Date: 2013/03/01 18:18:16
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
kam eben über ein anderes Forum:
Unter
http://www.wlb-stuttgart.de/sammlungen/bibliothek-fuer-zeitgeschichte/digitalisierte-deutschsprachige-tageszeitungen-des-ersten-weltkrieges/ finden sich Links zu über 50 deutschsprachige Zeitungen aus der Zeit des 1. WK, die online lesbar sind. Mit
freundlichem Gruß Roland Geiger |
Date: 2013/03/04 10:26:22
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heute in der SZ:
Die Judenverfolgung als „öffentliches Geheimnis“Da viele Dokumente vernichtet wurden, konnte die Frage, wie viel die deutsche Bevölkerung über den Holocaust wusste, lange nicht beantwortet werden. Der Historiker Peter Longerich bekam Zugang zu bis dato nicht ausgewerteten Quellen. Heute, 18 Uhr, hält der Professor der University of London im „Haus der Stiftung Demokratie Saarland“ in Saarbrücken (Bismarckstraße 99) einen Vortrag mit dem Titel „Davon haben wir nichts gewusst. Die Judenverfolgung als öffentliches Geheimnis“. mv |
Date: 2013/03/04 10:27:33
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Vortrag über das Leben in St. Wendel im 18. JahrhundertÜber das Leben in St. Wendel im 18. Jahrhundert sprach Bernhard W. Planz im Mia-Münster-Haus. Sein Vortrag war der zweite Teil einer Reihe, die auf die historischen Beziehungen zwischen St. Wendel und Frankreich zurückblickt.St. Wendel. Es war ein vergleichsweise ruhiges Jahrhundert für St. Wendel, nachdem das vorherige – das 17. – Krieg, Leid und Hunger über das Land gebracht hatte. Doch so ganz ruhig blieb es doch nicht. Über dieses 18. Jahrhundert referierte der Geschichtslehrer Bernhard W. Planz im St. Wendeler Mia-Münster-Haus. Sein Vortrag war der zweite Teil der Reihe der Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land, die die Beziehungen St. Wendels zu Frankreich in den vergangenen 400 Jahren beleuchtet. Anlass ist das deutsch-französische Jubiläumsjahr, das an die Unterzeichnung des Élysée-Vertrages vor 50 Jahren erinnert. Planz eröffnete seinen knapp 60 Zuhörern, er wolle die Entwicklung der Stadt im 18. Jahrhundert bis zum Vorabend der Französischen Revolution betrachten: „Während dieser Zeit stand glücklicherweise mehr der Alltag städtischen Lebens im Mittelpunkt als der Krieg.“ Frankreich gewann im St. Wendeler Bürgertum zunehmend eine neue Bedeutung: Das Land wurde nicht mehr mit kriegerischen Ereignissen, sondern mit Kunst, Kultur und dem aufklärerischen Gedanken in Verbindung gebracht. Planz: „Die französische Sprache wurde auch im St. Wendeler Bürgertum zur Bildungssprache.“ Dennoch: Kriege wurden in Europa auch während dieser Zeit geführt, und auch St. Wendel war betroffen, wurde von fremden Truppen besetzt, musste Abgaben leisten. Pest und Hunger schwächten die Stadt, die als Exklave weiterhin – oder wieder – zu Kurtrier gehörte. Pläne des Kurfürsten, St. Wendel als Pfand- oder Tauschobjekt zu benutzen, zerschlugen sich. Unterdessen wuchs die Stadt: Waren es 1712 etwa 750, so stieg die Einwohnerzahl bis 1789 auf rund 1300. Der Siedlungsbereich weitete sich ebenso aus. Planz: „Die Hauptstraßen waren bereits gepflastert, jedoch – wie die Nebenstraßen – vielfach verunreinigt und mit Misthaufen übersät.“ Denn St. Wendel war eine Ackerbürgerstadt: Die Einwohner betätigten sich oft gleichzeitig in Handwerk und Landwirtschaft. „Und zwar innerhalb der Stadt durch Viehhaltung und Vorratslagerung, außerhalb durch Gemüse-, Obst- und Getreideanbau,“ erklärte Planz. Zudem war St. Wendel ein wichtiger Durchgangspunkt von Trier nach Straßburg und von den Österreichischen Niederlanden nach Wien. Wirtschaftlich dominierte die Textil- und Lederverarbeitung. Sozial machte der Referent für das 18. Jahrhundert drei Schichten aus: die wenigen wohlhabenden Handelskaufleute und Handwerksmeister, die vielen traditionellen Handwerksmeister und Gewerbetreibenden und schließlich die schnell wachsende Schicht der abhängigen Lohnarbeiter, die häufig in trostloser Armut lebten. „Es waren die Jahrzehnte des vorindustriellen Pauperismus, die erst mit der später einsetzenden Industrialisierung ein Ende fanden“, verdeutlichte Planz. Die armen Schlucker hausten im Bereich des alten Grabens und der Hospitalstraße, während die Wohlhabenden östlich und westlich der katholischen Pfarrkirche wohnten.
Verstand und ToleranzWährenddessen machte auch die Aufklärung, diese philosophische Denkrichtung, die auf Verstand und Toleranz setzte, vor den Toren der Stadt nicht halt. Die ersten Protestanten durften im tiefkatholischen St. Wendel siedeln. Auch Religionskritik war hier und da zaghaft zu vernehmen. Somit zeigte sich die Stadt am Ende des 18. Jahrhunderts, kurz vor der Französischen Revolution, in mancherlei Widersprüchen. Planz: „Das Leben war nach wie vor geprägt von jahrhundertealten Traditionen, gleichzeitig wurde aber erstmals das Überkommene in Frage gestellt.“ Allerdings sei diese kritische Haltung eher eine Sache von Einzelnen gewesen. lk Und dann gingen die Franzosen 1789 auf die Barrikaden und rebellierten gegen die alte Ordnung. Welche Auswirkungen dies auf St. Wendel hatte, und wie das Verhältnis zwischen Frankreich und St. Wendel im 19. Jahrhundert war, darüber wird Bernhard Planz am Dienstag, 5. März, im Mia-Münster-Haus sprechen. Beginn: 19 Uhr. |
Date: 2013/03/07 22:47:47
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Wrede, Martin: Ohne Furcht und Tadel - Für König und
Vaterland. Frühneuzeitlicher Hochadel zwischen Familienehre, Ritterideal und Fürstendienst. Ostfildern: Thorbecke 2012. ISBN 978-3-7995-7466-2; 484 S.; EUR 64,00. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Günter Krüger, Neuere Geschichte, Universität Mannheim E-Mail: <gkrueger(a)rumms.uni-mannheim.de> Die Haupttätigkeit des Schwertadels war von jeher der Kampf, weswegen Adel, Kriegertum und Rittertum eng miteinander verbunden waren. Im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit begann allerdings der unaufhaltsame Niedergang einer mehr als halbtausendjährigen Profession. Dass mit Rittern keine Schlachten mehr zu gewinnen waren und die aus den Reihen des Adels aufgestellten schweren Panzerreiter gegenüber den spießstrotzenden Heerhaufen und der aufkommenden Feuermacht zunehmend an Bedeutung verloren, war aus militärisch-taktischer Sichtweise offensichtlich. Zunehmend wurde die verunsicherte Nobilität damit konfrontiert, wie man mit dieser Entwicklung - der militärische war nur einer ihrer Aspekte - umgehen sollte. Wenn der Adel in der Folge mehr und mehr auf andere Betätigungsfelder auswich, so unternahm er gleichzeitig immense Anstrengungen, um den eigenen Stand auf den Ebenen von Inszenierung, Repräsentation und Memoria zu überhöhen. Der Krise des europäischen Adels zum Trotz ging auch die ritterliche Kultur mit ihren Idealen, Zeichen, Symbolen, Zeremonien und Turnieren nicht unter. Sie erwies sich, nicht zuletzt durch die von ihr ausgehende Symbolkraft, als erstaunlich langlebig. Beständigkeit und Wandel adeliger Mentalitäten ist das Leitmotiv der vorliegenden Studie, mit der sich der Frühneuzeithistoriker Martin Wrede 2009 habilitierte. Die Einleitung wird recht unspektakulär eröffnet - in Anbetracht des gewählten imposanten Titels, der sich an eine berühmte Devise anlehnt, würde man eigentlich einen Schwank aus dem abenteuerlichen Leben des heldenhaften Bayard, dem Ritter ohne Furcht und Tadel erwartet haben. Wrede beginnt aber mit einem unbekannten homo novus, dem Marquis Gaspard de Gueidan, einem Amtsträger der französischen Krone, der danach strebte, das von ihm konstituierte Haus Gueidan in den Reihen des alten Schwertadels zu etablieren. Der ehrgeizige Marquis bemühte alle Mittel der Repräsentation. Er ließ sich und seine Familienmitglieder mit ritterlichen Attributen porträtieren, verschaffte seinem Sohn die Aufnahme in den Malteserorden und erhob Anspruch auf eine genealogische Verbindung zu einer ausgestorbenen Grafenlinie. Diese Bemühungen waren von Erfolg gekrönt, tatsächlich wurden die Besitzungen des Parvenüs in den Rang eines königlichen Lehens erhoben. Die Ambitionen Gueidans spiegeln eine allgemeine, idealtypische Grundhaltung und Ausrichtung des europäischen Adels in der Frühen Neuzeit wider: "das Bemühen um die Ehre des Hauses und deren [...] Repräsentation; die Fixierung auf die Vergangenheit und der durchaus kreative Umgang mit ihr" sowie den "Willen zum Festhalten an adeliger Autonomie oder doch zumindest an deren chevaleresken Ausdrucksformen" (S. 18). Die Studie gliedert sich in zwei Teile: in "Erste Familien: Adelshäuser imaginieren sich selbst", und "Letzte Ritter: vom sehr lang anhaltenden Aussterben einer Profession und einer Haltung". Im ersten Teil werden in fünf Kapiteln ausgewählte französische (La Trémoille, Bouillon), burgundische (Croÿ) und deutsche (Arenberg, Nassau) hochadelige Häuser unter dem Gesichtspunkt der Selbstauffassung und Selbstdarstellung betrachtet. Untersucht wird, wie sich diese ersten Familien selbst imaginierten, etwa als ritterliche Helden, als Anhänger des wahren Glaubens, oder als königstreue Fürsten, und wie sie auf unterschiedliche Herausforderungen und Krisen reagierten - hier geht es um territoriale Selbstbehauptung und Autonomie gegenüber der Krone sowie Rivalitäten innerhalb des Hauses oder mit anderen Adelsfamilien. Im zweiten Teil stehen die Plattformen des Adels sowohl auf der Ebene von Repräsentation als auch von Inszenierung durch das Rittertum und seine Zeremonien im Zentrum. Drei Kapitel gliedern diesen Abschnitt. Im ersten geht es um die Entstehung und Entwicklung weltlicher, höfischer Ritterorden, wobei die Frage aufgeworfen wird, welche Funktion die ritterliche Gemeinschaft in der Frühen Neuzeit erfüllte. Wrede benennt hierfür vor allem drei Aspekte: Erinnerungsgemeinschaft, Veranstaltungsgemeinschaft und Auszeichnungsgemeinschaft. Der