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2024/03/07 13:21:20 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] abschließend: Gasthaus Stei mer Giraud 1842 in Lebach |
Datum | 2024/03/11 20:45:18 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Vortrag "Das Grabtuch von Turin" |
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2024/03/20 23:21:21 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] AHNENFORSCHUNG IN DEN USA: DIE U S-VOLKSZÄHLUNG |
Betreff | 2024/03/04 23:35:31 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Das Intelligenzblatt. Gemeinnutz und Aufklärung für jedermann. Studie zu einer publ izistischen Gattung des 18. Jahrhunderts, zur Revolution de r Wissensvermittlung und zu den Anfängen einer lokalen Pre sse |
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2024/03/07 13:21:20 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] abschließend: Gasthaus Stei mer Giraud 1842 in Lebach |
Autor | 2024/03/11 20:45:18 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Vortrag "Das Grabtuch von Turin" |
Date: 2024/03/09 14:54:17
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Bremen und die atlantische Sklaverei. Waren,
Wissen und
Personen, 1780–1860
Autor Jasper Henning Hagedorn,
Erschienen Baden-Baden 2023: Nomos
Verlag
Anzahl Seiten 540 S.
Preis € 114,00 (charmanter Preis)
ISBN 978-3-7560-0678-6
Rezensiert für H-Soz-Kult von Julian zur Lage,
Fachbereich
Geschichte, Universität Hamburg
Forschung zur deutschen Involvierung in das System der
atlantischen Sklaverei
weist, sobald sie den engen Rahmen einzelner Firmen oder
Personengruppen
verlässt, erhebliche praktische und konzeptuelle Herausforderungen
auf –
zusätzlich zu den auch in der Forschung zu westeuropäischen
Kolonialmächten
ohnehin bestehenden, etwa zur Dezentrierung europäischer
Perspektiven.
Ursächlich für diese speziellen Herausforderungen ist unter
anderem die
geografische Streuung der Aktivitäten über verschiedene staatliche
Einflusssphären und drei Kontinente. Daran anknüpfend besteht die
Notwendigkeit
eines Ansatzes, der den Zusammenhang zwischen oft isolierten
Fallbeispielen
herstellt.
Jasper Henning Hagedorn begegnet diesen Herausforderungen in
seiner
Dissertation über „Bremen und die atlantische Sklaverei“
einerseits durch
geografische und zeitliche Eingrenzungen sowie mit Referenzen auf
übliche
Konzepte der Slavery Studies wie etwa den „Hidden Atlantic“ (mit
Michel Zeuske,
S. 24) und die „Second Slavery“ (mit Dale Tomich, S. 25).
Andererseits
verwendet er einen breiten Begriff der „Verflechtungen“ (S. 14),
die auf
verschiedenen Ebenen analysiert werden sollen. Der Untertitel des
Buches
„Waren, Wissen und Personen, 1780–1860“ fasst die
Untersuchungsfelder kurz
zusammen, wobei insbesondere der Begriff des Wissens und der
Rückgriff auf
Konzepte der Wissensgeschichte für dieses Thema bemerkenswert
sind. Die aus dem
Bremer ERC-Grant-Projekt „The Holy Roman Empire of the German
Nation and its
Slaves“ unter der Leitung Rebekka von Mallinckrodts
hervorgegangene Arbeit soll
sich so von der klassisch wirtschaftshistorisch ausgelegten
Forschung zur
Bremer beziehungsweise deutschen Involvierung in Sklaverei und
Kolonialismus
abheben.
Das nach der ausführlichen Einleitung zweite Kapitel über Bremens
Handel mit
Plantagenregionen folgt dann zuerst noch bekannten Pfaden und
bietet einen
wirtschaftshistorischen Überblick über die Bedingungen, unter
denen die
Kaufleute der Stadt agierten. Informationen zu Zielregionen des
Handels,
Exportwaren und Strukturen der Firmen schließen sich an, bevor
exemplarisch
einzelne Handelshäuser angeführt werden. In diesem Abschnitt – wie
auch in
einem kurzen Anhang – finden sich zudem einige aussagekräftige
Datenreihen und
Diagramme über den Handel der Stadt und einzelner Firmen.
Detailstudien anhand bestimmter Akteure machen den Großteil des
zentralen
dritten Kapitels aus. Der erste Abschnitt beleuchtet das dänische
St. Thomas
als den Ort, wo Bremer Geschäftsleute trotz der
protektionistischen
Vorschriften der Kolonialmächte schon im ausgehenden 18.
