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2012/10/23 15:31:26 Hans-Joachim Hoffmann [Regionalforum-Saar] Ausstellungseröffnung "G ebrochene Säule" - Rede und Begleitprogramm |
Datum | 2012/10/24 13:21:00 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] NSDAP-Ortsgruppe Niederkirchen im Ostertal – Versuch einer Rekonstruktion |
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2012/10/15 19:45:03 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] auf den Spuren der Vorfahren |
Betreff | 2012/10/23 15:31:26 Hans-Joachim Hoffmann [Regionalforum-Saar] Ausstellungseröffnung "G ebrochene Säule" - Rede und Begleitprogramm |
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2012/10/17 22:22:35 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Armut auf dem Lande |
Autor | 2012/10/24 13:21:00 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] NSDAP-Ortsgruppe Niederkirchen im Ostertal – Versuch einer Rekonstruktion |
Date: 2012/10/23 19:15:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...
In Ottweiler läuft zur Zeit die
Ausstellung „Gebrochene Säule“, zu der es ein umfangreiches Begleitprogramm
gibt. Sonntag,
O4.11.2012 Prof. Herbert Jochum:
Christen und Juden - ein
neuer Anfang? Das von Anfang an spannungs- und
konfliktreiche Verhältnis von Juden und ---------------- Sonntag, 02.12.2012:
Dr. Dieter Wolfanger:
Judenfreies Saarland? – Eine
Korrektur Ausgehend von der „Aktion Bürckel“
und den letzten Deportationen in
der Endphase des Zweiten Weltkrieges und des Dritten Reiches, geht Dr. Wolfanger
der Frage nach, ob die Behauptung der Nationalsozialisten: „Das Saarland ist
judenfrei!“ zutreffend ist. ---------------- Die Ausstellung kann am 04.11.2012
sowie am 02.12.2012 in der Zeit von 14.00 – 17.00 besichtigt werden.
---------------- Nach vorheriger Anmeldung bietet
der „Verein Stadtgeschichtliches Museum Ottweiler“ Führungen über den „Jüdischen
Friedhof Ottweiler“ und/oder durch die Ausstellung „Gebrochene Säule“ an, und
zwar zu folgenden Terminen: Sonntag, 21.10.2012, 11.11.2012,
25.11.2012 und am 16.12.2012 jeweils 15.00 Uhr Mittwoch, 24.10.2012, 14.11.2012,
28.11.2012 und am 12.12.2012 jeweils 16.00 Uhr Anmeldungen zur Besichtigung der
Ausstellung und/oder des „Jüdischen Friedhofs Ottweiler“ bitte spätestens drei
Tage vorher bei: Burr, Klaus, Tel.
06824/4291 Bettinger, Dieter Robert, Tel.
06824/4280. ----------------- Bei der Eröffnung der Ausstellung
hat Hans-Joachim Hoffmann diese Rede gehalten: Erinnerungsarbeit und
Erinnerungskultur in Ottweiler Eine Anmerkung zur
Ausstellungseröffnung „Gebrochene Säule – Von der Integration zur Deportation“
am 14.10.2012 (Hans-Joachim Hoffmann) Werte
Gäste, liebe Freunde des Stadtmuseums, in dem Vorwort der Broschüre zur
Ausstellung habe ich das Wesentliche über den jüdischen Friedhof Ottweiler
ausgeführt. Ich hoffe, dass Sie die Broschüre nicht nur käuflich erwerben und
damit die Arbeit des Stadtmuseums unterstützen sowie das finanzielle Engagement
aller Spender anerkennen, sondern sie auch lesen, damit Sie nachvollziehen
können, dass die ehemalige jüdische Gemeinde Ottweiler es wert ist, zumindest im
Gedächtnis des Ortes bewahrt zu werden. Daher beschränke ich mich auf einige
Anmerkungen zur Erinnerungs-kultur. Erlauben Sie mir zunächst einen kurzen
Rückblick: Die
heutige Ausstellung greift die Erinnerungsarbeit an die ehemalige jüdische
Gemeinde Ottweiler wieder auf, die meinerseits auf die gemeinsam mit dem
Ottweiler Pfarrer Hartmut Thömmes durchgeführte Ausstellung über „Das
ehemalige jüdische Leben im evangelischen Kirchenkreis Ottweiler“ in der
Aula des Gymnasiums Ottweiler 2006 ihren Anfang nahm. Herr Thömmes stellte auch
für diese Ausstellung sowohl themenbezogenes Bildmaterial als auch Kultgegenstände
des Judentums zur Verfügung; dafür sei ihm recht herzlich gedankt. Die
Erinnerungsarbeit wurde fortgesetzt durch die Veröffentlichung der
„Lebenswege jüdischer Mitbürger“ (2009) mit Unterstützung des Landkreises
Neunkirchen; mit Unterstützung der Stadt Ottweiler und des Stadtgeschichtlichen
Museums konnte eine Gedenktafel im Histo-rischen Sitzungssaal des Kreishauses an
Nachfahren der Familie Coblenz, nämlich Herrn Walter Coblenz (USA) und Herrn Dr.
