Date: 2012/10/01 23:22:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Rez. FNZ: W. Freitag (Hrsg.): Die Pfarre in der
Stadt ------------------------------------------------------------------------ Freitag, Werner (Hrsg.): Die Pfarre in der Stadt. Siedlungskern - Bürgerkirche - Urbanes Zentrum (= Städteforschung, Reihe A: Darstellungen 82). Köln: Böhlau Verlag Köln 2011. ISBN 978-3-412-20715-1; 269 S.; EUR 39,90. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Dennis Hormuth, Historisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel E-Mail: <hormuth(a)email.uni-kiel.de> Der hier zu besprechende Sammelband geht zurück auf die 38. Frühjahrstagung des Instituts für vergleichende Städtegeschichte, die im März 2008 unter dem Titel "Die Pfarre in der Stadt. Von der Vergesellschaftung des Bürgerverbandes zur Mahlgemeinschaft der Wenigen" stattfand. Die zehn Beiträge befassen sich mit dem Zusammenhang zwischen Pfarrei und Stadtwerdung bzw. -entwicklung, mit gegenseitigen Bedingtheiten und Einflüssen sowie mit den Handlungsmotivationen und -möglichkeiten der Akteure. Werner Freitag leitet als Herausgeber den Sammelband ein, indem er prägnant Grundannahmen und Tendenzen der historischen Forschung referiert und die folgenden Beiträge zum Mittelalter, zur Frühen Neuzeit und zum 19./20. Jahrhundert kurz vorstellt. Er geht davon aus, dass die Pfarre in allen drei Epochen eine notwendige Bedingung für Stadtwerdung und Urbanität darstellte (S. XII). Manfred Balzer untersucht die Rolle von Kirchen im Prozess der hochmittelalterlichen Stadtbildung in Westfalen. Die Gründung von Kirchen in einer spärlich besiedelten Landschaft habe ein Netz aus Orten mit zentralen kultisch-religiösen Funktionen neu entstehen lassen. An einigen Beispielen weist Balzer unter Zuhilfenahme der Stadtkernarchäologie die topographisch zentrale Lage der Stadtpfarrkirchen in der frühstädtischen Phase nach. Aufgrund der hohen Bedeutung der Stadttopographie in seiner Argumentation wären rekonstruierte Stadtpläne der Beispielstädte für ortsfremde Leser eine hilfreiche Orientierung gewesen. Felicitas Schmieder geht dem Ringen um die Kontrolle der Pfarrseelsorge in Frankfurt am Main im 15. Jahrhundert nach. In Frankfurt existierte nur eine einzige Pfarrei, und der zuständige Bischof habe aus Machtambitionen kein Interesse daran gehabt, weitere Pfarreien einzurichten. Durch kontinuierliche Gewichtsverschiebungen sei es schließlich dem Rat gelungen, sich in einem mehrere Generationen dauernden Prozess immer mehr Einfluss auf die Pfarrseelsorge in der Stadt zu sichern. Franz-Josef Arlinghaus wendet sich dem spätmittelalterlichen Braunschweig zu. Er verweist auf die hohe Bedeutung der Stadtviertel im politischen Gefüge der Gesamtstadt und hinterfragt die immer wieder postulierte Einheit von politischer und religiöser Stadtgemeinde in der vormodernen Stadt. Am Beispiel von Prozessionen und Gerichtstagen zeigt er, dass diese als rituelle und performative Akte verstanden nicht die Stiftung von Einheit widerspiegelten, sondern ihr Wesen im Austarieren der gegensätzlichen Elemente Einheit und Differenz im Spannungsfeld von Gesamtstadt und Stadtteilen fänden. Renate Dürr weist anhand der Einführung der Hildesheimer Konsistorialordnung von 1678 die lange Wirkmächtigkeit der lutherischen Dreiständelehre nach, die sie als eine "ins Gesellschaftliche gewendete Beziehungstheologie" (S. 100) versteht. In der Auseinandersetzung um diese Konsistorialordnung hätten beide Seiten - Rat und opponierender Pfarrer - Luthers Dreiständelehre als Argument für Kompetenzbeschränkungen der Gegenseite genutzt. Zudem sei das Hildesheimer Pfarrerwahlrecht so angelegt gewesen, dass ein Verfahren nur dann erfolgreich abgeschlossen werden konnte, wenn alle drei Stände - Stadtrat, Geistlichkeit und Gemeinde - zusammenarbeiteten. Christine Schneider untersucht die Wiener Pfarren und Pfarrer im Zusammenhang der Josephinischen Kirchenreform. Inklusive der Vorstädte stieg die Anzahl der Wiener Pfarren schlagartig von acht auf 28. Trotz der zeitgleichen ersten Welle von Klosteraufhebungen führte der Anstieg der Pfarren zu einem als erheblich empfundenen Pfarrermangel. Die Ausbildung der Pfarrer wurde verbessert, ihre Aufgaben erweitert und die - auch und gerade staatliche - Aufsicht über sie intensiviert. Fortan habe sich ein doppelter Druck auf die Pfarrer von oben durch ständige neue Verordnungen und von unten durch das Misstrauen der Gemeinden gegen die Pfarrer als Exekutoren und Verkünder unpopulärer Verordnungen verstärkt. Eva-Maria Seng beschäftigt sich in ihrem reich und sinnvoll bebilderten Beitrag mit Kirchenneubauten und Pfarrgründungen im Zusammenhang schnell wachsender Städte in der Zeit der Industrialisierung. An den Beispielen Halle an der Saale und Stuttgart arbeitet sie heraus, dass der Staat versuchte, sich aus der Finanzierung der Neubauten und auch der Pfarrstellen herauszuziehen. Initiative und Finanzierung seien Angelegenheiten insbesondere der Pfarrgemeinden und einzelner Bürger gewesen, die sich durch Einzelspenden oder Mitgliedschaft in Kirchenbauvereinen engagieren konnten. Der Beitrag von Antonius Liedhegener ist weitgehend der Neuabdruck eines Aufsatzes von 2001 über Forschungsstand und Forschungsperspektiven zu Religion und Kirchen vor dem Hintergrund der Urbanisierung Deutschlands an der Wende zum 20. Jahrhundert, den der Autor mit einem kurzen Nachwort zu den letzten zehn Jahren erweitert hat. Hier bedauert Liedhegener, dass sich die Forschung im Zuge des cultural turn von der historisch-empirischen Behandlung der Säkularisation mit ihren quantitativen wie qualitativen Methoden abgewendet habe. Zudem verdiene der Zusammenhang von Religion und Zivilgesellschaft verstärkte Aufmerksamkeit. Hans-Walter Schmuhl behandelt den Kirchenkreis Bielefeld und hier speziell die Stadt Bielefeld von 1817 bis in die Gegenwart. Für den im Zuge der Industrialisierung und Urbanisierung notwendig gewordenen Gemeindeausbau sei ein typischer Dreischritt zu beobachten: Errichtung einer Pfarrstelle - Bau einer Kirche - Abpfarrung, wobei der letzte Schritt mit deutlicher Verzögerung typischerweise erst nach 1945 erfolgt sei. Schmuhl stellt zudem die Bedeutung der Inneren Mission für das Fallbeispiel Bielefeld heraus. Der letzte Beitrag ist einem Ausblick gewidmet, in dem der Theologe Reinhard Feiter insbesondere Überlegungen zu den Herausforderungen anstellt, vor welche die Kirchen derzeit vor allem in den Städten gestellt werden. Das Problem der Unterfinanzierung führe zu drei Typen neuer parochialer Strukturen: Kooperationen von Pfarreien, Verbandspfarreien und Großpfarreien. Allen Typen sei gemeinsam, dass sie zu einem größeren pastoralen Raum führen. Um den Umbau sinnvoll gestalten zu können, fordert Feiter zwei Perspektivenwechsel ein: Die Veränderung der Pfarrstrukturen solle nicht nur als innere Angelegenheit der Kirche wahrgenommen werden, sondern müsse stärker die Bedürfnisse der Städte berücksichtigen. Zudem sei eine innere Differenzierung notwendig, denn auch Gemeinden unterhalb der Pfarreiebene hätten sich als lebensfähig und eigenverantwortlich erwiesen. Hierfür sei mehr Vertrauen der Bischöfe und Pfarrer in die Gläubigen notwendig. Der Sammelband nimmt sich mit dem Fragekomplex des Zusammenhangs von religiöser und politischer Stadtgemeinde eines eher klassischen Felds der vormodernen Städtegeschichtsforschung an und verlängert es in die moderne Städtegeschichte. So liegt der besondere Reiz des Buches darin, ein klar umrissenes Thema über die etablierten Epochengrenzen hinweg in der longe durée in den Blick nehmen zu können. Mittelalter, Frühe und Späte Neuzeit sind gleichermaßen vertreten. Zudem sind die Beiträge - mit wenigen Ausnahmen einzelner Unterkapitel - erfrischend konsequent am übergeordneten Thema "Pfarre in der Stadt" ausgerichtet. Den Autoren gelingt es bei aller Vielfalt der konkreten Fragestellungen ein Gesamtbild zu zeichnen, so dass es sich lohnt, diesen Sammelband nicht nur als Steinbruch zu nutzen, sondern auch einmal von Buchdeckel zu Buchdeckel durchzulesen. Konfessionell ist der Band nicht zu eng gefasst, da evangelische wie katholische Beispiele behandelt werden. Für weitere Betrachtungen dieser Art wäre eine Ausweitung auf reformierte, aber auch jüdische und für die Zeitgeschichte aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahrzehnte selbst muslimische Gemeinschaften zwingend. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Niels Grüne <ngruene(a)geschichte.uni-bielefeld.de> |
Date: 2012/10/01 23:23:31
