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Datum 2019/06/18 08:17:37
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Hauptakten des 1. Auschwitz-Prozesses


Betreff 2019/06/18 08:17:37
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Hauptakten des 1. Auschwitz-Prozesses


Autor 2019/06/18 08:17:37
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Hauptakten des 1. Auschwitz-Prozesses

[Regionalforum-Saar] Besuch einer Herzogin

Date: 2019/06/05 16:17:11
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

Besuch einer Herzogin

oder

Wie ich den Besuch der Duchess Sarah Ferguson am Sonntag, 2ter, und Montag, 3ter Juni 2019, erlebte

 

Vor gut einer Woche erfuhr ich von dem Gerücht, daß nun doch ein Mitglied der britischen königlichen Familie St. Wendel besuchen sollte - aus Anlaß der Ausstellung zum 200ten Geburtsjahres des Prinzen Albert. Sie wissen ja, wie das bei so einem Gerücht ist - jeder weiß etwas, aber niemand etwas Genaues. Und vieles, das gewußt wird, ist schlicht und ergreifend Kabbes.

 

Vergangene Woche schrieb mir mein Freund Giles Somers aus Luxemburg, er werde am Wochenende nach St. Wendel kommen, um dort Dr. Ulrike Grunewald zu treffen, die Autorin der jüngsten „Herzogin-Luise“-Biographie „Die Schandluise“. Er hat uns - meine Frau Anne und mich - zum Mittagessen auf dem Gudesberg eingeladen (das nebenbei ein Gedicht war), dann sind er und ich mit seinem Wagen nach Pfeffelbach gefahren, wo an diesem Sonntagmittag in der evangelischen Kirche die Dreharbeiten stattfinden. In der Kirche an nicht genau bestimmbarem Ort fand die 1831 verstorbene Herzogin ihre erste, nicht aber die letzte Ruhestätte.

 

Giles hat einen alten Kavalleriesäbel aus dem Jahre 1850 dabei, der seinerzeit einem seiner Urahnen gehörte, der dem beim Abschied aus dem Militärdienst von seinen Offizierskameraden geschenkt wurde. Ist ein prächtiges Teil, die Namen der Offiziere sind im Griff eingraviert. Der ehemalige Besitzer hieß Ludwig von Hanstein, er war - der Name verrät es schon - ein Bruder von Maximilian Elisius Alexander von Hanstein, dem 2ten Ehemann der Herzogin Luise. 

 

Wir erreichen Pfeffelbach nach 20 Minuten Fahrt durch das sonnendurchflutete St. Wendeler Land, parken hinter der Kirche und spazieren entlang der Mauer des Kirchhofs um diesen herum. Die geradezu sonntägliche Stille verheißt nichts Gutes; wir befürchten schon, wir haben das Filmteam verpasst. Aber links stehen zwei weiße Fahrzeuge mit Mainzer Kennzeichen, da wissen wir, wir sind richtig. Auf der anderen Seite der Kirche treffen wir Frau Dr. Ulrike Grunewald, Günter Lötzbeyer,den Pfarrer der Pfarrei, und das Filmteam. Dort erfahren wir, dass die Herzogin noch beim Schminken ist, aber gleich herauskommt, so dass die Dreharbeiten in der Kirche beginnen können.

 

Unsere Rolle hier ist klar - wir haben keine. Deshalb schaut Giles ganz verdutzt, als er verkabelt wird, denn er soll an den Dreharbeiten teilnehmen. Mir übergibt er den Säbel und bittet mich, darauf aufzupassen. Der Pfarrer tritt zu uns, reicht uns die Hand und stellt sich vor. Als er merkt, dass ich aus St. Wendel komme, lacht er und meint, dass hier in Pfeffelbach ja eigentlich gar nichts von Luise zu sehen sei, nicht wie in St. Wendel, dort gebe es ja eine eigene Apotheke und ein Restaurant mit diesem Namen. Jetzt muß ich lachen und erzähle ihm, dass mir der Eigentümer von Restaurant und Apotheke vor vielen Jahren erzählt hat, dass beides nichts mit der Herzogin zu tun hatte, sondern nach seiner Mutter benannt worden ist. Das müssen wir beide lachen.

