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Datum | 2012/04/01 22:50:29 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Wie kamen die Ritter in volle r Rüstung aufs Pferd |
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2012/04/23 19:39:41 Michaela Becker [Regionalforum-Saar] Vortrag am 25.04.2012 bei m Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Lan deskunde und Volkskultur e.V. |
Autor | 2012/04/01 22:50:29 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Wie kamen die Ritter in volle r Rüstung aufs Pferd |
Date: 2012/04/01 14:38:36
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...
Kaiser Maximilian besucht St. Wendel
1512 „Unter der Regierung des Kurfürsten Richard von Greifenklau sah
unsere Stadt vornehmen Besuch. Am Mittwoch, den 31. März 1512, traf Kaiser
Maximilian, begleitet vom Kurfürsten und einem glänzenden Gefolge, von Grimburg
kommend, in St. Wendel ein. Er übernachtete in der Burg. Am folgenden Tage lag
er der Falkenbeize ob und zog dann nach Trier zurück, wo er die Osterfeiertage
in frommer Bußübung verlebte.“ So schilderte Max Müller in seiner
„Geschichte der Stadt St. Wendel“ von 1927 den Besuch des Kaisers in unserer
Stadt. Immerhin war er der erste, der den Besuch überhaupt erwähnte. Sein
Vorgänger Julius Bettingen hat 1865 in seiner „Geschichte der Stadt und des Amtes St.
Wendel“ kein Wort
darüber verloren, vermutlich weil er nichts davon wußte. Müller hat seine
Informationen wahrscheinlich aus Gottfried Kentenichs „Geschichte der Stadt
Trier“ (zeitnah 1915 erschienen) oder gar aus Christian von Strambergs
„Rheinischem Antiquarius“ von 1853. Die dortigen Ausführungen hat er dann
phantasievoll ausgeschmückt. Auf Müllers Grundlage schmückte der Künstler Walter
Hannig die Wand des Rathausfestsaals in St. Wendel. Doch weder wurde der Kaiser vom
Kurfürsten begleitet noch von einem glänzenden Gefolge, und gebüßt hat
Maximilian eindeutig am Karsamstag, aber nicht mehr an den
Osterfeiertagen. Peter Maier hat den Ausflug in kurzen
Worten wiedergegeben: „Dinstags ist
keiserlich Maiestat vß Trier geritten, beissen: die nacht Zu
Grimburg. Mittwochs Zu
Sandwendl, Donrstags Zu Schelingen gelegen
vnd den Fritag widderumb ghen Trier
kommen.“ Sie sehen, mit Max Müllers Phantasie
kann es keine Wirklichkeit aufnehmen. Dazu dieser Bericht eines
Augenzeugen: „Mein Name ist Niclas, aber wie
meinen Vater nennt man mich nur Clesgen (wobei das „g“ wie „ch“ gesprochen
wird). Wißt Ihr, wer grad die Stadt verlassen hat? Nein?
Nun, so laßt mich erzählen.
Gestern abend hielt ich mich vorn im
Kaff auf. Ihr wißt schon, in der Markthalle, dort, wo sich immer die Räte der
Stadt treffen und die Pilger meistens übernachten – Pilgerruh wird sie deshalb
oft genannt. Heute – am Donnerstag – ist ja Markt, und mein Vater Clesgin, wie
schon sein Vater selig und viele meiner Voreltern Weisgerber in St. Wendel,
hatte mich beauftragt, den Stand vorzubereiten. D.h. eigentlich war ich schon
damit fertig, aber da wir unsere Ware immer schon tags zuvor dort abliefern, muß
ich dann die Nacht dort verbringen. Auch wenn der Herr Nachtwächter sagt, wir
sollten uns nicht fürchten. Solange er da ist, passiert da nichts. Aber ich habe
ihn schon oft durch die Gassen mehr taumeln als gehen sehen, und mein Vater sagt
immer …, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls saß ich dort und schaute
hinaus auf die Gasse und langweilte mich, als ich plötzlich den Klang einer
Glocke vernahm. Das mußte der Wächter am unteren Tor sein, der sein Warnglocke
läutete. Kurz darauf sah ich den Amtmann, Herrn Clais, vorbeieilen, jerres,
richtig festlich aufgeputzt war er. Auch über mir fing es an zu rumoren. Stühle
wurden geschoben, und polternd kamen die Ratsleute die Stiege hinab, an der
Spitze der Herr Theis, unser Schultheis, eilten durch die große Halle und
stürmten dem Amtmann hinterher. Und schon kam auch unser geehrter Pfarrer, Herr
Oleatoris, begleitet von seinen Altaristen. Alle besonders herausgeputzt und in
festlichem Gewande. Hätte grad noch gefehlt, daß sie den Heiligen in seiner
neuen Lade mitgenommen hätten. So wie voriges Jahr, als der neue Bischof, unser
edler Herr Richard, nach St. Wendel gekommen war, um sich huldigen zu lassen.