erste meint das Gedenken an verstorbene Ordensbrüder und historische Ursprünge, aber mehr noch die Bewahrung der ritterlichen Idee. Der zweite bezeichnet die Zusammenkünfte zum gesellschaftlichen Zweck im Sinne eines sozialen Raumes für den Adel, den der Orden bot, während der dritte sich auf die Auszeichnung und Anerkennung des Adels als Mitglied des Ordens bezog. Eine weitere Funktion sieht Wrede in der Bedienung von Nostalgie. Nicht in Turnieren, sondern in den Ritterorden versuchte der Adel die Vergangenheit, die verlorenzugehen drohte, festzuhalten oder gar wiederzuerlangen. Turniere bilden überdies das Thema des zweiten Kapitels, in welchem unter anderem Kontinuitäten und Wandel des Turniers vom ritterlichen Kampfspiel der Renaissance, über das carrousel und die Rossballette des 17. Jahrhunderts, bis hin zum Regenschirmturnier des 19. Jahrhunderts analysiert werden. Wrede nimmt hierbei den Gestaltwandel des frühneuzeitlichen Ritterturniers in den Blick. Aufbauend auf einem Vergleich zu den Vorläufern des Mittelalters und der Renaissance nach Analogien und Anachronismen wird danach gefragt, welche Aussagen damit über den Wandel adeliger Identität und Mentalität gezogen werden können. Das Turnier, so konstatiert Wrede, veraltete in der Frühen Neuzeit langsamer und nuancenreicher als angenommen. Drei Momente seien hierfür ausschlaggebend gewesen, die überdies die funktionalen Elemente, im Sinne eines militärischen Praxisbezugs, zurücktreten ließen: ein Prozess der Zivilisation bzw. des Raffinements, ein Prozess der Monarchisierung, der das Rittertum zunehmend auf den Monarchen konzentrierte und ein Prozess der Historisierung, der es einer als abgeschlossen betrachteten Vergangenheit zuwies. Schon für den Ritter an der Wende zur Neuzeit bedeutete dies im Wettbewerb um Ehre und Ehren höfisch zu werden, es genügte nicht mehr über ausschließlich militärische, sondern ebenso über zivilisatorische Qualitäten zu verfügen. "Im kulturellen Totalitarismus des absoluten Fürstenstaates" hingegen war kein Platz "für den überkommenen heroisch-chevaleresken Individualismus des Adels" (S. 370) vorgesehen, der zunehmend die Definitionshoheit über die Vergangenheit verlor. Das dritte Kapitel schließlich setzt sich mit den Themen Adelskrise, Adelsreform und dem Verfall des Rittertums auseinander. Ausgehend vom Niedergang der Adelskultur im 18. Jahrhundert - ein Prozess, der, wie Wrede anmerkt, den Adel die gesamte Frühe Neuzeit hindurch begleitete - bestand die Krise im Besonderen darin, dass sie eine der Wahrnehmung war. Fürst und Hof, Bürger und Intellektuelle und der Adel selbst formulierten und postulierten höchst unterschiedliche Vorstellungen davon, was der Adel sein und was er tun sollte. Der zweite Stand verlor zunehmend an Konturen, nicht zuletzt, da eine seiner Leitideen nicht mehr tragfähig war - die Idee adeligen Rittertums. Dass Adel als Stand von und in Erinnerung lebt, Adel sich per definitionem über die Vergangenheit konstituiert, wurde, wie der Autor abschließend einräumt, bereits in früheren Arbeiten dargelegt. Doch diese Studie setzt andere Parameter: die Bedeutung des adeligen Hauses, die Idee des Rittertums als eines übergreifenden Lebens- und Handlungsideals sowie das Verhältnis zum Fürsten. Angelegt auf eine Perspektive der longue durée vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert legt Wrede nicht weniger als eine Bestandsaufnahme der Mentalität des europäischen Adels der Frühen Neuzeit vor - und dies in einer in sich stimmigen und stringenten Weise. Seine Untersuchung stellt damit nach meinem Dafürhalten gegenwärtig eine der ergiebigsten Adelsstudien zur Frühen Neuzeit dar. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Jan Brademann <jan.brademann(a)uni-bielefeld.de> URL for citation of this contribution http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2013-1-154 |
Date: 2013/03/08 23:32:32
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Otto der Große und das Römische
Reich ------------------------------------------------------------------------ Magdeburg, 27.08.2012-09.12.2012 Kulturhistorisches Museum Magdeburg Katalog: Puhle, Matthias; Köster, Gabriele (Hrsg.): Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter [495 Farbabb., 37 S/W-Abb.]. Regensburg: Schnell & Steiner 2012. ISBN 978-3-7954-2491-6; 744 S.; Museum: EUR 24,90 / Buchhandel: EUR 39,95. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Tobias Hoffmann, Historisches Seminar, Westfälische Wilhelms-Universität Münster E-Mail: <thoffman(a)uni-muenster.de> Jubiläen bestimmen den Rhythmus von Museen in einem nicht unerheblichen Maße. Gleich zwei Jubiläen der Geschichte Ottos des Großen haben das Kunsthistorische Museum Magdeburg dazu bewegt, im Jahre 2012 eine Ausstellung über den berühmtesten Sohn der Stadt auf die Beine zu stellen. Zum einen jährte sich der Geburtstag Ottos zum 1100. Mal, zum anderen fand vor 1050 Jahren die Kaiserkrönung Ottos in Rom (2. Februar 962) statt. Nach zwei erfolgreichen Ausstellungen, die im Jahre 2001 ("Otto der Große, Magdeburg und Europa") und 2006 ("Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962-1806") zahlreiche Besucher in das Museum lockten, öffnete das Kunsthistorische Museum also die Tore für eine dritte, die als Abschluss einer Ausstellungstrilogie gedacht ist. Eine erste Bilanzierung hat bereits deutlich werden lassen, dass auch diese dritte Ausstellung mit mehr als 100.000 Besuchern als Erfolg gewertet werden darf.[1] Hatte man mit der zweiten Ausstellung, die ebenfalls an ein rundes Jubiläum anknüpfte, noch Otto den Großen als Ausgangspunkt genommen, um die Geschichte des Römischen Reiches bis zum Ausgang des Mittelalters darzustellen, richtet die dritte Otto-Ausstellung den Blick zurück auf die Grundlagen des Kaisertums Ottos, versucht Diskontituitäten und Kontinuitäten, Adaptionen und Umdeutungen des Kaisertums in einem Zeitraum von rund 1000 Jahren den Besuchern vor Augen zu führen. Der Besucher verfolgt die "Ideengeschichte des europäischen Kaisertums" (S. 32) in chronologischer Ordnung, die sich in fünf Abteilungen gliedert. Der Ausstellung ist ein umfangreicher, sehr übersichtlich gestalteter und reich bebilderter Katalogband zur Seite gestellt, der mittels einführender Essays sowie ausführlicher ergänzender Informationen über die einzelnen Exponate samt einer umfangreichen Bibliographie eine Vertiefung in die Thematik der Ausstellung ermöglicht. Die Ausstellung breitet vor dem Betrachter ein vielfältiges Spektrum an Objekten aus, die aus ganz Europa und Übersee ihren Weg nach Magdeburg gefunden haben. Es umfasst etwa 300 Exponate und reicht von zahlreichen Münzen und Medaillons, Urkunden und Fibeln bis zu überlebensgroßen Plastiken. Bereits im Foyer des Museums sieht sich der Besucher mit einer kolossalen Plastik konfrontiert, der Statue eines sitzenden Mannes, der, im nackten Oberkörper nur von einer Toga um Hüfte und Unterkörper umhüllt und einen Kranz im Haar, die Linke zum Gruß erhebt. Es ist die Darstellung eines römischen Kaisers julisch-claudischer Zeit - bei dem Kopf der Statue handelt es sich um eine moderne Ergänzung - im Typus des Jupiter Capitolinus aus dem 1. Jahrhundert nach Christus, die, noch bevor man die Ausstellungsräume betritt, offenbart, dass man sehr unterschiedlichen Konzepten von Kaisertümern begegnen wird. Ein mittelalterlicher Kaiser hätte sich auf diese Weise gewiss nicht präsentieren können. Als der Sachse Otto am 2. Februar 962 in Rom die Kaiserkrone aufs Haupt gesetzt bekam, sich auf Urkunden fortan als imperator augustus bezeichnete, knüpfte er an eine Tradition antiker und mittelalterlicher Kaiser an, die verbunden mit einer Idee vom Kaisertum, auf eine bewegte Geschichte zurückblickte. Der lange, anfangs überaus holprige Weg, an dessen Ende sich das Kaisertum Ottos befand, begann in der späten Republik des antiken Rom. In einen kleinen Raum ist diese äußerst spannende Zeit verbannt, sie hätte vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt. Die Geburtsstunde des Kaisertums, die Etablierung einer neuen Herrschaftsform, einer machtvollen repräsentativen und gleichzeitig sensiblen Bildsprache, der für den Erfolg des Kaisertums, wie Ulrich Gotter (Monarchen und Monarchie: Augustus und die Geburt des ,Prinzipats', S. 57-61) hervorhebt, eine fundamentale Bedeutung zukam, wird als ein allmählicher Prozess sichtbar gemacht. Den auftrumpfenden Bildern des jungen Generals weichen Bilder, die eine zeitlose Wohlordnung zu dokumentieren scheinen, deren Garant der Kaiser selbst zu sein vorgibt. Kaiser und Kaiserinnen treten als Verkörperung von Tugenden auf, es entstand "eine positiv konnotierte dynastische Bildsprache" (S. 74), die sich als traditionsstiftend erwies. Auf einer ausgestellten Marmorkopie des berühmten clipeus virtutis, den Augustus zum Dank für die formelle Wiederherstellung der res publica verliehen bekam, werden virtus, clementia, iustitia und pietas des Prinzeps gefeiert, Tugenden, die auch im Mittelalter mit einem idealen Kaiser in Verbindung gebracht und deren Fehlen scharf kritisiert und betrauert wurden. Man trifft sie in Schrift und Bild fixiert auf zahlreichen Exponaten mittelalterlicher Zeit wieder. Das Kaisertum machte in der Folgezeit zahlreiche Veränderungen durch. Als bedeutendste Entwicklungen werden die Christianisierung des Kaisertums unter Konstantin dem Großen, die Verlegung des Reichsmittelpunktes an den Bosporus, damit verbunden die Gräzisierung des Kaisertums anhand einer Vielzahl an Objekten sichtbar gemacht. Hier lohnt sich insbesondere ein Blick auf die kleineren Exponate, in erster Linie auf die Münzen, da diese in prägnanter, verdichteter Weise unmittelbar Auskunft über das Selbstverständnis des Kaisertums zu geben vermögen. Als ein besonderes Highlight aus spätantiker Zeit werden im Jahre 2005 auf dem Palatin