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Das "stille Örtchen". Fäkalien und ihre Entsorgung im Mittelalter - Oberfell an der Mosel 11/13 ------------------------------------------------------------------------ "Freundeskreis Bleidenberg e.V."; in Kooperation mit der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt; und dem "Universitären Rat zur interdisziplinären Analyse von Latrinen, URINAL" 15.11.2013-17.11.2013, Oberfell an der Mosel Deadline: 15.01.2013 Nach den erfolg- und erkenntnisreichen Symposien der Jahre 2005-2011, deren Ergebnisse inzwischen als Tagungsbände vorliegen, richten der "Freundeskreis Bleidenberg e.V.", die Gemeinde Oberfell, die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und der "Universitäre Rat zu interdisziplinären Analyse von Latrinen, URINAL" vom 8.-10. November 2013 die inzwischen 9. wissenschaftliche Tagung in Oberfell an der Mosel aus. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen Fäkalien auf Burgen und in Klöstern und Städten sowie die baulichen Elemente, die zu ihrer Entsorgung errichtet wurden. Das "stille Örtchen" wird nicht gerne thematisiert - im gepflegten Gespräch genauso wenig wie im wissenschaftlichen Kontext. Die Burgenforschung hat sich im Lauf der Jahre mit vielen speziellen Problemen und Bauteilen beschäftigt, doch Aborte und die Entsorgung von Fäkalien allgemein sind bisher nur wenig bearbeitet worden, sieht man einmal von den Danskern der Deutschordensburgen als Spezialfällen ab. Offen über das "stille Örtchen" zu sprechen, das ist das Anliegen der Tagung: Es soll untersucht werden, wie Aborte in mittelalterlichen Burgen, aber auch in Klöstern, Dörfern und Städten aussahen - wie hat man die Fäkalien entsorgt? Welche baulichen Einrichtungen wurden dafür geschaffen? Wo befanden sich die Latrinen? Wo liegen die Unterschiede zwischen Burgen, Klöstern und Siedlungen, lassen sich bestimmte Parameter herausarbeiten? Es soll aber über die rein bauhistorischen, architektonischen und archäologischen Befunde hinaus auch die kulturhistorische Dimension des Themas angesprochen werden: Gab es Vorschriften zur Fäkalienentsorgung in Städten, zur Beschaffenheit und Lage von Aborten und Abortgruben? Wie sind die Menschen im Mittelalter mit dem Thema umgegangen? Wie wird das Thema in der zeitgenössischen Kunst und Literatur behandelt? Wie steht es um die Entsorgung tierischer Fäkalien? Ziel der Tagung soll es sein, anhand der Zusammenschau der Beiträge eine Annäherung an die genannten Fragen zu finden, einen ersten Überblick zu schaffen und weitere Forschungsfragen zu formulieren. Erwünscht sind ausdrücklich Beiträge aus verschiedenen Disziplinen wie Kunstgeschichte, Geschichte, Bauforschung, Archäologie, Germanistik, Volkskunde und weiteren Bereichen. Es können auch Einzelbeispiele vorgestellt werden, wenn diese eine entsprechende Signifikanz für das Thema der Tagung haben, aber grundsätzlich geht es darum, die allgemeinen Linien herauszuarbeiten. Einführende Beiträge zur römischen Epoche bzw. dem Frühmittelalter und Ausblicke in die frühe Neuzeit sind ausdrücklich erwünscht. Erwünscht sind Vorträge von 20-30 Minuten. Die Tagungssprache ist vorzugsweise Deutsch, aber auch Englisch und Französisch ist möglich. Die Tagung findet vorbehaltlich der Finanzierung statt. Honorare können nicht gezahlt werden, eine Unterkunft vor Ort wird gestellt und Reisekosten werden erstattet. Die Veröffentlichung der Vorträge als Tagungsband ist beabsichtigt. Oberfell liegt wenige Kilometer südwestlich von Koblenz an der Mosel und ist günstig mit Bahn und Auto bzw. über den Flughafen Frankfurt-Hahn zu erreichen. ------------------------------------------------------------------------ Olaf Wagener Birkenweg 58, 69221 Dossenheim 06221/8680498 olaf.wagener(a)gmx.de |
Date: 2012/10/02 09:21:26
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
"Mit
dem Nachtwächter nach Amerika" Soirée
auf deutsch-amerikanischen Spuren Szenischer
Vortrag, kulinarische
Kostproben aus der Zeit George Washingtons und Herzog Christians IV,
Stadtrundgang durch das Homburg des 18. Jahrhunderts Freitag,
19. Oktober 2012, 19 Uhr, in deutscher Sprache Treffpunkt:
Stadtcafé Homburg, Marktplatz 8,
Homburg
Bildtext: "Nachtwächter" Volker Appel in der Homburger Altstadt Foto: Klaus Friedrich,
Homburg 1781
wurde in der Schlacht um Yorktown (Virginia) die Unabhängigkeit der USA erkämpft
– nicht zuletzt mit Hilfe jenes legendären „Deutschen Königlich-Französischen
Infanterie-Regiments von Zweybrücken oder Royal Deux-Ponts“, dessen Angehörige
aus diesem Grund bis heute in den Vereinigten Staaten als die „unbesungenen
Helden der Amerikanischen Revolution“ geehrt werden. Aufgestellt worden war
diese Freiwilligeneinheit, die in der regionalen und deutschen Geschichte ebenso
ihre Spuren hinterließ wie in den Annalen Europas und Nordamerikas, in
Zweibrücken sowie in und rund um Homburg. Vor
diesem Hintergrund bietet der Deutsch-Amerikanische Freundeskreis (DAF)
Saar-Pfalz in Homburg die Gelegenheit, an dem Rundgang „Mit dem Nachtwächter
nach Amerika” sowie an einer ungewöhnlichen Soirée teilzunehmen. Dabei können
sich die Gäste um 19 Uhr zunächst auf einen szenischen Vortrag und kulinarische
Kostproben aus der Zeit Herzog Christians IV. von Pfalz-Zweibrücken und George
Washingtons freuen. Im Anschluss daran nimmt Volker Appel als „Nachtwächter” die
Teilnehmer der Soirée mit auf eine Zeitreise in das 18. Jahrhundert und
erschließt ihnen in der Homburger Altstadt zahlreiche, ansonsten weitgehend
verborgene Originalschauplätze. In seiner Rolle als Veteran des Regiments „Royal
Deux-Ponts“ ermöglicht er zudem überraschende Einblicke und Ausblicke sowie
unmittelbare Begegnungen mit einer Welt zwischen Rokoko und
Revolution. Die
Soirée „Mit dem Nachtwächter nach Amerika” beginnt am Freitag, 19. Oktober 2012,
um 19 Uhr im Stadtcafé Homburg, Marktplatz 8. Da die Teilnehmerzahl aus
organisatorischen Gründen begrenzt ist, wird eine rechtzeitige Anmeldung
dringend empfohlen! Anmeldungen sind möglich bis 17. Oktober bei Beate Ruffing,
Saarpfalz-Kreis, per E-Mail an beate.ruffing(a)saarpfalz-kreis.de oder unter Telefon (0 68 41) 1 04-8215. Im
Kostenbeitrag von 9 Euro pro Person (zahlbar vor Ort im Stadtcafé) enthalten
sind der szenische Vortrag, ein themenbezogener Imbiss mit Fisch, Fleisch und
„Barock-Brot” sowie die Teilnahme am „Nachtwächter”-Rundgang durch die Homburger
Altstadt. „Mit
dem Nachtwächter nach Amerika” ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des
Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises Saar-Pfalz und der Saarpfalz-Touristik
mit freundlicher Unterstützung durch Fisch Feinkost Flatter, dem Stadtcafé
Homburg, der BarockStraße SaarPfalz und der Stadtverwaltung Homburg. |
Date: 2012/10/05 16:54:21
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Morgens ab sechs Uhr dürfen Glocken läutenVerwaltungsrichter: Den Regeln des Lärmschutzes wird damit Rechnung getragenUm sechs Uhr in der Früh ist die Nacht vorbei und es darf offiziell zwei Minuten lang geläutet werden. Mit diesem Ergebnis endete ein Prozess gegen das liturgische morgendliche Glockengeläut einer Kirche.Mannheim. (wi/red) Wenn die Kirchenglocken morgens um sechs Uhr an einem Werktag läuten, dann müssen Anwohner das hinnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat entschieden, dass ein solches zweiminütiges liturgisches Glockengeläut für einen Nachbarn der Kirche nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zumutbar ist (Az.:1 S 241/11). Der Kläger in dem vom Rechtsportal Juris veröffentlichten Fall bewohnt ein Haus, das etwa 68 Meter von der Konradskirche in Remshalden-Geradstetten entfernt ist. Dort läutet werktags um sechs Uhr zwei Minuten lang die große Betglocke im Kirchturm. Der Nachbar, der Mitglied in der evangelischen Landeskirche ist, sah sich durch das Glockengeläut in seinen Grundrechten verletzt, insbesondere in seiner Religionsfreiheit. Er werde gezwungen, ein akustisches religiöses Zeichen zu hören. Verfrühtes Glockengeläut störe ihn auch beim Lesen der Bibel oder der Meditation. Vor Sonnenaufgang wohne dem Glockenläuten ein heidnisches, der Abwehr böser Geister dienendes Element inne. Die Kirche berief sich auf ihr kirchliches Selbstbestimmungsrecht und ihre Religionsfreiheit. Das morgendliche Geläut sei Zeichen für den Tagesbeginn mit Gott; dieser Brauch werde seit langem gepflegt und sei sozial angemessen. Der Kläger forderte ein Verbot des Läutens bis acht Uhr. Das Verwaltungsgericht Stuttgart verneinte einen solchen Unterlassungsanspruch. Dem schloss sich der Verwaltungsgerichtshof an. Begründung: Das Glockengeläut sei keine schädliche Umwelteinwirkung im Sinne dieses Gesetzes. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die damit verbundenen Schall-Immissionen Schwellenwerte der Technischen Anleitung (TA) Lärm überschritten.
