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2024/01/16 11:16:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: [IGGP-L] Einladung zum kostenlosen virtuellen Vortrag "Was ist das Salzkammergut? ", Mittwoch, 17. Jänner 2024, 18 Uhr |
Datum | 2024/01/18 20:22:41 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Itinerarius – die Wallfahr t und Hofesreise Kurfürst Ludwigs III. von der Pfalz nac h Jerusalem (1426/27) |
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2024/01/31 22:37:45 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Die unsichtbare Guillotine. Das Fallbeil der Weißen Rose und seine Geschichte |
Betreff | 2024/01/16 11:16:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: [IGGP-L] Einladung zum kostenlosen virtuellen Vortrag "Was ist das Salzkammergut? ", Mittwoch, 17. Jänner 2024, 18 Uhr |
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2024/01/16 11:16:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: [IGGP-L] Einladung zum kostenlosen virtuellen Vortrag "Was ist das Salzkammergut? ", Mittwoch, 17. Jänner 2024, 18 Uhr |
Autor | 2024/01/18 20:22:41 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Itinerarius – die Wallfahr t und Hofesreise Kurfürst Ludwigs III. von der Pfalz nac h Jerusalem (1426/27) |
Date: 2024/01/18 16:11:51
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Autor(en) Selart, Anti; Laur, Mati
Erschienen Wien 2023: Böhlau
Verlag
Anzahl Seiten 217 S., 28 farb. Abb.
Preis € 28,00
ISBN 978-3-205-21826-5
Rezensiert für H-Soz-Kult von Jonathan Schilling,
Historisches Seminar,
Universität Münster
Beim Verfassen populärer Überblicksdarstellungen zur Geschichte
der
historischen Region Livland ist die Gefahr groß, auf der einen
oder der anderen
Seite vom Pferd zu fallen, wie man immer wieder beobachten kann:
Entweder neigt
man zu einer Überbetonung des deutschbaltischen Einflusses und
vernachlässigt
darüber die estnische und lettische Perspektive, oder man schreibt
die
Geschichte als Vorgeschichte der modernen Nationalstaaten, in
denen der so
prägende deutschbaltische Einfluss nur am Rande als die Geschichte
einer
fremden „Besatzung“ vorkommt. Die Autoren der vorliegenden
Stadtgeschichte von
Dorpat (estnisch Tartu) – das sei gleich vorweggenommen – bleiben
bei ihrem
Ritt durch mehr als 1.000 Jahre fest im Sattel sitzen.
Anti Selart und Mati Laur sind Professoren für Mittlere und Neuere
Geschichte
an der Universität Tartu und haben sich durch zahlreiche
Publikationen als
Kenner der Geschichte Livlands und Dorpats hervorgetan. Zwar sind
beide Autoren
Esten, doch handelt es sich bei dem Buch nicht um eine Übersetzung
aus dem
Estnischen. Vielmehr wurde es speziell im Hinblick auf eine
deutsche
Leserschaft verfasst. Der Böhlau-Verlag gibt seit Jahren
Stadtgeschichten der
Europäischen Kulturhauptstädte heraus. Schon 2011, als die
estnische Hauptstadt
Reval/Tallinn Europäische Kulturhauptstadt war, erschien eine
vergleichbare,
allerdings um einiges umfangreichere Stadtgeschichte bei Böhlau,
damals aber
noch von einem deutschen Autorenduo.1 Das vorliegende Buch nun
geht auf die
Initiative des „Deutschen Kulturforums östliches Europa“ zurück,
das sich die
verdienstvolle Aufgabe gesetzt hat, die osteuropäischen
Kulturhauptstädte dem
deutschen Publikum näherzubringen.
Die Geschichte Dorpats wird im Buch streng chronologisch erzählt,
was sich als
gute Entscheidung erweist: Die Stadt entstand um eine Burg aus dem
8.
Jahrhundert und wurde erstmals im 11. Jahrhundert ständig
besiedelt. Über die
frühe, altrussisch geprägte Geschichte ist nur wenig bekannt;
überhaupt sind
die überlieferten Quellen zur mittelalterlichen Geschichte der
Stadt ziemlich
rar, weshalb das entsprechende Kapitel im Buch knapper ausfällt
als die
anderen. Leider bleiben die Akteure und Abläufe in der Schilderung
manchmal
etwas unklar. Im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts wurde die
ganze Region von
deutschen Kreuzfahrern eingenommen, Dorpat wurde Sitz eines
Bistums. Nach Riga
und Reval gehörte Dorpat zu den größten und einflussreichsten
Städten des
Ordensgebiets. Zur Mitte des 16. Jahrhunderts war es flächenmäßig
etwas größer
als Riga, hatte allerdings nur wenige tausend Einwohner, von denen
die meisten
deutscher Abkunft waren. Als Mitglied der Hanse spielte die Stadt
zu dieser
Zeit eine nicht unwesentliche Rolle für den livländischen Handel,
die sie
später allerdings wieder einbüßte. Eine relativ frühe Reformation
„von unten“
erlebte die Stadt 1524, als die Bevölkerung unter dem Einfluss
eines
Laienpredigers den Dom und die Wohnungen der Domkapitulare
plünderte und der
Stadtrat eine evangelische Kirchenordnung einführte. Aufgrund
seiner Lage
geriet Dorpat immer wieder zwischen die Fronten von Ost und West,
Nord und Süd.
