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2014/08/20 10:05:38
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Das Rätsel der verlassenen Dörfer
Datum 2014/08/20 10:09:19
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[Regionalforum-Saar] Der Nachlass im Holzkästche n
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[Regionalforum-Saar] Dieter Gräbners Hermann-R öchling-Biografie

Date: 2014/08/20 10:07:50
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gestern in der SZ:
 
 

Der lange Schatten eines Mythos

Dieter Gräbners Hermann-Röchling-Biografie – Gestern Verlegung der Stolperschwelle

Über Jahrzehnte stand Hermann Röchling an der Spitze des Eisen- und Stahlwerks Völklinger Hütte. Wer war der Mann, über den bis heute so kontrovers diskutiert wird? Dieser Frage geht der Autor und SZ-Journalist Dieter Gräbner in einer Biografie nach.

Von SZ-Redakteur Johannes Kloth

Saarbrücken. Heute (gestern) wird in Völklingen eine „Stolperschwelle“ in Gedenken an die NS-Zwangsarbeiter der Röchlingschen Eisen- & Stahlwerke verlegt (siehe Infokasten). Ein überfälliges Zeichen der Würdigung tausender Opfer, sollte man meinen. Doch es wurde – wieder einmal – diskutiert in Völklingen, wie schon über die Umbenennung der Hermann-Röchling-Höhe, des einzigen nach einem verurteilten Kriegsverbrecher benannten Stadtteils in Deutschland, wie eigentlich immer, wenn in den vergangenen Jahrzehnten jemand an die Verbrechen erinnerte, für die der Name Röchling und das heutige Weltkulturerbe auch stehen.

Warum das so ist, versucht Oskar Lafontaine im Vorwort zu Dieter Gräbners Buch „Wer war Hermann Röchling?“ zu ergründen: Die ständig wechselnde politische Zugehörigkeit der Region habe an die Menschen immer neue Anpassungsforderungen gestellt und so Identitätsstiftung erschwert. Die habe sich daher vor allem über Arbeit vollzogen: „Röchling“, so Lafontaine, „das waren alle, die [auf der Hütte] gearbeitet haben. Und sie alle waren ja keine Kriegsverbrecher. So oder ähnlich funktionieren wohl noch heute die Identitätsmechanismen im Unterbewusstsein.“

Es ist das Verdienst von Autoren wie Dieter Gräbner, dem lange gepflegten Desinteresse an einer kritischen Aufarbeitung in Völklingen publizistisch etwas entgegenzuhalten. Gräbner ist zwar nicht der erste, der Röchlings Wirken entmythologisiert. Doch ist sein Buch wohl der ausführlichste und detailreichste Beitrag. Zum einen fasst es den unübersichtlichen Forschungsstand zusammen, ergänzt durch selbst recherchierte Dokumente. Zum anderen kommen all jene zu ihrem Recht, die über Jahrzehnte hinweg gegen Widerstände das Thema aktuell hielten. So ist fast die Hälfte des Buchs dem Namensstreit um die Hermann-Röchling-Höhe gewidmet. Ausführlich kommen Akteure der Bürgerinitiative zu Wort, werden Landtagsprotokolle und Briefe – zum Teil über Seiten hinweg – im Wortlaut zitiert. Hier hätte etwas Straffung gut getan.

Der zweite Teil erzählt Röchlings Leben: Vom durchsetzungsstarken jungen Mann, der sich bald an die Spitze des Unternehmens arbeitet, über den Kriegsplünderer im Ersten Weltkrieg bis zum Nationalsozialisten und Antisemiten, der die Hütte im „Dritten Reich“ – unter dem Einsatz tausender Zwangsarbeiter – in den Dienst der Kriegsproduktion stellt. Gräbner zeigt, wie nah Röchling tatsächlich an der NS-Führungsspitze war, und er entlarvt dessen Inszenierung als sozial engagierter Unternehmer, der sich die Gunst seiner Arbeiter durch die Vergabe von Hausbau-Krediten mit allenfalls banküblichen Zinsen sicherte.

Wie alle Autoren zum Thema ist auch Gräbner in vielen Punkten auf die Darstellung in der Röchlingschen Familienbiografie Gerhard Seibolds angewiesen. Und auch wenn er sich dessen Interpretationen nicht anschließt, wäre ein kurzer Hinweis auf den beschönigenden Charakter der Quelle angebracht gewesen.

Trotz der kleineren Abstriche ist das Buch unterm Strich ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zu einer historisch belastbaren Einordnung Hermann Röchlings.

Dieter Gräbner: Wer war Hermann Röchling? Conte Verlag, 200 Seiten, 14,90 Euro.

Foto: Becker&Bredel