Religion ist außen vorDie Immissionen seien zudem herkömmlich, sozial angemessen und allgemein akzeptiert. Die TA Lärm schütze die Nachtruhe grundsätzlich nur bis sechs Uhr. Anderes ergebe sich nicht unter Berücksichtigung der Grundrechte des Klägers. Das Glockengeläut berühre zwar seine Religionsfreiheit. Diese Einwirkung gehe aber nicht vom Staat aus. Der Staat sei auch nicht verpflichtet, zum Schutz der Religionsfreiheit des Klägers gegen die Beklagte einzuschreiten. Die Kirchengemeinde übe mit dem Glockengeläut ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte eigene Rechte aus. Die widerstreitenden grundrechtlichen und staatskirchenrechtlichen Gewährleistungen seien daher in einer Abwägung schonend auszugleichen. Dieser schonende Ausgleich liege in der Beachtung der immissionsschutzrechtlichen Schwellenwerte. Ein weitergehender Immissionsschutz vor Glaubens- und Bekenntnisbekundungen der Beklagten stehe dem Kläger nicht zu. Denn dies würde der laizistischen Weltanschauung (für eine Trennung von Kirche und Staat) Vorrang gegenüber anderen Weltanschauungen einräumen, der mit der Religionsfreiheit nicht vereinbar sei. Die Richter weiter: Im Übrigen verbleibe dem Kläger schon wegen der Kürze des Läutens der größte Teil der Zeit zwischen sechs und acht Uhr zu ruhiger Schriftlesung und Meditation. Schließlich geböten auch das Eigentumsgrundrecht, das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung und der allgemeine Gleichheitssatz oder eines der speziellen grundrechtlichen Diskriminierungsverbote keine abweichende |
Date: 2012/10/06 13:34:03
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>
Einladung zum Vortrag von Dr. Minoti Paul, Kunsthistorikerin „Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen - Organische Architektur und leuchtende Fenster “ Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen ist ein Beispiel für die Architektur der 50er Jahre und zugleich ein bedeutender Bau des ungarischen Architekten György Lehoczky (1901-1979). Weithin sichtbar ist das dynamisch geschwungene Dach der Kirche, auch „Schanze“ genannt. Im Kirche und Kloster befinden sich die wunderbaren leuchtend bunten Glasbetonfenster des Glaskünstlers und Architekten Lehoczky. Er erstellte die Vorentwürfe und Pläne zu diesem Kloster, das ab 1956 errichtet wurde. In seiner besonderen Bauweise aus konvexen Formen, geschwungenem Dach und der Fenster steht das Kloster in der Tradition der organischen Architekturen der 50er Jahre wie der Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp. Lehoczky, der an der Technischen Universität Budapest Architektur studierte und als Architekt tätig war, kam bereits 1947 nach Saarbrücken. Im Saarland existieren herausragende Beispiele seines Schaffens, die ihn sowohl als Architekten als auch als hervorragender Künstler von Glasfenstern, wie beispielsweise in der Stiftskirche St. Arnual, zeigen. Der besondere Baustil des Klosters Heilig Kreuz und die künstlerische Gestaltung der Fenster werden vor dem Hintergrund der Architektur und Kunst der 50er Jahre besonders beleuchtet. Mittwoch, den 17. Oktober 2012, 19.00 Uhr im historischen Junkerhaus ( 1569 ), Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22 Von Nichtmitgliedern wird ein Beitrag von 5 Euro erbeten i.A. MIchaela Becker Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. Hirtenstraße 26 66539 Neunkirchen-Wellesweiler
Date: 2012/10/07 19:43:05
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Ausstellungseröffnung: „Gebrochene Säule“ – Von der Integration zur Deportation am 14.10.20122 um 11.00 Uhr im „Stadtgeschichtlichen Museum Ottweiler“ In einer weiteren Wechselausstellung thematisiert das „Stadtgeschichtliche Museum“ einen Ausschnitt aus der Geschichte der jüdischen Bevölkerung unserer Heimatstadt. Nach ersten Ansiedlungen von Menschen jüdischen Glaubens gegen Ende des 18. Jahrhunderts, nahm die jüdische Bevölkerung im Zusammenhang mit der Versteigerung der sog. Nationalgüter, d.h. des ehemaligen fürstlichen Besitzes, durch Napoleon zu: Es bildete sich im 19. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde in Ottweiler, die eine jüdische Elementarschule (1825), eine Synagoge (1840) und einen jüdischen Friedhof (1842/43) unterhielt. Zudem beteiligten sich zahlreiche jüdische Familien auch am politischen Leben der Stadt Ottweiler, indem sie als Stadtverordnete die Entwicklung ihres Heimatortes maßgeblich mitbestimmten. Die im 19. Jahrhundert vollzogene Integration beschreibt Hans-Joachim Hoffmann in biographischen Skizzen einzelner Familien.
Als einzig verbliebenes Zeugnis jüdischen Lebens in Ottweiler erinnert der Jüdische Friedhof an ca. 150 Jahre friedliches Miteinander der verschiedenen Konfessionen in Ottweiler. Frau Margarete Singer fotografierte die erhaltenen Grabmale. In der „Treppengalerie“ des Stadtgeschichtlichen Museums können sich Besucher einen Eindruck verschaffen über die Gestaltung der Grabsteine, deren Formen und Inschriften uns als Archiv dienen, untergegangenes Leben zu rekonstruieren. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verblieb der jüdischen B evölkerung an der Saar noch bis 1935/36 eine Schonfrist, die sie zur Auswanderung hätte nutzen können. Doch da sich viele Ottweiler Juden als Bürger Ottweilers fühlten und nicht glauben konnten, was sie erwartete, verblieben sie in ihrem Heimatort. Die „Aktion Bürckel“ am 22.Oktober 1940 beendete jedoch die Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler endgültig. Die Deportation der saarländischen, pfälzischen und badischen Juden in das Lager Gurs und von dort in die Vernichtungslager des Ostens ruft ein Teil der Ausstellung in Erinnerung, die – zusammengestellt von Dr. Dieter Wolfanger und Christine Frick - das Landesarchiv Saarbrücken dem Stadtgeschichtlichen Museum bis Ende des Jahres zur Verfügung stellt.
Eine Begleitbroschüre (124 Seiten – DIN A 5-Format, Preis € 7,80) informiert über den Jüdischen Friedhof Ottweiler, seine Entstehung, die erhaltenen Grabmale mit ihrer Symbolik sowie über Biographien einzelner jüdischer Familien. Der Druck der Broschüre wurde durch zahlreiche Spenden unterstützt; der Leiter des Steinheim-Instituts Duisburg, Herr Prof. Dr. Michael Brocke, erteilte die Erlaubnis zur Publikation einzelner hebräischer Inschriften und deren Übersetzung; seine Mitarbeiterin, Frau Nathanja Hüttenmeister, stand Hans-Joachim Hoffmann stets beratend zur Seite. Der „Freundeskreis zur Rettung jüdischen Kulturgutes im Saarland e.V.,“ der eine Publikation der Grabmale aller jüdischen Friedhöfe des Saarlandes vorbereitet, erlaubte ebenfalls eine Veröffentlichung einzelner Grabmale. Ihnen allen gilt der Dank des „Stadtgeschichtlichen Museums Ottweiler.“
Die Broschüre kann erworben werden im Stadtgeschichtlichen Museum Ottweiler, der Tourist-Information Ottweiler und bei Hans-Joachim Hoffmann (Tel. 06824-7990; email: hans-joachim-hoffmann(a)web.de).
Öffnungszeiten des Museums: jeweils der erste Sonntag im Monat von 14.00 – 17.00 Uhr Führungen und Besichtigungen außerhalb der Öffnungszeiten
können vereinbart werden über die
Ottweiler Tourist-Information
06824-3511 |
Date: 2012/10/08 09:27:12
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
bislang konnte man in der Weberbach in Trier hinterm Stadtarchiv resp. der
Stadtbibliothek immer recht günstig parken. Diese Möglichkeit gibt es jetzt
nicht mehr, da das Gelände mit einem Zaun gesichert und den Mitarbeitern
vorbehalten ist.
Ich habe diese Möglichkeit immer genommen, wenn ich das Bistumsarchiv
besuchte. Jetzt bleiben nur noch die Parkhäuser (1 Stunde ca. 1,70
Euro) oder ggf. die Park+Ride-Plätze ausserhalb der Stadt.
Oder vielleicht weiß noch jemand eine andere Möglichkeit, die nicht grad zu
kompliziert ist und eine gute Chance auf einen Parkplatz bietet.