Wie auch im übrigen Livland wechselte in Dorpat mehrfach die
Herrschaft
zwischen dem Deutschen Orden, dem Moskauer Reich, Polen und
Schweden. Dabei
wurde die Stadt mehrfach zerstört und ihre Einwohner deportiert.
Außerdem
konkurrierten der Rat und die Zünfte um die kommunale
Vorherrschaft.
Unter polnischer Regierung schufen Jesuiten erstmals die
Möglichkeiten zu
höherer Bildung in der Stadt, als sie 1585 ein Dolmetscherseminar
für
Missionare und ein Jesuitenkolleg errichteten, die allerdings nur
für wenige
Jahre bestanden. In dieser Zeit entstanden in Dorpat auch die
ersten
estnischsprachigen Publikationen, katholische Katechismen. Als
Livland 1629 an
Schweden und damit unter lutherische Dominanz fiel, fand diese
religiöse
Bildung eine Fortsetzung, die sogar gezielt auf den Bauernstand
ausgedehnt
wurde. Am folgenreichsten für die Entwicklung und Bedeutung der
Stadt wurde die
von Gustav II. Adolf 1632, mitten im Dreißigjährigen Krieg,
gegründete
Universität Dorpat, die jedoch unter schwedischer Regierung keine
allzu große
Blüte erleben konnte. Obwohl es erst die zweite schwedische
Universitätsgründung nach Uppsala war, stand Dorpat weit hinter
dieser 1477
gegründeten Alma Mater zurück: Während in Uppsala mehr als 1.000
Studenten
gleichzeitig immatrikuliert waren, waren es in Dorpat zunächst nur
65, später
wenig mehr als 100 – hauptsächlich Deutsche, anfänglich mehr
Schweden, noch
keine Esten. Um Kriegswirren zu entgehen, musste die Universität
mehrfach nach
Reval oder Pernau/Pärnu verlegt werden, sodass kaum Stabilität und
Kontinuität
entstehen konnten; 1708 wurde die Stadt im Zuge des Großen
Nordischen Krieges
(1700–1721) von den Truppen des Zarenreichs dem Erdboden gleich
gemacht und
blieb für Jahrzehnte ein Ruinenfeld. So begann die eigentliche
Blütezeit der
Universität Dorpat erst nach der Neugründung unter Alexander I.
(1777–1825) im
Jahr 1802. Im 19. Jahrhundert stieg auch der Anteil der Esten im
„Embach-Athen“
rapide an, mit der Zeitschrift „Eesti Postimees“ und anderen
Institutionen
wurde Dorpat auch ein zentraler Ort der estnischen
Nationalbewegung.
Das wechselvolle 20. Jahrhundert nimmt mit knapp 60 Seiten den
größten Raum im
Buch ein, rund doppelt so viel wie jeweils das 17., 18. und 19.
Jahrhundert.
Zwei Weltkriege, mindestens drei Revolutionen (1905, 1917/18,
1989), mehrere
kürzere oder längere Zeitabschnitte militärischer Besatzung durch
bolschewistische und sowjetische Regimes und die Deutschen Reiche
sowie zwei
Phasen unabhängiger estnischer Staatlichkeit – allein die
Politikgeschichte
liefert für eine Dorpater Geschichte des letzten Jahrhunderts viel
Stoff. In
der ersten estnischen Republik, die von 1918 bis zur Annexion
durch die
Sowjetunion 1939 bestand, bildete Dorpat das Zentrum der
Opposition zur
Regierung. Als einzige Universitätsstadt des jungen Staates war
Dorpat auch der
wichtigste Wissenschaftsstandort mit zahlreichen akademischen und
kulturellen
Einrichtungen. In der sowjetischen Zeit blieb der rebellische
Geist der Stadt
erhalten, gerade von der Universität gingen manche
regimekritischen Impulse
aus.
