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2009/10/24 09:39:31 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Alexander der Große - Ausst ellung in Mannheim |
Datum | 2009/10/26 20:47:25 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] „1919, ein Schicksalsjah r für die Saar“ |
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2009/10/01 08:27:20 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] ein Fürstengrab aus spätk eltischer Zeit |
Betreff | 2009/10/14 20:11:58 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] FB St. Martin Schwalbach (katholisch) |
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2009/10/24 09:39:31 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Alexander der Große - Ausst ellung in Mannheim |
Autor | 2009/10/26 20:47:25 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] „1919, ein Schicksalsjah r für die Saar“ |
Date: 2009/10/25 09:44:07
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...
4. Deutsch-Pennsylvanischer Tag – 4th German-Pennsylvanish Day (Freitag, 9. Oktober 2009) Vor drei Wochen setzten meine Frau Anne und ihre Freundin Margarete ihren Jakobus-Weg-Wanderungen in der Eifel fort. Sie starteten in Mettendorf westlich von Bitburg und zogen über Bollendorf und Welschbillig nach Trier. Nachdem ich sie in Mettendorf abgesetzt hatte, hatte ich das Wochenende frei. Ich fuhr nach Bollendorf und schaute mir dort – endlich mal – die restaurierte römische Villa an. Auf dem Weg dorthin sah ich ein Hinweissschild auf einen deutschen Militärfriedhof, was mich an ein anderes Projekt erinnerte, an dem ich mitgewirkt hatte, die "deutsche Denkmal-Liste". Dort stellen ehrenamtliche Mitarbeiter Daten von deutschen Gefallenen aller möglichen Kriege ins Internet, bevorzugt durch Abschriften von sog. Kriegerdenkmälern, wie es sie hierzulande in fast jedem Ort gibt, in dem es im 1. und 2. Weltkrieg Gefallene gab. Also hielt ich an, nahm meinen Fotoapparat und schoß ein paar Fotos. Diese Kriegsgräberstätte heißt Schwarzenbruch und liegt nahe Kruchten in der Eifel. In einer Box in einer Ecke lag ein Ordner mit den Namen und persönlichen Daten aller dort begrabenen Gefallenen. Die meisten sind wohl während der Ardennenoffensive im Dezember 44 und Januar 1945 gefallen. Danach wandte ich mich gegen Süden, also in Grobrichtung Trier und Autobahn. Ich wollte nach Alzey auf eine Veranstaltung fahren, die mittags um 16 Uhr beginnen sollte. Dort wurde nämlich der 4. Deutsch-Pennsylvanische Tag gefeiert. Aber auf die Autobahn Richtung Koblenz und dann nach Süden hatte ich keine Lust, ebensowenig wollte ich – das wäre die kürzeste Strecke gewesen – quasi wieder nach hause fahren und dann über Landstuhl und Kaiserslautern nach Alzey hoch. Also wählte ich die Strecke "querfeldein" – also über die Mosel und durch den Hunsrück. Ein paar Kilometer Autobahn Richtung Koblenz, dann ging es nach Süden ins Moseltal, wo ich in der Cusanus-Stadt Bernkastel-Kues einen Zwischenstop einlegte. Meine Heimatstadt St. Wendel hat eine starke Verbindung zu Nicolaus von Kues, weil er im 15. Jahrhundert über 20 Jahre lang hier Pfarrherr war. Ich parkte meinen Wagen gegenüber des Nikolausstifts. Das ist ein von Cusanus' Familie eingerichtetes und immer noch aktives Altersheim auf der nördlichen Moselseite. Ich war vor ein paar Jahren schon mal hiergewesen und hatte das Archiv besucht. Aufgrund der langen Beziehungen, die noch weit über Cusanus' Tod bis um 1800 dauerten, gibt es umfangreiche Unterlagen im hiesigen Archiv, das man aber nur mit expliziter Erlaubnis besuchen darf. Heute