 

Die Tür klappert - jetzt wird es ernst. Im Nachhinein weiß ich nicht, was ich erwartet habe, eine große, prachtvoll gekleidete Frau, umgeben von zahlreichen Leibwächtern (das Gerücht hatte gesagt, dass die Leibwache der Herzogin aus ausgebildeten Soldaten bestünde, die mindestens einmal schon unter Feuer gestanden hätten-ich sah nur einen, der alles im Auge hatte - und gleichzeitig das Auto fuhr). Lady Sarah Fergusson entpuppt sich als eine mittelgroße, eher kleine Person. Kurzer Rock, flache Schuhe, keine erkennbaren Allüren. Sie agiert unkompliziert, spricht jeden an, hat für jedermann einen Blick und ein Lächeln und lacht gerne. Der Pfarrer reicht ihr die Hand, und sie unterhalten sich. Giles, der in seiner hellen Hose mit dem blauen Blazer, besetzt mit goldenen Knöpfen, dazu seine grauen Haare und das gutmütige Lächeln im Gesicht, richtig klasse aussieht, schlendert langsam zu den beiden hin, worauf sich ihm die Herzogin lächelnd zuwendet und seine Hand ergreift. Aus der Entfernung kann ich natürlich nicht hören, was die beiden miteinander sprechen.

 

Die Gruppe steigt die Treppe hinauf und verschwindet in der Kirche. Die Kameracrew folgt ihnen. Und dort drin bleiben sie mindestens eine Stunde. Man hört den Pfarrer sprechen, das heißt, wir hören Worte, aber wir verstehen nichts. Irgendwann sind die Dreharbeiten zu Ende. Ich nehme den Säbel und meine Jacke und gehe in die Kirche. Frau Grunewald interviewt die Herzogin. Starke Szene. Wie im Film. Grunewald in schwarzer Hose und dunkelblauer Bluse, das Mikro in der Hand am ausgestrecktem Arm, ihre Miene ruhig, ganz professionell. Rechts hinter ihr der Kameramann mit dem Auge an der Linse, die Hand am Objektiv, die Kamera über ihre linke Schulter ausgerichtet. Links hinter ihr ein Techniker, dunkle Hose, schwarzes Tshirt, die Szene betrachtend. Über ihnen ein Scheinwerfer, der die Szene erhellt, aber nicht zu sehr. Noch weiter links steht Giles, mit der Hüfte leicht gegen eine blaue Kirchenbank gelehnt, die Hände darauf abstützend, ebenfalls mit Blick auf das Geschehen. Und davor die Herzogin mit schwarzem Rock und hellblauer Jacke, gerade in die Kamera schauend, etwas gestikulierend, beantwortet sie die Fragen und gibt Statements. Starkes Bild.

 

Dann löst sich die Spannung, und Entropie erfaßt den Raum. Alles zerfällt in Einzelaktionen. Die Herzogin wendet sich dem Ausgang zu und kommt, mit Giles im Gespräch, auf mich zu. Ich lege meinen Strohhut auf die Kirchenbank und halte ihnen den Säbel mit zwei Händen entgegen. Giles nimmt ihn und präsentiert ihn der Herzogin. Und ich filme mit wackeliger Handykamera seine Erläuterungen und ihre Zwischenfragen. Schließlich wendet sie sich mir zu und reicht mir die Hand, da wird ihr Blick abgelenkt, und sie schaut zwischen die Kirchenbänke. Dort ist mein Hut runtergefallen, und ehe ich’s versehe, hat sie sich gebückt und ihn aufgehoben. Meinen Protest wischt sie mit einer Handbewegung beiseite. Ich will ihr erklären, daß das eigentlich meine Aufgabe wäre, aber das will sie gar nicht hören. Wieder reicht sie mir die Hand, die ich schüttele. Ich sage „nice to meet you“, aber ihre Antwort, an deren Wortlaut ich mich nicht wirklich erinnere, macht mir in diesem Moment klar, daß es sich um eine Engländerin, nicht um eine Amerikanerin handelt. Sie erwidert den Gruß nicht mit einer Wiederholung, sondern eher einer Variation. Ihr Blick richtet sich intensiv auf mein Gesicht, natürlich nur ein paar Momente, dann wird sie wieder abgelenkt. Eine Dame von Welt, die weiß, wie man’s macht. Nicht nur ein flüchtiger Blick, der schon wieder vorbei ist, ehe er überhaupt beginnt; so wie ich es von manchem Politiker bei uns kenne, die ihr Gesicht verziehen, aber nicht lachen, weil sie nicht wirklich da sind. Ich habe den Eindruck, die Herzogin bemüht sich um Anwesenheit, länger als eine Sekunde oder zwei. Sie vermittelt Interesse an einer Person, auch wenn sie eigentlich keine Zeit dafür hat.

