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[Regionalforum-Saar] Fortbestand der Saargeschichten erstmal gesichert.
Datum 2011/03/04 08:17:38
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[Regionalforum-Saar] SZ: Als der Fürst den Gla uben bestimmte
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Autor 2011/03/04 08:17:38
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[Regionalforum-Saar] Das Papsttum im Mittelalter

Date: 2011/03/02 23:58:12
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Frenz, Thomas: Das Papsttum im Mittelalter (= UTB 3351). Köln: Böhlau
Verlag Köln 2010. ISBN 978-3-8252-3351-8; Pb.; 251 S.; EUR 15,90.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Matthias Schrör, Historisches Seminar, Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
E-Mail: <mb_schroer(a)... Darstellung ist in fünf größere Kapitel unterteilt: Nach dem Vorwort
(S. 9-10) und einer knappen Einleitung (S. 11-13) wendet sich Thomas
Frenz zunächst den "Epochen der mittelalterlichen Papstgeschichte" zu
(S. 15-65), darauf "Papsttum und Politik" (S. 66-103), "Papsttum und
Kirche" (S. 104-125), schließlich behandelt er den "Papst als Bischof
von Rom" (S. 126-163) und "Die römische Kurie und ihre ,Außenstellen'"
(S. 164-208). Als Anhang fungieren eine Papstliste (die bis in die
heutige Zeit reicht), eine Auswahlbibliografie, ein Abbildungsnachweis
und ein Register.

Bereits die thematische Gliederung des Stoffes durch die genannten
Kapitelüberschriften macht deutlich, wie schwierig der Komplex des
"Papsttums im Mittelalter" in ein Handbuch zu fassen ist. Eine strenge
Auswahl der zu behandelnden Aspekte, ein stringenter Erzählfaden und ein
gewisser Mut zur Lücke sind dabei wohl unverzichtbar. Um es direkt zu
sagen: Frenz meistert diesen Spagat alles in allem souverän, auch wenn
sein Werk - vielleicht gar nicht zu vermeidende - sachliche
Wiederholungen oder Überschneidungen aufweist. Nicht umsonst bezeichnet
Frenz das Papsttum als "sperriges historisches Phänomen" (S. 9).

Im ersten Kapitel schildert Frenz mit großer Kenntnis der historischen
Entwicklungslinien die wichtigsten Wegmarken des mittelalterlichen
Papsttums. Dieser straffe Überblick ist stark ereignisgeschichtlich
ausgerichtet. Bisweilen sieht sich Frenz veranlasst, bei bestimmten
Themenkomplexen via Querverweis auf den stärker systematischen zweiten
Teil seines Buches zu verweisen. Die folgenden, an Sachthemen
orientierten Kapitel bieten dem interessierten Anfänger faszinierende
Einblicke in die päpstliche Verwaltungstätigkeit, zur Papstwahl, zum
Jurisdiktionsprimat oder dem Papst als Mäzen - um nur einige der
zahlreichen Facetten des Panoramas aufzuzählen, das Frenz vor dem Leser
ausbreitet. Der Fachmann findet in diesen Darstellungsteilen einen guten
Überblick, bei dem es sich auszahlt, dass Frenz insbesondere im Bereich
der päpstlichen Verwaltung und der Urkundentätigkeit im Spätmittelalter
Grundlagenforschung betrieben hat. Daraus - und aus der besseren
Quellenlage - erklärt sich wohl auch, dass in diesen Kapiteln ein
besonderes Augenmerk auf die Zeit ab etwa 1200 gelegt worden ist.

Nur selten fordert Frenz den Rezensenten zu Widerspruch heraus und wenn
dies geschieht, dann aufgrund von (zu) starken Zuspitzungen oder
Simplifizierungen. So ist es zumindest zu hinterfragen, ob das Heilige
Jahr 1300 "nur dadurch wichtig [war], [weil] ... es das Selbstbewußtsein
des Papstes enorm steigerte" (S. 50), weil ein solches Urteil die große
finanzielle Bedeutung der Pilgermassen für Rom und das Papsttum
ausblendet. Eventuell geht es auch zu weit, wenn Frenz schreibt, dass im
13. Jahrhundert bei der Kurie "die Obsession ... fort[bestand], die
Staufer auch physisch vernichten zu müssen" (S. 46). Die mehrfache
Verwendung der Begriffe "international" für das Wirken des
mittelalterlichen Papsttums (zum Beispiel S. 34, 59) oder der
"Reichsregierung" (S. 25) in der späten Ottonenzeit mutet befremdlich
an.

