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2008/03/01 18:57:47
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Die Bilanzen der Heimmeier
Datum 2008/03/02 18:51:51
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Die Bildnishandschrift „Ho rtus deliciarum“
2008/03/02 18:51:51
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[Regionalforum-Saar] Die Bildnishandschrift „Ho rtus deliciarum“
Betreff 2008/03/09 09:43:27
Hubert Schommer
[Regionalforum-Saar] Einladung
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Autor 2008/03/02 18:51:51
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[Regionalforum-Saar] Eine Lektion Baugeschichte au ch über andere Kirchenbauten

Date: 2008/03/01 19:03:16
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Salü,

 

auf Anregung von Werner Martin aus St. Wendel hab ich im St. Wendeler Volksblatt vom 26.02.1960 einen interessanten Artikel gefunden, den ich hier weiterreichen möchte

 

mfg

 

Roland Geiger, St. Wendel

 

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St. Wendeler Volksblatt, Freitag, 26.02.1960

 

Eine Lektion Baugeschichte auch über andere Kirchenbauten.

Ob die Domstädter es alle gewußt haben? Lokalpatriotismus und baugeschichtliche Begriffe.

Dipl-Ing. Dieter Wingertszahn

 

St. Wendel. Im Lokalteil einer Tageszeitung wurde kürzlich über die Wiederauffindung von Gewölbemalereien im Schiff der St. Wendeler Kirche berichtet; dabei war in der Titelzeile wie im Text von der „Kuppel des Wendelsdomes" die Rede. Mancher Leser mag bemerkt haben, daß hier lokalpatriotischer Eifer den Berichterstatter sich erheblich „vergaloppieren" ließ. Der Verfasser hat dies zum Anlaß genommen - und als gebürtiger St. Wendeler entgeht er dem Verdacht, den Ruhm der Heimatstadt schmälern zu wollen - einige Erörterungen über baugeschichtliche Begriffe anzustellen, wie sie in Berichten und Betrachtungen über unsere St. Wendeler Kirche immer wieder auftauchen.

 

Das Bewußtsein, daß die schöne und bedeutende Pfarre- und Wallfahrtskirche St. Wendelinus kein „Dom" ist, haben sicher die meisten St. Wendeler. Sie hören sich jedoch gern vom „Wendelsdom" reden und fühlen sich wohl auch — verzeihlicherweise — zu sehr geschmeichelt, um den Irrtum richtigzustellen, wenn andere ihre Kirche als solchen bezeichnen.

 

Allerdings wird der „Wendelsdom" wohl auch häufig zitiert, weil man sich davon eine Werbewirkung für die Stadt verspricht.... Noch kritischer wird die Bezeichnung, wenn irregeleitete Heimatliebe falsche Gefühle mit der „Überschätzung" heimatlicher Werte hervorrufen will.

 

Darum: Die St. Wendeler Kirche ist kein Dom und war es auch nie, denn die Bezeichnung Dom trifft eindeutig nur für Bischofskirchen zu. Dieselbe Bedeutung hat der Begriff Kathedrale, mit dem französische und englische Bischofskirchen bezeichnet werden. Das Wort ist abgeleitet von der cathedra, dem Sitz des Bischofs in seiner Kirche.

 

Wallfahrt zur Stadtpfarrkirche

Die St. Wendeler Kirche repräsentiert den Typ der Stadtpfarrkirche des späten Mittelalters; in dieser Zeit ließ der stolze Sinn des aufsteigenden Bürgertums solche stattlichen Kirchenbauten entstehen. Die St. Wendeler Kirche enthält zusätzliche Bedeutung durch die Wallfahrt zum Grab des hl. Wendalin, das sie bewahrt. So haben wir St. Wendeler Ursache, auf dieses im weiten Umkreis einzig dastehende, bedeutende Bauwerk stolz zu sein und hätten es nicht nötig, ihm unzutreffende Namen zuzulegen. Wir wollen nun die Gelegenheit benutzen, um eine kleine Plauderei über baugeschichtliche Begriffe anzuschließen.

 

Bleiben wir zunächst bei den Bezeichnungen von Sakralbauten. Der Begriff des Münsters ist nicht eindeutig; obwohl abgeleitet vom lat. monasterium (= Kloster), werden heute nicht die Mönchskirchen Münster genannt. Es sind immer Großkirchen, die diesen Namen tragen, sowohl frühere Bischofskirchen (Konstanz, Basel) als auch große Stadtpfarrkirchen (Freiburg, Ulm).

