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2024/01/11 12:52:10 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: Online-Talk: Der Iowa Caucus und die Vorwahlen der Republikanischen Partei (17.1.) |
Datum | 2024/01/16 11:16:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: [IGGP-L] Einladung zum kostenlosen virtuellen Vortrag "Was ist das Salzkammergut? ", Mittwoch, 17. Jänner 2024, 18 Uhr |
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2024/01/11 12:52:10 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: Online-Talk: Der Iowa Caucus und die Vorwahlen der Republikanischen Partei (17.1.) |
Betreff | 2024/01/04 07:55:41 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Saarland: „Gebietsreform von 1974 im Großen und Ganzen gut gelaufen“ |
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2024/01/11 12:52:10 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: Online-Talk: Der Iowa Caucus und die Vorwahlen der Republikanischen Partei (17.1.) |
Autor | 2024/01/16 11:16:47 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fwd: [IGGP-L] Einladung zum kostenlosen virtuellen Vortrag "Was ist das Salzkammergut? ", Mittwoch, 17. Jänner 2024, 18 Uhr |
Date: 2024/01/13 18:03:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Le
mariage des prêtres, une hérésie?. Genése du nicolaïsme I-XI
siècle
Autor Isabelle Rosé
Erschienen Paris 2023: Presses
Universitaires de France (PUF)
Anzahl Seiten 409 S.
Preis € 28,00
ISBN 978-2-13-085326-8
Inhalt meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-79051.pdf
Rezensiert für H-Soz-Kult von Eugenio
Riversi, Institut für
Geschichtswissenschaft, Universität Bonn
Der Entstehungsprozess der Zölibatsverpflichtung in der
antiken und
frühmittelalterlichen westlichen Kirche sowie des damit
verbundenen Verbots des
Geschlechtsverkehrs für Bischöfe, Priester und weitere
Kleriker stellt ein
historisches Problem dar, das in Hinblick auf die alltäglichen
Nachrichten über
sexuelle Missbräuche in der katholischen Kirche einen gewissen
Aktualitätsbezug
besitzt. Selbstverständlich können wir keine geradlinige
Verbindung zwischen
diesen zeitlich entfernten diskursiven Konstruktionen und der
heutigen Debatte
über Straftaten der vergangenen Jahrzehnte ziehen: Im Verlauf
der letzten
tausend Jahre gab es weitere wichtige Zwischenetappen in
diesem Prozess der
Disziplinierung des Klerus’. Allerdings zeigt das
zugrundeliegende
institutionelle Spannungsfeld in der katholischen Kirche eine
strukturelle
Kontinuität, insbesondere in Bezug auf den Zusammenhang
zwischen hohem
Autoritätsanspruch in der Heilsvermittlung seitens des Klerus’
und den sozialen
Effekten der mit den Kirchenämtern verbundenen Machtausübung,
auch nach dem
zweiten Vatikanischen Konzil.[1] Das von Rosé als
Einstieg gewählte
Beispiel des Rücktritts des Erzbischofs von Paris (2021) zeigt
die Auswirkungen
der sexuellen Dimension auf die bereits umstrittene Autorität
hoher geistlicher
Würdenträger. Rosé lädt uns deshalb zu einer „Reise“ (S. 9)
ins Frühmittelalter
(1.–11. Jahrhundert) ein, um die komplexen Voraussetzungen
dieser Konzeption
und Disziplinierung der Sexualität der Kleriker sowie die
spezifischere
Konstruktion einer entsprechenden Häresie der Klerikerehe zu
ergründen: den im
19. Jahrhundert gerne sogenannten Nikolaitismus.
Die in drei Teile gegliederte Studie beginnt mit der
Betrachtung der Ereignisse
eines bestimmten Jahres, das sich am Ende des untersuchten
Entstehungsprozesses
befindet: 1059, ein „häretisches Jahr“ laut der Verfasserin
(S. 24). Der Anfang
des Pontifikats Nikolaus’ II. (Januar 1059) wurde von vielen
Spannungen
geprägt, insbesondere vom Konflikt mit Benedikt X., dem Papst,
den der römische
Adel unterstützte, sowie von den angespannten Beziehungen zur
Mailänder Kirche,
die von den Protesten der sogenannten Patarener erschüttert
wurde (S. 25–66).
Just in diesen turbulenten Monaten wurden die ehelichen und
eheähnlichen
Beziehungen der Kleriker zu Frauen von der römischen Kirche
pointiert und
offiziell als Häresie verurteilt: die Häresie der Nikolaiten.
Diese klerikale
Abweichung, die sich auf sexuelle Verhaltensweisen bezog,
wurde zu einem
Pendant einer zweiten noch relevanteren klerikalen Häresie:
der Simonie, das
heißt der entgegen der Gottesgnade erfolgte Erwerb eines
Kirchenamtes und
dessen oft missbräuchliche Ausübung.