Auch wenn das Buch eher populär gehalten ist, ist es eine
grundsolide kleine
Stadtgeschichte, die nicht der in solchen Büchern so oft
vorherrschenden
unseligen Neigung verfällt, Kuriositäten und historisches
Marktplatzgetratsche
hervorzuheben. So wird beispielsweise die Tatsache, dass bereits
1534 in Dorpat
ein Kamel und ein Truthahn als Geschenke getauscht wurden (S. 37),
nicht als
„Fun Fact“ mitgeteilt, sondern im Rahmen der Dorpater
Handelsverbindungen in
der Frühen Neuzeit gedeutet; dass der erste Rektor der Universität
ein
19-jähriger Student war (S. 71), wird ins größere Ganze der
Universitätsämter
und ihrer Bedeutung eingebettet. Ein angenehm sachlicher Tonfall
durchzieht das
ganze Buch, gelegentlich von einem geistreichen Augenzwinkern
begleitet, aber
stets frei von Floskelhaftigkeit, Übertreibung, Polemik,
vorschnellen Deutungen
oder nationaler Parteilichkeit.
Politik- und ereignisgeschichtliche Themen bilden den Schwerpunkt
der von den
Verfassern angestellten Fragen. Daneben werden auch Aspekte der
Sozial- und
Kultur- sowie der Alltagsgeschichte beleuchtet, aber merklich
zurückgenommen
gegenüber politischen Entwicklungen und Ereignissen. Uneinheitlich
ist das
Vorgehen der beiden Autoren im Nachweisen von Quellen: Während im
ersten, von
Anti Selart geschriebenen Teil Quellen im Fließtext auf Deutsch
wiedergegeben
werden und in den Fußnoten jeweils das zugrundeliegende
lateinische,
mittelhochdeutsche oder französische Original in voller Länge
abgedruckt wird,
verzichtet Mati Laur in den späteren Kapiteln ganz auf Belege. Ein
Mittelweg,
etwa die wichtigsten Zitate und Informationen knapp in Endnoten
nachzuweisen,
wäre zielführender gewesen. Sehr gut zusammengestellt ist dagegen
die
Auswahlbibliographie.
Sehr zu begrüßen ist, dass geographische Bezeichnungen wie Orts-
und Flussnamen
bei der ersten Nennung zweisprachig deutsch/estnisch, dann nur
noch in der
deutschen Form angegeben werden. Die Zeiten, in denen der Ortsname
als
politisches Statement missbraucht wurde (S. 11), sind ja gottlob
längst vorbei.
Orte und Personen sind dankenswerterweise auch in einem Register
verzeichnet.
Die Bebilderung ist sehr geschmackvoll und angemessen, wenn auch
nicht alle
Bilder in gleich guter Qualität abgedruckt sind. So hätte das
verpixelte Bild
der Domruine auf S. 29 durch eine moderne Rekonstruktion des
mittelalterlichen
Doms, wie sie das heute dort untergebrachte Universitätsmuseum
zeigt, ersetzt
werden sollen. Eine Rarität sind die aus Privatbesitz
reproduzierten Münzen aus
dem 16. Jahrhundert (S. 16). Die Bildunterschrift auf S. 88 ist
lückenhaft
entziffert, dort müsste es heißen: „bey dem Daseyn Ihro Kayserl.
Majestaet“.
Angesichts der komplizierten politischen Verhältnisse Livlands in
der Frühen
Neuzeit wären einige Karten zur Veranschaulichung für die
Leserinnen und Leser,
die mit der Geschichte der baltischen Länder weniger vertraut
sind, sicherlich
hilfreich gewesen. Gerade für ein breites Publikum sollte man im
Übrigen auch
den Quellenbegriff „Literaten“ (S. 55 und öfters), mit dem im
baltischen
Deutsch die akademisch Gebildeten bezeichnet wurden, besser
umschreiben (oder
für das 19. Jahrhundert durch „Bildungsbürgertum“ ersetzen), da
man heute bei
dem Begriff unbedarft an Romanschriftsteller denkt.
Der Untertitel „Geschichte einer Europäischen Kulturhauptstadt“
lässt das Buch
etwas zeitgebunden wirken, was hoffentlich seine Rezeption nicht
behindert.
Denn nicht nur kulturbeflissene Dorpatreisende, die 2024 das
reichhaltige
Programm des Festjahres genießen, werden den Autoren für ihre
Stadtgeschichte
danken, sondern auch Fachhistorikerinnen und -historikern kann die
Darstellung
bei aller Knappheit des Raumes einen fundierten Überblick
ermöglichen.
Anmerkung:
1 Karsten Brüggemann / Ralph
Tuchtenhagen,
Tallinn. Kleine Geschichte der Stadt, Köln 2011.
Zitation
Jonathan Schilling, Rezension zu: Selart, Anti; Laur, Mati: Dorpat/Tartu.
Geschichte einer Europäischen Kulturhauptstadt. Wien
2023 , ISBN 978-3-205-21826-5,
In: H-Soz-Kult,
18.01.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-137692>.