beschränkte ich meinen Besuch auf die Kapelle im Stiftsbereich, in der Cusanus' Herz bestattet wurde. Der Rest seines Leichnams liegt in einer Kirche in Rom. Ich wollte dann noch Cusanus' Geburtshaus aufsuchen, aber es wurde schon etwas knapp, so trat ich die Weiterreise an. Ich überquerte erneut die Mosel und begann den Anstieg aus dem Tal zu den Höhen des Hunsrücks, quasi auf den Spuren einer anderen historischen Person, die vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert diesen Weg genommen hatte. Gut, George Patton hatte sein 15tes Corps nicht direkt begleitet, sonst hätte er am 20. März nicht in St. Wendel sein können. Es gab noch einen weiteren Unterschied. Während sich Pattons GIs auf ihre leicht antiquierten Karten verließen und damit die neueren Straßen außer acht ließen, folgte ich meinem hochmodernen Navi-Gerät – und war damit auch nicht viel besser dran. Oben auf der Hunsrückhöhenstraße (ich kam in Höhe des Archäologieparks Belginum nahe des Stumpfen Turms heraus) schickte mich das Ding nach rechts, obwohl Alzey mehr oder minder nach links liegt. Aber ich konnte mich an eine Abzweigung Richtung Idar-Oberstein erinnern, die irgendwo zwischen Morbach und Birkenfeld lag. Ich hatte Zeit, also fuhr ich in die Richtung. Bis ich merkte, daß mich dieses Sch…-Ding geradewegs nach hause schicken wollte. Ich hielt an, fluchte ausgiebig und stellte das Navi neu ein. Verfluchter neumodischer Mist. Und ich benutze es auch noch, verflixt nochmal. Ich verlor über eine Stunde. Um kurz nach vier erreichte ich Alzey. Ich parkte den Wagen auf dem Marktplatz und lief Dr. Helmut Schmahl über die Füße, einen der Organisatoren der Veranstaltung, die ich besuchen wollte. Dr. Schmahl ist ein Historiker, der sich auf Auswanderungen spezialisiert hat. Seine Doktorarbeit schrieb er über Auswanderungen aus Hessen-Darmstadt im 18. und 19. Jahrhundert. Zusammen mit dem bekannten Auswanderungsforscher und Genealogen Roland Paul vom Institut für Pfälzische Geschichte in Kaiserslautern hatte Schmahl eine interessante Ausstellung zusammengestellt, die unter dem Titel "Aufbruch nach Amerika 1709-2009 – 300 Jahre Massenauswanderung aus Rheinland-Pfalz" in Kaiserslautern gezeigt wurde und zur Zeit etwas verkleinert als Wanderausstellung durch Rheinland-Pfalz tingelt. Im Oktober war sie im Historischen Museum in Alzey zu Gast. Sie enthält Bücher, Fahrkarten, Fotos, Listen, Dokumente, eben solche Exponate, wie man sie in einer solchen Ausstellung sich vorstellt. Ich hatte das Original im Juni in Kaiserslautern gesehen. Die Organisatoren hatten in Zusammenarbeit mit der Atlantischen Akademie in Kaiserslautern die Ausstellung mit einem umfangreichen Vortragsprogramm verknüpft, dessen Einzelvorträge auch schon über die Liste liefen. Im Historischen Museum wurden wir von Dr. Dietmar Peter, dem Vorsitzenden des Historischen Vereins Alzey, begrüßt. Danach führte Dr. Schmahl durch die Ausstellung. Als ich sie im Sommer gesehen hatte, hatte ich keinen Fotoapparat dabei. Dabei war ich auf ein besonderes Exponat gestoßen. Da gab es nämlich eine Liste mit Hotels und Gasthäusern in und nahe bei New York City, NY, die den Auswanderern besonders empfohlen wurden. Vor Jahren habe ich für eine Amerikanerin ein Tagebuch übertragen und übersetzt, das einer ihrer deutschen Vorfahren verfaßt hatte. Wendelin Merk war Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Schwarzwald nach Amerika ausgewandert und hatte in Rochester, NY, den ersten deutschen Buchladen eröffnet. Kurz nach der Ankunft in Amerika wurden er und seine Landsleute von einem deutschen