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[Regionalforum-Saar] Nachruf für Ortwin Keßle r

Date: 2017/10/02 19:31:56
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

Am 19. September 2017 starb in St. Wendel Ortwin Keßler im Alter von 80 Jahren.

Keßler hat sich zeitlebens mit der Waldgehöferschaft von Urweiler und ihrer Geschichte befaßt. In den letzten Jahren galt einer seiner Schwerpunkte der Zwangsarbeit unter den Nationalsozialisten.

 

Franz Josef Marx, Vorsitzender der Heimatfreunde Urweiler e.V, hat ihm beim Sterbeamt in der Wendalinusbasilika in St. Wendel in seiner Trauerrede gedacht, die hier mit Zustimmung des Verfassers und der Familie „abgedruckt“ wird.

 

Sehr geehrte Trauergemeinde!

 

Die Nachricht vom Tode Ortwin Keßlers hat Sie alle zu dieser Stunde an diesen Ort zusammengeführt: frühere Schulkameraden, Kollegen, einstmaligen Schüler, Vereinskameraden, Verwandte, Nachbarn, Freunde und Bekannte und in besonderer Weise Sie, die Schwester und den Bruder, die Ehefrau, den Sohn und die Tochter mit ihren Ehepartnern und Kindern.

 

In der kurzen Zeit zwischen der Kunde von Ortwins Tode und der Notwendigkeit, jetzt von ihm Abschied zu nehmen, ist uns allen der Verstorbene als höchst lebendig gegenwärtig. Die letzte Begegnung mit ihm - verabredet oder zufällig, seine Gestalt, sein Gang, sein Gesicht, das Gespräch – lässt ihn noch einmal deutlich aus der Erinnerung hervortreten. - Da wird er fassbar.

 

Paul Ortwin Josef Keßler wurde am 05.08.1937 in Saarbrücken geboren. Er war nach seiner 3 Jahre älteren Schwester Christel das zweite Kind von Paul Keßler und Elisabeth Keßler, geb. Andres. Der Start ins Leben gestaltete sich schwierig: Die Mutter verstarb im März 1939 im Alter von 28 Jahren an Lungen - Tuberkulose. Der Vater wurde im Krieg schwer verletzt. So musste sich Ortwin gemeinsam mit seiner Schwester Christel in Anpassung üben.

 

Als Kleinkind wohnte er abwechselnd bei den Großeltern mütterlicherseits in Saarbrücken und bei den Großeltern in Hofeld. 1941 heiratete sein Vater Margarete Hau aus Urweiler. Kurze Zeit lebten beide Kinder in der neuen Familie in Saarbrücken.

 

Mit 6 Jahren wohnte Ortwin bei einer Tante in St. Wendel und wurde in der Nikolaus-Obertreisschule in St. Wendel eingeschult. Durch die Kriegswirren bedingt, kam es zum Wechsel an die Volksschule in Urweiler.

 

1944 wurde sein Bruder Klaus geboren.

 

1948 wechselte Ortwin an das Gymnasium Wendalinum. Ab 1950 wohnte er bei seiner Familie in St. Wendel im Haus der Tante in der Gartenstrasse. Durch seine Mithilfe bei Familie Hau „In der Metz“ erwarb er sich viele praktische Erfahrungen und Fähigkeiten mit landwirtschaftlichen Geräten, Maschinen, Ackerbau, Holzwirtschaft und Tierhaltung.

 

1953 wechselte er ins Internat nach Niederlahnstein und machte 1958 dort sein Abitur. Es folgten 4 Semester Studium an der Pädagogischen Hochschule in Saarbrücken. Während dieser Zeit wohnte er noch in der Gartenstrasse in St. Wendel.

 

Während der Studienzeit in Saarbrücken führte seine intensive sportliche Betätigung in der Leichtathletik bis zu Erfolgen auch auf Landesebene, was ihm den Spitznamen „SpOrtwin“ einbrachte. Diese Erfolge vermittelten ihm Anerkennung und Selbstbestätigung. Nach der ersten und zweiten Lehrerprüfung folgten Heirat und Hausbau mit sehr viel Eigenleistung auf dem Urweiler - Berg. 1966 kam Sohn Christoph, 1969 Tochter Birgit zur Welt.

 

Dienstlich begann Ortwins Lehrertätigkeit in Gonnesweiler. Neben dem Engagement für den Schulsport gründete er dort einen Sportverein und zwei Versehrtensportgruppen. Im Blasorchester in Gonnesweiler spielte er die Tuba.

