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2024/03/04 12:05:00 Michaela Becker via Regionalforum-Saar Re: [Regionalforum-Saar] Markus Philipp: Saarbr ücker Straßennamen |
Datum | 2024/03/06 17:26:05 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Gasthaus Steimer Giraud 1842 in Lebach |
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2024/03/09 14:54:17 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Bremen und die atlantische Sklaver ei. Waren, Wissen und Personen, 1780–1860 |
Betreff | 2024/03/02 10:05:51 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] der amerikanische Präsidentsc haftswettkampf hautnah |
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2024/03/02 10:05:51 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] der amerikanische Präsidentsc haftswettkampf hautnah |
Autor | 2024/03/06 17:26:05 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Gasthaus Steimer Giraud 1842 in Lebach |
Date: 2024/03/04 23:35:31
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Das
Intelligenzblatt. Gemeinnutz und Aufklärung für jedermann.
Studie zu einer
publizistischen Gattung des 18. Jahrhunderts, zur Revolution
der Wissensvermittlung
und zu den Anfängen einer lokalen Presse
Autor Holger Böning,
Reihe Presse und Geschichte. Neue Beiträge 160/161
Erschienen Bremen 2023: Edition
Lumière
Anzahl Seiten 2 Bde., 1.208 S.
Preis € 109,60
ISBN 978-3-948077-30-3
Rezensiert für H-Soz-Kult von Jan Siegemund,
Fakultät für
Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie, Universität
Bielefeld
Auch nach über 40 Jahren der wissenschaftlichen Beschäftigung
mit den Medien
der Aufklärung entfachen die Gegenstände seiner Untersuchungen
in Holger Böning
noch immer Begeisterung – so legt es zumindest das vorliegende
Werk über die
deutschen Intelligenzblätter nahe. Ziel des Autors ist es,
letztere als
zentrale Publikationsform der deutschen Volksaufklärung
vorzustellen, ihre
Entwicklung von den Anfängen in den 1720er-Jahren bis zum Ende
des 18.
Jahrhunderts zu beschreiben und ihren Einfluss auf die
aufklärerische
Wissensvermittlung, auf das Leseverhalten der breiten
Bevölkerung und letztlich
auf die Entstehung einer neuen Form von Öffentlichkeit
herauszustellen. Nicht
zuletzt – und das merkt man dem Buch an vielen Stellen an –
ist Böning an einer
Art Ehrenrettung des Intelligenzblatts gelegen, das seines
Erachtens allzu oft
als „trostlos-langweiliges und geistloses publizistisches
Erzeugnis“ (S. 976)
angesehen wird. Inwiefern die Bedeutung der Intelligenzblätter
tatsächlich als
„wenig erforscht und stark unterschätzt“ (S. 3) gelten kann,
wäre allerdings zu
diskutieren.1
Als Ergebnis liegt eine über 1.100 Seiten starke Monographie
in zwei Bänden
vor, die tiefe Einblicke in die Welt der Intelligenzblätter
bietet und in
weiten Teilen nahezu handbuchartig Informationen zu
entsprechenden
Publikationen an über 90 Orten des Alten Reiches liefert.
Gegliedert ist der
Inhalt in stolze 26 Hauptkapitel, die wiederum 136
Unterkapitel enthalten.
Umfang und Vielfalt machen es dem Rezensenten schwer, einen
konzisen
Gesamtüberblick zu bieten, weshalb im Folgenden kein Anspruch
auf
Vollständigkeit erhoben werden kann.
Nach einer Einführung in die „lange vergessene publizistische
Gattung“ (Kap. I)
– auf eine trennscharfe Arbeitsdefinition verzichtet Böning,
um die Quellen
nicht künstlich einzuschränken – und einigen einführenden
Worten zu ihrer
Entstehung (Kap. II), werden die Geburt der ersten Blätter und
ihre
Anfangsjahre an den verschiedenen Orten, mit leichtem Fokus
auf Preußen,
beschrieben (Kap. III). Es folgt eine Thematisierung des Kerns
der
Intelligenzblätter, der Vermittlung von Angebot und Nachfrage,
also der
geschalteten Anzeigen (Kap. V). Dieses Geschäft wird jedoch in
vielen Fällen
bald zur Nebenaufgabe der Redaktionen, die sich auf die
„gemeinnützigen
Beiträge“ (S. 150) fokussieren. Die Beiträge bilden den
Hauptgegenstand von
Bönings Untersuchung, die auf den Zusammenhang von
Intelligenzblatt und
Volksaufklärung abhebt (Kap. VI), also die Diskussion und
Vermittlung von
praktischem Wissen an eine über die aufklärerische
Intelligenzia hinausgehende,
breitere Bevölkerung, besonders auf dem Land (Kap. VII). Nach
diesen stärker
analytischen Abschnitten widmet sich der Autor im
umfangreichsten Kapitel des
ersten Bandes einzelnen Blättern, ihren Herausgebern und
Inhalten (Kap. VIII).
