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Franz Josef Marx
[Regionalforum-Saar] Heimatfreunde Urweiler, 2.heimatkundliche Heft 2011

[Regionalforum-Saar] Bischmisheimer Oktogon

Date: 2011/12/06 18:11:05
From: FJ Marx <mfj.urw(a)...

heute (06.12.2011) in der SZ, Regionalteil

 

Schönheit mit acht Ecken

 

Ein Buch über die Geschichte und die Architektur der evangelischen Kirche von Bischmisheim

„Keine Maskerade. Das Notwendige der Konstruktion schön zu gestalten ist Grundsatz griechischer Architektur und muss Grundsatz bleiben für deren Fortsetzung.“ Aus dieser Maxime Karl Friedrich Schinkels gewinnt eine der eindrucksvollsten Kirchen des Saarlandes, die evangelische Kirche von Bischmisheim, Harmonie und Schönheit. Jetzt liegt eine ausführliche Monographie dieser außergewöhnlichen Kirche vor.

 

Von SZ-Mitarbeiterin Marlen Dittmann

 

Bischmisheim. 1824 wird in dem Dorf Bischmisheim eine Kirche auf achteckigem Grundriss eingeweiht, gebaut unter der Leitung von Johann Adam Knipper d. J. nach Plänen Karl Friedrich Schinkels (1781-1841), des berühmtesten Baumeisters seiner Zeit. Dem mächtigen Berliner Oberbaudirektor mussten alle Pläne für öffentliche Bauten vorgelegt werden. Knipper hatte einen langrechteckigen Bau mit anschließendem Turm geplant, für dessen Realisierung die Gemeinde um finanzielle Unterstützung bat. Schinkel verwarf den Knipper-Plan und präsentierte als Ersatz die Zeichnungen für ein kleines Oktogon mit Dachreiter. So ließen sich Grundstück und Baukosten sparen.

Knipper arbeitete nach den Schinkel-Zeichnungen die Baupläne aus, die im Januar 1823 genehmigt wurden. Der Bauleiter hielt sich allerdings nicht strikt an die Schinkelschen Vorgaben, die einen Putzbau vorsahen, sondern nutzte den heimischen Sandstein, um die schlichte Fassadenstruktur zu beleben. Auch Baudetails änderte er leicht – insbesondere die Fensterrahmungen. Erheblich änderte er die Konstruktion des Dachreiters, mit der Folge immer wieder auftretender Bauschäden am Dach. Im Inneren hatte Knipper größeren Gestaltungsspielraum: Er entwarf Bänke, Emporenbrüstung und Kanzelaltar.

Diese Vorgeschichte berichtet Ute Kegel sehr genau, um dann die Renovierungen und Instandsetzungen bis heute zu betrachten. Es gab immer wieder Bauschäden, zu deren Behebung auch konstruktive und ästhetische Änderungen nötig wurden. Bei der Renovierung von 1927 etwa, der aufwändigsten an der Kirche, wird der Dachreiter erstmals getreu den Schinkelzeichnungen nachgebildet und die „nüchterne Zimmermannskonstruktion“ der Säulenkapitelle, wie von Schinkel vorgesehen, durch korinthische ersetzt. Auch 60 Jahre später bemühte man sich, die Kirche in den Zustand der Erbauungszeit zu versetzen. Da die originale Farbfassung des Innenraumes nicht geklärt werden konnte, orientiert sie sich an Berliner Sakralbauten Schinkels. Das heute beeindruckende farbige Bild hat es so vor 1988 nicht gegeben.

Die akribisch genaue Baubeschreibung mit einer Unzahl von Fachausdrücken lässt spüren, dass Kegels Buch auf einer Magisterarbeit beruht; auch wenn die Autorin versucht, die Harmonie und Schönheit der Kirche zu würdigen. Die nur ikonografische Betrachtungsweise lässt den emotionalen Raumeindruck nicht nachempfinden – das gelingt jedoch der Bebilderung.

Die zweite Hälfte des Buches widmet sich allgemeiner dem Werk Schinkels, insbesondere den Entwürfen für oktogonale Sakralbauten und seinen Gedanken zu einem „religiösen Gebäude“, in dem „die Religion im großen Ganzen sichtbar erfasst werden soll“, idealerweise in einem Zentralbau. Mit Ausnahme der eingeschossigen Dorfkirche in Glienecke und der Nikolaikirche in Potsdam konnte er keine weiteren Zentralbauten errichten, da der König ab 1828 den längsrechteckigen Grundriss vorschrieb. So blieb die zweigeschossige Bischmisheimer Kirche mit ihren vollkommenen Proportionen ein großartiger Einzelfall, ein Kunstwerk von Rang. Für Kegel ist die Bischmisheimer Kirche das Ideal einer evangelischen Predigt- und Dorfkirche. Die reichhaltige Bebilderung ergänzt den Text anschaulich, die vorzüglichen Innen- und Außenaufnahmen lassen etwas vom Geheimnis ihrer Schönheit ahnen.

Ute Kegel: Schinkels Idealbau einer evangelischen Dorfkirche. Das Oktogon von Bischmisheim. Arte factum, 128 S, 18 Euro.