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2024/02/01 11:51:56 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] GenealogiaRS: 200 Years of Germans in Brazil - 2024 program: |
Datum | 2024/02/02 07:23:41 Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: "Asoziale" in der NS-Zeit |
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2024/02/02 07:23:41 Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: "Asoziale" in der NS-Zeit |
Betreff | 2024/02/24 17:39:35 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Am Dienstag, 27. Februar: Vo rtrag „Schwarzrock – Das Leben des Indianermiss ionars Joseph Jene“ |
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2024/02/01 11:51:56 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] GenealogiaRS: 200 Years of Germans in Brazil - 2024 program: |
Autor | 2024/02/02 11:45:51 Roland Geiger via Regionalforum-Saar Re: [Regionalforum-Saar] Frage |
Date: 2024/02/01 18:53:33
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
"In allen guten Buchhandlungen ist zu haben
...".
Buchwerbung in Deutschland in der Frühen Neuzeit
von Marie-Kristin Hauke
Erschienen Leipzig 2023: Lehmstedt
Verlag
Anzahl Seiten 587 S.
Preis € 68,00
ISBN 978-3-95797-148-7
Rezensiert für H-Soz-Kult von Holger Böning, Deutsche
Presseforschung,
Universität Bremen
Die Entstehung von Werbung für Waren ist engstens mit dem Handel
mit gedruckten
Büchern verbunden, sie begann bereits in der Inkunabelzeit.
Gleichzeitig finden
sich in der Buchwerbung auch die Anfänge jener bis heute wichtigen
Prozesse der
Bedarfsweckung und Absatzförderung. Werbemittel waren und sind zum
Teil bis
heute das Titelblatt, Verlags-, Sortiments- und Messkataloge,
Anzeigen in
Zeitungen, Intelligenzblättern und Zeitschriften sowie bereits im
18. Jahrhundert
buchhändlerische Fachzeitschriften. Die Historikerin und
Buchwissenschaftlerin
Marie-Kristin Hauke legt erstmals eine Gesamtdarstellung der
Frühgeschichte der
Buchwerbung in Deutschland vom 15. bis zum frühen 19. Jahrhundert
vor. Zugleich
wird eine Bibliographie von mehr als 1.000 Buchhandelskatalogen
des 16. bis 18.
Jahrhunderts geboten, von denen sich oft nur in ein einziges
Exemplar erhalten
hat.
Konkurrenzdenken und Gewinnstreben auf Kosten anderer galten in
den
mittelalterlichen Zunftordnungen als anstößig und unchristlich,
war es
schließlich Hauptziel der Zünfte, jedem ihrer Mitglieder
ausreichende „Nahrung“
zu verschaffen. Es waren so die nichtzünftischen Gewerbe, die
zuerst
Flugschriften und Plakate nutzten, um auf ihre Dienstleistungen
aufmerksam zu
machen. Auch die Zeitungen und Intelligenzblätter wurden im 17.
und 18.
Jahrhundert vorwiegend genutzt, um Waren aus nichtzünftischer
Produktion
anzupreisen oder um auf importierte oder nur kurzzeitig verfügbare
Waren
hinzuweisen, bis es um die Mitte des 19. Jahrhunderts zur modernen
Wirtschaftswerbung kam.
Es ist nun bemerkenswert, dass von dieser Periodisierung allein
das Buch
ausgenommen ist, das sich nicht nur durch seine massenhafte
Produktion von
anderen Waren unterschied. Es handelt sich nämlich um eine erste
Ware modernen
Stils, deren Produktion, wie die Autorin ausführt, im Gegensatz
zum zünftischen
Handwerk ein finanzintensives Risikogeschäft darstellte, das auf
Bedarfsweckung
und Absatzförderung angewiesen war. Obwohl diese innovative
Leistung des
Buchhandels von Wirtschaftshistoriker:innen nicht bestritten wird,
fehlte es
bisher an einer eigenständigen Studie zur Entwicklung der
buchhändlerischen
Werbung; überhaupt, so erfahren wir, sei die Werbung als zentrales
Kommunikationsmittel
zwischen Buchhändlern und Kunden ein Stiefkind wissenschaftlicher
Untersuchungen. Gleiches hat für die Bedeutung der Kommunikation
für Wirtschaft
und Gesellschaft zu gelten. Während die Werbehistorikerinnen und
Werbehistoriker betonen, dass der Buchhandel die moderne
Wirtschaftswerbung
vorweggenommen haben, fehlte bis zur Arbeit der Autorin von
buchwissenschaftlicher Seite eine übergreifende These.