Sollte er schon wieder herkommen? Sonst vergingen oft Jahre, bis man jemanden
aus Trier hier zu sehen bekam. Es dauerte eine ganze Weile, und ich
verharrte am Fenster in der Ecke der Halle, von dem man einen guten Blick auf
die Gasse zur untersten Pforte hat. Schließlich kamen sie wieder zurück, diesmal
alle zusammen und in Begleitung einiger ziemlich müde aussehender Herren,
allesamt zu Pferde, deren teure Kleidung ich unter der dicken Lage aus Staub und
Schmutz gut erkennen konnte. Hohe Tiere, wie mein Freund, der Bäckergeselle aus
der Oberstadt, immer ironisch zu sagen pflegt. Derer zu Pferde waren nicht so
sehr viele, ein gutes Dutzend. Sie waren natürlich bewaffnet, einer hielt sogar
eine lustig im Wind flatternde Standarde in der Hand, die ein schwarzer
Doppeladler zierte. Einer – nicht der erste in der Reihe, sondern mitten unter
ihnen - fiel mir besonders auf. Es war ein älterer Mann, der schon gut fünfzig
Lenze auf dem Buckel hatte. Er schien von großer Gestalt, und sein Gesicht
zierte eine auffällige Adlernase. Er kam mir vage bekannt vor.
Vor der Markthalle mußten sie
natürlich absteigen, sonst hätten sie sich an dem Durchgang unter der Halle
hindurch arg die Köpfe gestoßen. Sie führten ihre Pferde am Halfter und kamen
genau unter mir durch. Vor zehn Jahren – als kleiner Junge – hätte ich es mir
sicher nicht nehmen lassen, einem von ihnen auf den Helm zu spucken; das hätte
wie immer tüchtig Prügel gegeben, aber unter meinen Freunden wäre ich ein Held
gewesen. Damit ist es aber schon lange vorbei. Zähle schließlich schon 20 Lenze
und gelte somit fast als erwachsen. Auf der anderen Seite saßen die
Reiter wieder auf, verneigten sich in Richtung Kirche und ritten die Amtsgasse
hinab. Sie wollten zur Burg. Hoppla, das waren nicht „hohe Tiere“, sondern „sehr
hohe Tiere“. Denn in der Burg wohnte sonst nur der Amtmann.
Etwa halb die Amtsgasse hinunter, die
zur Südmauer führt, bogen sie nach rechts ab. Die Hufe ihrer Pferde klapperten
über das Holz der kleinen Zugbrücke, die dort heute nur mehr symbolisch liegt.
Ich selbst habe noch nie gesehen, daß sie hochgezogen war, und auch das Tor ist
nie geschlossen. Aber mein Großvater hat mir mal erzählt, daß sie in
Kriegszeiten hochgezogen wird und daß dann keiner dort mehr durchkommt. Ist eh
seltsam, die Sache mit dem Tor in die Burg, denn ein Besucher muß erst mal in
die Stadt, bevor er in die Burg kann. Und will er woanders hin, muß er erst in
die Stadt und von dort durch das Stadttor wieder raus. Der Großvater hat mir den
Grund mal erklärt, aber so richtig verstanden habe ich es nie. Hat irgendwas mit
unserem Herrn in Trier zu tun, dem die Burg ja eigentlich gehört.
Kaum waren sie drin, ging ein
geschäftiges Treiben innerhalb der Burg los. Boten eilten heraus, Essen und Wein in großen Fässern mit einem
Karren hineingebracht. Wir draußen wußten lange nicht, was
da los war. Schließlich sprach ich mit einem der Reiter, dem wohl langweilig
geworden und der die Stadt auf eigene Faust erkunden wollte. Als wenns in St.
Wendel so viel zu sehen gäbe. Innerhalb kurzer Zeit kann man die Stadt
durchqueren, und auch der Gang über die Mauer dauert nicht sehr lang.
Er wußte natürlich, wer der Mann mit
der auffälligen Nase war. Das war unser Kaiser Maximilian. Das Wappen seines
Vaters, Friedrichs III., konnte man und kann man immer noch in der Kirche an der
Decke sehen, zusammen mit denen der anderen Kurfürsten des Reiches und natürlich
dem des Amtmanns, einem der Vorvorgänger unseres Herrn Clais von Gerspach.
