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Datum 2012/04/03 19:54:50
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Autor 2012/04/03 19:54:50
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[Regionalforum-Saar] Themenseminar zur Kulturgeschichte im St. Wendeler Land

Date: 2012/04/03 13:04:25
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heute in der SZ:
 
 

Revolutionen, Kriege und die Freiheit der Menschen

Das fünfte Themenseminar zur Kulturgeschichte im St. Wendeler Land widmete sich der wechselvollen Geschichte der Neuzeit

Von Gastautorin

Kerstin Adam

Die Epoche im Anschluss an das Mittelalter wird allgemein als Neuzeit bezeichnet. Man könnte sie aber auch die Europäische Epoche nennen. (Fast) alle europäischen Staaten erlebten in dieser Epoche (1492 bis 1991) ihre größte geografische Ausdehnung und den Höhepunkt ihrer politischen und kulturellen Macht. Der Aufschwung der europäischen Staaten war auch begründet in der Zentralisierung der Macht bei den Monarchen und der beginnenden Expansion in die jeweiligen Kolonien. Drei große Revolutionen veränderten den Kontinent entscheidend und wirken sich bis zum heutigen Tage aus.

Worum es dabei genau ging, machten die Referenten Manfred Peter und Bernhard Planz während des Seminars „Die europäische Epoche“ in der Europäischen Akademie Otzenhausen deutlich. Es war das letzte einer Reihe, die sich mit 2500 Jahren Geschichte in unserer Region und ihren Auswirkungen auf unser heutiges Leben befasste. Der folgende Text enthält Elemente aus beiden Vorträgen.

Die religiöse Revolution

Der Boden für die religiöse Revolution (die Reformation) wurde in der Renaissance ab Mitte des 15. Jahrhunderts vorbereitet, mit der das Mittelalter endete. Die Renaissance war eine Zeit, in der der Mensch immer stärker in das Zentrum des Denkens rückte. Dass die Erde nicht im Zentrum des Universums steht und sich vielmehr um die Sonne dreht (Kopernikus), war nur eine der großen naturwissenschaftlichen Entdeckungen dieser Zeit, die an das Fundament der kirchlichen Lehre rührten.

Entdeckungsreisen eröffneten neue Welten, und auch im Inneren kehrte man sich immer stärker vom Leben und Denken des Mittelalters ab: Der Humanismus orientierte sich an den Werten und der Würde des Menschen, wie wir sie auch heute kennen. Gutenberg erfand 1454 den Buchdruck, und so konnten sich die neuen Ideen rasch verbreiten. Hinzu kam, dass das Ansehen des Papsttums zusehends verfiel: Viele hochrangige Kirchenmänner verteilten inzwischen lukrative Ämter und Funktionen an ihre eigenen Familienmitglieder und erfüllten ihre geistlichen Funktionen nur noch oberflächlich. So war es nur eine Frage der Zeit, bis 1517 in Wittenberg ein Theologieprofessor und Augustinermönch seine 95 Thesen zur Reform des Glaubens und Denkens verbreitete: Martin Luther, mit dem bei uns der Begriff Reformation verbunden ist. Diese führte zur Spaltung des westlichen Christentums in verschiedene Konfessionen (katholisch, lutherisch und reformiert).

Die Konflikte um diese Spaltung entluden sich grausam im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 48), in dem es auch um Fragen der Vorherrschaft in Europa ging und in dem europäische Mächte von Spanien bis Schweden gegeneinander kämpften. Hungersnöte und Seuchen kamen hinzu, so dass ganze Landstriche entvölkert wurden.

Seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 galt das Prinzip „Cuius regio – eius religio“. Es besiegelte das Recht der Herrscher, ihren Untertanen die Religion vorzugeben. Da das heutige Saarland von verschiedenen Herrscherhäusern mit unterschiedlichen Konfessionen regiert wurde, sind noch heute bestimmte Orte eher katholisch oder evangelisch geprägt.

Die politische Revolution

Auf das Chaos des Dreißigjährigen Krieges folgte eine Zeit von Herrschern mit uneingeschränkter Macht, die die zerstörte Ordnung wiederherstellen sollten: die Zeit des Absolutismus. Die absoluten Herrscher empfanden sich als Herrscher von Gottes Gnaden, standen über den Gesetzen und übten alle Staatsgewalt aus. „Der Staat bin ich“, so der französische König Ludwig XIV. (1638 bis 1715), dessen Ausspruch diese Haltung überspitzt verdeutlicht.

Trotzdem brachen sich im 17. und 18. Jahrhundert die Gedanken der Aufklärung immer stärker Bahn. Autoren wie Voltaire, Rousseau, Montesquieu oder auch Kant beriefen sich auf die Vernunft zur Befreiung der Menschen aus ihrer Unmündigkeit. Sie forderten politische Gewaltenteilung und Menschenrechte, Toleranz und persönliche Handlungsfreiheit.

Mit dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 begann die Französische Revolution. In dieser Zeit entstand die Erklärung zu den Menschen- und Bürgerrechten, die für die Entwicklung der europäischen Geschichte bis heute so unverändert wichtig ist.