Bemerkenswert vielfältig ist die Quellengrundlage der Darstellung
Haukes.
Beginnend mit Buchhandelskatalogen und anderen buchhändlerischen
Werbemitteln
wie Hand- und Novitätenzetteln, Subskriptions- und
Pränumerationsplänen reicht
die Auswertung bis zur zeitgenössischen Literatur, insbesondere
von Satiren und
von buchhändlerischen Streit- und Reformschriften. Auch die
Entwicklung des
Titelblattes von Büchern wird untersucht. Ein Hauptverdienst der
Studie liegt
in der umfassenden Berücksichtigung der Buchwerbung in der
periodischen
Literatur, insbesondere den 1605 entstehenden und sich im 17.
Jahrhundert flächendeckend
verbreitenden politischen Zeitungen. Zu diesen gesellte sich seit
der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhundert eine sich rasant vermehrende
Zeitschriftenliteratur
bis hin zur Entstehung von ersten Fachzeitschriften seit den
1720er-Jahren.
Bedeutung gewannen auch gelehrte Zeitungen und Rezensionsblätter
sowie endlich
die seit den 1720-Jahren flächendeckend im deutschen Sprachraum
entstehenden
Anzeigen- oder Intelligenzblätter.
Nach der Einleitung bietet das 2. Kapitel einen Überblick über die
Anfänge der
Buchwerbung in Antike, Mittelalter und Frühdruckzeit, um für das
16.
Jahrhundert zu konstatieren, dass Titelblätter und Kataloge zu den
wichtigsten
gedruckten Werbemitteln geworden sind. Das 3. Kapitel stellt die
Verdichtung
der öffentlichen Kommunikation und die Kommerzialisierung des
Buchmarktes im
17. und 18. Jahrhundert in den Mittelpunkt, behandelt den Aufstieg
der
periodischen Presse, die Entstehung des modernen Publikums sowie
die Stellung
der Autorinnen und Autoren im 17. und 18. Jahrhundert. Alles dies
wird im
Prozess der Entwicklung von Buchhandel und Buchproduktion und
unter der
Überschrift „Kommerz und Konkurrenz“ dargestellt.
Kapitel 4 ist sodann den gedruckten Werbemitteln des 17. und 18.
Jahrhunderts
gewidmet, die von den Rahmen- oder Paratexten des Buches wie
Buchtitel und
Titelblatt, Vorreden, Widmungen und Huldigungsgedichten über
Kaufaufrufe und
Subskriptionsaufforderungen, Subskriptions- und
Pränumerationsplänen,
Handzetteln, Prospekten und Werbebriefen bis zu den
Buchhandelskatalogen,
Messkatalogen und Kataloganhängen in Büchern und Zeitschriften
reichen. Ein
großer Teil dieses Kapitels ist den Buchanzeigen in der
periodischen Presse
gewidmet. Dabei werden die Entwicklungen von der Rumpf- zur
Standardanzeige
sowie von der Einzel- zur Sammelanzeige behandelt, des Weiteren
die
typographische Gestaltung ebenso wie die quantitative Ausbreitung
der Anzeigen
untersucht. Hinzu kommen Rezensionen und Selbstrezensionen als
Sonderformen
buchhändlerischer Anzeigen.
Hinzuweisen ist darauf, welche erstaunlichen
Erkenntnismöglichkeiten unter der
periodischen Literatur die publizistische Gattung des Intelligenz-
oder
Anzeigenblattes für die historische Buchwerbung, für die
Buchgeschichte,
besonders aber auch für die historische Leserforschung bietet,
denn hier findet
man Anzeigen der tatsächlich gelesenen Literatur. Es ist doch,
wenn man die
Buchanzeigen der örtlichen Buchhändler und Verleger liest, höchst
überraschend,
welche Vielfalt an Schriften einer Bevölkerung, die von
Historiker:innen oft
noch als leseunfähig beschrieben wird, angeboten wurde.
