde zehn Reichstaler dafür geben, wenn ich zaubern könnte“, versucht die Engels Anthes verzweifelt der Tortur zu entgehen. Vergebens. Sie wird auf die Streckbank gebunden. Schrille Schreie durchscheiden das Selbacher Dorfgemeinschaftshaus. Die über 80 Zuschauer sehen die Qual der Gemarterten nicht, die Folter selbst wird nur angedeutet, findet hinter einem Vorhang statt.

Schließlich, nachdem der Schmerz unerträglich wurde, gesteht sie. Der Scharfrichter löst die Fesseln. Ja, sie sei im Bunde mit dem Teufel, habe Zauberei betrieben – gemeinsam mit anderen, die sie natürlich namentlich nennt. Das Urteil wird verkündet.

„Es war nicht einfach, diesen Prozess, der sich über mehrere Tage zog, auf die Bühne zu bringen“, resümierte Hermann Scheid nach der Aufführung. Seit Mai probe der Theaterverein jeden Montag. Scheid selbst habe sich fünf Jahre mit dem Fall der Engels Anthes aus Gonnesweiler beschäftigt, unter anderem den Prozess mit einer Schulklasse aufgerollt. „Es ist ein grausamer Teil unserer Geschichte“, sagte er abschließend, „der jedoch nicht vergessen werden darf.“ lk

„Es ist ein grausamer Teil unserer Geschichte, der nicht vergessen werden darf.“

Ex-Bürgermeister der Gemeinde Nohfelden,

Hermann Scheid