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2024/03/25 23:02:45 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Peter Koller (1907–1996 ). Stadtplaner in Diktatur und Demokratie. Eine Biografie |
Datum | 2024/03/31 19:24:42 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] SB71 Alt Saarbrücken 1799-187 1 erschienen |
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2024/03/06 17:26:05 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Gasthaus Steimer Giraud 1842 in Lebach |
Betreff | 2024/03/15 10:44:36 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Grewenig gegen Tholey, yter Teil |
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2024/03/25 23:02:45 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Peter Koller (1907–1996 ). Stadtplaner in Diktatur und Demokratie. Eine Biografie |
Autor | 2024/03/31 19:24:42 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] SB71 Alt Saarbrücken 1799-187 1 erschienen |
Date: 2024/03/27 10:32:55
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Gestern abend in Saarbrücken-Scheidt beim
Mitgliedertreffen der Arbeitsgemeinschaft
für Saarländische Familienkunde (ASF) sprach Ute Hennig aus St.
Wendel über
ihre Art des Glaubens, nämlich seine Lehren nicht einfach
hinzunehmen, sondern ihn
zu hinterfragen, mit Fakten zu untermauern und gewissen Sachen auf
den Grund zu
gehen. Heute am Beispiel des Turiner Grabtuchs.
So habe ich sie verstanden:
Ute Hennig zeigte erst einmal, was das Grabtuch war - die durch
Druck
entstandene Darstellung eines Mannes, der schweren Mißhandlungen
in Form von
römischen Peitschenhieben ausgesetzt war, der ans Kreuz genagelt
und dort
gestorben war und dem von links unten mit einer Lanze durch die
Brust ins Herz
gestochen worden war.
Sie stellte die Geschichte des Tuchs über 2000 Jahre hinweg dar -
ich habe
verstanden, daß es eine Lücke von ca 200 Jahren im späten
Mittelalter gibt, wo
man nicht weiß, was damit geschah. Das leere Tuch kam - nachdem
der Leichnam
aus dem Grab verschwunden war - an eine Person, die lateinisch
„puero“ genannt
wird, also einen Jungen. Aber die Lesart im Originaltext, der
nicht lateinisch
war, läßt auch den Namen „Petrus“ zu, der in der Originalschrift
wohl ähnlich
oder gleich aussieht. Ute könnte das besser erklären, als ich -
der ihre Worte
nacherzählt. Wobei es sinnvoller wäre, daß Petrus als Anführer der
Jünger das
Tuch an sich nähme, in dem man seinen besten Freund beerdigt
hatte. Nochmal verwendet
werden durfte es nicht, weil es nicht mehr rein war. Über
zeitliche und
örtliche Umwege kam es nach Edessa, wo man es so faltete, daß nur
das Gesicht
zu sehen war und in einem Hohlraum in einer Mauer verbarg. Dort
blieb es
während des ersten Jahrtausends nach Christus und kam dann über
weitere Umwege
über eine oder mehrere adelige Familien und vermutlich die
Tempelritter nach
Turin, wo er heute noch aufbewahrt wurde.
Die katholische Kirche sieht ihn nicht als Reliquie, sondern als
Ikone.
Im zweiten Teil ging die Referentin auf das Tuch selbst ein,
sprach von den
Brandlöchern und wie sie entstanden, von der C14-Methode und ihren
Tücken und
warum sie vermutlich „14. Jahrhundert“ als Ergebnis hatte: das
Tuch wurde immer
wieder gezeigt und dabei am Rand an verschiedenen Stellen
angefaßt. Natürlich
nutzen sich deshalb die angefaßten Randstellen mit der Zeit ab.
Das kenne ich
von der Peutinger Tafel, einer Landkarte, die 30 cm hoch und über
vier Meter
lang und früher aufgerollt war. Das erste Blatt - zeigt Spanien
und England -
ist im Laufe der letzten tausend Jahre durch den Gebrauch
zerbröselt. Im 15.
Jahrhundert wurde das Turiner Grabtuch von Spezialisten einige
Male
ausgebessert, vor allem an den Stellen, wo es angefaßt wurde.
Genau diese
Stellen wurden mit C14 untersucht. Sie müssen dazu
herausgeschnitten werden und
wurden während der Untersuchung zerstört - das liegt in der Natur
der Sache.
Als wir vor unserem Haus in den Ruinen des ehemaligen römischen
Hauses gruben und
menschliche Knochen fanden, haben wir einen mit C14 datieren
lassen (950 AD),
der Knochen wurde dabei betriebsbedingt zerstört.)