Mit freundlichem Gruß
Roland Geiger, St. Wendel |
Date: 2012/10/08 10:10:20
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] Parken beim Stadtarchiv Trier nicht mehr möglich
Datum: Mon, 08 Oct 2012 09:27:09 +0200
Date: 2012/10/09 07:24:40
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>
Hallo, wenn man einen kleinen Fußweg (ca. 15 Min. bis zur Weberbach) nicht scheut: an der Talstation der ehemaligen Seilbahn über die Mosel (direkt am Moselufer) findet sich immer ein freier Platz auf den dortigen Parkflächen. Gruß Elmar Peiffer **************************************************************************
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Date: 2012/10/11 08:38:14
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Wie ein Tholeyer Abt half, die Kirche zu modernisierenHeute vor 50 Jahren wurde das Zweite Vatikanische Konzil eröffnet – Petrus Borne war bei den wegweisenden Veränderungen dabeiMit dem Tholeyer Abt, Petrus Borne (1910-1977), stellte das Saarland einen Vertreter im Kollegium der Konzilsväter beim Zweiten Vatikanischen Konzil. Das wurde heute vor nunmehr 50 Jahren eröffnet.Von SZ-MitarbeiterBodo Bost St. Wendel/Rom. Die Kirche hat die bleibende Aufgabe, in die Welt hineinzuwirken. Deshalb muss sie sich den sich wandelnden Anforderungen der Zeit stellen, um im Leben der Menschen bedeutsam und wirksam zu bleiben. Das Zweite Vatikanische Konzil hat dafür Wegweisendes geleistet. So wurde zum Beispiel die Einführung der Volkssprache in der Liturgie sowie der verstärkte Dialog mit Andersgläubigen beschlossen. Beim Konzil zwischen 1962 und 1965 debattierte der Papst mit Bischöfen und Kardinälen aus der ganzen Welt im Petersdom in Rom. Die Eröffnung des Konzils fand am 11. Oktober 1962 statt, heute vor 50 Jahren. Mit dem Abt der Abtei Tholey, Petrus Borne, war auch das Saarland in diesem höchsten kirchlichen Gremium vertreten. Nach dem Abitur trat Borne in die Benediktinerabtei St. Matthias in Trier ein, die 1922 von der Abtei Seckau in der Steiermark wiederbegründet worden war. Er nahm den Ordensnamen Petrus an. Sein Studium der Philosophie und Theologie absolvierte Petrus Borne am Priesterseminar in Trier. Dort feierte er auch 1936 seine Priesterweihe. Am Päpstlichen Athenaeum Sant'Anselmo in Rom, der Ordenshochschule der Benediktiner, machte er ein Aufbaustudium der Philosophie, das er mit der Promotion abschloss. An der gleichen Hochschule lehrte er in der Folge bis 1947 dieses Fach. Im Alter von erst 37 Jahren wurde er 1947 zum Abt von St. Matthias in Trier gewählt. 1949 wurde Petrus Borne Abt der in der französischen Revolution aufgehobenen und nun wieder neu errichteten Benediktinerabtei St. Mauritius in Tholey. Nachdem die Mönche im Juli 1794 die Klostermauern verlassen hatten, war die Abtei mehr als 150 Jahre lang verwaist. Offiziell begann das monastische Leben unter Abt Petrus Borne am 23. April 1950 mit der feierlichen Eröffnung des Stundengebetes. Seit 1965 war Petrus Borne auch Abtpräses der Beuroner Kongregation, womit er die Verantwortung über weitere 15 Männer- und Frauenklöster benediktinischer Prägung übernahm. Als Abtpräses nahm er an der letzten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils teil. Dies war die Sitzungsperiode, in der die offiziellen Textdokumente verabschiedet wurden, deshalb war dies die Zeit der endgültigen Wegemarken des Konzils, das einen neuen Aufbruch in der Kirche auslöste. 1975 manifestierte sich bei ihm ein bösartiger Krebs, dem Abt Petrus Borne nach einem längeren Krankenhausaufenthalt in Neunkirchen am 3. März 1977 erlag. In den 28 Jahren unter Abt Borne erlebte die Abtei Tholey eine Zeit besonderen Glanzes. Das Dr.-Petrus-Borne-Zentrum, das 2010 in der Abtei Tholey gegründet wurde, trägt diesem Ansinnen Rechnung und würdigt das Andenken des ersten Tholeyer Abtes und Konzilsvaters aus dem Saarland. |
Date: 2012/10/11 12:19:36
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Die Saarregion im Alten
Reich Referent: Prof. Dr. Hans-Walter Herrmann Termin: Donnerstag, 18. Oktober 2012, 19:30 Uhr Ort: Tholey, Rathaussaal, Im Kloster 1, 66636 Tholey Mitveranstalter: Gemeinde Tholey Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei. Mit freundlichen Grüßen Ihre Geschäftsstelle Historischer Verein fuer die Saargegend e.V. Geschaeftsstelle: Landesarchiv Saarbruecken Dudweilerstrasse 1 66133 Saarbruecken-Scheidt Tel.: 0681/ 501-1922 Fax: 0681/ 501-1933 E-Mail: geschaeftsstelle(a)hvsaargegend.de |
Date: 2012/10/13 01:36:44
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
gestern in der SZ:
Gollenstein Verlag stellt Betrieb einTätigkeit endet am 31. Dezember – Unternehmen soll mit 400 000 Euro verschuldet seinDer Merziger Gollenstein Verlag stellt zum Jahresende seinen Betrieb ein. Das hat er mehreren seiner Autoren mitgeteilt und auf Nachfrage auch bestätigt. Es liefen derzeit aber Gespräche mit Unternehmen aus anderen Bundesländern hinsichtlich einer „Fortführung in anderer Form“.Von SZ-Redakteur Tobias KesslerMerzig. Es hat dann doch nicht mehr gereicht. Von Gesprächen über eine neue Gesellschafterstruktur, von einem „guten Weg“ war zuletzt noch die Rede, auch wenn wohl niemand mehr fest an eine Rettung geglaubt hatte. Der Merziger Gollenstein Verlag stellt zum Ende dieses Jahres seinen Betrieb ein. Das hat die Geschäftsleitung mehreren Autoren schriftlich mitgeteilt, die lange im Ungewissen über das Erscheinen ihrer Bücher geblieben waren. Ob noch eines der angekündigten Bücher des Herbstprogramms erscheint, ist mehr als fraglich; unklar ist auch, wie lange man noch erschienene Bücher beim Verlag bestellen kann (laut Internet-Seite noch möglich). Gestern war Gollenstein nur zu einer knappen schriftlichen Stellungnahme bereit. Der Verlag werde „in der bisherigen Form im Saarland nicht mehr weitergeführt“ und stelle zum 31. Dezember den Geschäftsbetrieb ein. „Derzeit finden Gespräche mit Unternehmen aus anderen Bundesländern hinsichtlich einer Fortführung in veränderter Form statt.“ Das klingt einigermaßen diffus und wenig optimistisch – zumal der Verlag in seiner Mail an die Autoren der angekündigten Bücher anbietet, ihnen, wenn gewünscht, beim Suchen eines anderen Verlags zu helfen. Das traurige Ende des renommierten Verlags, der 1993 gegründet wurde, kommt nicht überraschend, war sein Schicksal doch mit der zuletzt insolventen Merziger Druckerei (MDV) verknüpft, auch wenn die Geschäftsführung des Verlags stets dessen Unabhängigkeit betont hat. Gollenstein zog 2007 von Blieskastel nach Merzig zur MDV; gemunkelt wurde damals von Außenständen des Verlags von rund 100 000 Euro, die sich im Laufe der Jahre vervierfacht haben sollen. Vor der Insolvenz gerettet haben soll den Verlag eine Art „Quersubventionierung“ zwischen der MDV und Gollenstein: Rechnungen der Druckerei an den Verlag, so hört man, wurden nicht bezahlt, um den Verlag nicht weiter zu verschulden. So haben sich über die Jahre die Forderungen der MDV an Gollenstein (beide Unternehmen haben denselben Geschäftsführer) zu 400 000 Euro addiert. Als die MDV im Mai 2012 Insolvenz anmeldete (mittlerweile ist sie geschlossen), wurde die Verschuldung Gollensteins bei der Insolvenzregelung offensichtlich – und wohl abschreckend für mögliche Interessenten. Anscheinend sucht man nach denen nun außerhalb des Saarlandes.
MeinungHerber Schlag für hiesige AutorenVon SZ-Redakteur Oliver SchwambachJa, das absehbare Ende Gollensteins hat auch hausgemachte Gründe: Ambitioniertes und Beliebiges vermengten sich zuletzt zu einem profillosen Programm. Damit kann man in einem Markt, in dem Buchhandelsketten und Großverlage das Geschäft diktieren, und selbst längst Getriebene des Internets sind, nicht mehr bestehen. Für die Region und die Autoren hier ist das Ende Gollensteins dennoch ein herber Schlag: In knapp 20 Jahren hat der Verlag ohne Frage etliche wichtige Bücher herausgebracht. |
Date: 2012/10/14 20:46:21
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>
Einladung zum Vortrag von Dr. Minoti Paul, Kunsthistorikerin „Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen - Organische Architektur und leuchtende Fenster “ Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen ist ein Beispiel für die Architektur der 50er Jahre und zugleich ein bedeutender Bau des ungarischen Architekten György Lehoczky (1901-1979). Weithin sichtbar ist das dynamisch geschwungene Dach der Kirche, auch „Schanze“ genannt. Im Kirche und Kloster befinden sich die wunderbaren leuchtend bunten Glasbetonfenster des Glaskünstlers und Architekten Lehoczky. Er erstellte die Vorentwürfe und Pläne zu diesem Kloster, das ab 1956 errichtet wurde. In seiner besonderen Bauweise aus konvexen Formen, geschwungenem Dach und der Fenster steht das Kloster in der Tradition der organischen Architekturen der 50er Jahre wie der Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp. Lehoczky, der an der Technischen Universität Budapest Architektur studierte und als Architekt tätig war, kam bereits 1947 nach Saarbrücken. Im Saarland existieren herausragende Beispiele seines Schaffens, die ihn sowohl als Architekten als auch als hervorragender Künstler von Glasfenstern, wie beispielsweise in der Stiftskirche St. Arnual, zeigen. Der besondere Baustil des Klosters Heilig Kreuz und die künstlerische Gestaltung der Fenster werden vor dem Hintergrund der Architektur und Kunst der 50er Jahre besonders beleuchtet. Mittwoch, den 17. Oktober 2012, 19.00 Uhr im historischen Junkerhaus ( 1569 ), Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22 Von Nichtmitgliedern wird ein Beitrag von 5 Euro erbeten i.A. MIchaela Becker Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. Hirtenstraße 26 66539 Neunkirchen-Wellesweiler
Date: 2012/10/15 09:09:09
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Guten Morgen,
was beim nachstehenden Artikel etwas außer acht geblieben ist, ist der
Umstand, daß bei der Präsentation insgesamt höchstens 15 Personen anwesend
waren, inkl. der drei im Text genannten und der beiden Mitarbeiter der Stadt-
und Kreisbibliothek. Äußerst dünn.
Der Landrat hielt eine lange Rede, Dr. Kell sprach über Buch und Verein,
Dr. Schmitt stellte das Buch vor. Alles verstanden habe ich bei ihm nicht, er
hat sich ziemlich viel in den Bart genuschelt und sehr leise gesprochen. Vor
allem hat er über den Artikel über die Übergangszeit nach der französischen Zeit
bis zum Wiener Kongress gesprochen, auch wenn das nicht sein Thema im Buch war.
Interessant ist der erste Satz des Artikels. Da heißt es zwar, daß die Zeit
bis zur Französischen Revolution mit dem Thema nicht viel zu tun hat, aber
trotzdem hat Dr. Hermann senior seine vielen Seiten bekommen, um sattsam
bekanntes wiederzubringen. Er bleibt dabei naturgemäß sehr allgemein. Unsere
Ecke hier oben im Nordosten bleibt bei dem Buch - wie könnte es anders sein - eh
ziemlich auf der Strecke, was aber wohl einfach daran liegt, daß sich von denen
da unten in der Hauptstadt hier oben keiner auskennt. Insofern sollten wir
vielleicht dankbar sein, daß sie uns weitgehend ignorieren.
