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Datum 2023/09/07 13:19:59
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Einladung für Sonntag, den 24. September 2023
2023/09/11 17:22:03
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Im Gespräch mit dem ukrainisc hen Generalkonsul Vadym Kostiuk
Betreff 2023/09/30 10:03:41
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Mein Amerika - Erfahrungsberichte aus dem Gesellschaftsalltag in den USA


Autor 2023/09/07 13:19:59
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Einladung für Sonntag, den 24. September 2023

[Regionalforum-Saar] letzte Führung 2023 Jüdi scher Friedhof Ottweiler

Date: 2023/09/05 14:39:51
From: Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

„Gräber sind Wege in die Vergangenheit.“

      Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler

Führung am Sonntag, 10. September 2023, 17.00 Uhr

Textfeld:
          Eingang Jüdischer Friedhof – Foto: Margarete Singer, Ottweiler
          Foto: Margarete Singer, Ottweiler
          „Gräber sind Wege in die Vergangenheit.“ - Mit dieser Feststellung leitet Leena Ruuskanen ihre Darstellung über den Heidelberger Bergfriedhof ein. Diese Beobachtung lässt sich auf alle Friedhöfe übertragen, und zwar in mehrfacher Hinsicht:

Friedhöfe mit ihren erhaltenen Grabmalen vermitteln Einblicke in die Sepulkralkultur verschiedener Zeitabschnitte, d.h. sie geben Auskunft über Trauer- und Begräbniskultur und die damit verbundenen Riten, die sich im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder veränderten und sich auch weiterhin verändern werden. Man denke nur an den Wandel in den letzten Jahrzehnten: Bis ca. 1970 existierten in Ottweiler konfessionelle Friedhöfe und ein sog. „paritätischer Friedhof“ für Verstorbene, die keiner Konfession angehörten oder sich für Feuerbestattung entschieden hatten, die von den christlichen Kirchen, insbesondere der katholischen, abgelehnt wurde. Gegen Ende der 1970iger Jahre gaben die Kirchen vor Ort in Ottweiler ihre eigenen Friedhöfe auf. Seither erfolgt die Bestattung Verstorbener auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof Seminarstraße. An die Stelle der Familiengräber mit Sargbestattung traten in den letzten Jahren Rasengräber sowie verstärkt Urnen- und Baum-, aber auch anonyme Bestattungen. Dies deutet auf einen Wandel in der Bestattungskultur und damit verbundener Riten hin.

Erhaltene Grabstätten auf den älteren Friedhöfe gewähren oft auch einen Einblick in Familienstrukturen und damit in die Sozial- und Gesellschaftsstruktur einer Gemeinde, da gesellschaftlich einflussreiche Familien ihre Bedeutung zu Lebzeiten in der Gestaltung des Grabes als Denkmal zum Ausdruck brachten. - Sogenannte „Ehrengräber“ unterliegen in der Regel keiner zeitlichen Befristung; man denke z. B. an das Grab des Ottweiler Seminarlehrers Ernst Zeh und des Ottweiler Ehrenbürgers Friedrich Schmidt (beide Friedhof Seminarstraße), an das „Priestergrab“ bzw. das „Ehrengrab“ der Familie Friedrich (beide auf dem ehemaligen katholischen Friedhof Neumünster); an die Familie Friedrich erinnert auch die Bezeichnung „Friedrichslust“. Des Weiteren bewahren Gräber auf dem aufgegebenen Friedhof Neumünster (noch) die Erinnerung an den „Kreuzweg Christi“. Sie bedürften jedoch dringend restaurativer Maßnahmen, sollten sie weiterhin an eine christliche Tradition erinnern, die in unserer säkularisierten Welt zunehmend verdrängt wird und damit in Vergessenheit gerät.

