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Datum | 2010/10/19 21:39:31 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Vortrag "Die Universität des Saarlandes 1955-1957" |
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2010/10/27 09:33:31 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] doch kein kreuz auf der basilika |
Betreff | 2010/10/26 20:46:24 Stephan Friedrich [Regionalforum-Saar] Heimatkalender Spiesen-Elversberg 2011 erschienen |
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2010/10/13 09:10:35 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] der kulturgeschichtliche Experte des St. Wendeler Landes |
Autor | 2010/10/19 21:39:31 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Vortrag "Die Universität des Saarlandes 1955-1957" |
Date: 2010/10/16 23:11:48
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...
Das druckfrische Werk
von Dr. Manfred Peter über die zweite Heimat des hl.
Wendelin
ein paar längere Bemerkungen von Roland Geiger, St. Wendel Im Bericht über die Aktivitäten in der St. Wendeler Kulturlandschaft, der vergangene Woche in der Saarbrücker Zeitung stand, ist im letzten Satz über die druckfrische Arbeit von Dr. Peter hingewiesen worden. In der Buchhandlung Klein in St. Wendel konnte ich mir dieses Opus für 4,50 Euro zulegen. Der etwas schwerfällige Titel lautet „St. Wendelins (St. Wendalinus – St. Findalans) zweite Heimat – Ein Portrait des St. Wendeler Landes“. Das Heft (Büchlein) mißt 28 Seiten in relativ großer Schrift, wobei zehn Seiten auf Farbfotos entfallen und die Rückseite bis auf die ISBN 978-3-9813149-2-2 leer bleibt. Bleiben abzüglich Deckblatt und erster und letzter Umschlagsseite 14 Seiten für den Text. Bevor ich zum eigentlichen Inhalt komme, stelle ich das Nachwort (aus dem Heft) voran, das von Werner Feldkamp, dem Vorsitzenden der Kultur- und Landschaftsinitiative St. Wendeler Land (Kulani), verfaßt wurde: „Die Kultur- und
Landschaftsinitiative St. Wendeler Land (KuLanI) begrüßt die vorliegende
Veröffentlichung. Sie ist in hervorragender Weise geeignet, das Bewußtsein für
Geschichte und Kultur der Region zu fördern und unterstützt damit die Bemühungen
der KuLanI im Rahmen des Leader Programms »St. Wendeler Land steinreich: auf den
Spuren einer 2.500-jährigen europäischen
Kulturentwicklung«.“ So fängt Peters Text an: „Die Leserinnen und Leser
des vorliegenden Büchleins werden bemerken, dass im Text mehrfach auf Irland
verwiesen wird. Dies hat einen einfachen
Grund: In den achtziger Jahren
des vergangenen Jahrhunderts hatte der irische Kardinal Ö Fiaich, ein
international anerkannter Historiker und Sprachwissenschaftler, die Vermutung
geäußert, dass der heilige Wendelin aus einem in Delvin (irisch Dealbhna)
ansässigen Königsgeschlecht stammen könnte. Von dieser Zeit an hat
sich die Aufmerksamkeit aller an der historischen Gestalt des Heiligen
Interessierten verstärkt auf Irland gerichtet.“ Und damit ist dann auch schon wieder fast alles gesagt. Denn ebenso wie der irische Kardinal eine Vermutung äußerte, ist das, was Peter auf den folgenden Seiten wiedergibt, immer dann, wenn es sich um den heiligen Wendalinus handelt, Vermutung. Beweisen kann er nämlich nichts. Das gibt er – an anderer Stelle, hier nicht – auch offen zu, aber schon nach dieser üblichen Einleitung – als wenn er in medias res geht –wechselt er den Schreibstil von „es könnte“ in „es ist“. Seine Quelle für die Geschichtlichkeit des Heiligen ist „die Legende“. Gemeint ist vermutlich die Heiligenlegende von Wendalinus, nur d i e Legende gibt es eben nicht. Tatsächlich gibt es mehrere Legenden, angefangen mit einer in Latein, die um das Jahr 1300 entstanden ist und sich bezüglich Herkunft und Leben des Heiligen vor St. Wendel relativ bedeckt hält, bis zur Kellerschen Legende um das Jahr 1700, der ersten gedruckten Legende in Deutsch. In diesen wiederum 400 Jahren zwischen 1300 und 1700 wurde der Inhalt um etliche Details ergänzt, die