 

Beim Verlassen der Kirche sagt mir der Regisseur, ich solle doch morgen früh um 10 nach St. Wendel in Angel’s zum „Frühstück“ kommen. Vor der Kirche posiert sie mit Giles, der den langen Säbel seines Urururgroßvaters am langen Arm trägt. Eine junge Dame ihres Stabs tritt auf sie zu. Aus der Gesäßtasche ihrer Jeans baumelt ein langes weißes Kabel, das fast bis auf den Boden reicht. Ich will gerade sagen, sie solle aufpassen, daß sie damit nirgends hängenbleibt, da beugt sich die Duchess nach vorne, fängt das Kabel ein und drückt der Frau das lose Ende in die Hand. Sie beindruckt mich schon wieder.

 

Unten am Wagen gibt sie ein paar Befehle, und schon éilt jemand herbei und drückt ihre eine Tasche in die Hand. Sie entnimmt ihr ein paar Dosen, mit denen sie den Pfarrer und Giles bedenkt. Tee aus England und jeweils zwei lange rote Bleistifte mit Krönchen an einem Ende und der Aufschrift „Windsor Castle“. Sie gibt sie Giles nicht in die Hand, sondern steckt sie in die Brusttasche seines Blazers, ganz cool.

 

Giles verabschiedet sich, und wir schlendern zum Auto zurück, wo ihm einfällt, daß er Grunewalds Geburtstagsgeschenk vergessen hat. Also fahren wir um die Kirche herum und treffen vor dem Pfarrhaus ein, just als der schwarze Wagen der Herzogin losfährt. Er setzt sich dahinter und hupt, und die Übergabe des Päckchens erfolgt durch die Autofenster.

 

Auf der Fahrt nach Alsfassen, wo uns Kaffee und frisch gebackener Erdbeerkuchen erwarten, sage ich zu Giles: „Ich habe noch nie einer britischen Adeligen die Hand geschüttelt.“ Und er entgegnet versonnen: „Und ich habe noch nie eine geküßt.“

 

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Abends suche ich für die Herzogin mein letztes Exemplar eines Hefts heraus, das ich 2011 für eine genealogische Veranstaltung in London zusammengestellt hatte - ein bißchen was über Luise und eine Schilderung der Recherche des Flugzeugabsturzes im September 1940, als eine britische Hampden in Alsfassen abstürzte. Das Exemplar ist etwas mitgenommen und hat unten auch einen braunen Fleck, aber ich schreibe auf einer Karte, daß es etwas „battered“ sei, d.h. „mitgenommen“, und füge dafür eine Ausgabe meiner „Gedanken über Auswanderungsforschung“, worin etliche farbige Fotos aus der Stadt zu sehen sind. Und außerdem kommen noch ein paar Fotos von Pfeffelbach hinzu, die ich beim DM ausdrucke (und lerne dabei, wie das Fotoausdrucken mit Bluetooth funzt).