 

Seine nächste Dienststelle war Walhausen. Dort übte er die Schulleitertätigkeit in der einklassigen Volksschule aus. Parallel studierte er Deutsch, Sport und Geschichte für Lehramt an Realschulen.

 

Inzwischen unterrichtete er an der Nikolaus-Obertreisschule und an der Sonderschule in St. Wendel. Schließlich erfolgte die Versetzung an die Kreisrealschule in St. Wendel. Dort war er Fachleiter für Deutsch und Mitglied in der Lehrplankommission Deutsch und ab 1975 Konrektor.

 

Nebenamtlich unterrichtete er an der Abendschule der Fachoberschule in St. Wendel von 1973-1977. Nachmittags und abends engagierte er sich im TV St. Wendel als Übungsleiter im orthopädischen Kinderturnen und Schwimmen in der Nikolaus-Obertreisschule.

 

Für seine Kinder Christoph und Birgit begann er 1978 auf der Pferdekoppel in Urweiler im Wendelsgrund mit der Haltung von Islandpferden, wo er seine „In der Metz“ erworbenen landwirtschaftlichen Fähigkeiten und Erfahrungen sowie seine Liebe zu Pferden einbrachte.

 

Diese Art der Freizeitgestaltung erfüllte ihn mit großer Freude und er gab seine Begeisterung für Natur, Wald, Garten und Islandpferde an seine Kinder und seine Enkeltochter Katharina weiter.

 

Nach seiner Pensionierung 2002 widmete er sich vollzeitig seinen Hobbies. Er gewann zusätzliche Zeit für sein Engagement bei der Jagdgenossenschaft und Waldgehöferschaft Urweiler.

 

Das erlernte Fach Geschichte führte ihn dann auch zu den Heimatfreunden Urweiler, zum Historischen Stammtisch St. Wendel sowie zu den Freunden der Antike, mit denen er viele Exkursionen unternahm.

 

Die gemeinsamen Treffen mit seinen ehemaligen Klassenkameraden aus der Urweiler Volksschule, des Internates in Lahnstein und mit ehemaligen Lehrer-Kollegen und Sportfreunden hat er meist selbst angestoßen und diese immer sehr genossen.

 

Nach Beginn seiner Tumorerkrankung 2014 konnte Ortwin noch einige Reisen unternehmen. Er pflegte gute und enge Freundschaften. Daneben befasste er sich tiefgehend mit geschichtlichen Aspekten seiner Urweiler Heimat und gab dieses Wissen in Vorträgen weiter.

 

Doch all diese Daten besagen letztlich wenig. Zu dem Biographischen gehört vor allem Ortwins Lebensgefühl. Sein tiefes Empfinden von Natur und Musik, sein Sinn für das Ästhetische und die Freude am intellektuellen Diskurs hat sein ganzes Leben geprägt. Sein Beruf – wie Ortwin einmal bemerkte - sei sein Leben gewesen. Dies können alle, die ihn als Lehrer, Schüler und im Verein erlebt haben, bestätigen.

 

Ab Frühjahr 2017 zehrte die Erkrankung so sehr an ihm, dass er sich von liebgewordenen Funktionen und Aufgaben verabschieden musste. Er, der Bewegung und Freiheit so sehr liebte, wurde ein Gefangener seines Körpers und zog sich schrittweise aus dem öffentlichen Leben zurück.

 

Die letzten beiden Monate seines Lebens verbrachte er unter verständnisvoller Zuwendung und Pflege im Hospiz Emmaus in St. Wendel, wo er nur mit Mühe und Hilfe von Medikamenten seine innere Unruhe beherrschen konnte. Außer seiner engsten Familie konnte er in dieser schweren Lebensphase keinen Besuch ertragen.

 

Am 19.09.2017 verstarb Ortwin KEßLER im Beisein seiner Ehefrau und Tochter.  Wir wünschen ihm den inneren Frieden und die bedingungslose Liebe, die er sein Leben lang gesucht hat.  Der Familie spreche ich die herzliche Anteilnahme aller Anwesenden aus. Wir alle hoffen und wünschen, dass Sie Trost finden in der Trauer und bald wieder die Freude überwiegt in der Erinnerung an viele gemeinsame Erlebnisse, Gespräche und viele schöne Stunden mit dem Verstorbenen.

 

Ortwin Keßler hat sich selbst im Wissen um den bevorstehenden Tod folgenden Spruch von August Lämmle für seine Todesanzeige ausgesucht:

 

„Der Mensch geht, aber er lässt uns seine Liebe, seine Heiterkeit, seinen Ernst, seine Weisheit, er lässt uns seinen Geist zurück. Mit diesem lebt er unter den Seinigen weiter, helfend und tröstend.“