Roland Geiger
-----------------
Auf der Suche nach der eigenen IdentitätPräsentation des Buches „Das Saarland. Geschichte einer Region“ in der St. Wendeler Stadt- und KreisbibliothekAuf über 400 Seiten präsentieren neun Autoren die Entwicklung der Saargegend bis heute. Die Darstellung der Geschichte setzt in der Neuzeit an. Das Buch wurde nun in der St. Wendeleler Stadt- und Kreisbibliothek präsentiert.St. Wendel. Der Geschichtsverlauf des Saargebietes bis zum Vorabend der Französischen Revolution sei für die Region eigentlich Vorgeschichte. Denn erst dann, als das Tor zur Moderne geöffnet wurde, erhob sich die vormals passive Geschichtsregion zum aktiven Akteur. Dies sagte der Historiker Johannes Schmitt während der Präsentation des Buches „Das Saarland. Geschichte einer Region“ in der Stadt- und Kreisbibliothek. Auf über 400 Seiten präsentieren neun Autoren die Entwicklung der Saargegend bis heute. Weil nun die Region vor über 200 Jahren aus dem Schlaf erwachte, so Schmitt weiter, setzte die Darstellung der saarländischen Geschichte im vorgestellten Werk in der Neuzeit an. Industrialisierung und der damit soziale Wandel seien die Grundsteine des heutigen Saarlandes gewesen. Schmitt: „Ausgehend von unserem Bundesland in der Gegenwart wollen wir die Frage klären, wann und wie das Saarland entstanden ist. Dargestellt wird die Genese des Landes mit Bezug zur Gegenwart.“ Dabei werde auch die Frage nach der saarländischen Identität gestellt. Denn aktuell werde darüber diskutiert, ob das Saarland als eigenständiges Bundesland fortbestehen solle. „Wir hoffen, mit der Publikation vor allem der jüngeren saarländischen Generation ein Verständnis für die eigene Geschichte zu geben. Und sich ein eigenes Urteil über die Zukunft des Saarlandes zu bilden“, sagte Schmitt. Die Vergangenheit der Landesteile ist wechselvoll und nicht einheitlich. Denn die saarländische Geschichte hat sich auch immer im Spannungsfeld verschiedener Mächte abgespielt. Dies betonte Landrat Udo Recktenwald, der an diesem Abend die Begrüßung übernahm. „Die Frage ,Wo gehören wir eigentlich hin?' hat ein Stück weit unsere Mentalität geprägt“, sagte der Landrat. Exemplarisch veranschaulichte Recktenwald dies an der Geschichte des St. Wendeler Landes. Durch europäische Kriege wurde die Region um St. Wendel in der Neuzeit in Mitleidenschaft gezogen. Verschiedene Herren hatten die Teile des heutigen Landkreises. Dennoch habe sich nicht nur im St. Wendeler Land, sondern im gesamten Saarland eine eigene Identität entwickelt. Recktenwald: „Leider machen wir uns selber oft kleiner, als wir sind. Der Geschichtsverlauf ist wohl auch ein Grund dafür, dass uns ein wenig das Selbstbewusstsein fehlt. Dafür gibt es keinen Grund. Wir können stolz auf unsere Heimat sein.“ Eva Kell, Vorsitzende des Historischen Vereins für die Saargegend unterstrich: „Die Frage nach der saarländischen Identität ist daher auch eine Leitlinie des Buches.“ Das Werk habe den Anspruch, ein breites Publikum zu erreichen, dennoch wissenschaftliche Standards zu erfüllen. Denn der Herausgeber ist der Verein, und seine Hauptaufgabe sehen die Mitglieder in der Vermittlung der saarländischen Geschichte. Seit 2005 habe der Verein das Buch geplant, Autoren und Sponsoren gesucht. Nun ist der Sammelband erschienen, in Konzeption und Umfang der erste dieser Art. Den Sponsoren sei es zu verdanken, dass jede weiterführende Schule im Saarland ein Exemplar bekommt. Damit möglichst viele Jugendliche, aber auch Erwachsene Zugang zur eigenen Vergangenheit finden. Dies sei der Wunsch der Herausgeber. red „Das Saarland. Geschichte einer Region“, erschienen im Röhrig Universitätsverlag. Preis: 38 Euro (28 Euro für Mitglieder des Historischen Vereins für die Saargegend), ISBN: 978-3-86110-511-4.
HintergrundDer Historische Verein für die Saargegend wurde 1839 unter dem Namen Historisch-antiquarischer Verein für die Städte Saarbrücken und St. Johann und deren Umgebung gegründet. In den Anfangsjahren widmeten sich die Mitglieder vor allem der Erforschung der Vor- und Frühgeschichte ihrer Heimat. 1870 brach der Verein jedoch zusammen. Die Neugründung erfolgte 1881, dem damaligen Zeitgeist entsprechend mit einem national-orientierten Geschichtsbewusstsein. Der Verein verfügt über eine umfangreiche kulturhistorische Sammlung, eine Bibliothek und bringt eigene Publikationen raus, darunter die „Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend“ und die Zeitschrift „saargeschichte(n)“. Der Verein ist darüber hinaus auch im Denkmalschutz tätig, unter anderem sorgte er auch für den Erhalt des Alten Rathauses in St. Wendel. Die aktuell etwa 700 Mitglieder wohnen überwiegend im Saarland. red |
Date: 2012/10/15 19:45:03
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ, Saarlouiser Teil:
Auf den Spuren der VorfahrenNicholas Schultz suchte im Kreisarchiv nach seinen deutschen WurzelnZahlreiche Besucher nutzten gestern den Tag der offenen Tür, um nach ihren Vorfahren zu suchen. Auch der ehemalige US-Soldat Schultz ging bei seinem Deutschlandbesuch auf Spurensuche. Ahnenforscher halfen ihm.Saarlouis. Das Archiv über die Genealogie im Kreisständehaus ist weit über die Grenzen des Saarlandes bekannt. Einige Hundert Besucher kommen jedes Jahr vorbei, wenn die Vereinigung für Heimatkunde im Landkreis Saarlouis zum Tag der offenen Tür ins Kreisarchiv einlädt. Und fast alle vereint sie dabei die Suche nach ihren Vorfahren. Gestern gesellte sich Nicholas Schultz aus Amerika zu den Familienforschern. Schultz war von 1966 bis 1969 an verschiedenen Standorten der US-Army in Deutschland stationiert. 1968 kämpfte er in Vietnam. „Das war schlimm, aber ich habe es überlebt“, sagte er. Der ehemalige Soldat wusste von seinen deutschen Wurzeln, aber wo die liegen, das fand er erst seit 2002 heraus. Dabei half ihm der Ahnenforscher Roland Geiger aus St. Wendel. Wallerfangen, Picard und Siersburg, in diesen drei Orten lebten Schultz Vorfahren. Seine Linie geht zurück auf Lorenz Schulz, der 1799 in Wallerfangen geboren wurde. Er sei 1848 nach Amerika ausgewandert. „Das Tal, die Bäume, der Fluss sehen aus, wie zu Hause“, habe er seinen Kindern mitgeteilt. Und die folgten ihrem Vater daraufhin nach Madison, im Süden von Indiana gelegen. Sein Vater Bernhard wurde 1909 in Amerika geboren. Wie der amerikanische Familienforscher erklärte, habe ihn die Geschichte seiner Familie immer schon interessiert, und mit Geigers Hilfe fand er die Spur seiner Vorfahren. Schultz mag seine deutsche Wurzeln, schließlich trägt er den Vornamen seines Groß- und Urgroßvaters. Und auch seine Kinder haben mit Erika und Bernard deutsche Namen. Mit seiner Ehefrau Janice machte Schultz in den vergangenen zwei Wochen Urlaub in Österreich und in Bayern. „Schloss Neuschwanstein ist wunderschön“, schwärmte der amerikanische Tourist. Auch wenn er schöne Erinnerungen aus Süddeutschland mitnimmt in die USA, eines wollte er auf keinen Fall verpassen: Einen Besuch in der Heimat seiner Ahnen. Dass das Kreisarchiv gestern offen hatte, war für Schultz ein tolles Erlebnis. Er zeigte sich begeistert von den vielen Büchern voller wertvoller Informationen für Menschen, die sich auf die Spuren begeben wollen. hth |
Date: 2012/10/17 22:22:35
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Ammerer, Gerhard; Schlenkrich, Elke; Veits-Falk, Sabine; Weiß,
Alfred Stefan (Hrsg.): Armut auf dem Lande. Mitteleuropa vom Spätmittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Wien: Böhlau Verlag Wien 2010. ISBN 978-3-205-78495-1; broschiert; 227 S.; EUR 35,00. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Inga Brandes, Fachbereich III - Neuere und Neueste Geschichte, Universität Trier E-Mail: <inga.brandes(a)uni-trier.de> Die Mehrheit derjenigen, die heute in extremer Armut - mit weniger als einem Dollar pro Tag - überleben müssen, findet sich in ländlichen Gesellschaften.[1] Doch wie sich in solchen Gesellschaften die Armutsdynamiken entwickelt haben, welche sozialen Beziehungen sich unter Armutsgefährdung auflösen, welche Rolle etwa Landreformen, Infrastrukturprojekte oder die Struktur der lokalen Gesellschaft bei der Bekämpfung dieser ländlichen Armut spielen, das wurde bislang kaum empirisch untersucht. Kurz: Ausmaß und Bedeutung der ländlichen Armut in globaler Perspektive stehen in einem krassen Missverhältnis zu deren Erforschung - auch in der Geschichtswissenschaft. Für Historiker/innen hält die Armutsforschung zudem besondere Herausforderungen bereit: Je näher die Fragestellung an das soziale Milieu, den Alltag und die Familien der Armen heranrückt, desto schwieriger gestaltet sich das Aufspüren und Erschließen geeigneter Quellenbestände. Existierten solche Dokumente, so wurden sie oft nur durch glückliche Zufälle oder engagierte Einzelpersonen überliefert.