François Van Menxel (Münster) übergeben und am Haus Goethestraße 1 (2009) angebracht
werden. Es freut mich, dass auch heute Dr. François Van Menxel mit seiner Frau
Helga wieder den Weg nach Ottweiler gefunden hat. Eure Anwesenheit, François und
Helga, zeigt, dass die lokalen Bemühungen gegen das Vergessen auch überregional
wahrgenommen und geschätzt werden. Im Umfeld der Entstehung des
Buches „Lebenswege jüdischer Mitbürger“ und der Übergabe der Gedenktafel
an Nachfahren der Familie Coblenz stellte ich an die Fraktionen des Ottwei-ler
Stadtrates den Antrag, Adolf Hitler, Hermann Göring und Alois Spaniol die
bereits 1933, also zu einer Zeit, als das Saargebiet noch dem Völkerbund
unterstand, verliehenen Ehren-bürgerschaften der Stadt Ottweiler symbolisch
abzuerkennen, fand jedoch keine ausreichende Unterstützung, die Initiative
verlief im Sande. Dass eine solche symbolische Aberkennung keinerlei juristische
Bedeutung hat, war und ist mir bewusst, doch glaubte und glaube ich immer noch,
dass eine solche Geste die Erinnerungsarbeit glaubhafter erscheinen ließe und
als Geste gegenüber allen Opfern der NS-Herrschaft angebracht erschiene. Konkret
dachte und denke ich dabei an die in Ottweiler am 2. September 1922 geborene
Kommunistin Dora Weyrich, geb. Schlosser, die das Lager Gurs mit ihrer Mutter
und Schwester durchleiden musste und heute im AWO-Heim ihren Lebensabend
verbringt. Eine ernsthafte und offene Diskussion dieser Frage fand meines
Wissens in keiner Stadtratssitzung statt; noch nicht einmal alle Parteien
reagierten mit einer Stellungnahme auf meine Anregung. Während also einerseits eine
symbolische Handlung versagt wurde, entschied man sich in einem anderen Bereich
des politischen Lebens der Stadt für eine symbolische Vereinbarung: Im Mai 2011
erfolgte die symbolische Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Verbindung von
Familie und Beruf, einem Aufruf der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder
folgend. Auch diese symbolische Vereinbarung verpflichtet zu nichts, verlangt
keinerlei konkrete Maßnahmen, bleibt eine Geste. Die Frage stellt sich: Warum
verweigert man einerseits eine symbolische Geste, vollzieht sie aber
andererseits? Um
die Erinnerungsarbeit fortzusetzen, unterbreite ich am Ende meines Vorwortes
zwei Vorschläge:
Die
Einbindung des jüdischen Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“ wird
wohl kaum Widerspruch hervorrufen, so dass ich auf eine ausführlichere
Begründung verzichten kann. Nur soviel sei gesagt: Der jüdische Friedhof stellt
die „versteinerte Lebensgeschichte“ der jüdischen Gemeinde Ottweiler dar;
er bestätigt die Feststellung Michael Brockes über jüdische Friedhöfe: „Boden
und Steine begründen in ihrer Einschreibung Geschichte und Gedächtnis für die
Nahen wie für die Fernen... Das vergehende Leben der Gemeinschaft wird geerdet
und aufgerichtet, aufbewahrt und hinübergewünscht in das Land der Lebendigen,
des Lebens.“ Das vergangene Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler kehrt
zumindest für die Zeit der Ausstellung „in das Land der Lebendigen, des
Lebens“ zurück. Dies ließe sich durch die Einbeziehung des jüdischen
Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“
vertiefen. Warum
die Anregung, Stolpersteine zu verlegen? In Ottweiler verweisen vier
Straßen-bezeichnungen auf ehemalige Ottweiler Bürger bzw. Lokalpolitiker: Die
„Schmalwasser-straße“ erinnert an den in Ottweiler geborenen und in Wien
1808 verstorbenen Juwelier Johann Christian Heinrich Schmalwasser, der eine
Stiftung für seine Heimatstadt begrün-dete, „damit arme Kinder den
Schulunterricht zu genießen haben.“ Die „Weylstraße“ und die
„Anton-Hansen-Straße“ bewahren Personen des 19. Jahrhunderts vor dem
Vergessen, die das politische, konfessionelle und wirtschaftliche Leben
Ottweilers entscheidend mitprägten: Der katholische Pfarrer Hansen setzte sich
u.a. vehement für die politische Gleichberech-tigung der katholischen
Bevölkerung im protestantisch geprägten Preußen ein; die wirtschaft-lich
erfolgreiche protestantische Familie Weyl engagierte sich auch in der
Lokalpolitik und suchte, die Vorrechte der Protestanten mit Nachdruck zu wahren.