 

Nun soll auch von den Kloster- und Stiftskirchen die Rede sein. Steht ein Abt an der Spitze des Konvents, so sprechen wir von Abteikirchen (in unserer unmittelbaren Nähe die Tholeyer Kirche); Propsteikirchen sind Filialkirchen von Abteien, unter der Leitung eines Propstes (zr, B. Offenbach am Glan, ehem. Propstei der Benediktinerabtei St. Vinzenz in Metz). Zu den ältesten Stiften zählen die der Augustiner-Chorherren; im Gegensatz zu den Klöstern wohnten die Chorherren, ähnlich den Domherren bei Domstiften, nicht in der Klausur um den Kreuzgang, sondern in sog. Kurien, das sind Adelshöfe im Stiftsbereich. Die Stiftsherren gehörten dem Adel an, der durch den Bau von Kurien seinen nachgeborenen Söhnen Sitz und Unterkunft schaffte. Es muß noch erwähnt werden, daß in Österreich und der Schweiz auch Klöster der älteren Orden und Stifte und deren Kirchen darum Stiftskirchen genannt werden.

 

Die genannten Bezeichnungen betrafen die Funktion der jeweiligen Kirchen. Nun soll von den beiden Hauptraumformen mittelalterlicher europäischer Sakralbaukunst die Rede sein. Es sind dies die Basilika und die Halle.

 

Über die Basilika und die Halle

 

Das Wort Basilika hat verschiedene Bedeutungen. Die breiteste betrifft die Bauform. Basiliken sind solche Kirchen, deren Mittelschiff höher ist als die Seitenschiffe (Tholey, Stiftskirche St. Arnual). Die Mittelschiffe weisen oberhalb der niedrigeren Dächer der Seitenschiffe eine Fensterzone auf, den sog. Obergaden.

 

Mit der speziellen Bezeichnung Basilika werden die auf römische Markts und Gerichtsbauten zurückgehenden frühchristlichen Kirchen benannt (Alt-St.-Peter und St. Paul in Rom).

Schließlich stellt die Bezeichnung Basilika einen Ehrentitel für besonders ausgezeichnete Kirchen (päpstliche Basiliken) dar.

 

Der ersten, allgemeinen Bedeutung, Basislika als Raum mit erhöhtem Mittelschiff, steht der Begriff der Halle gegenüber. Bei Hallenkirchen sind die Seitenschiffe so hoch wie das Mittelschiff. Der Raum wird nur durch die hohen Seitenschiffenster belichtet. Hallenkirchen haben kein Querschiff. Unsere St. Wendeler Pfarrkirche ist eine solche Hallenkirche, wenn auch die Seitenschiffe um ein geringes niedriger sind als das Hauptschiff. Die Bezeichnung Halle trifft hier allerdings nur auf das Langhaus zu, denn der Chor ist einschiffig. Die Raumform Halle, die im Spätmittelalter die basilikale Form verdrängte, wurde aber auch auf Chorräume übertragen (Heiligkreuzkirche in Schwäbisch-Gmünd, St. Georg in Dinkelsbühl).

 

Schließlich müssen wir noch von baulichen Einzelformen sprechen, von Gewölben und Kuppeln.

 

Von Gewölben und Kuppeln

 

Die Schiffe unserer Pfarrkirche sind mit spätgotischen Netzgewölben überspannt. Diese Spätform hat sich aus den Kreuzgewölben entwickelt, die zunächst als massive Gratgewölbe und im Hochmittelalter als Rippengewölbe (Chor unserer Kirche) gebaut wurden.

 

Kuppeln dagegen sind runde oder ovale Gewölbeschalen über zentralen (runden, ovalen, quadratischen oder vieleckigen) Räumen.

 

Das Christentum hatte im Mittelalter nur in Ausnahmefällen Verwendung für Zentralbauten, z.B. bei Grab- und Taufkirchen. Allenfalls können wir noch bei Basiliken mit Vierungsturm (über dem Kreuzungsfeld von Langhaus und Querschiff) von Vierungskuppelgewölben sprechen. (Propsteikirche Offenbach/Glan). Aber bei einer Hallenkirche, wie der St. Wendeler, tritt diese Bauform nicht auf.

 

Von der „Kuppel des Wendelsdoms" bleibt also bei näherem Zusehen nichts übrig.

 

Aber es muß noch einmal gesagt werden: Der Sinn dieser Erörterungen soll nicht darin liegen, die Bedeutung unserer St Wendeler Kirche herabzusetzen. im Gegenteil soll die Liebe zur Heimat und ihrer Werte vor der Überwucherung durch falsche Begriffe und verunklarende „hochstaplerische" Bezeichnungen geschützt und damit vertieft werden.