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[Regionalforum-Saar] alte Balken und die Fantasien der Saarbrücker Zeitung
Datum 2013/03/19 21:52:40
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[Regionalforum-Saar] Konf: Wassermühlen und Wa ssernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa
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[Regionalforum-Saar] alte Balken und die Fantasien der Saarbrücker Zeitung
Autor 2013/03/19 21:52:40
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Konf: Wassermühlen und Wa ssernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa

[Regionalforum-Saar] Nordafrika in römischer Zei t

Date: 2013/03/18 03:53:17
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Baratte, François: Die Römer in Tunesien und Libyen. Nordafrika in
römischer Zeit (= Zaberns Bildbände zur Archäologie) [Übersetzt von Yves
Gautier]. Darmstadt: Philipp von Zabern Verlag 2012. ISBN
978-3-8053-4459-3; 144 S.; EUR 29,99.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Lennart Gilhaus, Institut für Geschichtswissenschaft, Abt. Alte
Geschichte, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
E-Mail: <lgilhaus(a)... Baratte gibt in diesem Band aus der Reihe "Zaberns Bildbände
zur Archäologie" einen Überblick über die Entwicklung der Provinz Africa
proconsularis von republikanischer Zeit bis zum Ende der byzantinischen
Herrschaft. Beigefügt sind eine Zeittafel und eine kurze Bibliographie.

Nach einer knappen Einleitung (S. 10) kommt Baratte auf die Geschichte
Nordafrikas vor der Eroberung durch die Römer zu sprechen und hebt dabei
die prägende Rolle der punischen Städte, der numidischen Königreiche und
der libyschen Stämme hervor (S. 10-12). Im nächsten Abschnitt werden die
Rahmenbedingungen der römischen Herrschaft in Nordafrika thematisiert.
Der geographische Kontext, die wichtigsten historischen Entwicklungen
bis zu Diokletian und die Verwaltungsorganisation der Provinz (S. 13-21)
werden dabei kurz charakterisiert.

Nach diesen Präliminarien kommt Baratte zum eigentlichen Kern seiner
Ausführungen. In mehreren Kapiteln werden die städtische Kultur, die
Gesellschaft und Kunst sowie das ländliches Leben und die Wirtschaft in
den ersten drei Jahrhunderten n.Chr. behandelt (S. 22-113). Den größten
Raum nimmt das Kapitel zur urbanen Kultur ein (S. 22-70). Zunächst gibt
er einen Überblick über die Quellen- und Forschungslage. Anschließend
folgen einige Ausführungen zur Organisation des städtischen Lebens,
bevor einige antike Städte konkret vorgestellt werden. Teilweise sind
die Ausführungen aber so knapp, dass sie für den Leser kaum relevante
Informationen enthalten (vgl. insbesondere S. 40 mit den Texten über
Althiburos, Bulla Regia und Thuburbo Maius). Besser hätten einige wenige
Beispiele ausführlicher behandelt werden können. Auf den folgenden 30
Seiten wird ein Überblick über den Aufbau und die Funktionsweise der
wichtigsten Gebäudetypen geboten. Neben den Spielstätten werden dabei
Thermen, Privathäuser, Villen sowie Gräber und Mausoleen anhand einiger
Beispiele behandelt. Gebäude der öffentlichen Verwaltung und andere
Profanbauten sowie die für Nordafrika sehr charakteristischen Ehrenbögen
werden allerdings leider mit einigen wenigen Worten schnell
abgehandelt.

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen
gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten und ist unter die Frage
gestellt, inwiefern man von einer Romanisierung der Gesellschaft
sprechen kann (S. 71-95). Für den Bereich Religion betont Baratte
mehrfach die religiöse Vielfalt, baut dabei aber eine starke Dichotomie
zwischen römischer Staatsreligion auf der einen und dem
"nordafrikanische[n] Substrat" (S. 77) auf der anderen Seite auf. Eine
solch starke Trennung wird meines Erachtens aber nicht durch das
Quellenmaterial gedeckt.[1] Im folgenden Unterkapitel werden die
Kunstgattungen Architektur, Skulptur und Mosaik behandelt. Baratte weist
dabei auf einige besondere regionale Ausprägungen hin, betont aber vor
allem den römischen Charakter dieser künstlerischen Formen.