Mein neuer Freund erklärte mir auch,
warum der Kaiser überhaupt hier in unserer Gegend war. In der altehrwürdigen
Stadt Trier sei er vor ein paar Tagen eingetroffen und habe sofort Boten in das
ganze Reich senden lassen, um die Fürsten nach Trier rufen zu lassen. Das dauert
natürlich seine Zeit, bis alle da sind, deshalb habe er sich kurzerhand für
diesen Ausflug entschlossen. Ich staunte und entgegnete: „Ja, das kann nur der
Kaiser. Nur er hat die Macht zu befehlen, und alle, wirklich alle, müssen ihm
gehorchen.“ Mein Gegenüber zog die Mundwinkel hoch, zwinkerte mit einem Auge und
meinte ironisch, nun, so weit sei es mit der Macht des Kaisers auch nicht her,
denn er habe die Fürsten zusammenrufen lassen, weil er Geld benötige, um mal
wieder Krieg führen zu können. So einfach lassen die sich das nicht befehlen,
sagte er, er sei gespannt, was dabei herauskommt. Aber er freue sich schon auf die
Vergnügungen, die so ein Reichstag immer mit sich bringt. Auf Jagdausflüge wie
diesen hier. Der Kaiser sei ein vielseitiger Mann - den alten Traditionen
aufgeschlossen und trotzdem dem Modernen nicht unbedingt abgeneigt. So plane er,
mit einer großen Kanone schießen zu lassen, und in ein paar Wochen wolle er in
Trier mit einem exotischen Tier ein ganz besonderes Jagdvergnügen durchführen
lassen. Auf die großen Turniere müsse man
diesmal allerdings verzichten. Ich fragte nach, und er beschrieb ein solches
Turnier in allen Einzelheiten – die Falkenjagd, wo der Kaiser seine teuren Vögel
auf speziell dafür gezüchtete Enten und Gänse jagt. Dann der Tjost, auch
Lanzenbrechen genannt, wenn zwei Reiter in wildem Galopp aufeinander zu preschen
und versuchen, sich mit einer langen Lanze aus dem Sattel zu werfen. Und
schließlich das Melée, der Massenkampf. Da gehen die Ritter mit Schwertern und
Kolben aufeinander los und versuchen, die jeweils andere Gruppe vom Turnierplatz
zu vertreiben. Das geht meist nicht ohne Blutvergießen ab. Mein Freund sah meine
glänzenden Augen und meinte mit spöttischem Unterton: „Aber dafür ist Trier nun
wirklich nicht der geeignete Ort.“ Warum nicht, fragte ich zurück. Nun ja,
einmal dauert es schon eine Zeit so etwas vorzubereiten. Und dann das Geld. Das
sind teure Angelegenheiten, Euer Kurfürst müßte das alles bezahlen, und er würde
von dem Geld nichts mehr zurückerhalten. So gut geht’s Euch hier in dieser
verlassenen Ecke der Welt nicht, daß Ihr Euch das leisten könntet. Und als ich
den Einwand wagte, St. Wendel sei eine blühende und reiche Wallfahrtsstatt,
vielleicht könnten wir hier … da fing er laut an zu lachen und meinte, da müßten
wir aber noch ein paar Jahrhunderte sparen, bis wir uns so ein Turnier leisten
könnten. Deshalb habe er sich so auf diesen
Ausflug gefreut. Bloß die verdammten Fische hingen ihm zum Hals raus. „Fische?“
fragte ich. „Nun ja“, sagte er, „es ist Fastenzeit, da gibt’s kein Fleisch,
sondern nur Fische. Forellen, Aale, was auch immer. Und in allen Variationen –
mit Gemüse, in Öl und in heller Sauce. Hauptsache: Fisch, kein Fleisch. Bis
Ostern. Kennt ihr das hier nicht?“ Doch, doch, eilte ich mich zu versichern,
obgleich – meine Familie nagt fürwahr nicht am Hungertuch, mein Vater ist ein
angesehener Gerber, aber Fleisch kommt höchstens einmal in der Woche auf den
Tisch – am Sonntag. Und die Fische aus den Weihern unterhalb der Burgmauer in
der Mott und an den Grenzen des Amtes gehören dem Landesherrn, da bekommt
vielleicht der Amtmann mal welche. Jetzt wußte ich auch wieder, wieso
der Mann mit der Adlernase mir so bekannt vorgekommen war. Ich hatte ihn schon
einmal gesehen und zwar ziemlich genau vor vier Jahren. Damals im Jahre unseres
Herrn 1508 an den letzten Tagen des April hatte er mit seinem Gefolge auf dem
Weg aus dem fernen Süden nach Aachen hier für einige Tage Aufenthalt gehabt.