entdeckte Kaiserinsignien zur Schau gestellt, die einzigartig sind, da sich ihnen materaliter keine Vergleichsstücke zur Seite stellen lassen. Sie werden Kaiser Maxentius zugeschrieben, also genau jenem Kaiser, der der Überlieferung des Siegers zufolge im Kampf gegen Konstantin und den Christengott unterlag. Der Fokus der Ausstellung richtet sich des Weiteren auch auf das "Barbaricum", also auf die Gebiete jenseits der faktischen Grenzen des Kaiserreiches, wo man sich auf verschiedenen Ebenen an einer imitatio imperii versuchte. Sie umfasste sowohl den "Gebrauch der Herrschaftszeichen, der Titulatur und des herrscherlich-höfischen Zeremoniells" (S. 283) als auch die Nachahmung politisch-administrativer Strukturen. Grundsätzlich war man dort, im "Barbaricum", "unersättlich und ungemein begierig nach Dingen, die bei ihnen selten sind" (S. 318), wie eine byzantinische Quelle des 10. Jahrhunderts feststellte (De Administrando imperii). Als ein schönes Beispiel für die Fortführung römischer Bildungstraditionen wird ein auf Marmor gefasstes Grabgedicht für einen "germanischen" Adeligen namens Hlodericus aus dem Trier des 6. oder 7. Jahrhunderts präsentiert. Zahlreiche Exponate illustrieren des Weiteren einen nachhaltigen Einfluss römischer Kunstfertigkeit, insbesondere Medaillons, Siegelsteine und Münzen. Ein breiter Raum ist dem karolingischen Kaisertum unter dem Motto "Aneignung des römischen Kaisertums" gewidmet, mit dem einerseits die Wiederanknüpfung an antike römische Kultur, andererseits die "Etablierung der Karolinger im Mittelmeerraum" zum Ausdruck gebracht werden soll (S. 35f.). Beispiele dieser Aneignung römisch-antiker Kultur werden dem Betrachter in Fülle vorgelegt, Abschriften römischen Kulturschaffens eines Gaius Plinius Secundus, eines Seneca oder Livius, aber auch einige Werke, die byzantinische Einflüsse verraten. Zu letzteren gehört eine eindrucksvolle nach byzantinischer Vorlage in Form eines Gittergedichtes gefasste Schrift des Hrabanus Maurus. Als charakteristisch und für die Zukunft folgenschwer erwies sich die Verbindung des Kaisertums mit dem Papsttum, hebt Rudolf Schieffer (Kaisertum aus der Hand des Papstes, S. 401-405) hervor: "Ein Kaisertum, das nicht aus der Hand des Papstes gestammt hätte, war nach der Entwicklung der Karolingerzeit nicht mehr denkbar" (S. 405). Das von Otto dem Großen begründete Kaisertum knüpfte an karolingische und byzantinisch-römische Traditionen an und entwickelte sie weiter. Unter den Exponaten der ottonischen Abteilung ragt insbesondere die berühmte Dotalurkunde für die Gattin Ottos II. Theophanu als "schönste Urkunde des Mittelalters" heraus (S. 627), die zudem als lehrreiches Beispiel für die Beeinflussung des ottonischen Kaisertums durch Byzanz gelten kann. Auch die Ikonographie des dritten Kaisersiegels Ottos des Großen, welches das Cover des Katalogs ziert, zeigt den Herrscher in Anlehnung an die byzantinische Formensprache. Der letzte Blick ist den grandiosen Plänen Ottos III. gewidmet, dessen Kaisertum, beeinflusst von Familie, Gelehrten und vielleicht auch der Endzeiterwartung unter dem Stichwort der renovatio imperii Romanorum eine neuartige Qualität erhielt. Selbstbewusste Zeugnisse des jungen Otto und seines Umfeldes lassen die unerhörten Pläne des Kaisers erahnen, Rom in den Mittelpunkt seines Kaisertums zu stellen: Metallbullen nach byzantinisch-römischem Vorbild, Auszüge programmatischer Schriften des den Kaiser umgebenen Gelehrtenkreises sowie eine antikisierende Ikonographie, die an eine augusteische Programmatik erinnert. Das ambitionierte Projekt Ottos sollte eine Episode bleiben. Rom blieb zwar mit dem Kaisergedanken verbunden. Zum Zentrum des Kaiserreiches wurde die ewige Stadt nicht mehr. Mit dem Programm einer renovatio imperii Romanorum ging Otto III. auf Konfrontationskurs mit dem byzantinischen Kaiserreich, das seinen römischen Charakter gegen etwaige Ansprüche aus dem Westen stets vehement verteidigte. Dieses Konkurrenzverhältnis, das sogenannte "Zwei-Kaiser-Problem", das seit der (Wieder-)Begründung eines westlichen Kaisertums durch Karl den Großen aufgeworfen war, findet in den Ausstellungsräumen eher akzidentiell Erwähnung - im Katalogband wird dagegen sehr ausführlich darauf eingegangen (vor allem durch Beiträge von Bernd Schneidmüller, Das Mittelalter erlernt das römische Kaisertum, S. 42-51; Stefan Weinfurter, Renovatio imperii: Die Romidee Ottos III. und die Folgen, S. 539-545; Wolfgang Huschner, Kaiser der Franken oder Kaiser der Römer? Die neue imperiale Würde Ottos I. im euromediterranen Raum, S. 519-527). Die großen, den Exponaten zur Seite gestellten Zitatbanner spiegeln lediglich die Bewunderung westlicher Berichterstatter vor dem schrill glänzenden Reichtum des byzantinischen Kaiserhofes wider. Es gab aber ebenso überaus kritische bis polemische Stimmen wie die des Cremoneser Bischofs Liudprand oder Notkers von St. Gallen, die ursächlich nicht zuletzt mit dem "Zwei-Kaiser-Problem" zusammenhängen. Es wäre sicher lohnenswert gewesen, die Peripherie Europas stärker auszuleuchten, als dies geschehen ist. In der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts sind in England, auf der Iberischen Halbinsel und in Bulgarien kaiserliche Ansprüche erhoben worden. Eine Berücksichtigung dieser Kaisertümer hätte die Ausstellung gewiss um einige Akzente bereichern können. Spannend wäre überdies eine vergleichende Darstellung zwischen christlichem Kaisertum und islamischem Kalifat, die allerdings eine eigene Ausstellung verdiente. Den Versuch, die Ideengeschichte des römischen Kaisertums bis in ottonische Zeit in einer europäischen Perspektive zu erzählen, darf man resümierend als durchaus gelungen bezeichnen. Ob sich durch die Zusammenschau antiker und mittelalterlicher Kaisertümer neue Perspektiven und Akzentsetzungen eröffnen, wie es die Ausstellungsmacher erhoffen, wird die Zukunft zeigen. Das Kunsthistorische Museum Magdeburg hat der Ausstellungstrilogie zur Geschichte und Vorgeschichte Ottos des Großen einen würdigen Abschluss gegeben. Anmerkung: [1] Siehe <http://www.otto2012.de/artikel/magdeburger-oberbürgermeister-und-ausstellungsmacher-ziehen-erste-bilanz> (25.02.2013). Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Wolfgang Eric Wagner <wolfgang-eric.wagner(a)uni-muenster.de> |
Date: 2013/03/11 08:55:37
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Vortrag über den Alltag im Birkenfeld des 18. JahrhundertsBirkenfeld. Hans Peter Brandt spricht am Freitag, 15. März, um 18 Uhr im Festsaal des Birkenfelder Schlosses über das Thema „Die Stadt Birkenfeld im 18. Jahrhundert (1717-1817)“. Im Mittelpunkt stehen weniger die damaligen Herrscher (Herzöge von Zweibrücken, Markgrafen von Baden oder Napoleon), sondern vor allem die Bürger und einzelne Familien, das Gewerbe in der Stadt und das Alltagsleben. Trotz aller Rückschläge konnte Birkenfeld im 18. Jahrhundert seine Einwohnerzahl etwa verdreifachen. Die Stadt entwickelte sich von einem ländlichen Handwerkerzentrum zu einem überregional gut besuchten Markt. red
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Date: 2013/03/11 09:41:43
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Im Spannungsfeld der MächteVortrag über Frankreich und St. Wendel im Zeitalter der Französischen RevolutionÜber Frankreich und St. Wendel von der Französischen Revolution bis zum Vorabend des Ersten Weltkrieges sprach Bernhard W. Planz. Es war der dritte von vier Vorträgen, die sich den Beziehungen zwischen der Stadt und Frankreich widmen.St. Wendel. Der im Oktober 2012 verstorbene britische Historiker Eric Hobsbawm prägte für die Zeit von 1798 bis 1914 den Ausdruck „das lange 19. Jahrhundert“. Über diese Zeitspanne, über St. Wendel und Frankreich zur Zeit der Französischen Revolution und der deutschen Nationalstaatsgründung, referierte der Geschichtslehrer Bernhard W. Planz im Mia-Münster-Haus. Es war der dritte Teil einer Vortragsreihe der Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land (Kulani), die die Beziehungen zwischen Frankreich und St. Wendel in den vergangenen vier Jahrhunderten beleuchtet. Hintergrund ist das deutsch-französische Jahr, das an die Unterzeichnung des Élysée-Vertrages vor 50 Jahren erinnert. Frankreich 1789: Politische, wirtschaftliche und soziale Spannungen quälten das Land. Der dritte Stand, alle Franzosen, die weder zum Adel noch Klerus gehörten – immerhin 95 Prozent der Bevölkerung – begehrte auf. Das revolutionäre Feuer war entfacht, das Volk wollte Freiheit und Brot. Ein Prozess von weltgeschichtlicher Bedeutung begann. Auch in St. Wendel hörte man, zunächst zaghaft, die Parolen der Französischen Revolution. Und reagierte: erste Akte zivilen Ungehorsams, ein Petitionskatalog der St. Wendeler Bürger an den kurtrierischen Landesherren, in dem Missstände beklagt wurden. „Es ging aber eher um die Herstellung oder Absicherung von Sonderrechten“, erklärte Planz seinen über 60 Zuhörern. Radikal wie in Frankreich waren die Forderungen vorerst nicht. „Mit bangen Gefühlen, ja teilweise mit Panik erwartete die Bürgerschaft im Spätherbst 1792 das Einrücken der Revolutionsarmee“, kommentierte Planz weiter. Denn das revolutionäre Frankreich wollte mit Gewalt seine Ideen nach außen tragen und die alte europäische Ordnung bekämpfen. Abermals herrschte Krieg auf dem alten Kontinent. Franzosen, Österreicher und Preußen nisteten sich abwechselnd in St. Wendel ein, lockten mit Freiheitsversprechen, verlangten jedoch Abgaben. Planz: „Die Stadt schlug sich auf keine Seite, wollte dadurch Repressalien entgehen.“ Dennoch: Republikanische Ideen von Freiheit und Gleichheit fielen nun in der Stadt auf fruchtbaren Boden. Vertreter führender Bürgerfamilien forderten einen Anschluss an Frankreich. Und so kam es: Das Nachbarland dehnte sich bis zum Rhein aus, St. Wendel wurde Teil des Saardepartements.