Bemerkenswert, dass
offenbar recht breite Bevölkerungsschichten auch noch mit
Vergnügen lasen und
lesen hörten, wovon hier ebenfalls berichtet wird. Die
Intelligenzblätter
bieten ein in der Forschungsliteratur noch nicht oft präsentes
Bild der
deutschen Aufklärung, auf dem mehr wahrzunehmen ist als beim Blick
auf große
Philosophen und die kanonisierte Romanliteratur. Hier finden sich
nämlich jene
Buchhandelsanzeigen, die von einem Literaturmarkt für
aufklärerische Schriften
zeugen, von dem die Literaturgeschichten in der Regel wenig
wissen, da hier
auch die massenhaft gelesene Literatur und Publizistik
berücksichtigt ist. Die
Literaturhistoriker:innen haben über die hohe Literatur, den
Lesestoff von
gerade einem Prozent der Erwachsenenbevölkerung im 18.
Jahrhundert, fast alles
in Erfahrung gebracht, über die Lesestoffe der übrigen 99 Prozent
wissen sie
hingegen nur wenig. Lange galt die Rede vom „Volk ohne Buch“, doch
die
Intelligenzblätter verraten, dass für einfache Leser zahllose
Bücher zumindest
geschrieben wurden und durch Buchbinder und Kolportagehändler auch
vertrieben
wurde. So gehört die volksaufklärerische Literatur quantitativ zu
den
bedeutenden Gattungen der zeitgenössischen Druckproduktion. Von
ihren Anfängen
etwa um die Mitte des 18. Jahrhunderts erschienen während des
folgenden
Zeitraumes von hundert Jahren etwa 10.000 Schriften, die sich
entweder direkt
an die unteren Stände der Bevölkerung wandten oder in denen
darüber diskutiert
wurde, mit welchen Mitteln, Zielen und Strategien aufklärerisches
Gedankengut
beim ‚Volk’ popularisiert werden könne. Weit mehr als 3.000
Autorinnen und
Autoren griffen zur Feder und engagierten sich mit der Abfassung
einer
selbstständigen Schrift, von der Anleitung zur Stallfütterung über
Informationen zur Bekämpfung von Viehseuchen oder zur
Gesunderhaltung des
Menschen bis zum unterhaltsamen Roman. Für die Anzeigen- und
Intelligenzblätter
ist nun charakteristisch, dass es gerade diese Literatur war, für
die nicht
allein durch Anzeigen geworben, sondern die den Lesern der
Intelligenzblätter
durch kleine Beiträge auch inhaltlich vorgestellt und empfohlen
wurde. Daneben
wurden mancherlei Bücher durch Anzeigen angeboten, die, obwohl
tatsächlich
offenbar in großer Masse vom Buchhandel angeboten und von den
Lesern rezipiert,
in keine aktuelle Literaturgeschichte Eingang gefunden haben. Dies
gilt für
eine breite Andachtsliteratur ebenso wie für eine erstaunlich
ausdifferenzierte
Sachliteratur und für Schriften zu allen Bereichen des Alltags. Es
ist, um dies
zusammenzufassen, in jeder Beziehung lehrreich, welche Schriften
ganz
gewöhnlichen Lesern der Anzeigenblätter angeboten und von ihnen
sicherlich auch
gekauft und gelesen wurden. Regelmäßig und über die Jahrzehnte
hinweg verraten
die Anzeigen, wie wichtig nicht nur für die Schöne Literatur,
sondern auch für
das Zeitungslesen Lesegesellschaften und Lesegemeinschaften waren.
Kurz gesagt,
finden sich in den Intelligenzblättern und in den
volksaufklärerischen
Schriften zentrale Quellen für die historische Lese- und
Leserforschung, denn
hier wurde überaus genau beobachtet, was vom gemeinen Mann gelesen
wurde und
wofür er eher nicht ansprechbar war.
Kapitel 5 endlich stellt den Prozess der Buchwerbung im
Kommunikationsnetzwerk
des Buchmarktes in den Mittelpunkt, wozu auch die Entwicklung der
Werbemethoden
und der Werbekosten gehört. Selbst buchhändlerische Werbekniffe im
17. und 18.
