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2015/03/04 08:56:25 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Auf Albert Weisgerbers Spuren durch St. Ingbert |
Datum | 2015/03/06 09:23:29 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Der Untergang Zweibrückens |
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2015/03/06 09:24:38 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] kein Erbe mehr |
Betreff | 2015/03/14 09:26:12 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Moderner Mensch im alten Marstempel |
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2015/03/04 08:56:25 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Auf Albert Weisgerbers Spuren durch St. Ingbert |
Autor | 2015/03/06 09:23:29 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Der Untergang Zweibrückens |
Date: 2015/03/05 18:21:50
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Schmachtfetzen mit historischem
Anspruch Die ganze Welt ist ein kleines Dorf. Wie anders soll ich mir erklären, daß in diesem Roman acht Personen (plus-minus) sich immer wieder über den Weg laufen. Fünf kommen aus Europa, drei sind Amerikaner. Maria Peters „Die Küste der Freiheit“ paßt saugut in die Reihe ganzen dicken Schmachtfetzen, die sich historische Romane nennen. Nicht mal schlecht recherchiert und mit guter Absicht geschrieben, aber irgendwie ohne Idee, wie eine einigermaßen überschaubare Handlung aussehen soll. Und vooooollllller Klischees. Als ich zum dritten Mal den Satz mit den Mandelaugen las, die der brave Leutnant nicht vergessen konnte, hätte ich das Buch am liebsten in die Ecke gefeuert. Aber das ging nicht, denn heute abend liest die Autorin in unserer Bibliothek, und ich wollte wissen worüber. Es wurde immer unerträglicher.
Schlachten - die kommen im Unabhängigkeitskrieg nun mal vor - werden voll Getöse
auf einer oder zwei Seiten erwähnt, aber wann und wo, das ist nicht so wichtig.
Trenton, NJ, wird zum Hintergrund des braven Leutnants, der die Befehle in
Sicherheit bringen soll. Kaum ein Wort über Washington und vor allem kein Wort
darüber, wie die Amerikaner nach Trenton kamen (über den Delaware bei Eis und
Schneesturm? Daß Thomas Paine nicht genannt wird, naja, gut, man kann ja nicht
alles nennen). Dafür dürfte der brave Leutnant sich bei Monmouth eine Kugel ins
Bein verpassen lassen, obwohl seine Einheit (unter von Krypshausen) dort
überhaupt nicht kämpfte. Er schleppte die Kugel am Bein ein paar Tage mit sich
rum, ohne daß das Bein versorgt oder wenigstens mal die Wunde gesäubert wurde,
und dann gab ihm ein Quacksalber von Arzt ein Glas Rum und holte ihm die Kugel
aus dem Bein. Die verletzte Schulter entzündet sich, und es gibt ein bißchen
Wundbrand, aber wohl nur ein bißchen, denn ein paar Seiten weiter ist alles
wieder heil. Schön. Sie wollen wissen, wie so eine Figur
aufgebaut ist. Na, dann nehmen wir doch mal den Erzschurken:
Kurt Paul, deutscher
Deserteur versucht Anna zu vergewaltigen,
wird Leutnant von Tannau
zusammengeschlagen wird nicht aufgehängt, sondern
überlebt einen Spießrutenlauf und wird unehrenhaft
entlassen, überfällt Tannau und läßt ihn wie tot
liegen, wandert nach Amerika
aus, schließt sich den Rebellen
an, trifft Tannau in Amerika auf dem
Schlachtfeld wieder (vermutlich Monmouth) und bringt den Verwundeten fast
um trifft Huntley auf einer Gefangenhulk
und tritt in dessen Dienste, soll Tannau für Huntley umbringen und
wird von diesem erschossen (leider erst ziemlich weit hinten im
Buch) Oder den Sklavenhalter aus Virginia:
John Huntley, Loyalist, kämpft für
die Engländer hat Sean O’Flanagans Frau in England
umgebracht versucht Anna zu vergewaltigen (3
oder 4 mal - da habe ich den Überblick verloren) wird beim Showdown ziemlich am Schluß
erschossen, aber nicht von Huntley, sondern von
der Sklavin Abigail, deren Sohn Noah er hat auspeitschen
lassen, als der Anna beschützte, als …
ojeh. Sie wollen noch etwas zum generellen
Stil erfahren. Nun - lassen Sie mich die große
Sexszene zwischen Anna und Lorenz zitieren: „Ihre Liebe war stärker als das
Grauen. Alle Bedenken und Widersprüche waren bedeutungslos geworden. Sie wehrte
sich nicht, als er die Schnure ihres Mieders löste, das Band, das ihren Rock an
der Taille zusammenhielt. Und dann waren sie nicht mehr
Freiherr und Magd, Katholik und Täuferin. Sie waren nur noch Mann und Frau,
vereint durch Gott, allein in einem fremden Land. Und sie wurden ein
Fleisch.“ Schaurig. Weshalb ich dann zwei Sterne
gebe? Nun, den Anhang fand ich interessant. Da schreibt die Autorin u.a. über die Anrede im Englischen, über das fast verlorengegangene „thou“ (unser „du“) und das heute gebräuchliche „you“ (eigentlich „Ihr“, praktisch „Sie“). Das bedeutet, daß die Amerikaner und Engländer nicht „Du“ zueinander sagen, sondern „Ihr“ oder „Sie“ und es dort das „Du“ so gut wie gar nicht mehr gibt. Das fand ich stark. Mit
freundlichem Gruß
Roland Geiger |