im Laufe der Zeit hinzukommen, wie z.B. das Todesjahr, die Romfahrt, die Namen der Eltern usw. Und das ist der Punkt, wo Peter unglaubwürdig wird und sich von jeder Wissenschaftlichkeit entfernt und nie wieder zurückfindet. Denn gerade die Wissenschaftlichkeit braucht er, wenn er von der „der historischen Gestalt des Heiligen“ schreibt. Mit dem Wort „historisch“ verläßt er den Bereich des Glaubens, der keine Beweise braucht, und wechselt in den Bereich des Wissens, das empirische Beweise fordert. Die erste uns bekannte Legende wurde um das Jahr 1300 verfaßt, also rund 700 Jahre nach dem mutmaßlichen Tod des historischen Wendalinus, aus dessen Leichnam dann die Reliquie wurde (sofern es einen historischen Wendalinus gab, was ebenfalls nicht bewiesen ist, sondern nur gemutmaßt werden kann, aber das ist eine andere Geschichte). Die Legende hat den Zweck, über die Reliquie zu informieren. Wer war im natürlichen Leben, was hat er gemacht, daß aus ihm ein Heiliger wurde, wie kann er helfen. In wikipedia finden wir unter dem Stichwort „Heiliger“ diesen Text: „Die Deklaration und
Verehrung von Heiligen erfüllt ein urreligiöses Bedürfnis der Menschen nach
Vorbildern in ihrem Glauben und gleichzeitige Bestätigung desselben. Die als
vorbildlich anerkannten Mitglieder der Glaubensgemeinschaft verlassen zwar die
diesseitige – menschliche – Gemeinschaft. Sie bieten jedoch die Möglichkeit, den
Kontakt zwischen Diesseits und Jenseits zu halten, denn obwohl sie in die
jeweilige göttliche Herrlichkeit aufgenommen worden sind, bleiben sie über ihr
Grab, ihre Reliquien und ihre Verehrung im Diesseits präsent und bilden so eine
Verbindung zu der von den noch lebenden Gläubigen selbst angestrebten Erlösung.
Über die ihnen während oder nach ihrem Leben zugeschriebenen Wundertaten geben
sie den Gläubigen eine positive Antwort auf die Frage nach der Sinn- und
Wahrhaftigkeit der jeweiligen Religion.“ Über die Wahrheit in der Legende läßt sich nicht viel sagen, weil wir außer der Legende selbst nichts haben. Nun können einzelne Legenden mithin einen Kern von Wahrheit enthalten, auch wenn die jeweils erzählte Geschichte quellenmäßig nicht verbürgt ist. Das gilt vor allem, dann, wenn – wie in unserem Fall - die Legende zentral auf die Verkündigung einer Glaubenswahrheit abzielt, die für sie wesentlicher ist als die vordergründige historische Wahrheit. D.h. es ging den Erschaffern der Legende in erster Linie nicht darum, eine reelle Geschichte wiederzugeben (die sie abgesehen davon aufgrund der großen Zeitspanne gar nicht mehr kennen können), sondern sie wollten erklären, warum Wendalinus für die Leute wichtig ist und warum und wie er ihnen helfen kann. Diese Legende,
die im 15. Jahrhundert einen völligen Wandel erfuhr – aus dem Priester wurde ein
Schafhirte -, oder eine spätere Version nimmt Peter allerdings ohne Vorbehalt
oder Bedenken für bare Münze und versucht, sie historisch zu belegen. Dazu hat
er allerdings auch nichts weiter als Hörensagen (die Aussage des irischen
Kardinals) und Vermutungen, etwa dann, wenn er für Wendalinus einen Geburtsort
in Irland kreiert und auf Basis dieser Vermutung weitermacht: „Es soll sich bei
Wendelin um einen Königssohn gehandelt haben. Die Herren der Region
von Delvin galten wegen der Größe und Bedeutung ihres Machtbereichs
nach der Struktur der irischen Gesellschaft als
Könige.“ Spätestens da wirds „gefährlich“. Peter ist ein überzeugender
Redner und kann sehr gut erzählen, aber nicht berichten. Seine Geschichten sind
ein buntes Gemenge an Fakten und Fiktionen, und er gibt sich keine Mühe,
Historisches und Vermutungen auseinanderzuhalten. Der „normale“, d.h. nicht
historisch „vorbelastete“ Leser hat da fast keine Chance, zwischen Fiktion und
Fakt zu unterscheiden. Im Textbeispiel ist der erste Satz eine bloße Vermutung,
die aus einer der Legendenversionen stammt. Der zweite Satz klingt zumindest
historisch, wenn der Autor auch keine Quelle angibt, sondern behauptet.