[2] Umso begrüßenswerter ist der thematische Fokus des zu besprechenden Bandes: Seine neun Beiträge explorieren das Bedingungsgefüge, in dem während der Frühen Neuzeit Krankheit, Mittellosigkeit und Gewalt von verschiedenen Typen von Armen auf dem Land subjektiv erfahren wurde. Es handelt sich um eine Sammlung von kontextsensiblen Beobachtungen zu einer empirisch gestützten Erfahrungsgeschichte von Armut. Vielschichtige soziale Exklusionen und Ungleichheit in ländlichen Gesellschaften werden erhellt. Die Beiträger/innen sehen sich nicht nur Gesetze, Verordnungen und Herrscher-Nachlässe an, sondern wenden sich der historischen Rekonstruktion der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebenswelt verschiedener Gruppen von Armen zu. Helmut Bräuer, dem der Band gewidmet ist, eröffnet mit einem programmatischen Beitrag zur Mentalitätsgeschichte der Armut in der Frühen Neuzeit, der mit der Arbeitshypothese schließt, während der Frühen Neuzeit habe sich eine spezifische "Landarmenmentalität" (S. 30) herausgebildet. Diese Überlegung wird von den folgenden Beiträgen nur insofern aufgegriffen als mit den mobilen, den weiblichen, den alten und kranken Armen jeweils spezifische Gruppen ins Zentrum der historischen Fallstudien gerückt werden. Gerhard Ammerer beschäftigt sich in einem sehr instruktiven Aufsatz in vergleichender Perspektive mit der Raumkonzeption und den Zeitökonomien von Vagierenden im 18. Jahrhundert. Klug schließt er sperriges Quellenmaterial auf, um die individuelle Handhabung der vielzitierten Ökonomie des Notbehelfs zu rekonstruieren. So folgten etwa umherziehende Bettler festen Routen, deponierten Besitztümer an den von ihnen begangenen Strecken, hielten sich während des Bettelns an etablierte Kommunikationsmuster und pflegten regelmäßig Austausch mit den Sesshaften. Der Autor widerlegt schlüssig die These, dass Fahrende in Habsburg heimatlose und entwurzelte Individuen gewesen seien. Mit dem Sozialprofil von aktenkundig gewordenen Bettlern und Vaganten, ihren Einkommensmöglichkeiten und Überlebensstrategien befasst sich auch Sebastian Schmidt am Beispiel der englischen Grafschaft Essex. Im kursorischen Vergleich mit Fürsorgepolitiken in Territorien des Alten Reichs zeigt er überzeugend auf, dass die Fürsorgepraktiken im frühneuzeitlichen Essex als "relativ großzügig" (S. 138) gelten können. Sein Beitrag lenkt den Blick besonders auf das Potenzial des problemorientierten historischen Vergleichs für die historische Armutsforschung. Die Konzentration auf Personen und soziale Gruppen, so Schmidt, eröffne der historisch vergleichenden Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte neue Forschungsfelder wie zum Beispiel Praktiken der Mobilität und Vernetzung, der Raumwahrnehmung, der Ernährung, der Zeitökonomie oder der Transfer lokalen Wissens. Die Beiträge von Otto Ulbricht, Sabine Veits-Falk und Elke Schlenkrich beleuchten jeweils das Spannungsfeld zwischen vielfachen Exklusionen, denen bettelnde, arme oder armutsgefährdete Frauen ausgesetzt waren, und partiellen Inklusionschancen, etwa durch Gelegenheitsarbeiten. Christina Vanja, Alfred Stefan Weiß und Martin Scheutz widmen sich der Gruppe der kranken und alten Armen. Alfred Stefan Weiß geht es um eine Sozialgeschichte der armen Insassen von Hospitälern in der Steiermark und Kärnten im langen Zeitraum zwischen 1350 und 1920. Er zeichnet die Versorgung von einzelnen Armen in Institutionen verschiedener Größe nach und setzt die Versorgungsleistung immer wieder ins Verhältnis zur sozioökonomischen Umgebung der Spitäler. Weiß betont, dass es wechselnde Regime und Praktiken im Umgang mit Armen und Kranken gab, gleichzeitig aber eine Kontinuität der genutzten Gebäude. Daran schließt er Fragen nach der historischen Prägekraft dieser Stein gewordenen Form und Funktion an. Erneut wird die lückenhafte Überlieferungssituation zum Ausgangspunkt für Überlegungen, wie die Geschichte einer Fürsorgekultur in Kärnten und der Steiermark, die die Praktiken der Armen und der Bevölkerung über einen langen Zeitraum hinweg berücksichtigt, zu schreiben sei. Martin Scheutz nimmt am Beispiel Wiens die Praxis der Deportation alter Armer aufs Land in den Blick. Die Stadt Wien betrieb zur Versorgung ihrer würdigen Armen ein räumlich weit gefächertes Netz von Versorgungshausanstalten. Das damit verbundene System der Deportation von alten Armen auf das Land diente unter anderem dazu, die Armut in der Residenzstadt unsichtbar zu machen. Dass der Band schwerpunktmäßig die Geschichte der Armen und der Armut in ländlichen Gesellschaften thematisiert, und gleichzeitig die historische Kategorie Raum stärker berücksichtigt, ist zu begrüßen. Allerdings überzeugt Helmut Bräuers Hypothese, dass sich zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert eine spezifische Landarmenmentalität herausgebildet habe, auch nach der Lektüre der Beiträge nicht. Zu blass bleiben in seinen einleitenden Erwägungen insbesondere die agrarhistorischen Bezüge und Begriffe. Die umfassenden konzeptionellen Probleme, die eine diachron und europäisch vergleichende Sozialgeschichte subjektiver Armutserfahrungen in Europa aufwirft, sind zudem andernorts bereits systematischer und ausführlicher dargelegt worden.[3] Richtig bleibt der Appell an die deutschsprachige Forschung der frühneuzeitlichen Soziabilität und den in ihr herrschenden vielfältigen Reziprozitätsbeziehungen noch stärkere Beachtung zu schenken. Indem die vergangenen Lebenswelten von Armen präzise und differenziert rekonstruiert werden, widerlegen sowohl die einzelnen Beiträge als auch die Beiträge in ihrer Summe sehr überzeugend die in Handbüchern und Synthesen der deutschen und österreichischen Geschichtswissenschaft noch immer weit verbreitete These, dass Arme, Bettler und Vaganten in der Vergangenheit nur als sozial isolierte Randexistenzen analytisch zu fassen seien.[4] Die konsequente kultur- und sozialhistorische Akteurszentrierung der Fragestellungen stellt eine Stärke des Bandes dar, weil sie die Erschließung neuer Quellengruppen sowie die Entwicklung innovativer Auswertungsmethoden ermöglicht. Die Konzentration auf Personen und soziale Gruppen erweist sich heuristisch unter anderem deshalb als fruchtbar, weil sie die historische Armutsforschung für die Fragen und Konzepte der Gesellschaftsgeschichte weiter öffnet. Anstatt allein die Vorgeschichten heutiger Sozialstaatlichkeit und Sozialpolitik zu untersuchen, schärfen die Beiträge den Blick für die historische Vielfalt der Überlebensstrategien von Armen und Armutsgefährdeten. Anmerkungen: [1] Vgl. dazu <http://www.un.org/en/globalissues/briefingpapers/ruralpov/developingworld.shtml> (06.08.2012). [2] Das bekannteste Beispiel bietet die englische Grafschaft Essex, in der ein Archivar für die Erhaltung eines umfangreichen Konvoluts von Armenbriefen sorgte. Ausgewählte Briefe sind publiziert in: Thomas Sokoll (Hrsg.), Essex Pauper Letters 1731-1837 (=Records of Social and Economic History, New Series 30), Oxford 2001. [3] Vgl. etwa Robert Jütte, Poverty and Deviance in Early Modern Europe (=New Approaches to European History), Cambridge 1994; Andreas Gestrich / Lutz Raphael / Herbert Uerlings (Hrsg.), Strangers and Poor People. Changing Patterns of Inclusion and Exclusion in Europe and the Mediterranean World from Classical Antiquity to the Present Day (=Inklusion/Exklusion. Studien zu Fremdheit und Armut von der Antike bis zur Gegenwart 13), Frankfurt am Main u.a. 2009. [4] Instabile Beschäftigungsverhältnisse betrafen im 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert einen großen Teil der habsburgischen bzw. österreichischen Bevölkerung. Auch die Forschergruppe der Wiener Historikerin Sigrid Wadauer zeigt, dass es nicht sachgerecht ist, wenn die geschichtswissenschaftliche Forschung von Verarmung und Armut betroffene Personen a priori als Randexistenzen betrachtet. Vgl. ausführlicher dazu "The Production of Work. Welfare, Labour-market and the Disputed Boundaries of Labour (1880-1938)" <http://pow.univie.ac.at/> (05.10.2012). Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Ewald Frie <ewald.frie(a)uni-tuebingen.de> |
Date: 2012/10/23 15:31:26
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>
Begleitprogramm zur Ausstellung „Gebrochene Säule“ O4.11.2012: Prof. Herbert Jochum:
Christen und Juden -
ein neuer Anfang? Das von Anfang an
spannungs- und
konfliktreiche Verhältnis von Juden und Christen hat tiefe
Spuren von
Gewalt, Leid und Tod in der Geschichte der Menschheit
hinterlassen. Unter dem
Eindruck des Holocaust haben das 2. Vatikanische Konzil
auf
katholischer Seite und die Synode der Rheinischen Kirche von 1980 auf
evangelischer
Seite eine Revision der traditionellen judenfeindlichen
Theologie
vorgenommen. Sind Christen und Juden heute auf dem Weg zueinander?
Wie wird das
Verhältnis von Juden und Christen heute in Kirchen und Theologie gedacht? Welche Hoffnungen und welche Wider-stände zeigen sich in der anhaltenden Diskussion? 02.12.2012: Dr.
Dieter
Wolfanger: Judenfreies Saarland? – Eine Korrektur Ausgehend
von
der „Aktion Bürckel“ und den letzten Deportationen in der Endphase des
Zweiten Weltkrieges und
des Dritten Reiches, geht Dr. Wolfanger der Frage nach, ob die
Behauptung der
Nationalsozialisten: „Das Saarland ist judenfrei!“ zutreffend
ist. Die Ausstellung
kann am 04.11.2012
sowie am 02.12.2012 in der Zeit von 14.00 – 17.00 besichtigt
werden. Nach vorheriger
Anmeldung bietet
der „Verein Stadtgeschichtliches Museum Ottweiler“ Führungen
über den
„Jüdischen Friedhof Ottweiler“ und/oder durch die Ausstellung
„Gebrochene
Säule“ an, und zwar zu folgenden Terminen: Sonntag,
21.10.2012, 11.11.2012,
25.11.2012 und am 16.12.2012 jeweils 15.00 Uhr Mittwoch,
24.10.2012, 14.11.2012,
28.11.2012 und am 12.12.2012 jeweils 16.00 Uhr Anmeldungen zur
Besichtigung der
Ausstellung und/oder des „Jüdischen Friedhofs Ottweiler“ bitte
spätestens drei
Tage vorher bei: Burr, Klaus
06824/4291 Bettinger, Dieter
Robert
06824/4280.
|
Attachment:
Begleitprogramm.doc
Description: MS-Word document
Date: 2012/10/23 19:15:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
In Ottweiler läuft zur Zeit die
Ausstellung „Gebrochene Säule“, zu der es ein umfangreiches Begleitprogramm
gibt. Sonntag,
O4.11.2012 Prof. Herbert Jochum:
Christen und Juden - ein
neuer Anfang? Das von Anfang an spannungs- und
konfliktreiche Verhältnis von Juden und ---------------- Sonntag, 02.12.2012:
Dr. Dieter Wolfanger:
Judenfreies Saarland? – Eine
Korrektur Ausgehend von der „Aktion Bürckel“
und den letzten Deportationen in
der Endphase des Zweiten Weltkrieges und des Dritten Reiches, geht Dr. Wolfanger
der Frage nach, ob die Behauptung der Nationalsozialisten: „Das Saarland ist
judenfrei!“ zutreffend ist. ---------------- Die Ausstellung kann am 04.11.2012
sowie am 02.12.2012 in der Zeit von 14.00 – 17.00 besichtigt werden.