Der sich anschließende Abschnitt ist zwar mit: "Soziale Vielfalt in den
ländliche Gegenden der Africa proconsularis" überschreiben, umfasst aber
neben der Landwirtschaft auch Handwerk und Steinbrüche, behandelt also
vor allem wirtschaftliche Aspekte (S. 98-113).
Danach geht Baratte zur Spätantike über (S. 114-130). Zunächst
beschreibt er kurz die neue Verwaltungsordnung seit Diokletian und in
enger Anlehnung an die Forschungen von Claude Lepelley die Kontinuitäten
und Wandlungen des städtischen Lebens. Wesentlich ausführlicher ist das
Kapitel zur Christentum im spätantiken Nordafrika angelegt. Baratte gibt
zunächst einen kurzen Überblick über die wichtigsten Quellen und Etappen
der Christianisierung und kommt auf das donatistische Schisma zu
sprechen, bevor er sich den erhaltenen Überresten von Kirchen und ihrer
Ausstattung zuwendet. Hier gelingt es dem ausgewiesenen Spezialist für
die christliche Archäologie Nordafrikas kurz und verständlich die
wesentlichen Gestaltungsmerkmale ansprechend darzulegen.

Auf den restlichen Seiten werden die vandalische und byzantinische Zeit
bis zur arabischen Eroberung dargestellt (S. 131-139). Baratte
beschreibt die politischen und kulturellen Entwicklungen sehr ausgewogen
und vermeidet Pauschalurteile. So könne man nicht von einem generellen
Niedergang der Städte sprechen, vielmehr sei die Situation der Städte
sehr differenziert zu bewerten.

Barattes Monographie ist die erste Gesamtdarstellung zum römischen
Nordafrika in deutscher Sprache überhaupt und schon allein deshalb hoch
zu bewerten. Insbesondere die Ausführungen zur Spätantike sind sehr
überzeugend, die Qualität der Kapitel zur Kaiserzeit schwankt hingegen
zuweilen. Leider finden sich auch gerade in diesen Abschnitten einige
offensichtliche Flüchtigkeitsfehler.[2] Zudem trifft man gelegentlich
auf fehlerhafte oder problematische Übersetzungen.[3] Dennoch kann man
nur hoffen, dass der insgesamt gelungene, flüssig geschriebene und mit
hochwertigen Abbildungen ausgestattete Band bei den Lesern Interesse für
diese zentrale, aber in Deutschland oft vernachlässigte Region des
antiken Mittelmeerraums wecken und vielleicht sogar zu neuen Forschungen
anregen wird.


Anmerkungen:
[1] Vgl. zu solchen "[z]ählebige[n] Denkmodelle[n] in der
Nordafrika-Forschung" insbesondere Stefan Ritter, Götter und ihre
Verehrer in Nordafrika: Die Heiligtümer von Thugga als Modellfall, in:
JRA 19 (2006), S. 549-558, hier: 556-557.
[2] Um nur einige Beispiele auf den ersten Seiten zu nennen: "Die
Niederlage der Pompejaner 47 v. Chr." (S. 17) erfolgte erst 46 v.Chr.;
Oea/Tripoli war nicht "künftige Provinzhauptstadt" (S. 20) von
Tripolitanien, sondern Lepcis Magna; die Kolonien Uthina, Maxula/Radés
und Thuburbo Minus werden fälschlicherweise als pagi dargestellt (S.
25); das Amphitheater von Lepcis Magna wurde nicht in "flavischer Zeit"
(S. 31), sondern 56 n.Chr. errichtet.
[3] So steht in der zeitgleich erschienen französischen Version des
Buchs als Aufzählung "ou sur celui de Sabratha, en Tripolitaine, sur la
côte orientale de Tunisie, dans le cap Bon" (François Baratte, L'Afrique
romaine. Tripolitaine et Tunisie, Paris 2012, S. 13), im Deutschen wird
daraus "Sabratha an der Ostküste Tunesien am Cap Bon" (S. 13). Weiterhin
wird von einem "Tempel der Serapis" (S. 27) gesprochen, obwohl Serapis
ein männlicher Gott war; Wendungen wie "domaine édilitaire" oder
"activité édilitaire" (vgl. F. Baratte, L'Afrique romaine. Tripolitaine
et Tunisie, Paris 2012, S. 33 und S. 116) werden mit "Aktivitäten der
Ädilen" (vgl. etwa S. 33 und S. 116) wiedergegeben, doch sind einfach
Bauaktivitäten gemeint. Auch Namen werden in der deutschen Übersetzung
teilweise falsch wiedergegeben: "René Gagnat" (S. 23) statt René Cagnat;
"Beschaouhs Arbeiten" (S. 46) statt Beschaouchs Arbeiten.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Konrad Vössing <konrad.voessing(a)...