Böning folgt bei der Darstellung dem Grundprinzip, „die
Quellen mit ihren
Besonderheiten zu respektieren und sprechen zu lassen“ (S.
181). Es folgen
schließlich erneut zwei übergreifende Kapitel zu
Intelligenzblättern als
Wirtschaftsunternehmen (Kap. IX) und zum Widerstand gegen die
Veröffentlichung
vorher ‚geheimer‘ Marktinformationen vor allem von Seiten der
Kaufleute (Kap.
X).
Der zweite Band behandelt zunächst ebenfalls übergreifende
Analyseaspekte, die
alle untersuchten Blätter betreffen, nämlich Inhalte wie
landwirtschaftliche
Praxis und Naturgesetze (Kap. XI), Themen des sozialen Lebens
(Kap. XII), wobei
Böning die Bedeutung der Intelligenzblätter als „kaum
benutztes Archiv der
frühen Volkskunde im deutschsprachigen Raum“ (S. 590)
bezeichnet, sowie
Schulwesen und Bildungsreform (Kap. XIII und XIV). Weiterhin
geht er auf die
Orientierung der Autoren am Gemeinen Nutzen ein und zeigt am
Beispiel Hamburgs,
wie die Intelligenzblätter eine zweite praktische Phase der
Aufklärung
begleiteten, nachdem die erste bereits von den moralischen
Wochenschriften und
wissenschaftlichen Zeitschriften geprägt worden war (Kap.
XVI). Anhand der
Behandlung der Französischen Revolution wird schließlich die
zunehmende
Politisierung der Mediengattung am Ende des Jahrhunderts
verdeutlicht (Kap.
XVII). Wie schon im ersten Band, widmet sich auch im zweiten
das umfangreichste
Kapitel einzelnen Intelligenzblättern, nämlich den
reichsweiten, wobei viele
der übergreifenden Themen der vorherigen und nachfolgenden
Abschnitte am Einzelbeispiel
besprochen werden (Kap. XVIII). Die abschließenden Kapitel
nehmen wieder eine
stärker systematisch-analytische Perspektive ein. So werden
die
Intelligenzblätter im aufklärerischen Medienensemble verortet,
vor allem ihr
Verhältnis zu Zeitungen und Zeitschriften bestimmt, zu denen
große
Schnittmengen bestehen, fanden doch vor allem in der zweiten
Jahrhunderthälfte
Zeitungsnachrichten und gelehrte Aufsätze Eingang in viele
Intelligenzblätter
(Kap. XIX und XX). Anschließend geht es um Standesdenken in
den
Intelligenzblättern (Kap. XXI) und Beiträge bekannter
Philosophen wie
Lichtenberg, Möser oder Kant (Kap. XXII). Auch den „Juden im
Intelligenzblatt“
(S. 907) werden hier einige Gedanken gewidmet, wobei die
Platzierung dieses
Unterkapitels nicht unmittelbar einleuchtet. Es folgt ein
Kapitel zu
„Vorurteile[n] und Vorurteilskritik in Intelligenzblättern“
(XXIII). Unter
Vorurteilen, der Begriff wird nicht explizit definiert,
scheint Böning solche
Ansichten zu verhandeln, die nach heutigen Maßstäben als
widerlegt oder auch
ethisch verwerflich zu gelten haben; so steht das Thema der
Sklaverei neben
Aussagen zur Armut und zur medizinischen Wirkung des Konsums
von Kaffee. Gerade
im Bereich der Medizingeschichte („Quacksalberei und
Medizinisches im
Reichsanzeiger“) sind die Ausführungen einem
Fortschrittsnarrativ verpflichtet,
das dem Fach eigentlich seit längerem abgeht.2 Die letzten Kapitel
behandeln zwei
zentrale Fragen des Werkes, nämlich diejenige nach der
Rezeptionsgeschichte,
also den Leser:innen der Intelligenzblätter (Kap. XXIV), sowie
nach dem Beitrag
der Gattung zu einer Aufklärung ‚von unten‘, zur „Revolution
der
Wissensvermittlung“ sowie zur Entstehung einer „neuen Form der
Öffentlichkeit“
(S. 997) (Kap. XXV). Gerade mit der Betonung innovativer
Druckmedien
argumentiert Böning hier ganz im Sinne großer Teile der
Öffentlichkeitsforschung,
wobei durchaus noch expliziter auf selbige hätte eingegangen
werden können.3
Es folgen eine abschließende Zusammenfassung (Kap. XXVI),
sodann ein
umfangreicher Anhang, der einen wirklich hervorzuhebenden
Service für alle
Leser:innen darstellt. Letzterer besteht aus „eine[r]
kleine[n] Geschichte des
Intelligenzblatts in Abbildungen“ (nützlich etwa für die
Verwendung des Buches
in der Lehre), einer Bibliographie der Quellen und der
Forschungsliteratur
(enthalten ist auch eine Liste der Intelligenzblätter sortiert
nach
Erscheinungsorten) sowie je einem umfangreichen Sach-,
Periodika-, Personen-
und Ortsregister.