Knapp vierzig Tabellen und Abbildungen, Auflistungen und Karten fließen
in die Darstellung ein und bieten dem Leser eine gute Orientierungs- und
Einordnungshilfe. Die Qualität der Grafiken schwankt allerdings, vor
allem die Karten wirken zuweilen etwas grobpixelig.

Leider hat das insgesamt gelungene Werk nicht das sorgfältige Lektorat
erfahren, das es zweifellos verdient hätte. Mögen Fehler in der
Interpunktion störend und unter Umständen verzeihlich sein (vergleiche
etwa S. 25, 29, 31, 43f., 49, 51f., 151), so sind zuweilen falsche
Datierungen doch ein gewisses Manko (etwa gibt S. 113 als Todesjahr
Gregors I. 614 und nicht 604 an, S. 53 als Amtszeit Nikolaus' [V.]
1328-1300, anstatt 1328-1330; auf S. 37 wird die Kaiserkrönung Friedrich
Barbarossas auf den 18.7.1155 datiert, korrekt ist der 18.6.1155).

Kurz zum Literaturverzeichnis: Hier vermisst der Rezensent einige
jüngere Beiträge, die der Erforschung der mittelalterlichen
Papstgeschichte wichtige, ja grundlegende Impulse gegeben haben. Zu
nennen sind hier die Arbeiten Harald Müllers über die delegierte
päpstliche Gerichtsbarkeit, diejenige von Stefan Weiß über die Urkunden
päpstlicher Legaten oder die von Jochen Johrendt über Papsttum und
Landeskirchen.[1] Bei den Publikationen zu einzelnen Päpsten sucht man
beispielsweise vergeblich nach den Arbeiten Johannes Laudages über
Alexander III., nach der von Robert Markus über Gregor I., der von Klaus
Herbers über Leo IV., und schließlich fehlen die gewichtigen Monografien
von Uta-Renate Blumenthal und H.E.J. Cowdrey über Gregor VII. oder etwa
Charles Muniers - freilich nur zum Teil geglückte - Abhandlung über Leo
IX.[2]

Das Fazit: Zur Geschichte und Wirkmächtigkeit des Papsttums im
Mittelalter bietet das flüssig zu lesende Buch insgesamt kaum bisher
Unbekanntes - aber das ist auch nicht der Anspruch des Werkes. Frenz hat
eine Geschichte des Papsttums im Mittelalter in Handbuchform verfasst,
auf die insbesondere Studierende dankbar zurückgreifen werden. Der
ereignisgeschichtlich ausgerichtete erste Teil zu den Epochen der
mittelalterlichen Papstgeschichte ist solide; ausführlicher und
verlässlicher informiert hier nach wie vor Bernhard Schimmelpfennigs
Standardwerk.[3] Die wahren Stärken des Buches sind vielmehr in den
strukturgeschichtlichen Kapiteln zwei bis fünf zu finden, die einen
überaus gelungenen Überblick über zahlreiche Aspekte des päpstlichen
Selbstverständnisses, der Verwaltungstätigkeit, den Aufbau der
(spät-)mittelalterlichen Kurie und den gesamtkirchlichen
Herrschaftsanspruchs der Bischöfe von Rom bieten.

Anmerkungen:
[1] Harald Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit in der
Normandie (12. und frühes 13. Jahrhundert), 2 Bde., Bonn 1997; Stefan
Weiß, Die Urkunden der päpstlichen Legaten von Leo IX. bis zu Coelestin
III. (1049-1198), Köln u.a. 1995; Jochen Johrendt, Papsttum und
Landeskirchen im Spiegel der päpstlichen Urkunden (896-1046), Hannover
2004.
[2] Johannes Laudage, Alexander III. und Friedrich Barbarossa, Köln
1997; Robert Austin Markus, Gregory the Great and his World, Cambridge
1997; Klaus Herbers, Leo IV. und das Papsttum in der Mitte des 9.
Jahrhunderts - Möglichkeiten und Grenzen päpstlicher Herrschaft in der
späten Karolingerzeit, Stuttgart 1996; Uta-Renate Blumenthal, Gregor
VII. Papst zwischen Canossa und Kirchenreform, Darmstadt 2001; Herbert
E.J. Cowdrey, Pope Gregory VII 1073-1085, Oxford 1998; Charles Munier,
Le pape Léon IX et la réforme de l'Eglise 1002-1054, Straßburg 2002.
[3] Bernhard Schimmelpfennig, Das Papsttum. Von der Antike bis zur
Renaissance, 6. bibliografisch aktualisierte Aufl., Darmstadt 2009, das
sich in der Bibliographie bei Frenz nicht findet.


Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Harald Müller <mueller(a)... zur Zitation dieses Beitrages
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2011-1-158>