Die wirtschaftliche Revolution

Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts änderten sich (zunächst in England) die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in nie gekanntem Maße. Erfindungen wie Webmaschinen, Dampfmaschinen, Lokomotiven, die industrielle Herstellung von Eisen und Stahl führten zu tief greifenden Umwälzungen der Arbeitsbedingungen und Lebensumstände der Menschen. Auf der Suche nach Beschäftigung drängten sie in die Städte und fanden dort unter zum Teil unsäglichen Bedingungen Arbeit in den neuen Fabriken oder Bergwerken. Ein mittelloses Proletariat entstand, dessen Elend Proteste und Widerstandsaktionen auslöste.

Gleichzeitig führte die industrielle Revolution spätestens in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu Spannungen innerhalb (und teilweise auch außerhalb) der europäischen Staatenwelt. Der Mitte des 19. Jahrhunderts führende Nation England erwuchs an der Wende zum 20. Jahrhundert zwei Rivalen: das Deutsche Reich (gegründet 1871) und die Vereinigten Staaten von Amerika. Eine ungeschickte Bündnispolitik des Deutschen Reiches führte zu neuen Bündniskonstellationen in Europa, hinzu traten nationalistische Bewegungen in Südosteuropa, die zusammen die Voraussetzungen für den Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918 schufen.

Das Ende der Epoche

Mit dem Ende der Epoche sind drei große Entwicklungen verbunden: der Versailler Vertrag (1919), der von den im Ersten Weltkrieg unterlegenen Mächten als schwere Demütigung empfunden wurde, und die Weltwirtschaftskrise (1929 bis 1932), die zu Massenarbeitslosigkeit und -verarmung führte. Beide Entwicklungen haben zum Erstarken des Nationalsozialismus und der Machtergreifung der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) 1933 beigetragen. Als Folge wurden in Deutschland alle demokratischen Institutionen abgeschafft. Die nationalistische und rassistische Ausrichtung der neuen „Führung“ in Deutschland führte zum Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945) und stürzte Europa in eine Katastrophe nie gekannten Ausmaßes mit 40 bis 50 Millionen Toten.

Bis heute wirken sich der Krieg und der verbrecherische Versuch, ein ganzes Volk aus rassistischen Beweggründen im Holocaust auszulöschen, auf die Menschheit aus.

Die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts war geprägt durch den so genannten Kalten Krieg, in dem sich die hochgerüsteten Supermächte USA und UdSSR gegenüberstanden. Der Machtverlust der europäischen Staaten zeigte sich immer deutlicher im Verlust ihrer Kolonien und fand letztlich im Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 seinen Schlusspunkt. Er bedeutete das Ende dieser Epoche.

Gleichzeitig setzte nach dem Zweiten Weltkrieg eine optimistisch stimmende Entwicklung ein: Allmählich bahnte sich die europäische Einigung an, die heute in ihrer letzten Entwicklungsstufe als Europäische Union fast alle europäischen Staaten umfasst.

Exkursionen

Der Nachmittag führte die Teilnehmer auf eine Exkursion zu Landmarken der am Vormittag behandelten Revolutionen. So stand die evangelische Kirche in Wolfersweiler stellvertretend für die Reformation. Pfarrer Jörg Grates erklärte die Besonderheiten der Kirche mit ihrem markanten Abendmahlstisch und dem Grab von Herzog Kaspar. Anschließend gab Weiler ein kurzes Gratiskonzert auf der beeindruckenden Stummschen Orgel.

Anschließend ging es, eingedenk des Grafen Joseph Anton von Öttingen-Dagstuhl, weiter zum Schloss Dagstuhl, wo die Besucher in der Kapelle, einem Kleinod des Barock, die Bilder der Malergräfin Octavie de Lassalle bewunderten.

Abgerundet wurde die Exkursion mit einem Besuch der wiederhergestellten Nagelschmiede in Sitzerath, einem interessanten Beispiel für industrielle Fertigung in Heimarbeit in einem der Dörfer der Region. Die Herren Weiler und Paulus gaben dort einen tiefen Einblick in die Arbeit in der Nagelschmiede und erklärten deren wirtschaftliche Bedeutung für Dorf und Region.

Da in der Kürze der Zeit nur eine kleine Auswahl aller Themen behandelt werden konnte, finden verschiedene Vorträge mit direktem Bezug zum St. Wendeler Land statt: die „Reformation im St. Wendeler Land“ (Bernhard Planz, 25. April, in St. Wendel-Niederkirchen), „Schloss Esebeck in Gonnesweiler“ (Johannes Naumann, 15. Mai. in Nohfelden-Gonnesweiler), „300 Jahre Hiwwelhaus Alsweiler (Bernd Brill, 23. Mai in Marpingen-Alsweiler) sowie „Die Französische Revolution im St. Wendeler Land“ (Johannes Schmidt, 13. Juni, Nonnweiler-Kastel).

Hintergrund

In dem Projekt „St. Wendeler Land steinreich: Beispiel einer 2500-jährigen europäischen Kulturentwicklung“ geht es darum, die kulturhistorischen Besonderheiten des St. Wendeler Landes zu benennen und näher zu erforschen. Träger dieses Projektes ist die Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land. Partner sind die Europäische Akademie in Otzenhausen und das Forum Europa. red