Jahrhundert Zugang zur
Plantagenökonomie finden konnten. Hier kann Hagedorn die
Integration der Bremer
in die koloniale Elite zeigen, mit der eine „Normalisierung der
Sklaverei“ (S.
146) für alle dokumentierten Akteure einherging. Im nächsten
Abschnitt gilt ein
besonderer Fokus dem bremischen und hanseatischen Konsulatswesen
im frühen 19.
Jahrhundert wie auch der Korrespondenz der Konsuln, die – selbst
in der Regel
zugleich Kaufleute – als „Informationsbrücke“ (S. 238) über
Plantagenwirtschaft
und Sklaverei zwischen ihrem Arbeitsort und der Heimat fungierten.
Zugleich
betont Hagedorn mehrfach, dass die Berichterstatter oft explizite
Erwähnungen
der Sklaverei oder zumindest eigene Wertungen vermieden.
Anschließend folgen
Fallstudien zu Akteuren, die direkt in die Sklaverei involviert
waren. Johann
Böse, der ab 1766 Wirtschafter einer Plantage Heinrich Carl von
Schimmelmanns
in der dänischen Karibik wurde, und Richard Fritze, der erst 1858
aus Kuba nach
Bremen zurückkehrte, zeigen das zeitliche und
geografisch-politische Spektrum
des Kapitels auf. Weitere Beispiele wie die Mitglieder der Familie
Wilckens
beziehen auch das französische und britische Kolonialreich mit
ein. In diesen
Abschnitten beleuchtet Hagedorn die Karrieren vom Gang in die
Kolonien und dem
Plantagenerwerb bis zur erfolgten Rückkehr und die Wahrnehmung der
Involvierung
in die Sklaverei in Bremen. Zwei Einschübe thematisieren zudem die
Präsenz
Schwarzer Menschen in Bremen.
Das vierte Kapitel ist der politischen und gesellschaftlichen
Auseinandersetzung über Sklaverei und Sklavenhandel in Bremen
gewidmet. Die
hanseatischen Vertragsabschlüsse der 1830er-Jahre mit
Großbritannien und
Frankreich, die den Marinen der Großmächte ein Durchsuchungsrecht
möglicher
Sklavenschiffe erlaubte, bilden den Ausgangspunkt des Abschnitts.
Zum Tragen
kam dieser Konflikt 1841 im Fall des Bremer Schiffs Julius &
Eduard, das
von einem britischen Kriegsschiff aufgebracht wurde und dessen
Auftraggeber und
Besatzung vertragsgemäß in Bremen für ihre Beteiligung am
Sklavenhandel
verurteilt werden sollten. Die „hochpolitisierte Verhandlung“ (S.
369) endete
mit einem Freispruch und verdeutlichte so die rechtlichen
Vorstellungen der politischen
Elite Bremens. Hagedorn betont hier die Ambivalenz zwischen
moralischem
Selbstverständnis und wirtschaftlichen Interessen, die sich auch
in weiteren
Fallstudien wie dem aus der Sklaverei nach Bremen geflohenen
William Stepney
und dem Schiff Dom Pedro II zeigen. Untersuchungen zu Bremer
publizistischen
Auseinandersetzungen mit der Sklaverei und konkret die Rezeption
der sich um
1860 zuspitzenden Konflikte um das Thema in den USA schließen das
Kapitel ab.
Die zahlreichen hier angeführten Fallbeispiele deuten nur an, in
welcher
Detailgenauigkeit und Breite Hagedorn das Thema bearbeitet hat.
Seine intensive
Quellenarbeit in Bremen dürfte sich für vergleichbare Studien mit
einem
regionalen Fokus als maßstäblich herausstellen. Durch die
Bearbeitungszeit von
2019 bis 2023 verständlich, aber trotzdem bedauerlich ist die
praktisch auf das
dänische Rigsarkivet begrenzte Einbeziehung internationaler
Archive. Angesichts
der von Hagedorn wiederholt betonten Bedeutung Großbritanniens
etwa als
„Referenzpunkt“ für Bremen (S. 449, ähnlich S. 486, explizit mit
Bezug auf
Archivalien S. 42) ist die Verwendung nur eines einzigen Dokuments
aus den
National Archives erstaunlich. Die wichtigsten einschlägigen
Bestände zur
Britischen Bekämpfung des Versklavungshandels nach 1807 liegen
digitalisiert
vor, hätten also einfachen Zugriff auf eine komplementäre
Überlieferung
geboten.1
Die große Stärke der Arbeit liegt auch deshalb in der Darstellung
der
innerbremischen Dynamiken, etwa der Netzwerke, der Weitergabe von
Wissen und
der Frage der Reputation durch die Involvierung in die Sklaverei.
