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Datum 2011/12/06 14:26:57
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Autor 2011/12/06 14:26:57
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[Regionalforum-Saar] Als der heilige Wendelin lebte

Date: 2011/12/06 14:04:43
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heute in der SZ:
 

Von Bauern und Christen: Als der heilige Wendelin lebte

Drittes Themenseminar zur Kulturgeschichte im St. Wendeler Land widmet sich der fränkischen Epoche

Die fränkische Epoche im St. Wendeler Land: So lautete das Thema eines Seminars in der Europäischen Akademie Otzenhausen. Es war das dritte einer Reihe, die die 2500 Jahre Geschichte im St. Wendeler Land und ihre Auswirkungen auf unser heutiges Leben beleuchtet. Manfred Peter stellte die großen Zusammenhänge in der durch die Franken geprägten Epoche dar, der Historiker Johannes Naumann zeichnete ein Bild des fränkischen Erbes unserer Region mit dem Schwerpunkt auf der Abtei in Tholey. Da die fränkische Epoche nur wenige sichtbare Zeugnisse im St. Wendeler Land hinterlassen hat, war die Abtei auch das Ziel einer Exkursion. Dass die Teilnehmer zu Beginn der Veranstaltung mit Glöckchengeläut begrüßt wurden, lag vielleicht nur mittelbar daran, dass die Epoche der Franken (von 457 bis 918, beziehungsweise 936 nach Christus) generell durch den Siegeszug des Christentums geprägt war. Vielmehr tauchte in Gestalt von Petra Schröder eine „echte“ Fränkin aus der Zeit der Merowinger auf, die aus erster Hand darüber informierte, wie sich die Frauen vor etwa 1500 Jahren kleideten. Als Schmuck trug sie eine Halskette aus bunten Glasperlen. Ihr tunikaähnliches Gewand aus Wolle reichte nahezu bis zum Boden und wurde von einem Gürtel zusammengehalten. Da die Frauen damals ohne Handtaschen auskamen, trugen sie die wichtigen Dinge einfach am Gürtel – zum Beispiel praktische Gegenstände wie Schere, Kamm und Messer, aber auch ein Glöckchen gegen Dämonen, eine Zierscheibe entweder als Schmuck oder vielleicht auch als Kultgegenstand, einen Bergkristall gegen Fieber.

Die kultischen Gegenstände zeigen, dass der ursprüngliche Glaube der Menschen in ihrem Leben noch eine große Rolle spielte. So war auch die Traumdeutung wichtig, mit der Manfred Peter seinen Vortrag begann. Childerich, der erste König der merowingischen Dynastie (457 bis 482), träumte, dass drei Gruppen von Tieren an ihm vorbeizogen: zuerst eine Gruppe mit Löwen, Leoparden und Einhörnern, anschließend Bären und Wölfe, und zuletzt Hunde und andere Kleintiere. Seine Frau Basina deutete den Traum so, dass die erste Generation der Merowinger stark werden würde wie die erste Tiergruppe, die zweite gierig wie die zweite Gruppe und die dritte schwach. „Wenn diese Geschichte nicht wahr ist, dann ist sie gut erfunden, denn sie spiegelt in der Tat den Verlauf der merowingischen Dynastie wider“, so Peter.

Im 5. Jahrhundert hatte Rom den kriegerischen Angriffen der Germanen, Hunnen oder Perser nicht mehr viel entgegenzusetzen: Der Westteil des römischen Reiches zerfiel. Auf die Kelten und Gallo-Romanen folgte im 5. Jahrhundert in unserer Region ein germanischer Stamm: die Franken. Sie stammten ursprünglich vom Niederrhein. Ihre „starken“ Könige der ersten Generationen verstanden es nicht nur, viele kleine Stämme zu einem großen Stamm zu einigen, sondern auch, das ursprüngliche fränkische Stammesgebiet durch Eroberungen (Alamannien und Aquitanien) um ein Mehrfaches auszudehnen. Das St. Wendeler Land kam um 496 unter fränkische Herrschaft. Als erster fränkischer Herrscher ließ sich Chlodwig taufen. Dies war auch politisch wichtig für ihn, da die Bewohner der unterworfenen gallo-römischen Gebiete bereits römisch-katholisch waren und ihn so eher akzeptierten als einen Anhänger der alten Religion. Chlodwigs Söhne (Generation der Bären und Wölfe) setzten die Eroberungen fort um Burgund, Thüringen und die Provence.

Der letzten Generation der Merowinger hingegen entglitt zusehends ihre Macht. Ab 561 wurde das Reich von Bruderkriegen zerrissen. Zahlreiche Merowinger wurden, oft genug von nahen Verwandten, umgebracht. Es war eine Zeit der Grausamkeiten, in der zusehends hohe Beamte, die so genannten Hausmeier, die Macht übernahmen. Aus ihnen ging ab 679 das Geschlecht der Karolinger hervor, deren bedeutendste Vertreter Karl Martell (714 bis 741) und sein Enkel Karl der Große (768 bis 814) waren.