Diese klerikalen Häresien wurden zu Themen des wichtigen
römischen Konzils, das
Nikolaus II. im April 1059 eröffnete. Dort konzentrierten sich
überwiegend
italienische Konzilsväter auf die Konturierung des
Klerikerstandes, vor allem
ausgehend von Missbräuchen in der Amtsausübung. Wie viele
Kleriker hätten
damals von den spezifischen Maßnahmen gegen die Häresie der
Nikolaiten
betroffen sein können? Sehr schwierig ist laut Rosé eine auch
nur grobe
quantitative Einschätzung der verheirateten Bischöfe, Priester
und Diakone,
aber die Quellen weisen mit regionalen Unterschieden auf ein
nicht
unbedeutendes Phänomen hin. Sie erwähnen zudem die negativen
Reaktionen vor
allem von Kanonikern auf das prinzipielle Verbot der Ehe, das
mit dem
Häresievorwurf verbunden war, insbesondere in Mailand, dem am
besten bekannten
Kontext. Dort spielte der gelehrte Eremit und Kardinalbischof
Petrus Damiani
als päpstlicher Legat eine wichtige Rolle, vor allem Anfang
1059. Rosé
betrachtet zunächst im zweiten Kapitel (S. 67–98)
programmatische Briefe der
vorherigen Jahre, die Petrus Damiani verschiedenen
abweichenden
Verhaltensweisen der Kleriker widmete: den Liber Gomorrhianus
über die Sodomie
und den Liber gratissimus über die Simonie. Rosé konzentriert
sich anschließend
auf die wichtigsten Texte aus dem Jahr 1059: die
Synodalbeschlüsse über die
Keuschheit der Kleriker und zwei Briefe (61 und 65) von Petrus
Damiani über
seine Delegation nach Mailand. Rosé widmet der damaligen
Definition der Häresie
der Nikolaiten in diesen Texten noch ein ganzes weiteres
Kapitel, in welchem
sie auf verschiedene Aspekte der Konzeption von Petrus Damiani
eingeht (S.
97–121).
Im zweiten Teil der Studie entwickelt Rosé eine textuelle
Archäologie der
Häresie der Nikolaiten (1.–11. Jahrhundert). Sie analysiert
die facettenreichen
Schichten ihrer diskursiven Konstruktion ausgehend von dem
Buch der Offenbarung
(Apk 2, 6), in dem die Nikolaiten die einzige Gruppe von
„bösen“ Christen
darstellen, die eine spezifische Bezeichnung bekommen (S.
125–129). Diese
Bezeichnung war eine wichtige Voraussetzung für die
Weiterentwicklung im
Häresiediskurs der Kirchenväter (S. 131–156). Besonders
Irenäus von Lyon hielt
einige ihrer Merkmale fest: Unter anderem wurde ihnen ein
Häresiarch
zugewiesen: ein Nikolaus aus der Apostelgeschichte (Apg 6,
5–6), den Irenäus
als Diakon bezeichnet; und sie wurden als sexuell
ausschweifende Menschen
dargestellt. Die nachfolgende lateinische Patristik setzte
immer wieder andere
Akzente, zum Beispiel die Verbindung zur Simonie. Rosé erkennt
keine graduelle
und geradlinige Entwicklung des Diskurses über die Häresie der
Nikolaiten in
frühmittelalterlichen Texten (S. 157–192). Sie betont eher die
Veränderungen,
Verschiebungen und Auslassungen in den Beschreibungen dieser
und anderer Ketzer
in polemischen Werken, die in angespannten Kontexten verfasst
wurden.
Eine wichtige diskursive Entwicklung stellte die enge
Verbindung zwischen der
teilweise neu erfundenen Häresie der Neophyten – das heißt
nicht ausreichend
erfahrenen und deshalb ungeeigneten Kandidaten für
Kirchenämter – und der
Simonie dar (S. 193–229): im exegetischen Kommentar des
Beatus’ Liebana (776),
der wahrscheinlich auf die umstrittene Figur Papst Konstantins
II. anspielte;
in der Vita Gregors des Großen, die Johannes Hymmonides
während des Konflikts
um den Patriarchen von Konstantinopel Photios verfasste
(860er-Jahre); im Brief
Guidos von Arezzo über die Simonie (1019–1023), der im
Spannungsfeld zwischen
dem Kloster Pomposa und dem Erzbischof von Ravenna entstand.
Infolge dieser
immer wieder variierenden Aktualisierungen und Verdichtungen
wurden die
Nikolaiten in karolingischer und nachkarolingischer Zeit zu
einer Variante der
„figure-repussoir“, der Abscheufigur, des häretischen
Klerikers: vor allem bei
Autoren aus dem monastischen Umfeld.