Die
„Dr. Maximilian-Rech-Straße“ erinnert an den Landrat des Kreises
Ottweiler Dr. Maxi-milian Rech. Er bekleidete seit 1920 diese Funktion, wurde am
Kriegsende vorübergehend seines Amtes enthoben und durch Herrn Heinrich Strauss,
bisheriger Amtsgerichtsrat in St. Wendel, ersetzt. In seiner Funktion als
Landrat und „Untertreuhänder des jüdischen Vermögens im Kreis Ottweiler“
– so die Angabe im Briefkopf des Schreibens – erließ Dr. Rech am 5. Dezember
1940 ein Schreiben an die Amtsbürgermeister des Kreises (außer Spiesen und
Elversberg) sowie die Bürgermeister von Ottweiler und Neunkirchen mit der Bitte,
die Einheitswerte der jüdischen Grundstücke derjenigen Personen zu ermitteln,
die am 22. Oktober 1940 evakuiert wurden - von deportiert ist in den amtlichen
Schreiben keine Rede. Dies geschah mit der Zielsetzung, „dass der jüdische
Besitz jetzt umgehend in deutsche Hände zu überführen ist.“ (Saar- und
Blieszeitung Nr. 266, S. 5). Landrat
Dr. Maximilian Rech bildete nur ein kleines Zahnrädchen in der
Verwaltungs-hierarchie des NS-Systems; aber das Ineinandergreifen der vielen
kleinen Rädchen ermöglichte letztendlich die bürokratisch organisierte und
industriell durchgeführte Vernich-tung der jüdischen Bevölkerung, der
politischen Gegner auf Seiten der Kommunisten und der SPD, der Sinti und Roma,
der Homosexuellen und das Euthanasie-Programm. Die Verstrickung von Dr. Rech in
das Unrechtssystem des Nationalsozialismus möge einerseits für die politisch und
gesellschaftlich Verantwortlichen heute auf allen Ebenen Mahnung sein bei der
Umsetzung von Vorgaben, andererseits die Bevölkerung zur Wachsamkeit und zu
Engagement aufrufen. Die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft sollten
sich zumindest gelegentlich bei politischen Grundsatzentscheidungen und ihrer
Umsetzung der Aufforderung Günter Eichs zu erinnern: Seid
unbequem, seid
Sand, nicht
das Öl im
Getriebe der Welt! Dr.
Rech setzte mit seinem Schreiben vom 5. Dezember 1940 eine Vorgabe höherer
politischer Stellen konsequent um, er war Öl, nicht Sand im Getriebe der
Welt. Mir drängt sich die Frage auf: „Welche Haltung soll ich ihm gegenüber
einnehmen, welche Haltung soll ich denen gegenüber einnehmen, die in das
Unrechtssystem des Nationalsozialismus verstrickt waren?“ Die
Haltung des 1923 in Wien geborenen und seit 1963 an der FU Berlin lehrenden
Rabbiners und Religionsphilosophen Jacob Taubes (1923 – 1987) gegenüber dem
„Kronjuristen“ des Dritten Reiches Carl Schmitt (1888 – 1985), der zwischen 1933
und 1945 in Köln und Berlin seine Jurastudenten auf den Führer einschwor, gibt
Anhaltspunkte, zeigt den Weg. Taubes sagte zu sich: „Hör mal, Jacob, du bist
nicht der Richter, ... denn als Jude warst du nicht in der Versuchung. Wir waren
in dem Sinne begnadet, dass wir gar nicht dabei sein konnten. Nicht, weil wir
nicht wollten, sondern man uns nicht ließ ... ich kann nicht sicher über mich
selbst sein, ich kann nicht sicher über irgendeinen sein, dass er vom Infekt der
nationalen Erhebung nicht angesteckt wird und ein oder zwei Jahre verrückt
spielt, hemmungslos...“ Aus
der Haltung des Juden Jacob Taubes gegenüber Carl Schmitt, der sich nach 1945
nie vom NS-Regime distanzierte, ziehe ich für mich die Schlussfolgerung: Dr.