Karl der Große gilt seit dem Mittelalter als vielleicht der wichtigste Herrscher des Abendlands. Er wurde 800 zum Kaiser gekrönt, auf den sich heute sowohl die Deutschen als auch die Franzosen in ihrer Nationalgeschichte berufen. Unter seiner Regierung erreichte das Frankenreich seine größte Ausdehnung und umfasste grob gesagt das heutige Kerneuropa von den Pyrenäen und Mittelitalien über Bayern bis zur Elbe und Nordsee. Karl der Große setzte sich auch für Reformen im Innern und für die Gründung von Stätten der Gelehrsamkeit, Klöstern, ein, die ihrerseits mit dem Aufbau von Schulen betraut wurden. Nach Karls Tod 814 wurde das fränkische Reich ab 843 aufgeteilt. Der Name des westlichen Teils klingt heute vertraut in unseren Ohren: Frankreich. Aus dem Ostfrankenreich ging das Heilige Römische Reich Deutscher Nation hervor.

Die keltische Epoche war von Handwerk und Landwirtschaft, die römische vom Militärwesen, einer Verstädterung und Handel geprägt. Die fränkische Kultur war hingegen bäuerlich, in der die Bauern ihre Handwerksarbeiten auch selbst erledigten. Dies führte zu einem Niedergang der vormals blühenden Städte und Ortschaften aus der Römerzeit. Ein Beispiel aus unserer Region ist die römische Siedlung am Wareswald bei Tholey, die etwa um 400 verlassen wurde.

Gleichzeitig kamen Gelehrte und Mönche in das Reich der Franken, um sie zu bekehren. So wurde in unserer Region die älteste Klerikergemeinschaft, das älteste Kloster Deutschlands gegründet, die Abtei von Tholey. Der fränkische Adlige Adalgrisel Grimo, ein Großer des Reiches mit engen Verbindungen zu den merowingischen Herrschern, erwähnt in seinem Testament eine Glaubensgemeinschaft, die er nach Tholey berief und die sich vermutlich auf dem Areal des heutigen Klosters niederließ. Er vermachte ihr ebenso wie anderen kirchlichen Institutionen seinen Besitz. Hierzu zählten damals Menschen, Weiler, Wälder, Weinberge und Ländereien. Dieses Pergament aus dem Jahr 634 liegt nur noch in einer Abschrift aus dem 9. Jahrhundert vor und ist die älteste erhaltene Urkunde der Großregion und eine der ältesten Deutschlands.

Andere für unsere Region wichtige Berichte sind nur teilweise schriftlich belegt: So soll St. Wendelin der erste Abt des Klosters Tholey gewesen sein. Um ihn ranken sich die verschiedenen Legenden, die nur schwer nachprüfbar sind, denn durch Brände und Verwüstungen liegen bis ins 12. Jahrhundert kaum Original-Unterlagen vor. Dass er in der Bevölkerung hoch angesehen war, steht wohl außer Zweifel.

Der ursprüngliche Besitz der Abtei Tholey muss riesig gewesen sein, wobei die Abtei im Spannungsfeld zwischen den Bistümern Trier und Verdun seit der Grimo-Stiftung bis zur französischen Revolution immer wieder an Besitz verloren hat. Trotzdem strahlte sie weit auf das St. Wendeler Land aus, indem sie zahlreiche Pfarreien gründete. Interessant ist, dass die Diözesangrenzen die Grenzen der römischen Verwaltungsbezirke aufnahmen, die sich ihrerseits an den keltischen Stammesgrenzen orientierten. Kerstin Adams

Hintergrund

In dem Projekt „St. Wendeler Land steinreich: Beispiel eine 2500-jährigen europäischen Kulturentwicklung“ geht es darum, die kulturhistorischen Besonderheiten des St. Wendeler Landes zu benennen und näher zu erforschen. Träger dieses Projektes ist die Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land. Partner sind die Europäische Akademie Otzenhausen und das Forum Europa. Ziel ist es, den Menschen die kulturellen Besonderheiten des St. Wendeler Landes in Verbindung mit dem Thema Europa näher zu bringen und die einzelnen geschichtlichen Bausteine zu einer großen Erzählung über die Region zusammenzufügen.

Epochenseminare sind Teil dieses Projektes. Das nächste Seminar dieser Reihe bezieht sich auf das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und findet am 14. Januar statt.

Informationen gibt es bei der Europäischen Akademie Otzenhausen, Telefon (0 68 73) 66 24 47 red

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Zwei Fragen:

=> eine zur Überschrift: Hat Wendelin auch mal nicht gelebt?

=> ein paar zu einer Passage im Text:

"Andere für unsere Region wichtige Berichte sind nur teilweise schriftlich belegt: So soll St. Wendelin der erste Abt des Klosters Tholey gewesen sein. Um ihn ranken sich die verschiedenen Legenden, die nur schwer nachprüfbar sind, denn durch Brände und Verwüstungen liegen bis ins 12. Jahrhundert kaum Original-Unterlagen vor. Dass er in der Bevölkerung hoch angesehen war, steht wohl außer Zweifel."

- Was sind eigentlich "Originalunterlagen über Wendelin"?

- "Außer Bränden und Verwüstungen" - welche sind bis ins 12te Jahrhundert für unsere Gegend überliefert? Welche Originalunterlagen über Wendelin gibt es im 12. Jahrhundert? Welche gibt es in der Zeit danach (die Autorin schreibt "kaum Original-Unterlagen", d.h. ein paar müßten ja da sein)? Und wenn keine, durch welche Brände und Verwüstungen könnten sie vernichtet worden sein?

Roland Geiger