Gasthausbetreiber in Albany, New York, betrogen. Merk schreibt in seinem Eintrag vom 29. September 1852: "hier wurden wir wieder recht geprellt von diesem Deutschen Hunde von Wirth, seine Firma und Namen ist "Deutsches Wirthshaus für Auswanderer" von Kreuder No 70 an der Eisenbahnstrasse". Hier auf dieser Liste empfohlener Gasthäuser fand ich den Namen wieder: "Union Halle, G. Kreuder, 15 Montgomery Street, Albany, New York". Leider ist die Liste nicht datiert, aber es scheint, daß der Herr Kreuder von der Eisenbahn- in die Montgomery Street umgezogen war. In der Volkszählungsliste von 1860 findet man ihn in Albany: Georg Kreuder, 43 Jahre alt, mit seiner Ehefrau Caroline, 30, beide aus Deutschland, Hotelbesitzer. Der Deutsch-Pennsylvanische Tag läuft unter der Ägide des "Deutsch-Pennsylvanischen Arbeitskreises", abgekürzt: dpak, unter seinem derzeitigen Vorsitzenden Dr. Michael Werner. Der Arbeitskreis wurde gegründet, um den Austausch zwischen den Initiativen in Deutschland künftig zu erleichtern, die Verbindung zwischen den Menschen in der alten und der neuen Welt zu intensivieren und amerikanischen wie kanadischen Institutionen eine zentrale Anlaufstelle diesseits des Atlantiks zu schaffen. (http://dpak.wordpress.com/aufgabe/) Ich freute mich besonders, zwei amerikanische Historiker wiederzutreffen, die ich im Juni in Kaiserslautern kennengelernt hatte. Da war zum einen Prof. Dr. John Delaney, Director of Pennsylvania German Studies, von der Kutztown University, PA, der später einen Vortrag über "Pennsylvania-Dutch activities in Berks County and the development of the Pennsylvania German Minor Program of Kutztown University" hielt. Der Vortrag war sehr interessant, da wir viel über ein spezielles Programm erfuhren, daß die Kutztown University aufgelegt hatte: Darin bot die Universität ihren Studenten vielfältige Möglichkeiten ein, sich in Form von Vorträgen, aber auch praktischen Erfahrungen in die Pennsylvanisch-Deutsche Geschichte, die dort heute noch vorhandene Kultur, ihre Sprache und ihr Handwerk einzuarbeiten. Und zu lernen, wie man dies alles bewahren kann." Der andere Historiker war Dr. Philipp Otterness from New York, der im Sommer einen fantastischen Vortrag gehalten hatte, der auf seiner Dissertation "Becoming German" basierte. Darin erzählt er, daß die meisten Auswanderer während der großen Welle von 1709 ausgewandert waren, weil sie von einem Buch gehört hatten, in dem es u.a. hieß, daß die englische Königin jedem Einwanderer in Amerika kostenlos Land zur Verfügung stellen würde. Mehr als ein Gerücht war das nicht. Aber zehntausend Menschen verließen ihre Heimat und zogen ins Ungewisse. John Churchill, der Duke of Malborough, hatte gerade neue Truppen erhalten, als die Auswanderer in die Niederlande kamen und auf diesen Schiffen nach England fuhren. Niemand war mehr überrascht als die Königin, als sie ankamen. Das Versprechen hatte sie in der Form nie gegeben. Erst mehr als ein Jahr später wurden tausende der Auswanderer – viele hatten den harten Winter in England nicht überlebt – nach Amerika gesandt, wo sie für das britische Militär Teer zum Kalfatern ihrer Schiffe herstellen sollten. Aber die sog. "Palatines", von denen die meisten gar keine Pfälzer waren, wollte Ackerbau und Viehzucht betreiben. Und vor allem wollten sie keine Briten sein. Also zogen sie davon und wurden – so komisch sich das anhören mag – Deutsche, da es bis dahin ein Deutschland im nationalen Sinne nicht gab. Sie hatten sich nie so gefühlt. Vielleicht als Darmstädter, als Hessen, Pfälzer, Württemberger, aber keinesfalls als