Europa wird neu geordnetFrankreich 1799: Napoleon errang die Macht, führte seine „Grande Armée“ durch Europa, bis in die Weiten Russlands und musste sich schließlich geschlagen geben. 1815 in Wien: Die Mächtigen ordnen Europa neu. Auch St. Wendel war Thema, denn der Fürst von Sachsen-Coburg sollte für seine Kriegsmühen gegen Frankreich entschädigt werden. Die Wahl fiel auf St. Wendel mit Umland. Damit waren die Einwohner keinesfalls einverstanden, der Fürst auch nicht. Schließlich verscherbelte der Coburger 1834 seinen ungeliebten Besitz an Preußen. Die St. Wendeler plagten währenddessen auch andere Sorgen: Elend, Hunger, Not.
Aufbegehren in St. WendelAls 1848/49 Europa auf die Barrikaden ging, um die soziale und politische Misere anzuprangern, wehte kurzeitig auch in St. Wendel ein revolutionärer Wind. Die Bürgerschaft forderte Presse- und Versammlungsfreiheit, Trennung von Staat und Kirche, Aufhebung von Standesvorrechten. Doch als Allererstes die Einheit Deutschlands – denn das deutsche Gebiet war in Einzelstaaten zersplittert. Planz: „Dies zeigt, dass die Entwicklung eines deutschen Nationalgefühls im Bürgertum der Stadt seinen Abschluss gefunden hat.“ Die rebellierenden Europäer von 1848 unterlagen. Etwas später holte Preußen zum großen Schlag aus, um Deutschland zu einigen, rang Österreich nieder und hielt 1870 Kurs auf Frankreich. Im preußischen St. Wendel diente der Bahnhof als Truppenumschlagsplatz, die Stadt blieb von kriegerischen Handlungen verschont. 1871: Frankreich war geschlagen, das Deutsche Kaiserreich wurde ausgerufen. Im nationalen Taumel wurde der besiegte Nachbar im neuen Reich verhöhnt. „Von Franzosenfeindlichkeit, gar Erbfeindschaft kann aber in diesen Jahren in St. Wendel nicht ansatzweise die Rede sein“, sagte Planz. Nationale Spitzen gegen Frankreich seien erst Folge des Ersten Weltkrieges. Darauf und auf Frankreich und St. Wendel während des 20. Jahrhunderts wird Bernhard W. Planz am Dienstag, 9. April, im Mia-Münster-Haus eingehen. Beginn des Vortrags ist um 19 Uhr. lk --------------- Meine Meinung: Ein sehr langer Vortrag über ein sehr langes Jahrhundert - vor allem ein bißchen zu viel Max Müller, der immer wieder zitiert und genannt wurde. Detailliert ging der Dozent auf die französische Revolution und ihre Gründe ein - leider zu Lasten der Auswirkungen unmittelbar für St. Wendel. Die Säkularisierungen (z.B. kurfürstliche Mühlen, Stiftung Hospital) fielen ebenso unter den Tisch wie Details zu den Plünderungen (z.B. der Kapellen in den Randbezirken). Die Abtrennung der Pfarrei Furschweiler kam nicht vor. Bei der Kellerschen Gesellschaft wurde der Notar Hen nicht genannt, nur die Lehrer und der Rechtsanwalt. Daß in der Magdalenenkapelle nicht nur das Lyzeum geschlossen wurde, sondern die Volksschule gleich mitgeschlossen wurde. Die Zeit zwischen 1803 und 1816 kam oberflächlich weg, von den Franzosen gings direkt zu den Coburgern, die beiden Jahre unter preuß. und österreichischer Verwaltung wurden unterschlagen. Dafür ziemlich breit die Familie Cetto, vor allem Philipp Carl und seine Rolle in der Nationalversammlung. Natürlich kein Wort darüber, daß die Cettos Kriegsgewinnler und Opportunisten waren (und nicht nur die). Dafür hat der Referent seine Fremdwörter erklärt - im Gegensatz zu dem von ihm auch recht oft genannten Dr. Johannes Schmitt, der seine Vorträge mit Fachbegriffen und Fremdwörten spickt und dem es egal ist, ob der Zuhörer mitkommt oder nicht. Herr Planz trägt sehr angenehm vor, er steht frei vor dem Publikum, sein Leseblatt in der Hand, und liest mit akzentuierter Stimme sehr betont und nicht zu laut vor, dabei nicht leiernd, sondern betonend - und entschuldigt sich jedesmal, wenn er ein Bonmot bringt oder eine saloppe Wendung eingebaut hat. Man kann ihm sehr gut zuhören, ohne müde zu werden oder einzuschlafen. Nach dem Vortrag geht er auf Fragen detailliert und fachkundig ein; dabei hat er meine Achtung gewonnnen, als er aus der "Lameng" schwierige Fragen beantwortet. Jemand fragt, ob die St. Wendeler nicht lieber zu Bayern gekommen wären als zu den Coburgern. Und Planz antwortet, daß sich a) die Option nicht gestellt hat und b) die Leute die Option nicht gewollt hätten - sie fühlten sich als Objekt, daß die Obrigkeit dorthin zuteilt, wohin es ihr paßt. Da gab es kaum Individualität, jedenfalls nicht in diesen höheren Gefilden. Interessanterweise widersprach der Dozent damit der bisherigen Lehrmeinung, daß die St. Wendeler z.B. in den 1830ern eine Art Revolution versuchten anzuzetteln gegen die Coburger. Denen ging es um ihre unmittelbaren Interessen, dort, wo es ihren Geldbeutel betraf, nicht die hohe Politik. Davon hatten sie keine Ahnung, damit wollten sie in Ruhe gelassen werden. Alles in allem ein sehr interessanter Vortrag - trotz seiner Schwächen. Richtig was Neues gab es im Vortrag eher nicht, aber - für mich - im Anhang. Z.B. daß die Basilika um 1800 einige Zeit nicht als solche benutzt wurde und warum das dann wieder der Fall war. Roland Geiger |
Date: 2013/03/14 11:10:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Hallo,
etwas im Datum geirrt haben sich die Autoren des nachstehenden Artikels,
der gut für die diesjährige Ostermontagausgabe gepaßt hätte.
Ein paar Fakten aus der St. Wendeler Geschichte?
=> im 14ten Jahrhundert: die kurfürstliche Burg wird gebaut
=> Februar 1677: Burg und Stadt werden zerstört
=> 1776: Sebastian Schlick und Johann Wassenich haben Ostrand des
ehemaligen Schloßgeländes ein Grundstück gepachtet, dessen Flächenangabe nicht
stimmt. Deshalb zeichnet Geometer Keller einen Plan des Geländes. Häuser stehen
an seinem Rand, ein Teil der Burgmauer steht noch, zwei Tore sind zu sehen. Im
Innenhof steht nix mehr.