Die Struktur der beiden Bände macht es nicht immer leicht, dem
roten Faden zu
folgen, da viele Analyseaspekte an verschiedenen Stellen in
der Beschreibung
der einzelnen Periodika aufgegriffen, dann aber immer wieder
auch in übergreifenden
Kapiteln, ebenfalls unter Hinzuziehung zahlreicher Beispiele,
behandelt werden.
Hier hätten häufigere Querverweise und zusammenfassende
Resümees, wie etwa am
Ende des Kapitels zum Reichs-Anzeiger (S. 810-814), die
Orientierung
erleichtert. Auch wäre es dem Verständnis zuträglich gewesen,
hätte Böning zu
Beginn eine Arbeitsdefinition seines Gegenstands geliefert. Zu
einer wirklich
griffigen Bestimmung des Wesens der Intelligenzblätter kommt
es erst in Kapitel
XXIV, wenn als wesentliches Unterscheidungsmerkmal und „Kern“
der
Intelligenzblätter deren Anzeigenteil, sowie die
‚policeylichen‘ und
demographischen Bekanntmachungen genannt werden, die ab 1770
zunehmend um
„redaktionelle Inhalte“ mit Anleihen bei Zeitungen und
Zeitschriften ergänzt wurden
(S. 974-978).
Bönings Ansatz, zuallererst die Quellen selbst sprechen zu
lassen, ist äußerst
begrüßenswert und die stupende Kenntnis seines Gegenstands nur
zu bewundern.
Allerdings überforderte sie den Rezensenten auch an nicht
wenigen Stellen,
steht doch die systematische, ordnende Analyse des Öfteren
deutlich hinter der
Fülle der Darstellung der Quellen und aus diesen entnommenen,
überbordenden
Zitaten zurück. Letztere nehmen im Text ungewöhnlich viel Raum
ein und können
gerne einmal über 30 Zeilen reichen (z. B. S. 18f.). Nicht
selten werden die
Leser:innen mit diesem Material allein gelassen, steht es etwa
unkommentiert am
Ende eines Kapitels. Ungewohnt erscheinen zudem die langen
Aufzählungen, die
eventuell auch in die Fußnoten verschoben oder in Tabellenform
hätten
präsentiert werden können (beispielsweise S. 200f., 530-532).
Ebenfalls in den
Bereich des Formalen fallen die leider häufigen Fehler
beziehungsweise
Inkonsistenzen, die durch eine einfache redaktionelle
Durchsicht leicht zu
beheben gewesen wären und vor allem den Anmerkungsapparat,
aber auch
Redundanzen im Text (beispielsweise S. 27f.) betreffen.
Diese Monita schmälern den großen Wert, den Bönings Arbeit für
die Forschung
bietet, allerdings kaum: „Das Intelligenzblatt“ bietet einen
umfassenden
Überblick über dieses Medium auf dem Gebiet des Alten Reiches
und wird auf
absehbare Zeit von jeder:m Historiker:in genutzt werden,
die:der sich diesem
Thema widmet. Es stellt eine Fundgrube an Ansätzen für lokale
und regionale
Untersuchungen und eine nützliche Hilfe beim Auffinden von
entsprechenden
Quellen dar. Die angestrebte Ehrenrettung der Gattung, um zum
Anfang
zurückzukehren, scheint gelungen: Intelligenzblätter werden
als wichtiges
Medium der Volksaufklärung und als ein zentrales Moment der
Entwicklung einer
politischen Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert präsentiert.
Besonders letzteres
scheint einleuchtend, bieten doch die Intelligenzblätter,
gerade nach der in
der zweiten Jahrhunderthälfte einsetzenden Politisierung,
einen Ort des
öffentlichen Räsonnements und der Diskussion sowie gerade auch
der
Selbstreflexion über die Rolle der Öffentlichkeit und ihrer
Medien in der
Gesellschaft.
Anmerkungen:
1 So hieß es in einem
einschlägigen Handbuch
bereits 2013, dass dem Medium von der neueren Forschung viel
Aufmerksamkeit
geschenkt worden sei: Andreas Würgler, Medien in der Frühen
Neuzeit, 2. durchgesehene
Auflage, München 2013, S. 108.
2 Vgl. bspw. Wolfgang Uwe
Eckart/Robert Jütte,
Medizingeschichte. Eine Einführung, 2. Auflage, Köln 2014, S.
25–33.
3 Vgl. bspw. Andreas
Gestrich, The Public
Sphere and the Habermas Debate, in: German History 24 (2006),
S. 413–430.
Zitation
Jan Siegemund, Rezension zu: Böning, Holger: Das
Intelligenzblatt.
Gemeinnutz und Aufklärung für jedermann. Studie zu einer
publizistischen
Gattung des 18. Jahrhunderts, zur Revolution der
Wissensvermittlung und zu
den Anfängen einer lokalen Presse. Bremen 2023 , ISBN
978-3-948077-30-3,
In: H-Soz-Kult, 05.03.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-135934>.