Jahrhundert finden die Aufmerksamkeit der Autorin. Hochinteressant
ist die
Rolle der Autorinnen und Autoren im Werbeprozess und die
Buchwerbung als
Gemeinschaftsprojekt von Verlegern und Autoren. Dabei spielt die
Werbung beim
Selbstverlag eine eigene Rolle, stellte sie doch eine oft nicht
hinreichend
berücksichtigte Notwendigkeit dar, die von Einzelkämpfern unter
den Autoren so
einfach nicht zu bewältigen war.
In ihrem Resümee unterstreicht Marie-Kristin Hauke noch einmal die
äußerst
kreativ bewältigte Vorreiterrolle des Buchhandels für die
Entstehung der
modernen Wirtschaftswerbung. Spätestens am Ende des 17.
Jahrhunderts sei kein
Kommunikationsmittel mehr vor der Vereinnahmung durch den
Buchhandel sicher
gewesen. Dabei habe der sich verändernde Buchmarkt die
entscheidenden Anstöße
für die Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung der Werbemittel
und Werbeaktivitäten
gegeben, sodass die wichtigsten Schubphasen in den bewegtesten
Buchhandelsepochen des 17. und 18. Jahrhunderts, nämlich in der
Frühaufklärung
und im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zu beobachten seien.
Die Umstrukturierung vom lateinischen Gelehrtenbuchmarkt zum
nationalsprachigen, mehr und mehr alle Leserschichten
ansprechenden Buchmarkt,
die eng mit dem Aufstieg der modernen Kommunikationsmittel Zeitung
und
Zeitschrift einherging, sei, so Hauke, von einer innovations- und
spekulationsfreudigen Buchhändlergeneration in Angriff genommen
worden. Für das
letzte Drittel des 18. Jahrhundert stellt die Autorin schließlich
die Bedeutung
der Auseinandersetzungen zwischen Netto- und Reichsbuchhändlern
heraus, ebenso
werden die beginnende Trennung von Verlag und Sortiment sowie die
zahlreichen
Selbstverlagsprojekte behandelt.
Am Ende des 18. Jahrhunderts, so lässt sich zusammenfassen, war
die Buchwerbung
praktisch unentbehrlich geworden, was vor allem dann sichtbar
wurde, wenn der
Werbeprozess aufgrund von Eingriffen der Zensurbehörden ins
Stocken geriet.
Bayern wird als ein Beispiel dafür vorgestellt, wie
Anzeigenverbote und
Anzeigenkontrollen sich höchst negativ auf den Absatz und die
Überlebensfähigkeit von Buchhändlern auswirken konnten.
Die Studie ist ein Beispiel dafür, dass an den Quellen orientierte
Grundlagenstudien nicht so leicht zu befürchten haben, dass sie
veralten. Die
in ihren Grundzügen vor einem Vierteljahrhundert entstandene
Arbeit ist so
jung, ergebnisreich und nützlich geblieben, wie sie es als
Ergebnis
bewundernswerten Fleißes 1999 war. Dabei ist die Geschichte dieser
Studie
selbst von wissenschafts- und publikationsgeschichtlichem
Interesse, erschien
sie doch nach der Fertigstellung als Dissertation im Jahre 1999 am
Institut für
Buchwissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg als eine
der ersten Onlinepublikationen. Diese damals verlockende neue Form
des
Publizierens, so muss festgestellt werden, hat die Erwartungen
einer gegenüber
gedruckten Dissertationen intensiveren Kenntnisnahme und Nutzung
aber in keiner
Weise erfüllt. So ist die Initiative des Verlegers sehr zu
begrüßen, diese
ungeheuer material- und informationsreiche Arbeit nun doch
zwischen zwei
Buchdeckel und in die buchgeschichtliche Reihe des Verlags
gebracht zu haben,
um ihr endlich die verdiente Aufmerksamkeit zu verschaffen. Für
die
Buchpublikation hat die Autorin ihr Werk mit den heutigen
Möglichkeiten der
Recherche ergänzt und bearbeitet.
Zitation
Holger Böning, Rezension zu: Hauke, Marie-Kristin: "In allen guten
Buchhandlungen ist zu haben ...". Buchwerbung in Deutschland in
der Frühen
Neuzeit. Leipzig 2023 , ISBN 978-3-95797-148-7, In: H-Soz-Kult,
30.01.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-140452>.