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2013/06/23 11:41:29
Michaela Becker
[Regionalforum-Saar] Vortrag am 26. Juni 2013 des Wel lesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und V olkskultur e.V.
Datum 2013/06/25 23:37:33
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Isenmann, Eberhard: Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150-1550.
2013/06/17 09:29:23
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Köhlertage in Walhausen
Betreff 2013/06/10 21:47:28
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] morgen Vortrag über die Wan dermusikanten
2013/06/21 12:40:41
Rolgeiger
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Autor 2013/06/25 23:37:33
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Isenmann, Eberhard: Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150-1550.

[Regionalforum-Saar] Losse, Michael: Das Burgenbuch

Date: 2013/06/25 23:36:10
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Losse, Michael: Das Burgenbuch [150 s/w-Abbildungen]. Stuttgart: Theiss
Verlag 2013. ISBN 978-3-8062-2710-9; geb.; 160 S.; EUR 14,95.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Thomas Wozniak, Institut für Mittelalterliche Geschichte,
Philipps-Universität Marburg
E-Mail: <thomaswozniak(a)... Schlösser und Festungen sind für viele Fans Sehnsuchtsorte und
Symbole einer besseren, aufrichtigeren Zeit." (S. 146) Die damit
einhergehenden Klischees von der "Ritterburg" (S. 13), die in den
Traditionslinien der Burgenromantik und des Historismus stehen, zu
dekonstruieren, ist ein erklärtes Ziel des von Michael Losse vorgelegten
Buches. Losse ist freier Autor und Burgenforscher und war von 1997 bis
2006 Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung (S.
158). Mit diesem Band legt er einen zusammenfassenden Überblick über
seine bisherigen, zahlreichen Forschungspublikationen für "interessierte
Laien" (S. 9), "Burgenfans" (S. 145) und "engagierte Baudenkmalbesitzer"
(S. 157) vor. Inhaltlicher Schwerpunkt der Darstellung sind Formen und
Typen von Burgen und ihre Bauelemente.

Die Zusammenstellung beginnt mit einer chronologischen Abfolge der
Burgenentwicklung im Kapitel "Mittelalterlicher Burgenbau" (S. 13-48).
In den folgenden Kapiteln geht es um "Formen und Typen mittelalterlicher
Burgen" (S. 49-79) und um die "Bauelemente mittelalterlicher Burgen" (S.
80-118). Drei kurze Kapitel zum "Alltagsleben auf mittelalterlichen
Burgen" (S. 119-124), zum "Kampf um Burgen: Angriff, Belagerung und
Verteidigung" (S. 125-131) und zur "Burgen-Romantik und -Rezeption im
19. und 20. Jahrhundert" (S. 132-146) runden den Textteil ab, auf den
die Literaturauswahl, Kontakte zur Bauforschung, zum Autor und ein
Register folgen (S. 147-160).

Wohl kaum ein anderes Teilgebiet der mittelalterlichen Geschichte ist in
der öffentlichen Wahrnehmung so von anachronistischen und romantischen
Vorstellungen verdeckt wie die Burgenkunde. Das liegt nicht zuletzt
daran, dass die im 19. Jahrhundert überwiegend von Militärhistorikern
geprägte Burgenforschung erst seit einiger Zeit von den Bauforschern
übernommen wurde. Unter diesen Voraussetzungen gelingt es dem Band gut,
die dynamischen Prozesse zu verdeutlichen, in denen sich die
vermeintlich festen Burgen veränderten. Im Überblick zeichnet der Autor
die Entwicklung von großen Flächenburgen ohne höhenprägende Bauten im 8.
bis 10. Jahrhundert hin zu "klassischen" Adelsburgen mit steinernem
Wohnturm im 12. Jahrhundert nach und diskutiert deren Verhältnis zu den
parallel entstandenen Motten. Zu Recht wird die Steinsichtigkeit der
Burgen als Ideal des 19. Jahrhunderts entlarvt und die
spätmittelalterliche Burg als Stützpunkt aufstrebender
Partikulargewalten beschrieben. Über die Darstellung der Entwicklung von
Kastellburg und Zwinger wird die Festung als Antwort auf die zunehmende
Ausbreitung der Feuerwaffen definiert (S. 35). Auch weitere
Befestigungsformen wie Freisitze, Orts- und Stadtbefestigungen,
Kirchenburgen, Wehrkirchen, Wehrkirchhöfe, Klosterburgen, Wehrtürme,
Warten und Landwehren werden besprochen und manches Klischee benannt. So
werden die vermeintlichen "Schießscharten" vieler Kirchen zutreffend als
Luft- und Lichtschlitze identifiziert. Allerdings stellt sich hier zum
Teil die Frage, was diese Befestigungsarten speziell mit Burgen zu tun
haben.

Bei der Besprechung der Pfalzen und Residenzen kommen die rechtlichen
Aspekte der Burg insgesamt sehr kurz - so machen erst Zinnen die Burg
aus (S. 101) und der Höheneingang ist ein rechtlich festgelegtes
Privileg (S. 106). Die rechtlichen Aspekte hätten übrigens ein eigenes
Kapitel verdient.

Die nicht zuletzt durch dramatische Filmdarstellungen geprägten
Klischees versteht Losse überzeugend zu dekonstruieren. Es wurde eben
kein Pech und kein siedendes Wasser die Mauern hinuntergegossen, sondern
mit Steinen geworfen (S. 104). Auch die Feststellung, der Bergfried sei
als letzte Zuflucht unbrauchbar gewesen, da er einfach ausgeräuchert
werden konnte (S. 106), überzeugt. Als ausgesprochen hilfreich erweist
sich, dass bei vielen der besprochenen Aspekte jeweils ein bis zwei
Beispielburgen angegeben werden, die das Gesagte belegen.