 

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Um kurz vor zehn am Montagmorgen treffe ich Frau Grunewald vor der Cortina, und wir unterhalten uns über dies und das, was die Luise-Forschung betrifft. Sie hat heute ein volles Programm, über das ich nicht das Geringste weiß. Ich nehme in Angel’s an der Bar Platz und trinke einen Kaffee. Und warte mit dem Team auf die Ankunft der Herzogin. Die Presse ist auch schon anwesend, ich erkenne Jupp Bonenberger und Melanie Mai von der SZ. Und ein paar Kinder, alles Mädchen, die selbstgefertigte Schilder mit Fergie-Bildern bei sich tragen. Dann trifft der Bürgermeister ein und wird verkabelt. Er wirft mir einen fragenden Blick zu, und ich bemerke, daß ich einer der wenigen Anwesenden hier bin, die keine wirkliche Funktion erfüllen. Da sind die Kameraleute, da sind die Angestellten des Restaurants, da sind die Polizisten in Zivil, Fischer (äh, in Zivil? Okay, aber nicht zu dieser Uhrzeit an einem Montagmorgen) und eine Kollegin. Da ist - außer dem Bürgermeister - niemand von der Stadt, niemand vom Kreis, keiner der Pfarrer, nur die Funktionsträger und ich. Bin ich der einzige, dem man gesagt hat, er solle-könne um diese Zeit hier sein?

 

Dann fährt das schwarze Auto vor, der Stab steigt aus, und die Herzogin hat ihren Auftritt. Gut gelaunt wie gestern, auf Details achtend, hier eine Hand schüttelnd, hier eine kleine Nachfrage, hier ein Kommentar. Immer lächelnd, immer da. Voll konzentriert, aber so, daß man es nicht merkt. Sie läßt sich mit der Statue von Philipp Jakob Riotte filmen und knipsen, der - ein Zeitgenosse Luises - für ihre Hochzeit extra ein Stück geschrieben hatte. Schade, daß niemand auf die Idee kam, ein paar Musiker dieses Stück hier und jetzt spielen zu lassen.

 

Sie kommt zurück und wendet sich den Kindern zu, betrachtet die selbstgemachten Poster, reicht ihnen die Hand, fragt nach ihrem Namen und so weiter. Die Kinder sind aufgeregt, aber voll bei der Sache. Irgendwann sind alle Fotos geschossen, und die Herzogin wendet sich Richtung Restaurant. Ich bin vor die Tür getreten, um das Geschehen besser beobachten zu können, werde abgelenkt und drehe mich um, und sie steht vor mir, greift meine Hand und will etwas sagen, da erkennt sie mich und sagt, wie schön es sei, mich wieder zu sehen. Und dann zieht sie weiter ins Haus hinein, während ich noch verdattert da stehe. Drinnen geht sie in den Speiseraum („Restaurantbereich“ im ehemaligen linken der drei Angel’s-Häuser, in dem früher die Familie Steininger wohnte). Dort wird sie von zwei Kameras unter die Lupe genommen, während ihr gegenüber Frau Grunewald Platz nimmt. Wieder gibt es ein Interview, zu dem nun auch Peter Klär, unser Bürgermeister, hinzukommt. Er gibt zu, daß sein Englisch nicht so gut ist, aber Frau Grunewald übersetzt sicher und souverän. Viel ist nicht zu verstehen, nur ab und an ein paar Wortfetzen. Ich stehe im Barbereich auf den ersten Stufen der Holztreppe, von denen aus manche Fotos gemacht werden. Entfernung gut 10 Meter. Dazwischen ein paar Kameras und Fotografen verschiedener Zeitungen. Einmal steht der Wind günstig, und ich höre die Herzogin sagen „Erzählen Sie mir von Ihrer Stiftung und was ich dazu beitragen kann“. Da geht es um die neue Luisenstiftung, die die Stadt als Erinnerung an das Engagement Luises für die Armen der Stadt eingerichtet hat - der Erlös der Stiftung soll den Armen der Stadt zu gute kommen.

 

Eine ganze Zeit später sind die Interviews beendet, und sie begleitet den Bürgermeister durch St. Wendels Straßen in Richtung ehemaliges Rathaus 1 unten am Schloßplatz. Ihr Stab - zwei Männer und eine Frau - schließen sich dem Troß an, und ich schlendere hinterdrein. Einer der Männer - ganz in weiß, lange Haare, Brille - springt plötzlich in einer der Nischen der Basilika, und die anderen beiden folgen ihm lachend. Ich frage sie, was das soll. Und er meint mit einem Grinsen im Gesicht, sie würden versuchen, außerhalb des Fokus der Kameraleute zu bleiben, damit diese sie nicht aufnehmen. Tatsächlich hat der Troß einen Stop eingelegt, die Kameras zeigen grob in unsere Richtung. Ich frage ihn, ob er aus England komme. Nein, sagt er, aus Schweden. Grinsen.