Sein Besuch damals war noch überraschender gewesen als heute. Er hatte auch in
der Burg gewohnt und sich oft in der Kirche aufgehalten, das Wappen seines
Vaters betrachtet und vorn im Chor am Grab des heiligen Wendelin gebetet. Auch
sollen Botschaften von hier aus an wichtige Persönlichkeiten des Reiches gesandt
worden sein, eine gar an des Kaisers Tochter Margareta.
Mein Großvater – Gott hab ihn selig –
hat mir oft die besonderen Ereignisse der ersten zehn Jahre des neuen
Jahrhunderts erzählt, die ich zwar auch erlebt habe, aber nur aus der Sicht
eines jungen Heranwachsenden, der mehr ein Auge auf die schönen Töchter unseres
Nachbarn hatte als auf die Ereignisse in unserer Stadt. Von der großen Wallfahrt
im Jahre 1506, als die Menschen von nah und fern kamen, um zu unserem heiligen
Wendelin zu beten. Den hatte man in seinem Sarg extra aus dem Hochgrab im Altar
genommen und in der Kirche ausgestellt. So zahlreich waren die Besucher – und
sie alle wollten durch Berühren dem Heiligen möglichst nahe sein -, daß nicht
wenige einen Splitter des Sarges als heiliges Andenken mit nach Hause nahmen.
Dabei wurde der Sarg so stark beschädigt, daß man durch ein großes Loch
hineinschauen und sogar die Gebeine des Heiligen sehen konnte. Dieses ungeheure
Geschehen, ja fast dieser Frevel, erregte großes Aufsehen; die Kunde drang bis
nach Trier, und der Herr Bischof selbst sandte drei hohe Herren mit dem Auftrag,
dem Heiligen einen neuen Sarg bauen und ihn dorthin umzubetten zu lassen. Dieser
Sarg hatte vier unterschiedliche Schlösser, und es gab vier verschiedene
Schlüssel, einen für jede Partei: für die Pfarrei, für die Stadt, für das
Hospital in Cues und für den Bischof in Trier. So daß nur dann ein Partikul des
Heiligen konnte entnommen werden, wenn alle vier Parteien einverstanden waren.
Gerüchteweise habe man damals gehört,
daß auch ein Gelehrter unter den Besuchern gewesen sei, der die Zugehörigkeit
des hl. Wendelin zu den Freunden der Vorfahren des Kaisers untersuchen sollte.
An den Namen dieses Mannes konnte sich Großvater gut erinnern, er hieß Mennel;
das konnte er sich gut merken, denn es klang so ähnlich, wie die Leute hier bei
uns den Namen unserer Stadt aussprechen. Aus dem Jahre 1508 berichtete
Großvater von zwei Geschehnissen: dem Bau und der Weihe der St. Annenkapelle
draußen an der westlichen Grenze unserer Stadt durch unseren Herrn Clais von
Gerspach und seine ehrenwerte Ehefrau Barbara Glock von Obersteyn Ende Januar
und dem Besuch des Kaisers Ende April. Der Mann, mit dem ich gestern am
Spätabend sprach, wußte auch, wie – also auf welchem Weg - der Kaiser gestern nach St. Wendel
gekommen war. Mit seinem kleinen Gefolge ist er am
Dienstag von Trier losgeritten. Nicht viele Leute in Trier hätten überhaupt
gewußt, daß er diese Reise unternahm, noch weniger gar, wohin sie führen sollte
oder wann man ihn zurückerwarten dürfe. Der Kurfürst ist übrigens nicht
mitgekommen. Er mußte nämlich als Gastgeber in Trier bleiben, um die
eintreffenden Gäste zu empfangen. Der Kaiser hat Trier am östlichen
Ende durch die St. Simeonspforte verlassen. Diese liegt direkt neben der
Stiftskirche St. Simeon, die seit vielen hundert Jahren als Doppelkirche für
ihre Stiftsherren und das einfache Volk dient. Man sagt, St. Simeon sei auf ein
großes Gebäude aus den Zeiten der alten Römer draufgebaut worden. Hinter dem
Stadttor nahe der Kirche St. Maximin bog die kleine Gruppe nach Süden ab und
folgten einer alten Straße, die schon kurze Zeit später steil bergan führt. Ihre
Mittagsrast hielten sie in der Burg Sommerau am Ufer der Ruwer.
Durch Guthweiler hindurch führt die
Straße über Bonerath durch den dunklen HochwaldHHHoHochH nach Kell und weiter
Richtung Wadrill. Hinter Kell bog die Gruppe nach Osten ab und erreichte die
Grimburg auf ihrem Bergsporn über der Wadrill, wo man das Nachtlager aufschlug.