Heute in der Saarbrücker Zeitung:
Fundament-Balken des alten Schlosses gefundenEichenholz-Pfeiler während Bauarbeiten am Haus Colbus geborgen – Datierung verrät Baubeginn um 1730Es ist geschichtsträchtiges Gelä(n)de, auf dem das neue Dienstleistungszentrum der Stadt St. Wendel entsteht. Bei den Bauarbeiten am historischen haus Colbus wurden jetzt fast 300 Jahre alte Balken gefunden.St. Wendel. Die Geschichte des „Haus Colbus“ reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück: Erst war es eine Burg, dann ein Schloss, dann ein Wirtschaftsgebäude und nun wird daraus ein Rathaus. Sprich, ein neues Dienstleistungs- und Geschäftszentrum im Herzen der Innenstadt. Das Colbus-Haus ist also eine Verbindung zwischen Alt und Neu, zwischen Geschichte und Zukunft. Hans-Peter Rupp, Baumamtsleiter der Stadt St. Wendel, und Bernd Brill, Diplom-Ingenieur, leiten das Projekt, welches sich momentan im zweiten Bauabschnitt befindet. Im Zuge der Fundamentierungsarbeiten wurden Mitte Februar dieses Jahres neben verkohlten Mauerresten, die wahrscheinlich zu den alten Schlossmauern gehörten, historische Balken im Colbus-Haus sichergestellt. „Je tiefer man sich in solch einer historischen Umgebung vorarbeitet, desto interessanter wird die Geschichte“, sagt Bauamtsleiter Rupp. Mithilfe der Dendrochronologie konnte jetzt genau bestimmt werden, aus welchem Jahr die Balken stammen. Dendrochronologie ist eine Datierungsmethode, bei der die Jahresringe verglichen werden, um die Hölzer zeitlich einordnen zu können. Laut Auswertung ist einer der Balken im Jahr 1729/1730 der andere im Jahr 1728/1729 gefällt worden. Dank den Ergebnissen der Dendrochronologie konnte nun erstmals festgelegt werden, wann das Schloss gebaut worden ist. Wenn die Bäume um 1730 gefällt wurden, kann man davon ausgehen, dass auch die Schlossbebauung um 1730 ihre Anfänge genommen hat. Die Balken wurden damals unter den Mauern des Schlosses eingesetzt, um ein stabiles Fundament zu gewährleisten. Bei den geborgenen Balken handelt es sich um Eichenholz. „Man benutzte Eiche, weil diese besonders geeignet für nasse Gebiete ist und man damals noch keinen Beton zur Verfügung hatte“, erklärt Rupp. Solch ein Balkenfundament könne bei feuchten Bedingungen bis zu 1000 Jahren halten, so der Bauamtsleiter. |
Date: 2013/03/16 09:49:31
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
mittlerweile habe ich erfahren, daß nicht der Herr Rupp für den Unsinn
verantwortlich zeichnet, der am Freitagmorgen über den Bau des Schlosses im St.
Wendeler Teil stand, sondern die Zeitung mal wieder selber.
Die junge Dame, die das Interview mit den Herren Rupp und Brill führte, hat
sich wohl ihre Notizen gemacht, aber daraus diesen unausgegorenen und sachlich
völlig falschen Mist fabriziert, der dann veröffentlicht wurde. Ob sie nicht
zugehört hat oder ob die fade Wirklichkeit ihr zu dröge war oder ob sie es
einfach nur nicht auf die Reihe gekriegt hat, wer weiß.
Wir haben ja alle unsere Erfahrungen gemacht über die Jahre mit
Informationen, die falsch oder verdreht wiedergegeben wurden, wenn überhaupt.
Ich erinnere mich an einen Artikel über die Ausgrabung eines Bombers aus dem
Zweiten Weltkrieg im Jahre 1996 mit der Überschrift "Ein Bomber lag brennend im
Garten", dessen Inhalt dem Niveau der Überschrift entsprach.
Da frage ich mich mal wieder, welchen Sinn ein solcher Artikel überhaupt
hat. Oder welche Absicht die Chefs dieses Mädchen verfolgen, wenn sie sie
historisch völlig unbelastet, aber mit einer überbordenden Fantasie
ausgestattet, auf solche nicht ganz einfachen Themen loslassen. Sollen sie sich
dabei ihre Sporen verdienen? Für so einen Unfug verdienen sie Schläge in die
"Halskoul". Aber die bekommen sie nicht, weil keiner - weder sie selbst noch
ihre Auftraggeber - erkennen (können), was für einen Schrott sie da produzieren
und veröffentlichen.
Da wärs besser gewesen, es wäre nichts drüber geschrieben worden. Jetzt
lesen die meisten Leute diesen Mist und glauben es unbesehen. Und irgendwann
findet mans dann im Heimatbuch oder sonstwo wieder.
Mit
frustriertem Gruß Roland Geiger |
Date: 2013/03/18 03:53:17
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Baratte, François: Die Römer in Tunesien und Libyen. Nordafrika
in römischer Zeit (= Zaberns Bildbände zur Archäologie) [Übersetzt von Yves Gautier]. Darmstadt: Philipp von Zabern Verlag 2012. ISBN 978-3-8053-4459-3; 144 S.; EUR 29,99. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Lennart Gilhaus, Institut für Geschichtswissenschaft, Abt. Alte Geschichte, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn E-Mail: <lgilhaus(a)uni-bonn.de> François Baratte gibt in diesem Band aus der Reihe "Zaberns Bildbände zur Archäologie" einen Überblick über die Entwicklung der Provinz Africa proconsularis von republikanischer Zeit bis zum Ende der byzantinischen Herrschaft. Beigefügt sind eine Zeittafel und eine kurze Bibliographie. Nach einer knappen Einleitung (S. 10) kommt Baratte auf die Geschichte Nordafrikas vor der Eroberung durch die Römer zu sprechen und hebt dabei die prägende Rolle der punischen Städte, der numidischen Königreiche und der libyschen Stämme hervor (S. 10-12). Im nächsten Abschnitt werden die Rahmenbedingungen der römischen Herrschaft in Nordafrika thematisiert. Der geographische Kontext, die wichtigsten historischen Entwicklungen bis zu Diokletian und die Verwaltungsorganisation der Provinz (S. 13-21) werden dabei kurz charakterisiert. Nach diesen Präliminarien kommt Baratte zum eigentlichen Kern seiner Ausführungen. In mehreren Kapiteln werden die städtische Kultur, die Gesellschaft und Kunst sowie das ländliches Leben und die Wirtschaft in den ersten drei Jahrhunderten n.Chr. behandelt (S. 22-113). Den größten Raum nimmt das Kapitel zur urbanen Kultur ein (S. 22-70). Zunächst gibt er einen Überblick über die Quellen- und Forschungslage. Anschließend folgen einige Ausführungen zur Organisation des städtischen Lebens, bevor einige antike Städte konkret vorgestellt werden. Teilweise sind die Ausführungen aber so knapp, dass sie für den Leser kaum relevante Informationen enthalten (vgl. insbesondere S. 40 mit den Texten über Althiburos, Bulla Regia und Thuburbo Maius). Besser hätten einige wenige Beispiele ausführlicher behandelt werden können. Auf den folgenden 30 Seiten wird ein Überblick über den Aufbau und die Funktionsweise der wichtigsten Gebäudetypen geboten. Neben den Spielstätten werden dabei Thermen, Privathäuser, Villen sowie Gräber und Mausoleen anhand einiger Beispiele behandelt. Gebäude der öffentlichen Verwaltung und andere Profanbauten sowie die für Nordafrika sehr charakteristischen Ehrenbögen werden allerdings leider mit einigen wenigen Worten schnell abgehandelt. Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten und ist unter die Frage gestellt, inwiefern man von einer Romanisierung der Gesellschaft sprechen kann (S. 71-95). Für den Bereich Religion betont Baratte mehrfach die religiöse Vielfalt, baut dabei aber eine starke Dichotomie zwischen römischer Staatsreligion auf der einen und dem "nordafrikanische[n] Substrat" (S. 77) auf der anderen Seite auf. Eine solch starke Trennung wird meines Erachtens aber nicht durch das Quellenmaterial gedeckt.[1] Im folgenden Unterkapitel werden die Kunstgattungen Architektur, Skulptur und Mosaik behandelt. Baratte weist dabei auf einige besondere regionale Ausprägungen hin, betont aber vor allem den römischen Charakter dieser künstlerischen Formen. Der sich anschließende Abschnitt ist zwar mit: "Soziale Vielfalt in den ländliche Gegenden der Africa proconsularis" überschreiben, umfasst aber neben der Landwirtschaft auch Handwerk und Steinbrüche, behandelt also vor allem wirtschaftliche Aspekte (S. 98-113). Danach geht Baratte zur Spätantike über (S. 114-130). Zunächst beschreibt er kurz die neue Verwaltungsordnung seit Diokletian und in enger Anlehnung an die Forschungen von Claude Lepelley die Kontinuitäten und Wandlungen des städtischen Lebens. Wesentlich ausführlicher ist das Kapitel zur Christentum im spätantiken Nordafrika angelegt. Baratte gibt zunächst einen kurzen Überblick über die wichtigsten Quellen und Etappen der Christianisierung und kommt auf das donatistische Schisma zu sprechen, bevor er sich den erhaltenen Überresten von Kirchen und ihrer Ausstattung zuwendet. Hier gelingt es dem ausgewiesenen Spezialist für die christliche Archäologie Nordafrikas kurz und verständlich die wesentlichen Gestaltungsmerkmale ansprechend darzulegen. Auf den restlichen Seiten werden die vandalische und byzantinische Zeit bis zur arabischen Eroberung dargestellt (S. 131-139). Baratte beschreibt die politischen und kulturellen Entwicklungen sehr ausgewogen und vermeidet Pauschalurteile. So könne man nicht von einem generellen Niedergang der Städte sprechen, vielmehr sei die Situation der Städte sehr differenziert zu bewerten. Barattes Monographie ist die erste Gesamtdarstellung zum römischen Nordafrika in deutscher Sprache überhaupt und schon allein deshalb hoch zu bewerten. Insbesondere die Ausführungen zur Spätantike sind sehr überzeugend, die Qualität der Kapitel zur Kaiserzeit schwankt hingegen zuweilen. Leider finden sich auch gerade in diesen Abschnitten einige offensichtliche Flüchtigkeitsfehler.