---------------- Nach vorheriger Anmeldung bietet
der „Verein Stadtgeschichtliches Museum Ottweiler“ Führungen über den „Jüdischen
Friedhof Ottweiler“ und/oder durch die Ausstellung „Gebrochene Säule“ an, und
zwar zu folgenden Terminen: Sonntag, 21.10.2012, 11.11.2012,
25.11.2012 und am 16.12.2012 jeweils 15.00 Uhr Mittwoch, 24.10.2012, 14.11.2012,
28.11.2012 und am 12.12.2012 jeweils 16.00 Uhr Anmeldungen zur Besichtigung der
Ausstellung und/oder des „Jüdischen Friedhofs Ottweiler“ bitte spätestens drei
Tage vorher bei: Burr, Klaus, Tel.
06824/4291 Bettinger, Dieter Robert, Tel.
06824/4280. ----------------- Bei der Eröffnung der Ausstellung
hat Hans-Joachim Hoffmann diese Rede gehalten: Erinnerungsarbeit und
Erinnerungskultur in Ottweiler Eine Anmerkung zur
Ausstellungseröffnung „Gebrochene Säule – Von der Integration zur Deportation“
am 14.10.2012 (Hans-Joachim Hoffmann) Werte
Gäste, liebe Freunde des Stadtmuseums, in dem Vorwort der Broschüre zur
Ausstellung habe ich das Wesentliche über den jüdischen Friedhof Ottweiler
ausgeführt. Ich hoffe, dass Sie die Broschüre nicht nur käuflich erwerben und
damit die Arbeit des Stadtmuseums unterstützen sowie das finanzielle Engagement
aller Spender anerkennen, sondern sie auch lesen, damit Sie nachvollziehen
können, dass die ehemalige jüdische Gemeinde Ottweiler es wert ist, zumindest im
Gedächtnis des Ortes bewahrt zu werden. Daher beschränke ich mich auf einige
Anmerkungen zur Erinnerungs-kultur. Erlauben Sie mir zunächst einen kurzen
Rückblick: Die
heutige Ausstellung greift die Erinnerungsarbeit an die ehemalige jüdische
Gemeinde Ottweiler wieder auf, die meinerseits auf die gemeinsam mit dem
Ottweiler Pfarrer Hartmut Thömmes durchgeführte Ausstellung über „Das
ehemalige jüdische Leben im evangelischen Kirchenkreis Ottweiler“ in der
Aula des Gymnasiums Ottweiler 2006 ihren Anfang nahm. Herr Thömmes stellte auch
für diese Ausstellung sowohl themenbezogenes Bildmaterial als auch Kultgegenstände
des Judentums zur Verfügung; dafür sei ihm recht herzlich gedankt. Die
Erinnerungsarbeit wurde fortgesetzt durch die Veröffentlichung der
„Lebenswege jüdischer Mitbürger“ (2009) mit Unterstützung des Landkreises
Neunkirchen; mit Unterstützung der Stadt Ottweiler und des Stadtgeschichtlichen
Museums konnte eine Gedenktafel im Histo-rischen Sitzungssaal des Kreishauses an
Nachfahren der Familie Coblenz, nämlich Herrn Walter Coblenz (USA) und Herrn Dr.
François Van Menxel (Münster) übergeben und am Haus Goethestraße 1 (2009) angebracht
werden. Es freut mich, dass auch heute Dr. François Van Menxel mit seiner Frau
Helga wieder den Weg nach Ottweiler gefunden hat. Eure Anwesenheit, François und
Helga, zeigt, dass die lokalen Bemühungen gegen das Vergessen auch überregional
wahrgenommen und geschätzt werden. Im Umfeld der Entstehung des
Buches „Lebenswege jüdischer Mitbürger“ und der Übergabe der Gedenktafel
an Nachfahren der Familie Coblenz stellte ich an die Fraktionen des Ottwei-ler
Stadtrates den Antrag, Adolf Hitler, Hermann Göring und Alois Spaniol die
bereits 1933, also zu einer Zeit, als das Saargebiet noch dem Völkerbund
unterstand, verliehenen Ehren-bürgerschaften der Stadt Ottweiler symbolisch
abzuerkennen, fand jedoch keine ausreichende Unterstützung, die Initiative
verlief im Sande. Dass eine solche symbolische Aberkennung keinerlei juristische
Bedeutung hat, war und ist mir bewusst, doch glaubte und glaube ich immer noch,
dass eine solche Geste die Erinnerungsarbeit glaubhafter erscheinen ließe und
als Geste gegenüber allen Opfern der NS-Herrschaft angebracht erschiene. Konkret
dachte und denke ich dabei an die in Ottweiler am 2. September 1922 geborene
Kommunistin Dora Weyrich, geb. Schlosser, die das Lager Gurs mit ihrer Mutter
und Schwester durchleiden musste und heute im AWO-Heim ihren Lebensabend
verbringt. Eine ernsthafte und offene Diskussion dieser Frage fand meines
Wissens in keiner Stadtratssitzung statt; noch nicht einmal alle Parteien
reagierten mit einer Stellungnahme auf meine Anregung. Während also einerseits eine
symbolische Handlung versagt wurde, entschied man sich in einem anderen Bereich
des politischen Lebens der Stadt für eine symbolische Vereinbarung: Im Mai 2011
erfolgte die symbolische Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Verbindung von
Familie und Beruf, einem Aufruf der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder
folgend. Auch diese symbolische Vereinbarung verpflichtet zu nichts, verlangt
keinerlei konkrete Maßnahmen, bleibt eine Geste. Die Frage stellt sich: Warum
verweigert man einerseits eine symbolische Geste, vollzieht sie aber
andererseits? Um
die Erinnerungsarbeit fortzusetzen, unterbreite ich am Ende meines Vorwortes
zwei Vorschläge:
Die
Einbindung des jüdischen Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“ wird
wohl kaum Widerspruch hervorrufen, so dass ich auf eine ausführlichere
Begründung verzichten kann. Nur soviel sei gesagt: Der jüdische Friedhof stellt
die „versteinerte Lebensgeschichte“ der jüdischen Gemeinde Ottweiler dar;
er bestätigt die Feststellung Michael Brockes über jüdische Friedhöfe: „Boden
und Steine begründen in ihrer Einschreibung Geschichte und Gedächtnis für die
Nahen wie für die Fernen... Das vergehende Leben der Gemeinschaft wird geerdet
und aufgerichtet, aufbewahrt und hinübergewünscht in das Land der Lebendigen,
des Lebens.“ Das vergangene Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler kehrt
zumindest für die Zeit der Ausstellung „in das Land der Lebendigen, des
Lebens“ zurück. Dies ließe sich durch die Einbeziehung des jüdischen
Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“
vertiefen. Warum
die Anregung, Stolpersteine zu verlegen? In Ottweiler verweisen vier
Straßen-bezeichnungen auf ehemalige Ottweiler Bürger bzw. Lokalpolitiker: Die
„Schmalwasser-straße“ erinnert an den in Ottweiler geborenen und in Wien
1808 verstorbenen Juwelier Johann Christian Heinrich Schmalwasser, der eine
Stiftung für seine Heimatstadt begrün-dete, „damit arme Kinder den
Schulunterricht zu genießen haben.“ Die „Weylstraße“ und die
„Anton-Hansen-Straße“ bewahren Personen des 19. Jahrhunderts vor dem
Vergessen, die das politische, konfessionelle und wirtschaftliche Leben
Ottweilers entscheidend mitprägten: Der katholische Pfarrer Hansen setzte sich
u.a. vehement für die politische Gleichberech-tigung der katholischen
Bevölkerung im protestantisch geprägten Preußen ein; die wirtschaft-lich
erfolgreiche protestantische Familie Weyl engagierte sich auch in der
Lokalpolitik und suchte, die Vorrechte der Protestanten mit Nachdruck zu wahren.
Die
„Dr. Maximilian-Rech-Straße“ erinnert an den Landrat des Kreises
Ottweiler Dr. Maxi-milian Rech. Er bekleidete seit 1920 diese Funktion, wurde am
Kriegsende vorübergehend seines Amtes enthoben und durch Herrn Heinrich Strauss,
bisheriger Amtsgerichtsrat in St. Wendel, ersetzt. In seiner Funktion als
Landrat und „Untertreuhänder des jüdischen Vermögens im Kreis Ottweiler“
– so die Angabe im Briefkopf des Schreibens – erließ Dr. Rech am 5. Dezember
1940 ein Schreiben an die Amtsbürgermeister des Kreises (außer Spiesen und
Elversberg) sowie die Bürgermeister von Ottweiler und Neunkirchen mit der Bitte,
die Einheitswerte der jüdischen Grundstücke derjenigen Personen zu ermitteln,
die am 22. Oktober 1940 evakuiert wurden - von deportiert ist in den amtlichen
Schreiben keine Rede. Dies geschah mit der Zielsetzung, „dass der jüdische
Besitz jetzt umgehend in deutsche Hände zu überführen ist.“ (Saar- und
Blieszeitung Nr. 266, S. 5). Landrat
Dr. Maximilian Rech bildete nur ein kleines Zahnrädchen in der
Verwaltungs-hierarchie des NS-Systems; aber das Ineinandergreifen der vielen
kleinen Rädchen ermöglichte letztendlich die bürokratisch organisierte und
industriell durchgeführte Vernich-tung der jüdischen Bevölkerung, der
politischen Gegner auf Seiten der Kommunisten und der SPD, der Sinti und Roma,
der Homosexuellen und das Euthanasie-Programm. Die Verstrickung von Dr. Rech in
das Unrechtssystem des Nationalsozialismus möge einerseits für die politisch und
gesellschaftlich Verantwortlichen heute auf allen Ebenen Mahnung sein bei der
Umsetzung von Vorgaben, andererseits die Bevölkerung zur Wachsamkeit und zu
Engagement aufrufen. Die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft sollten
sich zumindest gelegentlich bei politischen Grundsatzentscheidungen und ihrer
Umsetzung der Aufforderung Günter Eichs zu erinnern: Seid
unbequem, seid
Sand, nicht
das Öl im
Getriebe der Welt! Dr.
