Suche Sortierung nach Monatsdigest
2011/11/30 09:16:05
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Sagen der Saar Neuauflage
Datum 2011/11/30 09:44:15
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Über die Liebenburg bei Hof eld-Mauschbach
2011/11/30 16:41:11
Hans Peter Klauck
Re: [Regionalforum-Saar] Über die Liebenburg bei Hof eld-Mauschbach
Betreff 2011/11/23 09:59:18
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] über die Auswanderungssucht
2011/11/30 09:16:05
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Sagen der Saar Neuauflage
Autor 2011/11/30 09:44:15
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Über die Liebenburg bei Hof eld-Mauschbach

[Regionalforum-Saar] über den Umgang mit der Tra uer

Date: 2011/11/30 09:17:30
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

heute in der SZ:
 
 

Wir Sozial-Analphabeten

von Cathrin Elss-Seringhaus

Alle kaufen Zimtsterne und Weihnachtsbaum-Kugeln. Ach, in der Adventszeit ist die Welt noch in Ordnung, denn wir wissen was zu tun ist: Konsumieren und sentimental sein. Will heißen: Im Dezember sind wir Herdentiere, die sich in Gemeinschaftsrituale kuscheln. Sonst gelingt das kaum noch. Von der Gottesdienstordnung bis zum angemessenen Kommunionsgeschenk, vom Aufstehen im Bus, wenn ein alter Mensch hinzu kommt, bis zum Schalten einer Hochzeitsanzeige – wer, außer der Generation 65plus, bewegt sich heute noch sicher durch den Sozial-Parcours? Wer kennt sie noch, die Regeln für wichtige Anlässe, die einst mühelos durch das Zusammenleben mehrerer Generationen vermittelt wurden? Das „Man-tut-dies-und-lässt-das“ ist nun mal aus der Mode gekommen – es lebe der Freestyle.

Wer meint, es ginge nur um Etikette, ums gute Benehmen, täuscht sich. Es gibt Bereiche, da schmerzt der Verlust an Sozial-Kompetenz und Gemeinschafts-Erleben. Etwa, wenn es um Trauern und Beistand geht. Nicht wenige Menschen tun sich bei der Begegnung mit einem Menschen, der einen Angehörigen verloren hat, schwer mit der lapidaren Formulierung „Herzliches Beileid“. Sie suchen treffendere, originellere Worte – und bleiben dann allzu oft stumm. Auch Beileidskarten schreibt heute kaum mehr einer: zu steif, zu unpersönlich, zu traditionell. Doch die Trauer-SMS hat sich ebenfalls noch nicht durchgesetzt. So empfinden sich viele Trauernde als grausam allein gelassen. Mitunter verursachen sie dies mit. „Von Beileidsbekundungen am Grab bitten wir Abstand zu nehmen“, heißt es immer öfter in Anzeigen. Weil man standardisierte Gesten fürchtet? Mutmaßlich erwartet man sich gar keinen Trost mehr, traut anderen keine stützende Funktion mehr zu. Wie ist das traurig.

Früher dachte man darüber nicht nach. Menschen kamen unangemeldet ins Haus, in dem jemand gestorben war. Das Trauern war eine Sache der (Dorf-)Gemeinschaft, verlief immer ähnlich. Heute hält man Abstand zum Haus der Trauernden, um sie herrscht meist drückendes Schweigen – angeblich aus Rücksichtnahme. Zugleich fehlen immer öfter ritualisierte Zusammenkünfte wie Totenmessen oder Jahrgedächtnisse, die Gesprächs-Anlässe bieten könnten, um sich gemeinsam zu erinnern.

Der Bestattungs-Experte und Autor Fritz Roth hat dies als grenzenlose Vereinsamung beschrieben. Mehr noch, er meint, wir ließen uns durch das Schweigen der Gemeinschaft unsere Toten stehlen. Er schreibt: „Deshalb gilt es, die Trauer wieder aus ihrem Versteck herauszuholen und in die Lebensräume, in den Alltag zurückzubringen.“ So lange wir dafür keine neuen Formen gefunden haben, versuchen wir's mit den überlieferten. Auch in anderen Fällen. Ansonsten droht nicht nur im Fall Trauerkultur ein für den Einzelnen schmerzhafter Sozial-Analphabetismus.