Bezogen auf den jüdischen Friedhof Ottweilers bedeutet die Aussage: „Gräber sind Wege in die Vergangenheit.“, dass durch die Auseinandersetzung mit dieser Begräbnisstätte sowohl nachvollzogen werden kann, wie sich die jüdische Gemeinde Ottweilers entwickelte, als auch, welche Familien ihre Entwicklung prägten. Durch die Einbeziehung zeitgenössischer Berichterstattung lässt sich zumindest ansatzweise erkennen, wie sich das Verhältnis zu den christlichen Konfessionen und der nichtjüdischen Bevölkerung Ottweilers entwickelte.

Für das Judentum besaß die Grabstätte schon immer eine besondere Bedeutung, wie aus der Schöpfungsgeschichte hervorgeht, und zwar aus der Geschichte Jakobs, des Stammvaters der 12 Stämme Israels. Nachdem geschildert wurde, dass Jakobs Frau Rahel bei der Geburt des jüngsten Sohnes Benjamin verstorben war, heißt es: „Als Rahel gestorben war, begrub man sie an der Straße nach Efrata, das jetzt Bethlehem heißt. Und Jakob stellte eine Standsäule auf ihr Grab, das ist die Säule am Grabe Rahels bis auf diesen Tag.“ (Gen. 35, 19 f.) - Ein Rabbiner kommentierte diese Bibelstelle: „Noch ehe das Gesetz den Grabstein vorgeschrieben, ist er von der Pietät erdacht worden zur Erinnerung an die Entrissenen und zum Schutz des Grabes.“

Die Anlage der jüdischen Friedhöfe mit ihren Grabmalen bis auf diesen Tag, d.h. auf Ewigkeit, bewahrt dauerhaft die Erinnerung an die Entrissenen. Es mag vielleicht verwundern, dass immer wieder Nachfahren jüdischer Familien Ottweilers einen weiten Weg auf sich nehmen, um die Grabstätte(n) ihrer Vorfahren aufzusuchen, damit sie sich ihrer familiären Wurzeln versichern. Es sei erinnert an den Besuch von Walter Coblenz aus Los Angeles, an den Besuch der Familie Michels aus Israel, an den Besuch der drei Brüder Hanau aus Israel und Paris sowie  - zuletzt am 14.08.2023 - an die Begegnung auf dem jüdischen Friedhof Ottweilers mit der Familie Tal Shakked aus Haifa, Nachfahren der jüdischen Familie Albert, die 1803 im Zuge der Versteigerung der Nationalgüter das „Hesse-Haus“ erworben hatte. Wer einmal erlebt hat, dass orthodoxe Juden am Grab ihrer Vorfahren das Kaddisch sprechen, wie das die zwei orthodoxen Brüder Hanau aus Israel taten, denkt vielleicht einmal nach über die Zunahme anonymer Bestattungen und stellt sich die Frage, ob damit nicht auch ein Verlust an Kultur einhergeht, zwar diesbezüglich nur bezogen auf die Sepulkralkultur, doch problemlos auszuweiten auf weitere Bereiche überlieferter Traditionen.

Die angesprochenen Aspekte der Aussage: „Gräber sind Wege in die Vergangenheit.“ thematisiert der Referent bei der letzten Führung 2023 über den jüdischen Friedhof Ottweiler

Die kostenlose Führung findet mit Unterstützung der KVHS Neunkirchen statt; eine Anmeldung ist nicht erforderlich, aber erwünscht. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Teilnahme an dieser Führung auf eigenes Risiko erfolgt; insofern stellen die Teilnehmer*innen sowohl den Landkreis als Träger der KVHS als auch die Synagogengemeinde Saar, die Stadt Ottweiler und das Stadtgeschichtliche Museum Ottweiler als Mitveranstalter und den Referenten von etwaigen Schadensersatzansprüchen frei.

 

Termin: 10. September 2023 – 17.00 Uhr

Ort: Jüdischer Friedhof, Ottweiler Maria-Juchacz-Ring

Dauer: ca. 1 ½ Std.