Sein Portrait des St. Wendeler Landes wird zu einem historischen
Abriß, eingeteilt in fünf Perioden. Die erste ist die keltische von 800 bis 25 vor Christus mit der
Hauptperson Indutiomarus, „von dem angenommen wird, dass er der Herr des
Ringwalls Otzenhausen war“. Die angegebene Quelle ist sein eigenes Buch
„Indutiomarus, Der Herr des Ringwalls“. Das bedeutet: die Quelle dieser Annahme,
also dieser Vermutung ist der Autor selbst, Manfred Peter.
Geschickt. Weiter geht’s in die römische Epoche (ca. 25 vor bis 496 nach
Christus). Hier kommt seine nächste Vermutung, die er allerdings als Wahrheit
hinstellt: „Der Name der sich allmählich entwickelnden
Besiedlung an der Schnittstelle der beiden Römerstraßen war Wareswald“. Der
heutige Name der Parzelle, in der die archäologischen Ausgrabungen stattfinden,
ist „Wareswald“, aber kein Mensch weiß, wie die römische Siedlung war, die einst
hier lag. Diese Behauptung, ihr Name sei Wareswald gewesen, ist absolute
Spekulation; es gibt nicht einen einzigen Hinweis darauf. Aber Peter benötigt
den Namen für seinen (versteckten) Hinweis auf Rixius Varus, der in
verschiedenen örtlichen Sagen eine Rolle spielt. Und da ja alle Sagen – wie die
Legenden – einen wahren Kern haben … Johannes
Schönwald vom Staatlichen Konservatoramt wird herangezogen; danach war die
Bevölkerung in der Siedlung „zum großen Teil keltischen Ursprungs“.
Nummer drei
ist „das frühe Mittelalter oder die fränkische Epoche“ (496 bis 862 nach
Christus). Hier wird der heilige Wendalinus, der im Vorwort und in der
Einleitung schon beschrieben wurden, in Szene gesetzt. Wieder einmal belegt
Peter die irische Herkunft des Heiligen „allem Anschein nach“. Er setzt dann
noch einen drauf, als er durch Vergleich mit den Lebensdaten des Bischofs
Magnerich das Kloster Tholey auf vor 596 nach Christus datiert.
Nummer vier führt uns ins „hohe und späte Mittalter“ (962 bis etwa
1500) Hier kommt ein Satz, der dem Thema des Buches geschuldet ist: „Die
Struktur der Region, wie wir sie heute kennen, mit der Stadt St. Wendel, mit
ihren Burgen (in Nohfelden und Namborn) und ihren zahlreichen Dörfern, ist in
dieser Zeit entstanden.“ Diese Behauptung ist einfach nur Unfug. Die Struktur der Region,
wie wir sie heute kennen, entstand erst im 20. Jahrhundert, als der heutige
Kreis St. Wendel entstand. St. Wendel hatte mit den Burgen in Nohfelden und bei
Hofeld (nicht Namborn) überhaupt nichts zu tun. Die Stadt bildete mit einigen
anderen Orten ein Amt, das dem Kurstift Trier unterstellt war und das erst im
Zuge der Französischen Revolution aufgelöst wurde. Auch danach gehörte zumindest
Nohfelden noch lange nicht zu St. Wendel und gehört es auch heute nicht – außer
über den Landkreis. Daß es für die Weihe des Chors der Wendelsbasilika 1360 und die
Überführung der Wendelslade in diesen Chor am 5. Juli 1360 keinerlei Belege gibt
(wobei die Historie des Trierer Geistlichen Brower aus dem 17. Jahrhundert nur
bedingt als Quelle herangezogen werden kann, da sie ein Ereignisse benennt, die
auch schon wieder über 200 Jahre her waren), das kann Peter fast nicht wissen.