In dieser
Hinsicht kann der wissensgeschichtlich geprägte Ansatz als
gelungen
eingeschätzt werden: Hagedorn kann sich so immer wieder auch
substanziell,
nicht nur im Umfang, etwa von den Aufsätzen Horst Rösslers
abheben, der die
wichtigsten Fallbeispiele schon thematisiert hat.2 Zugleich bedeutet dieses
Vorgehen jedoch
einen weitgehenden Verzicht auf strukturierende Analysen
beispielsweise anhand
quantifizierender Methoden oder der Unterteilung in verschiedene
Perioden.
Trotz der angeführten Kritikpunkte erfüllt Hagedorns Studie
angesichts der
Detailtiefe der einzelnen Untersuchungen und des breiten Spektrums
an
Fallbeispielen überzeugend sein Ziel, Bremens „umfassende
Teilhabe“ (S. 493) an
der atlantischen Sklaverei nachzuweisen. Mit einer umfangreichen
regionalen,
nicht auf eine Person oder ein Unternehmen fokussierten Studie zur
Sklaverei
betritt er auch für den gesamten deutschsprachigen Raum weitgehend
Neuland.3 Somit stellt die Arbeit
zugleich einen
wichtigen Baustein für das Verständnis der übergreifenden
deutschen Beteiligung
an der kolonialen Wirtschaft im Allgemeinen und der Sklaverei im
Besonderen
dar.
Anmerkungen:
1 Siehe exemplarisch: The
National Archives,
FO 84–946, fol. 107v–117r mit Bezug auf die Julius & Eduard
sowie die Dom
Pedro II.
2 Etwa die für Hagedorn
zentralen Fälle Böse,
Wilckens, Fritze und Julius & Eduard: Horst Rössler, Vom
Zuckerrohr zum
Zuckerhut. Die Familie Böse und die Bremer Zuckerindustrie, in:
Bremisches
Jahrbuch 90 (2011), S. 63–94; Horst Rössler, Bremer Kaufleute und
die
transatlantische Sklavenökonomie 1790–1865, in: Bremisches
Jahrbuch 95 (2016),
S. 75–107. Siehe aus dem Bremer Projekt auch: Sarah Lentz, „No
German Ship Conducts
Slave Trade!“ The Public Controversy about German Participation in
the Slave
Trade during the 1840s, in: Rebekka Mallinckrodt / Josef
Köstlbauer / Sarah
Lentz (Hrsg.), Beyond Exceptionalism. Traces of Slavery and the
Slave Trade in
Early Modern Germany, 1650–1850, Berlin 2021, S. 287–311.
3 Wegweisende deutsche Studien
zu einer
Familie beziehungsweise staatlichen Kompanie sind dagegen schon
Klassiker, etwa
Christian Degn, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel.
Gewinn und
Gewissen, Neumünster 1974; Andrea Weindl, Die Kurbrandenburger im
‚atlantischen
System‘, 1650–1720, Köln 1998, in: Arbeitspapiere zur
Lateinamerikaforschung https://lateinamerika.phil-fak.uni-koeln.de/fileadmin/sites/aspla/bilder/arbeitspapiere/weindl.pdf
(10.02.2024). Zudem erschienen in den letzten 15 Jahren diverse
impulsgebende
Aufsätze verschiedenen geografischen Zuschnitts, die mit einem
knapperen Umfang
aber zwangsläufig andere Ansätze verfolgten. Siehe neben Rössler
etwa Klaus
Weber, Deutschland, der atlantische Sklavenhandel und die
Plantagenwirtschaft
der Neuen Welt (15. bis 19. Jahrhundert), in: Journal of Modern
European
History 7 (2009), S. 37–67; Magnus Ressel, Hamburg und die
Niederelbe im
atlantischen Sklavenhandel der Frühen Neuzeit, in:
WerkstattGeschichte 66/67
(2014), S. 75–96.
Zitation
Julian zur Lage, Rezension zu: Hagedorn, Jasper Henning: Bremen
und die
atlantische Sklaverei. Waren, Wissen und Personen, 1780–1860.
Baden-Baden 2023
, ISBN 978-3-7560-0678-6, In: H-Soz-Kult, 08.03.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-138403>.