Deutsche. Bis jetzt. Sie schlossen sich mit den Indianern zusammen und lebten in Frieden mit ihnen. Bis zum Siebenjährigen Krieg. Das ist eine lange, aber niemals langweilige Geschichte. Philipp Otterness erzählt sie spannend und faszinierend in seinem – leider nur in Englisch erschienenen Buch "Becoming German". Ein weiterer Gast aus den USA – der Ehrengast des Abends – war Prof. Dr. Don Yoder aus Devon, Pennsylvania, d e r Spezialist in Sachen Deutsch-Pennsylvania-Volkskundeforschung und Wanderungsgeschichte schlechthin. In den 1950s gehörte er zu den Gründern des bekannten Kutztown Folk Festival und der Pennsylvania Folklife Society. Seit mehr als sechzig Jahren ist der Neunundachzigjährige ununterbrochen am Forschen. Heute abend wurde er zum Ehrenmitglied des Arbeitskreises ernannt. Nach der Laudatio und der Preisverleihung hielt er einen fast einstündigen Vortrag über sein Lieblingsthema: "Introducing Pennsylfawanisch: America's Special German Muddersprooch" (Eine Einführung in das Pennsylfawanische: Amerikas Spezial-deutsche Muttersprache"). Das wurde die schrägste Stunde des Abends – zumindest, was mich angeht. Die Vortragssprache war Englisch, aber die Beispiele kamen alle in Pennsylvania-Dutch … nun, sie klangen wie die Sprüche, die ich von meiner Großmutter lernte, als ich ein kleiner Junge war. Okay, einige dieser Begriffe habe ich nicht von Oma, sondern im Kindergarten und auf der Straße gelernt. Wie zum Beispiel das Wort "Scheißdreck". Ich konnte nicht aufhören zu lachen, als Dr. Yoder berichtete, das genau sei das erste Wort in Pennsylvania-Deitsch, das ihm sein Vater beigebracht hatte, als er fünf Jahre alt. war. Grad dieses Wort erfordert eine gewisse Sprachbegabung (ich keine einen Amerikaner in Virginia, der kommt über den ersten Wortbestandteil nicht hinaus). Dr. Yoder kennt unglaublich viele Worte in dieser Sprache. Aber er ist Amerikaner, und so spricht er sie auch auch: "Schaais-track". Dann nannte Dr. Yoder das bei ihm zu hause gebräuchliche Wort für Sägemühle. Weil das Sägegatter vertikal ausgerichtet ist und von oben nach unten fährt, nennt er die Sägemühle "noff onn nunna-mill". Nun interessiere ich mich sehr für Wassermühlen. Bei uns fährt das Sägegatter aber hin und her, und deshalb heißt diese Art von Mühle analog zu der bekannten Figur im Mühlespiel "Fickmill" (auch wenn moderne Spielehersteller lieber das unverfängliche "Zwickmühle" draus machen). Obwohl Dr. Yoder gut eine Stunde sprach, langweilte sich eigentlich niemand – okay, zumindest ich nicht. Einige Leute im Zuschauerraum – vor allem die, die entweder nur deutsch oder gar nur hochdeutsch verstanden – mögen nicht viel verstanden haben. Aber der Rest hat sich köstlich amüsiert. Als wir später im Restaurant waren, saß ich direkt neben ihm, und wir unterhielten uns prächtig. Zwischen den Vorträgen spielte die deutsche Gruppe "Reinig, Braun and Boehm" traditionelle Pfälzer ebenso wie Auswandererlieder und auch eigene Kompositionen. Ich kannte sie schon vom Juni her und mag ihren Stil sehr. Ihre letzte CD ist "hiwwe wie driwwe" und enthält gerade diese super Mischung aus Auswanderer- und einheimischen Liedern. Ein langer, faszinierender Tag näherte sich seinem Ende, als ich wieder in mein Auto stieg und durch die Nacht nach hause fuhr. Währenddessen wechselte ich zumindest in einer Sache völlig die Richtung, als ich Vergangenheit und Zukunft tauschte und der Hörbuch-Fassung des Science-Fiction-Klassikers "Die Mars-Chroniken" von Ray Bradbury lauschte. Ein angemessener Abschluß eines erlebnisreichen Tages. Roland Geiger, St. Wendel