[2] Zudem trifft man gelegentlich auf fehlerhafte oder problematische Übersetzungen.[3] Dennoch kann man nur hoffen, dass der insgesamt gelungene, flüssig geschriebene und mit hochwertigen Abbildungen ausgestattete Band bei den Lesern Interesse für diese zentrale, aber in Deutschland oft vernachlässigte Region des antiken Mittelmeerraums wecken und vielleicht sogar zu neuen Forschungen anregen wird. Anmerkungen: [1] Vgl. zu solchen "[z]ählebige[n] Denkmodelle[n] in der Nordafrika-Forschung" insbesondere Stefan Ritter, Götter und ihre Verehrer in Nordafrika: Die Heiligtümer von Thugga als Modellfall, in: JRA 19 (2006), S. 549-558, hier: 556-557. [2] Um nur einige Beispiele auf den ersten Seiten zu nennen: "Die Niederlage der Pompejaner 47 v. Chr." (S. 17) erfolgte erst 46 v.Chr.; Oea/Tripoli war nicht "künftige Provinzhauptstadt" (S. 20) von Tripolitanien, sondern Lepcis Magna; die Kolonien Uthina, Maxula/Radés und Thuburbo Minus werden fälschlicherweise als pagi dargestellt (S. 25); das Amphitheater von Lepcis Magna wurde nicht in "flavischer Zeit" (S. 31), sondern 56 n.Chr. errichtet. [3] So steht in der zeitgleich erschienen französischen Version des Buchs als Aufzählung "ou sur celui de Sabratha, en Tripolitaine, sur la côte orientale de Tunisie, dans le cap Bon" (François Baratte, L'Afrique romaine. Tripolitaine et Tunisie, Paris 2012, S. 13), im Deutschen wird daraus "Sabratha an der Ostküste Tunesien am Cap Bon" (S. 13). Weiterhin wird von einem "Tempel der Serapis" (S. 27) gesprochen, obwohl Serapis ein männlicher Gott war; Wendungen wie "domaine édilitaire" oder "activité édilitaire" (vgl. F. Baratte, L'Afrique romaine. Tripolitaine et Tunisie, Paris 2012, S. 33 und S. 116) werden mit "Aktivitäten der Ädilen" (vgl. etwa S. 33 und S. 116) wiedergegeben, doch sind einfach Bauaktivitäten gemeint. Auch Namen werden in der deutschen Übersetzung teilweise falsch wiedergegeben: "René Gagnat" (S. 23) statt René Cagnat; "Beschaouhs Arbeiten" (S. 46) statt Beschaouchs Arbeiten. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Konrad Vössing <konrad.voessing(a)uni-bonn.de> |
Date: 2013/03/19 21:52:40
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Christian Zschieschang
<zschie(a)rz.uni-leipzig.de> Date: 13.03.2013 Subject: Konf: Wassermühlen und Wassernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa - Leipzig 04/13 ------------------------------------------------------------------------ Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig, Projektgruppe "Usus aquarum" 12.04.2013-13.04.2013, Leipzig, GWZO, Specks Hof (Eingang A), 4. Etage, Reichsstraße 4, 04109 Leipzig Deadline: 02.04.2013 Die Nutzung des Wassers ist ein Forschungsbereich, der zwar häufig, aber oft in regional oder thematisch begrenzt bearbeitet wurde. Mit dieser Tagung sollen diese Begrenzungen aufgebrochen werden. Hierbei steht ganz Ostmitteleuropa zur Diskussion. Eine Charakterisierung dieser Großregion wird durch einige das westliche Mitteleuropa betreffende Beiträge vertieft. Im Rahmen dieser Tagung sollen Forschungsergebnisse des Projektes "Usus aquarum" in einem Kreis ausgewiesener Fachwissenschaftler zur Diskussion gestellt werden. ------------------------------------------------------------------------ WASSERMÜHLEN UND WASSERNUTZUNG IM MITTELALTERLICHEN OSTMITTELEUROPA, GWZO Leipzig, 12.-13. April 2013 Freitag, 12.04.2013 9:00 Christian Lübke, Matthias Hardt: Begrüßung, Einführung in das GWZO Wassernutzung im Mittelalter 9:30 Tomás Klimek (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik, Prag): Perception of Rivers and Other Water Streams in the Czech Middle Ages 10:00 Oana Toda (Babes-Bolyai Universität, Cluj-Napoca): Inland Navigation in Transylvania (based on medieval charters and late medieval official reports) 10:30 Nadine Sohr (Leipzig): Die Elbe als Wirtschaftsfaktor im nordwestlichen Böhmen 11:00 Kaffepause 11:30 Barbora Kocánová (Tschechische Akademie der Wissenschaften, Prag): Alles hängt vom Wetter ab. Voraussage der Witterung in lateinischen Quellen des Mittelalters 12:00 Matthias Hardt (GWZO, Leipzig): Wasserwirtschaft des Klosters Broda 12:30 Krystof Drnek und Jaroslav Jásek (Karls-Universität, Prag, Museum der Wasserversorgung von Prag: An attempt at an outline of the historical development of water supply and sewerage of medieval settlements in the Czech Lands in the Middle Ages 13:00 Mittagspause Mühlen in Landschaft, Wirtschaft und Wahrnehmung 14:30 Thomas Kind (J.-W.-Goethe-Universität Frankfurt/Main): Die Verbreitung der Wassermühle im frühmittelalterlichen Mitteleuropa 15:00 Winfried Schich (Humboldt-Universität Berlin): Die Bedeutung der Wassermühle für die zisterziensische Klostergemeinschaft 15:30 Sascha Bütow (Universität Potsdam): Mühlen, Dämme und Flutarchen - Die Nutzung von Wasserwegen im Spreewald im 15. und 16. Jahrhundert 16:00 Kaffeepause 16:30 Stanislawa Sochacka (Instytut Slaski, Opole): Namen der Wassermühlen in Schlesien 17:00 Monika Choros und Lucja Jarczak (Instytut Slaski, Opole): Schlesische Orts- und Flurnamen mit dem Glied Mühle/mlyn 17:30 Christian Zschieschang (GWZO, Leipzig): Zur Benennung von Mühlen im Mittelalter 18:30 Abendexkursion: Führung durch die Wassermühle Dölitz 19:30 Gemeinsames Abendessen im Restaurant Spreewaldschänke, Im Dölitzer Holz 7 Samstag, 13.04.2013 Sachrelikte mittelalterlicher Mühlen 9:00 Gerson H. Jeute (Universität Bremen): Verbreitung und Technik der hochmittelalterlichen Mühle aus archäologischer Sicht 9:30 Wolfgang Czysz (Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Thierhaupten): Stoahackher im bayerischen Inntal. Eine Studie zu Mühlsteinbrüchen vom 8.-20. Jahrhundert 10:00 Kaffeepause 10:15 Jens Berthold (Kommunalarchäologie Schaumburger Landschaft, Bückeburg): Mühlen im Befund - Archäologische Erscheinungsformen und Nachweismöglichkeiten von Wassermühlen 10:45 Lucie Galusová und Martina Maríková (GWZO, Leipzig): Die Baugestalt der mittelalterlichen Wassermühlen in Böhmen und Mähren 11:15 Schlussdiskussion 11:45 Kaffeepause 12:30 Abfahrt zur Exkursion zu Mühlen in und um Freyburg (Unstrut) und Eckartsberga 18:00 Ankunft in Leipzig ------------------------------------------------------------------------ Martina Mariková GWZO, Reichsstraße 4, 04109 Leipzig ++49 341 9735591 ++493419735569 martina.marikova(a)uni-leipzig.de Homepage <http://www.uni-leipzig.de/~gwzo/index.php?option=com_content&view=article&id=162&Itemid=1571> URL zur Zitation dieses Beitrages http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=21370 |
Date: 2013/03/20 12:52:23
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
gestern erhielt ich von einer Amerikanerin einen Brief zum Übersetzen, den
Verwandte 1947 aus Deutschland an ihre Verwandten nach Amerika geschrieben
haben. Ich habe die Nachnamen rausgenommen, die gehen niemanden etwas an, aber
den Text unverändert gelassen. Ist auch ein Zeitdokument.
Roland
-----------------------
Hildesheim den 18.3.1947
Ihr Lieben alle!
Euren lieben Brief vom 18. Januar 1947, in welchem ihr uns den Tod unserer
lieben Tante Hermine mitteiltet, haben wir erhalten und möchte euch allen
unser herzlichsts Beileid Beileid aussprechen. Es ist so schwer und hart vom
Schicksal, wenn es uns einen lieben Menschen nimmt.
Wir hörten, dass es Dir, lieber Onkel, gesundheitlich nicht gut geht. Wir
hoffen, dass du dich wieder erholt und noch manches Jahr mit Deinen Lieben
verlebst.
Nun muss ich wohl erst mal sagen, wer ich bin. Ich bin Hans D., Herthas
Mann. Unsere Mutter wohnt ja jetzt bei uns, da sie durch den Krieg bei einem
Bombenangriff in Neumünster alles verloren hat. Als ich aus der
Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, bin ich von hier aus sofort nach
Neumünster gefahren und habe Mutter zu uns geholt, damit sie wieder ein Heim hat
und nicht auf die Hilfe fremder Menschen angewiesen ist. Ich selbst habe eine
gute Stellung im Staatsdienst und guten Verdienst. Mutter ist noch sehr rüstig
und ist von früh bis spät auf den Beinen. Sie hilft Hertha mit im Haushalt und
macht uns alle Schneiderarbeiten fertig, denn wo Kinder im Hause sind, gibt es
immer etwas zu nähern und zu flicken.