 

Weiter geht es um die Ecke der Cortina. Immer wieder bleibt sie stehen, grüßt hier jemand und dort, und läßt sich immer gerne mit allen möglichen Leuten fotografieren. Ab und an kommt es zu Verwirrungen, wenn die Sprachbarriere greift. „Do you want a photo?“ fragt sie eine Frau, die nur Bahnhof versteht und automatisch „nein“ sagt. Ein Achselzucken, und sie geht weiter. Zurück bleibt eine junge Dame, die nun völlig verwirrt ist. Durch die belebte Schloßstraße (hehe, der war gut) geht es Richtung Schloßplatz. Dort angekommen begibt sie sich zur Luisenstatue, wo sie ausgiebig fotografiert wird. Mit und ohne Grunewald, mit und ohne Bürgermeister, aber immer mit Luise. Dann verschwindet der Troß im Hause, aus dem im ersten Stock mehrere Polizeibeamte in Uniform aus dem Fenster lugen. Sie werden hinauf ins Luisenzimmer gehen, in dem es jetzt bestimmt gut warm ist, weil den ganzen Morgen schon die Sonne drauf knallt. Hier sind etliche städtische Angestellte anwesend, womit der Raum sicher gut voll wird. Das muß ich mir nicht antun.

 

Also warte ich draußen, bis sie wieder rauskommen. Das zieht sich wieder ein bißchen, also fröne ich draußen der Leute liebstem Zeitvertreib: „spròòche“. Ich halte immer noch meine beiden Päckchen in der Hand, eins für sie, das andere für Frau Grunewald. Dann kommen sie wieder heraus. Wieder werden Fotos geschossen, dann kommt sie die Rampe herunter, sieht mich und lächelt. Frau Grunewald sagt ihr, daß ich etwas für sie habe. Ich reiche ihr das kleine Päckchen, das sie gleich öffnet. Als sie das etwas angegriffene Heft sieht, freut sie sich: „Das ist ja in Englisch“. Noch ein Händedruck, sie bedankt sich. Von der Seite kommt Ortwin Englert mit seiner Frau Birgit auf uns zu. Sie dreht sich zu ihnen um, und er wird als einer der Stadtführer vorgestellt. Sie fragt ihn nach Luise, und Ortwin radebrecht ein paar Worte. Sie bewundert Birgits lilafarbene Haare: „I like the color of your hair!“ sagt sie.

 

Eigentlich will ich mich jetzt verabschieden, aber ich trage immer noch das Grunewald’sche Paket spazieren. Also folge ich ihnen zurück zu Angel’s. Dort verrät mir der Regisseur, daß man jetzt schnell zu Mittag essen würde, um dann um halb drei zum Wendalinushof zu fahren. Was sie dort wollen, ist mir schleierhaft. Klar gab es Cettos Hof schon zu Luises Zeiten. Er hat ihn um die Jahrhundertwende errichten lassen - als Gegenstück zum Harschbergerhof im Westen. Aber Luise kann dort entlang nicht St. Wendel erreicht haben. Sie schreibt in einem Brief, sie sei über Homburg nach St. Wendel gekommen. D.h. sie kam durch das Ostertal und über Werschweiler, aber sicher nicht über den Berg- und Talweg über Niederkirchen und durch das Tiefenbachtal. Egal, man wird sich etwas dabei gedacht haben. Ich warte noch einen Moment, bis etwas Ruhe eingekehrt ist. Dann gehe ich zum Tisch, warte ansatzweise dezent, bis mich die Herzogin zur Kenntnis nimmt, und trage kurz mein Anliegen vor, händige mein Päckchen an Frau Grunewald aus, verabschiede mich mit einem angedeuteten Nicken und ziehe mich zurück.

 

Der Rest steht in der Zeitung. Nun ja, so ähnlich zumindest.

 

St. Wendel, 5. Juni 2019

 

Roland Geiger