Es war noch eine gute Zeit vor dem Dunkelwerden (die Sonne geht heuer um 7 Uhr
abends unter), und der Kaiser ließ es sich nicht nehmen, mit seinen wertvollen
Falken auf die Jagd zu gehen. Gestern morgen ging die Reise über
Wadrill an Kostenbach vorbei auf Waldpfaden nach Mettnich, dann zwischen dem Hof
Imsbach und Theley vorbei zu einer Weggabelung nahe Tholey. Hier hatte man zwei
Möglichkeiten: der Weg durch das Bliestal verläuft über Selbach und Gronig, um
hinter Bliesen am „Rothen Stein“ das Amt St. Wendel zu betreten. Der andere
führt über die alte Römerstraße auf dem Höhenrücken nach Süden und biegt bei
Winterbach Richtung Wallesweilerhof ab. Danach erreicht man bei der St.
Annenkapelle die Grenze St. Wendels. Beide Wege treffen sich in Alsfassen, aber
ich habe vergessen zu fragen, welchen Weg die Gruppe genommen hat. Über Breiten
erreichten sie schließlich St. Wendel in den frühen Abendstunden. Man sagt, so
ganz unvorbereitet sei der Herr Amtmann nicht gewesen, da er nicht lange vor der
Ankunft des Kaisers einen Boten empfangen habe. Aber das mag ein Gerücht sein.
Heute Morgen hat der Kaiser unsere
Kirche besucht und gerade eben - das ist jetzt keine Stunde her - St. Wendel
schon wieder verlassen, um sich auf den Rückweg nach Trier zu machen. Vielleicht
schlägt er den Weg nach Tholey ein, um das dortige Kloster zu besuchen. Dann
wird es auf dem gleichen Weg wieder zurückgehen, nur will man nahe der Grimburg
den westlicheren Weg einschlagen und so weit wie möglich Richtung Trier reiten
und in Waldweiler oder Niederkell, mit ein bißchen Glück sogar in Schillingen
übernachten (hehe, da wird sich der dortige Meier freuen, daß sich sein Meierhof
für einen Tag und vor allem eine Nacht in ein h o h e s
Haus verwandeln wird J). Am Freitag will man jedenfalls
wieder in Trier sein.“ So weit dieser Bericht eines
Augenzeugen, der vielleicht gelebt, aber diese Worte nie geschrieben hat.
Seinen Vater Clesgin Weisgerber hat mir Gerd Schmitt vorgeschlagen, der ihn aus
den Listen der Sebastianusbruderschaft kennt; als „Cleßgen wißgerb“ wird er auch
in der Steuerliste von 1502 genannt. Die Aussprache „Cles-chen“ statt „Cles-gen“
hat Margarete Stitz angeregt. Die Briefe von 1508, die der Kaiser
zu St. Wendel schreiben ließ, liegen in den Archiven Weimar und Worms, der an
seine Tochter Margarethe vermutlich in Wien: => Wien, Archiv für
österreichische Geschichte, Band 96, Seite 251. => Thüringisches Hauptstaatsarchiv
Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. E 55, Bl. 13-16.
=> Stadtarchiv Worms, Bestand
001B, Nr. 1921. Den Schuß mit der Kanone kennen wir
aus Johannes Enens Buch „Medulla Gestorum Treverensium“, erschienen in Metz
1517). Den Weg des Kaisers nach St. Wendel habe ich der Peter Balthasar Kopie
der Arnold Mercator Karte entnommen (das Original stammt von 1566, die Kopie von
1775) sowie einer weiteren späteren Kopie eines französischen Vermessers namens
Letisserant: => Staatsbibliothek zu Berlin
Preussischer Kulturbesitz, Kart N 35860 Der Rest ist eine Mischung aus den
Aufzeichnungen der Herren Peter Maier, Johann Nikolaus Riotte, aus diversen
Akten der Archive in St. Wendel, Koblenz und Saarbrücken sowie einigen
Schlußfolgerungen, die ich angestellt habe. Die historischere Variante mit den
notwendigen Quellenangaben und Kartenabbildungen lesen Sie bei Interesse in
unserer Schrift „Forellen, Mandelsuppe und die Jagd auf den
Seehund. Der Trierer Reichstag von
1512. Die Aufzeichnungen des kurfürstlichen Sekretärs Peter
Maier“, erschienen in St. Wendel im März
2012, 60 Seiten, A5, broschiert, Preis 9 Euro plus
Versandkosten. |