Mutter hat an euch schon drei Briefe geschrieben. Wir hoffen, da sie
angekommen sind. In diesen Briefen hat Mutter euch auch die Ankunft der beiden
Pakete mitgeteilt. Wir haben uns sehr dazu gefreut und möchten euch nochmals
unseren herzlichsten Dank dafür sagen, wenn
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wir können wirklich jedes Stück gebrauchen, sei es auch noch so alt, da wir durch den unseligen Krieg alles verloren haben und es sollte keine Möglichkeit gibt, etwas wieder anzuschaffen. Unsere Städte sind zerstört und die Industrie liegt darnieder. Für Geld und gute Worte kann man nichts kaufen. Darum glaubt uns, dass wir für jedes Stück, das Ihr uns schickt, euch besonders dankbar sind. Wir können wirklich alles gebrauchen. Wenn ihr also Sachen habt, die ihr nicht mehr benötigt oder dort von euren Bekannten bekommen könnt, dann seid doch bitte so gut und schickt es uns; denn wir leiden bittere Not. Unsere Kinder und wir haben fast keine Schuhe, Strümpfe und Kleider mehr; denn während des Krieges konnten wir nichts kaufen, weil es einfach nichts gab. Zu den schönen Lebensmitteln haben wir uns sehr gefreut und sind euch sehr
dankbar dafür. Wie es in diesem Punkt hier bei uns aussieht, könnt Ihr euch wohl
kaum vorstellen. Den Kaffee trinken wir nur an Sonntagen oder wenn eine
besondere Gelegenheit gegeben ist und dann auch nicht als Genussmittel, sondern
als Stärkungsmitteln. Ich weiß nicht, ob Euch unserer kargen Portionen bekannt
sind; darum will ich es euch einmal erzählen. Wir bekommen per Kopf und Monat:
Brot circa 1000 gr; Butter 125 gr; Margarine 75 gr; Fleisch - und Wurstwaren 600
gr; Zucker 500 gr; Nährmittel 1000 gr; Kaffeeersatz 125 gr; Fisch 500 gr;
Kartoffeln 800-1000 gr; Käse 125 grund 2 Liter Magermilch. An Waschmittel
bekommen wir 125 gr. Das sind die Höchstsätze für eine Portion im Monat. Unsere
Frauen sind die reinsten
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Kochkünstler, die man immer wieder bewundern muss, weil sie uns immer noch eine Mahlzeit auf den Tisch bringen. Ihr könnt euch aber wohl denken, dass wir dabei fast am verhungern sind. Oft werden auch diese kargen Sätze noch nicht geliefert, weil sie durch Transportschwierigkeiten nicht rechtzeitig an Ort und Stelle kommen. Dann ist die Not besonders groß. Darum könnt Ihr euch denken, dass wir jedes Gramm Lebensmittel besonders freudig und dankbar begrüßen. Und wenn ich noch eine Bitte aussprechen darf, so diese, schickt uns auch bitte etwas zu essen mit. Wir wollen es gerne alles bezahlen, sobald wir wieder eine stabile Währung haben und wie er wieder Geld überweisen dürfen. Wir wollen es ja nicht für uns, sondern für unsere Kinder; denn diese laufen mit schmalen und blassen Gesichtern herum und wir danken Gott, wenn sie uns nicht krank werden. Es ist sehr traurig, man möchte Ihnen gern etwas geben; aber man hat nichts und kann auch nichts bekommen. Jetzt nimmt auch dieser Winter seinen Abschied. Es war wohl der härtesten
Winter seit 20 Jahren. Das schlimme war, dass wir keine Feuerung hatten; denn
wir haben für den ganzen Winter nur fünf Zentner Holz bekommen. Steinkohlen und
Briketts gab es nicht. Darum waren wir gezwungen, am Abend früh ins Bett zu
gehen, denn im kalten Zimmer war es nicht auszuhalten. Doch nun schmilzt der
Schnee und wenn der Frost aufgetaut und die Feuchtigkeit aus dem Boden ist,
beginnt die Gartenarbeit. Hertha und ich haben uns im vorigen Jahr ein Stück
Gartenland
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in der Größe 1/4 Morgen, in der Nähe unserer Wohnung urbar gemacht. Hoffentlich wächst nun etwas darauf, denn Gemüse und Obst ist hier kaum zu haben. Wir scheuen daher auch keine Arbeit, uns dadurch unsere schmale Kost etwas zu vermehren; vorausgesetzt, dass wir diese Arbeit bei der geringen Lebensmittelzuteilung auch noch leisten können; denn wir sind mit unseren Kräften, wie man sagt, auf den Hund gekommen. Ich will nun diesen Brief beenden. Ich habe ihn für Mutter geschrieben. Sie
hat mich darum gebeten, weil die im kalten Zimmer sitzen und Mutter in der Kälte
nicht gut schreiben kann. Darf ich bei dieser Gelegenheit noch eine kleine
persönliche Bitte aussprechen, so bitte ich um Übersendung einer Shaeg-Pfeife,
da meine zerbrochen ist und es hier keiner zu kaufen gibt. Ich würde mich sehr
dazu freuen.
Nun hoffe ich, dass diese Zeile in euch alle bei guter Gesundheit
antreffen. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir bald wieder von euch eine
Antwort erhalten.
Seit nun alle recht herzlich gegrüßt
von unserer Mutter und von Hans und Hertha, Elke und Dörte. |
Date: 2013/03/24 23:38:29
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
diesen Text hab ich vor einiger Zeit im Landeshauptarchiv Koblenz kopiert,
er betrifft das sog. alte Rathaus in St. Wendel. Zum besseren Verständnis habe
ich ihn in neueres Deutsch übertragen.
Dem einleitenden Vertrag von 1763 folgt eine genaue Beschreibung der
Baumaßnahmen bei der Errichtung des Nachfolgebaus - des heutigen alten Rathauses
- im Jahre 1791. Darin wird auf einen Riß Bezug genommen, der heute wohl leider
nicht mehr existiert. Sehr schade.
Mit
freundlichem Gruß
Roland Geiger ------------------------
Nachdem er sich am 15. Juni mit den Beamten seiner Hofrentkammer beraten hatte, erließ der Trierer Kurfürst am 20. Juni in Ehrenbreitstein einen schriftlichen Befehl. Darin wurden der Hofrat Eschermann und der Kammerrat Carove angewiesen, nach St. Wendel zu reisen und das sogenannte Rathaus für die Kurfürstliche Hofrentkammer zu requirieren. Die beiden Kommissare machten sich auf den Weg und stellten am 1. August fest, daß das St. Wendeler Rathaus, daß der damalige Trierer Kurfürst im Jahre 1440 „auf St. Lucas des Evangelisten Tag“ der St. Wendeler Pfarrkirche zur Unterbringung ihrer Pilger und fremder Krämer geschenkt hatte, im schwedischen und nochmal im französischen Krieg gegen Ende des vorigen Jahrhunderts (d.h. des 17ten) zusammen mit den pfälzischen Ortschaften bis auf seine vier Mauern heruntergebrannt und so ruiniert worden war, daß die Kirche danach keine Hoffnung zu haben brauchte, es je wieder benutzen zu können. Am 28. Juli 1722 erklärten die Kirchenvorsteher gegenüber einer Kurfürstlichen Kommission, auf alle Rechte an dieser alten Ruine zu verzichten, wenn man sie zu einem kurfürstlichen Speicher und Rathaus umbauen würde. Wie man aus den St. Wendeler Amtskriegsrechnungen ersehen kann, wurde das alte Gemäuer auf feindliche (französische) Anordnung in den Jahren 1734 und 1735 zu einem französischen Kriegs- und Versorgungsmagazin umgebaut und mit einem neuen Dach versehen, worauf schließlich der hiesige kurfürstliche Beamte, Herr Hofrat von Hame, auf eigene Kosten im Gebäude einen Speicher für die kurfürstlichen Früchte einrichten und bis vor einigen Jahren auch bewachen ließ. Angesichts des neuen Dachs begann die hiesige Bürgerschaft, sich um die unteren Stockwerke zu kümmern, die sie verpachtete. Die Pfarrkirche – obwohl durch den Schenkungsvertrag von 1440 immer noch Eigentümerin des Gebäudes – blieb außen vor und hatte keinen Nutzen am Gebäude. Deshalb traten die beiden kurfürstlichen Räte mit dem hiesigen Herrn Pastor Henrich Joseph Braun und den Kirchenvorstehern in Verhandlungen, und man kam überein, daß die Kirche zu St. Wendel alle ihre Rechte am Gebäude, wie sie im Schenkungsvertrag von 1440 festgehalten waren und bis 1735 noch wahrgenommen wurden, der kurfürstlichen Hofrentkammer wieder zurückübertragen wurden – mit Ausnahme der Standgelder „um den plaZ der Kirchen“ und aller ihr außerhalb des Gebäudes zustehenden Gefälle. Als Ausgleich versprach die kurfürstliche Hofrentkammer der Kirche einen Grundzins von 4 Malter Korn, der an Martini Episcop aus hiesigen Kellereybeständen zu entrichten war (der erste Zins wurde im Jahre 1764 fällig). Sofern der Kurfürst diesen Vertrag genehmigen würde, sollte der Grundzins mit einem Gegenwert von 50 rheinischen Gulden der Kirchenorgel zu Gute kommen. Außerdem wurde vereinbart, daß der Kurfürst diese jährliche Leistung über kurz oder lang mit einer einmaligen Zahlung von 300 Gulden in bar ablösen konnte. Und ebenso, wie die Kirche der kurfürstlichen Hofrentkammer das Gebäude ohne darauf haftende Beschwerden übergab, so überließ sie es der Hofrentkammer, Ansprüche Dritter wegen seit 1734 darauf verwendeter Baukosten ohne Zutun der Pfarrkirche abzuwickeln. Geschehen zu St. Wendel am 20ten Augusti 1763 und zur Beurkundung von den Kontrahenten und Zeugen unterschrieben. Henricus Josephus Braun, pastor ad sti wendel, für sich und seine Schöffen Sebastian Demuth, Sendschöffe Jacob Pistor, Sendschöffe Christian Blum Sendschöffe C. Wilquin Send- und Kirchenschöffe, zur Zeit auch Kirchenpfleger F:E: von Hame, primarius ecclesiae provisor J.C. Eschermann als Churf. Commissarius CCCarove alß E. Churfürst. Cimmissarius Stephanus Schöenes Rector Hospitalis Cusani, et Co-Patronus Ecclesiae in Sto Wendalino M. Reulandt testis
(Quelle: Landeshauptarchiv Koblenz, 1 C 7542) |
Date: 2013/03/27 10:33:53