Ute sprach über Kopien des Tuchs und Falschinterpretationen des
Ergebnisses.
Der Abdruck des Kopfes zeigt einen Vollbart und volles Haar. Oben
auf der Stirn
sind zwei oder drei Haarsträhnen zu sehen, die vom Mittelscheitel
ins Gesicht
hängen. Das sind nur keine Haarsträhnen, sondern ist Blut, das vom
Kopf ins
Gesicht gelaufen war.
Im dritten Teil ging es in der Hauptsache um die Kreuzigung
selbst, und da ging
es schon ins Detail. Z.B. warum Arme so liegen, daß die Hände über
der Scham
liegen. Juden begruben ihre Toten mit seitlich liegenden Armen.
Das ging hier
aber nicht, weil durch die Kreuzigung die Arme ausgekugelt waren.
Oder warum
die Hände nur vier Finger zeigen und keinen Daumen. Das geht auf
die Kreuzigung
zurück. Der Nagel ging nicht durch die Handfläche, das wäre
ausgerissen,
sondern durch eine Stelle des Unterarms, etwa 2 cm oberhalb der
Handfläche.
Dort sitzt eine Knochenbrücke, die das Ausreißen verhindert und
für Stabilität
sorgt. Dort läuft aber auch ein Nerv durch, dessen Berührung
bewirkt, daß der
Daumen in die Handfläche springt und deshalb nicht sichtbar ist.
Interessante,
aber zugegeben scheußliche Details.
Die Verurteilten wurden vor der Hinrichtung gegeißelt. Die Römer
verwendeten
dazu eine Peitsche mit drei Seilen, an deren Ende zwei kleine
Metallkugeln
waren, durch einen Steg verbunden. Die Kugeln ließen die Haut
aufplatzen, die
Stege quetschten sie. Diese Verletzung sieht man vielfach im Tuch.
Vom Kreuzweg mit seinen 14 Stationen werden fünf nicht in der
Bibel genannt -
die drei Stürze, die Begegnung mit seiner Mutter und das
Schweißtuch der
Veronika.
Markus beschreibt in seinem Evangelium, daß die Römer Simon von
Cyrene zwangen,
für Christus das Kreuz zu tragen. Das war deshalb notwendig, weil
ihn Pilatus,
der ihn eigentlich freilassen wollte, stärker geißeln ließ als die
anderen
beiden Delinquenten. Deshalb war Jesus so geschwächt, daß er den
steilen Weg
nach Golgotha vermutlich nicht überlebt hätte, eine Blamage für
die Römer. Auch
wurde nicht das ganze Kreuz geschleppt, sondern „nur“ der
Querbalken. Der Stamm
saß oben auf dem Berg an der Richtstätte und wurde nie bewegt. Der
Verurteilte
wurde an den Balken genagelt und mit diesem den Stamm
hinaufgezogen. Dann wurden
die Füße übereinandergestellt und mit einem Nagel festgemacht. Ute
Hennig
zeigte ein Bild mit einem Querschnitt. Es zeigte einen Nagel, der
durch zwei
Füße durch das Holz getrieben und unten krummgeschlagen wurde,
damit er hielt.
Dort mußte das Holz abgeschnitten werden, um die Leichnam abnehmen
zu können.
Dieses Fundstück war natürlich nicht aus Palästina. Die Kreuzigung
war ein
beliebtes Hinrichtungsmittel der Römer und fand überall statt,
nicht nur auf
Richtstätten [nach dem Spartakusaufstand wurden die Rebellen an
der Via Appia
von Rom aus entlang der Straße gekreuzigt].
Mir wurde gestern abend etwas flau im Magen gerade im letzten
Teil, vor allem, als
ich gewahr wurde, daß wir uns in der Karwoche befinden. Daß also
das, worüber
wir hier sprachen, am nächsten Freitag vor gut 2030 Jahren
geschehen sein soll
(dem Leichnam, den das Grabtuch zeigt, wird ein Alter von Ende 30
zugesprochen,
was paßt, weil man schon länger weiß, daß Christus nicht „null“,
sondern etwa
sieben Jahre vor der Zeitenwende geboren wurde).
Am Schluß des Vortrages herrschte erstmal Schweigen, bis dann
zögerlich doch
einige interessante Fragen aufkamen, die Ute Hennig nach bestem
Wissen
beantwortete.
Das war ein interessanter Vortrag, der mit Genealogie nur soweit
zu tun hat,
als es darum geht, die mögliche Identität einer vergangenen Person
zu bestimmen.
St. Wendel, 27.03.2024
Roland Geiger