Rech setzte mit seinem Schreiben vom 5. Dezember 1940 eine Vorgabe höherer
politischer Stellen konsequent um, er war Öl, nicht Sand im Getriebe der
Welt. Mir drängt sich die Frage auf: „Welche Haltung soll ich ihm gegenüber
einnehmen, welche Haltung soll ich denen gegenüber einnehmen, die in das
Unrechtssystem des Nationalsozialismus verstrickt waren?“ Die
Haltung des 1923 in Wien geborenen und seit 1963 an der FU Berlin lehrenden
Rabbiners und Religionsphilosophen Jacob Taubes (1923 – 1987) gegenüber dem
„Kronjuristen“ des Dritten Reiches Carl Schmitt (1888 – 1985), der zwischen 1933
und 1945 in Köln und Berlin seine Jurastudenten auf den Führer einschwor, gibt
Anhaltspunkte, zeigt den Weg. Taubes sagte zu sich: „Hör mal, Jacob, du bist
nicht der Richter, ... denn als Jude warst du nicht in der Versuchung. Wir waren
in dem Sinne begnadet, dass wir gar nicht dabei sein konnten. Nicht, weil wir
nicht wollten, sondern man uns nicht ließ ... ich kann nicht sicher über mich
selbst sein, ich kann nicht sicher über irgendeinen sein, dass er vom Infekt der
nationalen Erhebung nicht angesteckt wird und ein oder zwei Jahre verrückt
spielt, hemmungslos...“ Aus
der Haltung des Juden Jacob Taubes gegenüber Carl Schmitt, der sich nach 1945
nie vom NS-Regime distanzierte, ziehe ich für mich die Schlussfolgerung: Dr.
Maximilian Rech zu verurteilen steht mir als einem Vertreter der
nachgeborenen Generation nicht zu; denn ich konnte gar nicht dabei
sein. Dr.
Rech fand seine letzte Ruhestätte auf dem katholischen Friedhof Neumünster.
Lassen Sie mich auch an dieser Stelle Jabob Taubes das Wort geben: Anlässlich
des Todes von Carl Schmidt stellte Jacob Taubes für sich fest, er traue sich
nicht, „jemanden zu richten, der den Frieden mit der Kirche gemacht hat und
in ihr gestorben ist...“ Auch
Dr. Rech scheint den Frieden mit der Kirche gemacht zu haben und in ihr am
13.12.1949 gestorben zu sein. Er verantwortete sich – dem jüdischen und
christlichen Verständnis folgend – vor dem göttlichen Gericht. Vielleicht hat
auch er „ein oder zwei Jahre verrückt gespielt, hemmungslos...“ Sein
politisches Wirken insgesamt zu beschreiben und zu beurteilen, bleibt
noch zu erledigende Aufgabe des Historikers. Die
Straßenbezeichnung, entschieden durch den Stadtrat Ottweilers am 14. Mai 1954,
weil Dr. Rech „über 20 Jahre mit vorzüglicher Arbeitskraft und unparteiisch
für den Kreis und die Stadt Ottweiler Großes geleistet hat“, hält die
Erinnerung an ihn wach. Über diese Begrün-dung mag sich jeder der hier
Anwesenden seine eigenen Gedanken machen. „Großes“
leisteten andere Personen für die Stadt Ottweiler, ohne dass eine
Straßenbe-nennung die Erinnerung an sie bewahrt: Ich denke dabei z.B. an den
protestantischen Pfarrer Georg Christian Woytt (1694 – 1764), ich denke an
Samuel Levy, den Lehrer der jüdischen Elementarschule Ottweiler von 1825 – 1875,
ich denke an die jüdischen Familien Coblenz und Albert, die das Leben der
jüdischen Gemeinde Ottweiler und der Stadt Ottweiler im 19. Jahrhundert
maßgeblich mitprägten. Ich denke an all die in der Öffentlichkeit Namenlosen,
die ihrer Heimat, in der sie tief verwurzelt waren, treu geblieben sind, die
Ottweiler treu geblieben sind, treu bis in den Tod. Wenn
also eine Straßenbezeichnung die Erinnerung an Dr. Maximilian Rech bewahrt
–erscheint es dann nicht nachdenkenswert, ja angebracht, durch
Stolpersteine an die jüdischen Bewohner Ottweilers zu erinnern, deren
Vermögen Dr. Rech als Untertreuhänder in deutsche Hände überführte, vielleicht
wissend, dass die Deportierten nie mehr zurückkommen werden? Geben wir den fast
Vergessenen durch Stolpersteine ihre Namen zurück. Denn : Ein Mensch
ist erst dann tot, wenn sein Name vergessen ist. Bewahren wir die Namen der
Deportierten durch Stolpersteine vor dem Vergessen, damit auch die
jüdische Gemeinde in ihrer Endphase „im Land der Lebendigen, des Lebens“
erhalten bleibt. In
aller Bescheidenheit beschließe ich meine Rede mit einem Gedicht von Bert
Brecht, das dieser 1933, also 23 Jahre vor seinem Tode verfasste, und hoffe,
dass meine Vorschläge zu einer offenen und ernsthaften Diskussion über die
Fortsetzung der Erinnerungsarbeit führen: „Ich benötige
keinen Grabstein, aber Wenn ihr einen
für mich benötigt Wünschte ich,
es stünde darauf: Er hat
Vorschläge gemacht. Wir Haben sie
angenommen. Durch eine
solche Inschrift wären Wir alle
geehrt.“ Ich
wünsche Ihnen trotz der nachdenklich stimmenden Thematik der Ausstellung noch
einen schönen Sonntag. Vielen Dank. |
Date: 2012/10/24 13:21:00
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Hoof. Zu seiner traditionellen Vortragsveranstaltung am 1. November (Allerheiligen-Feiertag), 17 Uhr, lädt der Heimat- und Kulturverein Ostertal auch in diesem Jahr ins protestantische Gemeindehaus Hoof ein. Das Thema lautet diesmal „Die NSDAP-Ortsgruppe Niederkirchen im Ostertal – Versuch einer Rekonstruktion“. Referent ist Hans Kirsch aus Selchenbach. Die Mitgliederkartei und die sonstigen Unterlagen der Ostertaler NSDAP-Ortsgruppe, so der Heimatverein, seien am Ende des Zweiten Weltkriegs in Niederkirchen verbrannt worden. Es habe daher umfangreicher Nachforschungen bedurft, um die Mitgliederstruktur der Ortsgruppe, die die sieben Gemeinden der Bürgermeisterei Niederkirchen umfasst habe, wieder sichtbar zu machen. Hans Kirsch und Klaus Zimmer hätten vor allem im Bundesarchiv Berlin geforscht und dabei die Mitgliederkartei der Reichs-NSDAP mit ihren zehn Millionen Karteikarten ausgewertet. Die Ergebnisse würden nun bei der Veranstaltung präsentiert. Man wisse, so der Verein, dass es sich um ein brisantes Thema handele, über das aber 67 Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches endlich gesprochen werden müsse. Der Veranstaltungsraum liegt in der Ortsmitte von Hoof, gegenüber der evangelischen Kirche. |
Date: 2012/10/25 12:23:42
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Sehr
geehrtes Vereinsmitglied, im Rahmen
unserer Vortragsreihe: „Das Saarland. Geschichte einer Region“ möchten wir Sie
herzlich zu der folgenden Veranstaltung einladen: Unter neuen
Herren – Die Saarregion zwischen 1815 und 1850 Referent:
Prof. Dr. Peter
Burg Termin:
Freitag, 2.
November 2012, 19:30 Uhr Ort:
Landratsamt
Saarlouis, Kaiser-Wilhelm-Straße 4, 66740 Saarlouis Mitveranstalter:
KVHS Saarlouis Der Eintritt
zu dieser Veranstaltung ist frei. Mit
freundlichen Grüßen Ihre
Geschäftsstelle Historischer
Verein fuer die Saargegend e.V. Geschaeftsstelle:
Landesarchiv Saarbruecken Dudweilerstrasse
1 66133
Saarbruecken-Scheidt Tel.:
0681/ 501-1922 Fax:
0681/ 501-1933 E-Mail:
geschaeftsstelle(a)hvsaargegend.de |
Date: 2012/10/25 12:24:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Liebe
Mitglieder, hier die
neue Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft im Historischen
Verein: Für die
Mitglieder des Historischen Vereins und Gäste: Besuch der
Mittwoch, 7.11.2012 um 18
Uhr 30, Die
Ausstellung im Saarbrücker Stadtarchiv widmet sich der Frage, wie sich im Laufe
von 250 Jahren die Bewertung der Bauwerke Stengels und des Barock generell
geändert haben. Es
ist das große Verdienst Karl Lohmeyers, die Saarbrücker zu Beginn des 20.
Jahrhunderts erst wieder auf die Bedeutung ihres „großen Baumeisters“ und seiner
Werke in ihrer Stadt aufmerksam gemacht zu haben. Heute
sehen Denkmalschutz und Denkmalpflege zwar eine besondere Verantwortung in der
Erhaltung des Stengel-Erbes, dennoch unterliegen auch sie gesellschaftlichen und
politischen Entwicklungen. Nur
so lassen sich der Kampf um eine barocke Rekonstruktion des Ludwigsplatzes und
der Ludwigskirche in den Nachkriegsjahren erklären und ebenso die langwierigen
Diskussionen um die Wiederherstellung des Saarbrücker Schlosses als
„Barockschloss“ oder als „Bürgerschloss". Mit
freundlichen Grüßen Renate
Lang-Koetz Historischer
Verein fuer die Saargegend e.V. Geschaeftsstelle:
Landesarchiv Saarbruecken Dudweilerstrasse
1 66133
Saarbruecken-Scheidt Tel.:
0681/ 501-1922 Fax:
0681/ 501-1933 E-Mail:
geschaeftsstelle(a)hvsaargegend.de |