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Britta Kägler <kaegler(a)dhi-roma.it> Date: 27.03.2013 Subject: Rez. MA: B. Klein u.a. (Hrsg.): Kirche als Baustelle ------------------------------------------------------------------------ Klein, Bruno; Schröck, Katja; Bürger, Stefan (Hrsg.): Kirche als Baustelle. Große Sakralbauten des Mittelalters. Köln: Böhlau Verlag Köln 2013. ISBN 978-3-412-20976-6; geb.; 428 S.; EUR 54,90. Inhaltsverzeichnis: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_19893.pdf> Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Britta Kägler, Deutsches Historisches Institut in Rom E-Mail: <kaegler(a)dhi-roma.it> Auf Schritt und Tritt begegnen sie uns als steinerne Zeugnisse der Vergangenheit. Die Rede ist von den großen Sakralbauten des Mittelalters, die bis heute zahlreiche europäische Stadtansichten prägen. Die Kirche als Baustelle - so der Titel des vorliegenden Sammelbandes - rückt nun erstmals den Prozess des Bauens in den Mittelpunkt und wirft damit verschiedene Fragen auf, die sich jeweils aus der Grundannahme ergeben, dass es sich lohne, den Blick auf die "Geschichtlichkeit von Bauverläufen" (S. 8) zu lenken. Verdeutlicht doch gerade der Prozesscharakter des oft jahrzehnte-, wenn nicht jahrhundertelangen Bauvorhabens, inwiefern das Endergebnis aus einer Folge verworfener alternativer Bauprojekte hervorgegangen ist, was sich während eines so langwierigen Bauprozesses alles ereignen konnte und welche Strategien entwickelt wurden, um möglichst viele Störfaktoren bereits im Vorfeld ausschließen zu können. Ausgehend von diesen praxisbezogenen Fragestellungen verfolgt der Sammelband, der auf eine Tagung im November 2011 und auf Ergebnisse des Sonderforschungsbereichs 804 "Transzendenz und Gemeinsinn" (TU Dresden) zurückgeht, das Problem, welche Bedeutung Planungs- und Bauprozesse mittelalterlicher Kirche als Katalysatoren für die Dynamisierung und Stabilisierung sozialer Ordnungen besaßen. Bruno Klein hebt in seinem einleitenden Beitrag "Bauen bildet - Aspekte der gesellschaftlichen Rolle von Bauprozessen mittelalterlicher Großbaustellen" hervor, dass seit dem 12. Jahrhundert eine Wandlung eingesetzt habe, die vom sapiens architectus, der Leitfigur des mittelalterlichen Bauwesens, wegführte, hin zu einer zunehmenden Ausdifferenzierung einzelner Tätigkeiten. Er verweist hierbei zu Recht auf die Weiterentwicklung technischer Möglichkeiten, die allerdings "nicht losgelöst von den kulturellen, speziell sozialen Entwicklungen betrachtet" (S. 12) werden können. In der Mehrzahl der 24 Beiträge wird ausdrücklich betont, dass die generelle Steigerung des Aufwandes einer Großbaustelle im späten Mittelalter verstärkt dazu führte, dass die Bauherren nicht mehr allein für die Finanzierung der Sakralbauten aufkommen konnten. Eingefordert wurde daher Partizipation in den Städten vor allem durch die Gläubigen und deren Spenden. Der Beitrag von Klaus Tragbar "Wie man eine Kathedrale baut. Anmerkungen zum Baumanagement des Doms in Siena" stellt exemplarisch das Baumanagement des Doms in Siena vor, indem er die Rechnungsbücher analysiert und zeigt, dass ein Erstarken der Kommune das gesamte Finanzierungskonzept der Dombauhütte, deren Organisation und Aufgabengebiete veränderte. Es bildete sich eine Art kommunale Baugesellschaft heraus, deren Kontrolle nicht dem Bischof oder den Kanonikern, sondern der Kommune allein oblag. Klein postuliert in Übereinstimmung mit Martin Warnke, dass durch die stärkere kommunale Beteiligung bei Großbauprojekten (Klein analysiert den Bau der Kathedralen von Modena und Piacenza im 11./12. Jahrhundert) eine Art öffentliche Zurücknahme von Machtautonomie zu verzeichnen sei.[1] Es gelingt ihm, zu zeigen, wie hoch der öffentliche Druck war, sich an der Baustelle zu beteiligen, um die eigene 'Gemeinsinnigkeit' zu inszenieren. Der selbstbewussten Bürgerschaft von Reims geht Peter Kurmann in seinem Beitrag "Baustellen und Barrikaden" nach. Im Gegensatz zu Siena lösten sich hier die Spannungen zwischen Erzbischof, Domkapitel und Kommune jedoch nicht ohne Weiteres auf. Von kriegsähnlichen Zuständen, in deren Folge selbst das Baumaterial für Notre-Dame zu Reims für Barrikaden herhalten musste, gingen jedoch kaum nachweisbare Änderungen am Baukonzept aus. Die Forschung betont im Gegenteil die formale Einheitlichkeit wie sie sich in kaum einem anderen Bauwerk der französischen Gotik finden lässt, obwohl die Kirche nur nach langwierigen Baustopps vorangebracht werden konnte. Ebenfalls in Etappen vollendet wurde die Franziskanerkirche Santa Croce in Florenz, deren Finanzierungsmodell sich Eva Maria Waldmann vornimmt. Ihr Beitrag schließt zusammen mit dem Beitrag von Claudia Jentzsch zur Teilhabe am Bau der Augustinerkirche Santo Spirito eine Lücke im Bereich der Finanzierungsstrategien, die sich dadurch ergab, dass auch die Bettelorden große Sakralbauten zu errichten begannen. Deren Finanzierung konnten sie als 'non-profit-Organisationen' jedoch nicht aus eigenen Mitteln bestreiten. Waldmann zeigt, wie mit der Vergabe von Bestattungsplätzen im Innenraum der Kirche Laien als Spender gewonnen werden konnten. Dieses Modell machte in Florenz Schule, indem auch die Mendikantenkirche Santo Spirito Kapellenräume für private Stifter vorsah. Inwiefern die Monumentalität der Kirchenräume zum bloßen Anreiz für wohlhabende Stifter verkommen konnte, hätte noch weiter ausgeführt werden können; gespannt sein kann man jedoch bereits auf die Monografie zur Franziskanerkirche Santa Croce, die Waldmann derzeit für den Druck vorbereitet.[2] Die Beiträge von Stefan Bürger, Katja Schröck, Gerhard Weilandt, Jean-Sébastien Sauvé, Maren Lüpnitz, Franz Bischof, Helga Steiger und Andrea Sander wenden sich Bauprojekten im deutschsprachigen Raum zu. Hierzu gehören die St. Annenkirche in Annaberg, der Veitsdom in Prag, die Frauenkirche in Nürnberg, das Straßburger Münster, der Domchor in Köln, St. Ulrich und Afra in Augsburg, St. Michael in Schwäbisch-Hall und St. Marien in Wurzen. Weilandt und Sauvé betrachten speziell die Bildprogramme. Sauvé konzentriert sich insbesondere auf die Darstellung der Beziehung der Reichsstadt Straßburg zum Kaiser, die in zahlreichen architektonischen und figurativen Elementen am und im Münster dargestellt ist. Er bleibt damit einer kunsthistorischen Betrachtungsweise besonders verbunden. Die Mehrzahl der Beiträge bewegt sich jedoch zwischen kunsthistorischen und historischen Fragestellungen, wenn für die einzelnen Baustellen Effizienzsteigerungen und eine generelle Rationalisierung des Bauprozesses festgestellt werden.[3] In Einzelfällen kann der spätmittelalterliche Dombaumeister sogar als 'Generalunternehmer' betrachtet werden, der für den Abschluss des Gesamtbauwerks allein verantwortlich war. Warum die Gruppe von Bauherren alles andere als einheitlich war, zeichnet Lüpnitz anhand des Kölner Domkapitels nach[4]; die soziale Herkunft der Stifter aus bürgerlichen Familien mit vorwiegend kleineren und mittleren Vermögen analysiert Bischoff am Beispiel des Neubaus von St. Ulrich und Afra, der angeblich aufgrund der baufällig gewordenen romanischen Vorgängeranlage notwendig geworden war.[5] Eine Begründung, die letztlich auch als Topos der Baugeschichte gilt. Der Sammelband überzeugt besonders dadurch, dass leitende Fragen die einzelnen Beiträge miteinander verbinden. Allerdings sind nur selten so direkte Verzahnungen wie bei den Beiträgen von Waldmann und Jentzsch zu finden. Die inhaltliche Verknüpfung der einzelnen Beiträge bleibt insofern hinter den hohen, durch die Einleitung geweckten Erwartungen zurück. Die einzelnen Beiträge sind in sich jeweils schlüssig, gründlich und lesenswert, eine zusammenfassende, wenigstens vorläufige Quintessenz bleibt aus. Die sozialen Ordnungen auf ihre Bedeutung für hoch- und spätmittelalterliche Großbaustellen zu untersuchen, öffnet jedoch den Blick für übergreifende Strukturen und eine notwendige Verbindung von Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Anmerkungen: [1] Vgl. Martin Warnke, Bau und Überbau. Soziologie der mittelalterlichen Architektur nach den Schriftquellen, Frankfurt am Main 1976, S. 67f. [2] Eva Maria Waldmann, Vor Vasari. Die Franziskanerkirche Santa Croce in Florenz (ca. 1280-1565), in Vorbereitung. [3] Hierzu besonders eindrücklich Katja Schröck, Der Prager Veitsdom - Aspekte des Bauens, S. 210-223, hier S. 219f. [4] Maren Lüpnitz, Dombaumeister und Domkapitel beim Bau des Kölner Domchores. Eine bauarchäologische Spurensuche, S. 285-298, hier S. 296f. [5] Franz Bischoff, St. Ulrich und Afra in Augsburg. Ein benediktinisches Großbauprojekt im städtischen Kontext, S. 299-312, hier S. 301. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Harald Müller <mueller(a)histinst.rwth-aachen.de> URL zur Zitation dieses Beitrages http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2013-1-207 |
Date: 2013/03/28 08:01:55
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
hab ich heute in der SZ gefunden - köstlich.
Roland Geiger
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Mars und Venus wieder ohne „Prothesen“Rom. Zwei antike Statuen von Mars und Venus, die von 2010 bis 2012 am italienischen Regierungssitz standen, sind ihre „Prothesen“ wieder los, wie die Zeitung „Il Messaggero“ berichtete. Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte die leicht verstümmelten Figuren für „unvollständig“ befunden und angeordnet, die fehlenden Teile zu ersetzen. So bekam Mars eine Hand, ein(en) Schild, ein Schwert und seinen Penis zurück, während Venus beide Hände zurückerhielt. afp |