Peters Leitfigur in Periode 4 ist Nikolaus von Cues. Von ihm weiß
er sicher, daß er aus der Stadt ein Unterbistum von Trier mit Bischofssitz
machen wollte. Eine Quelle braucht er dazu allerdings nicht.
Periode fünf führt uns in die „Neuzeit oder die Epoche Europas“
(ca. 1500 bis Ende des 20. Jahrh.). Für diese Zeit hat er keine eigentliche
Leitperson, aber dafür wieder etlichen Unfug parat. So spricht er von
einem Wunder, das im Zweiten Weltkrieg große Teile der Stadt St. Wendel bei
Bombenangriffen zerstört wurden, die Basilika aber unbeschadet blieb. Der Teil
mit der Basilika stimmt, der Teil mit den Zerstörungen
nicht. St. Wendel hatte das zweifelhafte Glück, von den Amerikanern, nicht
den Engländern bombardiert zu werden. Die amerikanischen Bomber kamen bei Tag
und konnten ihre Ziele anvisieren, weshalb sich die Kollateralschäden auf die
Nahbereiche um das Eisenbahninstandsetzungswerk und den St. Wendeler Bahnhof
beschränkten. In der Innenstadt fiel nicht eine einzige Bombe. Dazu kam, daß auf
dem Dach der Basilika ein großes weißes Kreuz aufgemalt war, daß Bombern zeigen
sollte, daß es sich um ein geschütztes Gebäude handelte. Gleiche Markierungen
fanden sich auf den Kasernengebäuden, da dort ein Lazarett untergebracht war.
St. Anna in Alsfassen besaß das Kreuzzeichen nicht, sie wurde völlig zerstört.
Vier schöne Fotos ergänzen den langen Satz über die Wendelskapelle;
hier vermißte ich die Information, daß sie als Privatkapelle der Familie von
Hame errichtet wurde. Unausgegoren ist dann auch der letzte Satz, daß wegen der
Wertschätzung der Reliquie eine Rippe der Kaiserin Maria Theresia zum Geschenk
gemacht wurde; an sich stimmt das schon, aber sie erhielt ihn, um eine Kirche im
Banat damit auszustatten, wohin Leute aus St. Wendel ausgewandert waren.
Im Anhang findet sich eine Liste mit Museen und sonstigen
Sehenswürdigkeiten. Hier ist mir die chaotische Zusammenstellung aufgefallen,
deren Reihenfolge m.E. jeglicher Logik entbehrt. Im Nachhinein habe ich festgestellt, daß dieses Heft den gleichen
Inhalt hat wie der überlange Vortrag im vergangenen Jahr (2009) bei der
Buchvorstellung von Helmut Weiler über den Holzhauserhof.
Am Schluß finde ich wieder das Empfehlungswort von Herrn Feldkamp von der Kulani: „Die Kultur- und
Landschaftsinitiative St. Wendeler Land (KuLanI) begrüßt die vorliegende
Veröffentlichung. Sie ist in hervorragender Weise geeignet, das Bewußtsein für
Geschichte und Kultur der Region zu fördern und unterstützt damit die Bemühungen
der KuLanI im Rahmen des Leader Programms »St. Wendeler Land steinreich: auf den
Spuren einer 2.500-jährigen europäischen
Kulturentwicklung«.“ Ich befürchte, er weiß nicht, was er da so lobt; denn dieses Heft ist in keiner Weise dazu geeignet, das Bewußtsein und die Kultur der Region zu fördern, denn es hat keine Basis. Es fußt auf nichts; es ist ein wackeliges Gerüst, gefüllt mit Vermutungen und zum Teil naiven Schlußfolgerungen, und es ist schon lange eingestürzt. Aber das hat von den Verantwortlichen bisher keiner bemerkt. Ich persönlich finde es verantwortungslos, dieses Sammelsurium auf unsere Besucher loszulassen. Denn die können nicht wissen, was Fakt und Fiktion ist, und vertrauen darauf, daß sie verantwortungsbewußt behandelt werden. Sie bezahlen dafür; und auch wenn sie es nicht bemerken sollten, die Wahrheit hat man ihnen mit diesem Opus nicht gesagt. 16. Oktober 2010 Roland Geiger, St. Wendel |