Maximilian Rech zu verurteilen steht mir als einem Vertreter der
nachgeborenen Generation nicht zu; denn ich konnte gar nicht dabei
sein. Dr.
Rech fand seine letzte Ruhestätte auf dem katholischen Friedhof Neumünster.
Lassen Sie mich auch an dieser Stelle Jabob Taubes das Wort geben: Anlässlich
des Todes von Carl Schmidt stellte Jacob Taubes für sich fest, er traue sich
nicht, „jemanden zu richten, der den Frieden mit der Kirche gemacht hat und
in ihr gestorben ist...“ Auch
Dr. Rech scheint den Frieden mit der Kirche gemacht zu haben und in ihr am
13.12.1949 gestorben zu sein. Er verantwortete sich – dem jüdischen und
christlichen Verständnis folgend – vor dem göttlichen Gericht. Vielleicht hat
auch er „ein oder zwei Jahre verrückt gespielt, hemmungslos...“ Sein
politisches Wirken insgesamt zu beschreiben und zu beurteilen, bleibt
noch zu erledigende Aufgabe des Historikers. Die
Straßenbezeichnung, entschieden durch den Stadtrat Ottweilers am 14. Mai 1954,
weil Dr. Rech „über 20 Jahre mit vorzüglicher Arbeitskraft und unparteiisch
für den Kreis und die Stadt Ottweiler Großes geleistet hat“, hält die
Erinnerung an ihn wach. Über diese Begrün-dung mag sich jeder der hier
Anwesenden seine eigenen Gedanken machen. „Großes“
leisteten andere Personen für die Stadt Ottweiler, ohne dass eine
Straßenbe-nennung die Erinnerung an sie bewahrt: Ich denke dabei z.B. an den
protestantischen Pfarrer Georg Christian Woytt (1694 – 1764), ich denke an
Samuel Levy, den Lehrer der jüdischen Elementarschule Ottweiler von 1825 – 1875,
ich denke an die jüdischen Familien Coblenz und Albert, die das Leben der
jüdischen Gemeinde Ottweiler und der Stadt Ottweiler im 19. Jahrhundert
maßgeblich mitprägten. Ich denke an all die in der Öffentlichkeit Namenlosen,
die ihrer Heimat, in der sie tief verwurzelt waren, treu geblieben sind, die
Ottweiler treu geblieben sind, treu bis in den Tod. Wenn
also eine Straßenbezeichnung die Erinnerung an Dr. Maximilian Rech bewahrt
–erscheint es dann nicht nachdenkenswert, ja angebracht, durch
Stolpersteine an die jüdischen Bewohner Ottweilers zu erinnern, deren
Vermögen Dr. Rech als Untertreuhänder in deutsche Hände überführte, vielleicht
wissend, dass die Deportierten nie mehr zurückkommen werden? Geben wir den fast
Vergessenen durch Stolpersteine ihre Namen zurück. Denn : Ein Mensch
ist erst dann tot, wenn sein Name vergessen ist. Bewahren wir die Namen der
Deportierten durch Stolpersteine vor dem Vergessen, damit auch die
jüdische Gemeinde in ihrer Endphase „im Land der Lebendigen, des Lebens“
erhalten bleibt. In
aller Bescheidenheit beschließe ich meine Rede mit einem Gedicht von Bert
Brecht, das dieser 1933, also 23 Jahre vor seinem Tode verfasste, und hoffe,
dass meine Vorschläge zu einer offenen und ernsthaften Diskussion über die
Fortsetzung der Erinnerungsarbeit führen: „Ich benötige
keinen Grabstein, aber Wenn ihr einen
für mich benötigt Wünschte ich,
es stünde darauf: Er hat
Vorschläge gemacht. Wir Haben sie
angenommen. Durch eine
solche Inschrift wären Wir alle
geehrt.“ Ich
wünsche Ihnen trotz der nachdenklich stimmenden Thematik der Ausstellung noch
einen schönen Sonntag. Vielen Dank. |