Der Symbolgehalt von Bauten war im Mittelalter sicherlich ein Anderer
als heute. Ob er "genauso wichtig war wie der eigentliche Nutzen" (S.
107) kann aber nicht für die gesamte Epoche und alle Gegenden
verallgemeinert werden. An solchen Stellen läuft das Buch Gefahr, neue
Klischees zu konstruieren. Auch die redundant zitierte "grundsätzliche
Multifunktionalität mittelalterlicher Burgräume" (S. 113, 120) sollte
stärker nach Zeit und Region unterteilt werden.[1] Als geographischer
Schwerpunkt des Buches wurde wohl Mittel- und Südeuropa angestrebt.
Entsprechend den Vorarbeiten des Autors - das Literaturverzeichnis
besteht zu fast einem Drittel aus dessen Werken - ist aber ein
Übergewicht der Burgen in Südwestdeutschland, Hessen und Rhodos
festzustellen. Die einzelnen Kapitel sind kurz und einfach zu lesen;
aktuelle Publikationen blieben leider unberücksichtigt.[2]

Aufgrund der Schwerpunktsetzung des Bandes wird einiges sehr stark
verkürzt dargestellt. So wird die bischöfliche Burgenpolitik im
Rheinland leider nur in einem Satz behandelt (S. 72). An einigen Stellen
widersprechen sich die Angaben: So lässt sich der Behauptung, dass die
Kreuzritterburgen im Heiligen Land als Garnisonsburgen "mit großen
Besatzungen" zu verstehen sind (S. 77), entgegenhalten, dass die immer
ausgefeiltere Burgenbautechnik während der Kreuzzüge gerade dem Problem
der schwindenden Feldtruppen geschuldet ist. Dies wird durch Aussagen
des Autors bestätigt, nach denen die "Johanniter-Ordensburg auf der
Insel Alimá GR [...] im 14. Jh. sechs Mann Besatzung" hatte (S. 120).

Das Buch lebt von seinen 145 Abbildungen. "Wie vom Verlag gewünscht,
wurden zur Illustration [...] historische Abbildungen verwendet, da
spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Druckgraphiken sowie
Zeichnungen aus der Burgenliteratur des 19. Jh. vielfach die in den
Texten geschilderten Sachverhalte besser dokumentieren." (S. 10) Bei
einigen der Verkleinerungen der Abbildungen soll der Leser vermutlich
nur einen "kleinen" Eindruck bekommen, denn vieles lässt sich nur noch
erahnen. Alle Abbildungen, die von 42 x 31 cm auf 6,2 x 3,6 cm
verkleinert wurden, hätten zumindest Seitenbreite verdient (S. 26f., 32,
36-38, 41, 46, 49f., 55, 69, 71, 74f., 79, 90, 98, 100, 103, 107). Auch
die Darstellung der Ansicht von Burg Fleckenstein (S. 14) besticht im
Original gerade durch die zeichnerische Überhöhung. Sicherlich wären 22
Seiten mehr für den Verlag nur eine geringe Mehrinvestition und für die
Leser weniger Augenpulver gewesen. Im hinteren Drittel des Buches werden
die Abbildungen hingegen großflächiger und augenfreundlicher. Auch das
(Sach-)Register ist nicht ohne Schwächen, so ist "Dansker" (S. 112f.)
nicht enthalten oder sind umgekehrt die im Register angegebenen
"Barbakane" auf Seite 78 nicht zu finden. Demgegenüber sind der Einband
und die Papier- und Druckqualität so gut, dass sich der Band auch für
die Mitnahme auf Burgexkursionen eignet. Kontaktdaten sind nicht nur zur
Deutschen Burgenvereinigung (DBV), sondern auch zu mehreren Bauforschern
zu finden (S. 10, 157), allerdings sind die angegebenen Weblinks nicht
mehr aktuell.

Fazit: Ein sehr gut zu lesender Überblick, in dem für viele Aspekte der
Burgen die Klischees zurechtgerückt werden. Für die engagierten Kreise
der Burgliebhaber, Burgbesitzer und Mittelalterfans ist dies sicher ein
willkommenes Werk, das einen schnellen Zugriff auf Grundlagenkenntnisse
zu Einzelaspekten ermöglicht. Der Vorteil, dass zu jedem Phänomen oder
jedem Bauelement die entsprechenden Beispielburgen genannt werden, macht
das Buch auch für Wissenschaftler interessant. Demgegenüber sind die
Fakten nur dünn belegt. Einerseits wird wiederholt vor zu starker
Pauschalisierung gewarnt und eine Vielzahl von Klischees identifiziert
und enttarnt, andererseits sind aber einige Aussagen so pauschal, dass
der Autor Gefahr läuft, neue Klischees zu prägen. Es ist aber viel
erreicht, wenn das Buch dabei hilft "die besonderen Baudenkmäler zu
schützen!" (S. 11).

Anmerkungen:
[1] Anja Grebe / G. Ulrich Großmann, Burgen in Deutschland, Österreich
und der Schweiz. Architektur im Alltag, Petersberg 2007, S. 145.
[2] Thomas Wozniak: Rezension zu: Felten, Franz J. (Hrsg.):
Befestigungen und Burgen am Rhein. Stuttgart 2011, in: H-Soz-u-Kult,
20.06.2012,
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-2-193>
(20.06.2012).