Im dritten Teil beschäftigt sich Rosé mit dem letzten und
wichtigsten der
Kontexte dieser Entwicklung: der römischen Kirche zwischen
1049 und 1059, das
heißt einer Phase, in der im Rahmen einer neuen Ekklesiologie
des römischen
Primats der Konnex zwischen klerikaler Heilsvermittlung,
Zölibatsverpflichtung
und päpstlichem Machtanspruch verquickt wurde. Entscheidend
waren die
polemischen Auseinandersetzungen mit dem Patriarchat von
Konstantinopel während
des Pontifikats Leos IX. (1054): Die unterschiedliche Haltung
gegenüber der
Priesterehe – die die Ostkirche erlaubte – wurde zu einer
kennzeichnenden bzw.
identitätsstiftenden Differenz (S. 237–264). Petrus Damiani
übertrug diese
Abgrenzung gegenüber der Ostkirche auf die Mailänder Kirche
und schuf dadurch
einen Baustein für die Konstruktion einer päpstlichen
„Monarchie“ (S. 303–330).
Die Polemik von Petrus Damiani bettete sich wiederum in einen
in diesen Jahren
herrschenden „War on archbishops“ ein (S. 265–301). Der
Zentralisierungsanspruch, den die römische Kirche seit den
1050er-Jahren erhob,
fand im Häresievorwurf gegen Kleriker eine geeignete und
wirksame Waffe. Damit
konnte der Papst das übliche institutionelle Verfahren gegen
Bischöfe
beseitigen, in konfliktgeladenen Situationen unmittelbarer
eingreifen und die
entsprechenden Widerstände umgehen, so zum Beispiel im Fall
des Metropoliten
Guido von Velate sowie in dem der Erzbischöfe von Gascogne und
Aquitanien.
Diese Beispiele zeigen, wie die klerikalen Häresien den Weg
zur sogenannten
„Häresie des Ungehorsams“ und zur vertikalen Autorität des
Papstes in der
Kirche eröffneten.
In einem ausblickartigen Epilog (S. 331–334) zeigt Rosé, dass
Petrus Damianis
Idee einer Häresie der klerikalen Ehe keine breite Rezeption
im Hochmittelalter
fand. Diese Idee wurde jedoch mit der Entstehung der
„dramaturgie grégorienne“
im 19. Jahrhundert, zunächst bei evangelischen deutschen
Theologen in den
1820–1830er-Jahren, verallgemeinert und zu einem festen
historiographischen
Konstrukt gemacht: dem Nikolaitismus.
In diesen wenigen Seiten des Epilogs – tatsächlich zu knapp
für die Themen, die
dort angerissen werden – und in den folgenden
Schlussüberlegungen (S. 335–343)
werden rückblickend die Stärken sowie die Schwächen des Buches
deutlich. Rosé
problematisiert eine historiographische moderne Kategorie
„Nikolaitismus“
anhand einer äußerst komplexen historischen Diskursanalyse der
Entwicklung der
„Häresie der Nikolaiten“. Deswegen verwendet sie in ihrer
Erzählstruktur eine
komplexe Zeitauffassung: Die Verfasserin kann eine besondere
Konstruktion in
ihren genauen, krisenbehafteten Entstehungszusammenhängen
verorten (1059), in
einer bestimmten Konjunktur der Papstgeschichte
kontextualisieren (1054–1059)
und in längere, miteinander verflochtene, aber nicht
kontinuierliche
Traditionsstränge einbetten (1.–11. Jahrhundert). Außerdem
kann sie einerseits
ein wichtiges Untersuchungsobjekt – die „klerikalen Häresien“
– mit
zweifelsfreiem Gewinn für die Häresieforschung schärfer
umreißen, wenngleich
sie erstaunlicherweise einige wichtige Studien von Hans-Werner
Goetz nicht
berücksichtigt.[2] Andererseits kann sie
mit der Verdichtung
der klerikalen Häresie in den 1050er-Jahren eine wichtige
Facette der für die
„papstgeschichtliche Wende“ besser beleuchten, wenngleich ihre
Deutung nicht
frei von einigen problemreichen Kategorien ist, wie
„gregorianische Reform“
oder „monastische Kultur“. Die anregungsvolle Studie von Rosé,
die mit der
Komplexität der damaligen textuellen Konstruktionen und
Kontexte
zurechtzukommen versucht, lässt allerdings in der Darstellung
bisweilen etwas
die Klarheit und Stringenz vermissen.
Anmerkungen:
[1] Alberto Melloni, Quel che
resta di Dio. Un
discorso storico sulle forme di vita cristiana, Torino 2014.
[2] Zum Beispiel: Hans-Werner
Goetz, Wandel des
Häresiebegriffs im Zeitalter der Kirchenreform? Eine
Betrachtung der
Streitschriften Humberts von Silva Candida und Gottfrieds von
Vendôme, in:
Norman Bade / Bele Freudenberg (Hrsg.), Von Sarazenen und
Juden, Heiden und
Häretikern. Die christlich-abendländischen Vorstellungen von
Andersgläubigen im
Früh- und Hochmittelalter in vergleichender Perspektive,
Bochum 2013, S.
131–152.
Zitation
Eugenio Riversi, Rezension zu: Rosé, Isabelle: Le mariage
des prêtres, une
hérésie?. Genése du nicolaïsme I-XI siècle. Paris 2023 ,
ISBN 978-2-13-085326-8,
In: H-Soz-Kult, 11.01.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-137889>.